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Published by swax, 2017-02-02 15:34:47

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1.3.3 Formen der Konzentration

Je nach Ausgestaltung des Unternehmenszusammenschlusses lassen sich zwei Grund­
formen der Konzentration unterscheiden: der Konzern und der Trust.

(1) Konzern

Konzerne sind Zusammenschlüsse von Unternehmen, die rechtlich selbstständig

\• sind, ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit aber aufgeben, indem sie sich einer ein­
heitlichen Leitung unterstellen.

Die Abstimmung der wirtschaftlichen Aufgaben und Interessen kann in unterschiedlicher
Form durchgeführt werden.

• Unterordnungskonzern [§ 18, 1 AktG]: Das beherrschende Unternehmen (Muttergesellschaft)
erwirbt die Kapitalmehrheit an den übrigen Konzernunternehmen (Tochtergesellschaften).

• Gleichordnungskonzern [§ 18, II AktG]: Es besteht keine Abhängigkeit eines Unternehmens
von dem anderen Unternehmen. Die Konzernunternehmen sind durch einen gleichmäßigen
Austausch von Kapitalbeteiligungen untereinander verflochten. Die gegenseitige Abstim­
mung erfolgt über eine einheitliche Leitung.

Ubertragen die Konzernunternehmen ihre Aktien auf eine übergeordnete Gesellschaft, die
lediglich Verwaltungsaufgaben und die Finanzierung des Konzerns übernimmt, so spricht
man von einer Holdinggesellschaft (Dachgesellschaft).

(2) Trust

Trusts sind Zusammenschlüsse von Unternehmen, die sowohl ihre rechtliche als

\• auch ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit aufgeben.

Trusts entstehen durch Verschmelzung (Fusion), wobei gemäß § 2 des Umwandlungsge­
setzes [UmwG] zwei Arten von Verschmelzungen zu unterscheiden sind:

Fusion1 durch Sie liegt vor, wenn das Vermögen des übertragenden Unternehmens
Aufnahme auf die übernehmende Gesellschaft transferiert' wird. Praktisch bedeu­
tet das, dass ein schwächeres Unternehmen durch ein stärkeres Unter­
Fusion durch nehmen aufgekauft wird. Die Firma des übertragenden Unternehmens
Neubildung wird gelöscht.

Bei dieser Art der Trustentstehung wird eine neue Gesellschaft gegrün­
det, auf die die Vermögen der sich vereinigenden Unternehmen über­
tragen werden. Die Firmen aller übertragenden Unternehmen erlö­
schen.

1 Fusion: Vereinigung, Verschmelzung (z.B. zweier oder mehrerer Unternehmen).
2 Transfer: Überführung, Übertragung.

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1.3.4 Auswirkungen der Konzentration

Gesamtwirtschaftlich gesehen sind Unternehmenskonzentrationen aus folgenden
Gründen nicht mit den Prinzipien einer sozialen Marktwirtschaft vereinbar:

(1) Bezüglich der Preisbildung

• In einer auf Wettbewerb ausgerichteten Wirtschaftsordnung muss eine freie Preis­
bildung gewährleistet sein, die sich stets nach den natürlichen Knappheiten der Güter
richten muss {Knappheitsprinzip). Beide Bedingungen sind jedoch bei Wettbewerbs­
beschränkungen und den damit verbundenen künstlichen Güterknappheiten nur
noch formal gegeben.

• In der sozialen Marktwirtschaft muss die Preisbildung in Anlehnung an die Kosten er­
folgen. Bei der Preispolitik der Unternehmenszusammenschlüsse fehlt diese Kosten­
orientierung der Preisbildung (Durchbrechung des Preis-Kosten-Prinzips}. Die un­
mittelbare Zuordnung von Vorleistungen {Produktionskosten) und Gegenleistung
{bezahlte Verkaufspreise) ist nicht gegeben.

• Durch die Wettbewerbsbeschränkungen entstehen „künstliche Güterknappheiten11,
die zu tendenziell höheren Preisen führen {monopolistische Preisbildung).

(2) Bezüglich der Produktionsbedingungen und Investitionen

• Bei einem freien Wettbewerb müssen sich die Unternehmen mehr anstrengen, da sie
hier nur durch innovative, qualitativ bessere und billigere Erzeugnisse sowie durch
Produktionssteigerungen auf ihren Märkten langfristig bestehen können.

• Der Druck zur Rationalisierung {Kostensenkung) ist bei einer Einschränkung des Wett­
bewerbs durch Kartelle oder marktbeherrschende Unternehmen viel kleiner als unter
Wettbewerbsbedingungen.

• Erfindungen werden zeitlich verzögert oder überhaupt nicht eingeführt, da sie durch
die Produktionssteigerung zu nicht gewollten Preissenkungen führen würden.

• Es besteht die Gefahr, dass die unproduktiven Grenzbetriebe1 nicht vom Markt ver­
drängt werden, sondern die Preise an deren zu hohen Kosten ausgerichtet sind. Es
findet bei Unternehmenszusammenschlüssen keine oder nur eine unzureichende
Leistungsauslese unter den Unternehmen statt. Selbst wenn die Kosten durch eine
erfolgreiche Rationalisierung sinken, so ist damit noch nicht gesagt, dass diese auch
zu niedrigen Preisen führen.

• Es besteht die Gefahr von möglichen Fehlinvestitionen durch die Schaffung über­
höhter, unausgenutzter Produktionskapazitäten. Volkswirtschaftlich gesehen bedeutet
dies eine Verschwendung von Produktionsfaktoren und eine zusätzliche {vermeid­
bare) Umweltbelastung.

(3) Bezüglich der gesellschaftlichen Entwicklung

• Die im Vergleich zur möglichen Güterproduktion unter Wettbewerbsbedingungen
erfolgten Produktionseinschränkungen bedeuten eine Verminderung des möglichen
Lebensstandards {schlechtere Versorgung der Konsumenten) und eine Einschrän­
kung der Konsumfreiheit.

1 Grenzbetriebe sind Betriebe, die (langfristig) mit den erzielten Verkaufserlösen gerade noch ihre (fixen und variablen) Kosten
decken. Der Marktpreis deckt den Selbstkostenpreis, es wird kein Gewinn erzielt. Unter Wettbewerbsbedingungen sind
Grenzbetriebe längerfristig nicht mehr konkurrenzfähig.

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• Insbesondere marktbeherrschende Unternehmenskonzentrationen führen aufgrund
ihrer monopolistischen Preisbildung zu einer nicht leistungsbezogenen (ungerecht­
fertigten) Einkommens- und Vermögensverteilung {Einkommens- und Vermögens­
konzentration). Die zusammengeschlossenen Unternehmen erreichen ihre Vorteile
(Gewinnsteigerung, Verlustminderung, Vergrößerung ihrer Marktanteile) ungerecht­
fertigt auf Kosten der übrigen Marktteilnehmer.
Mit einer sozialen Marktwirtschaft, die echte Leistungsgewinne verlangt, ist dies un­
vereinbar.

• Bei allen Unternehmenszusammenschlüssen besteht außerdem stets die Gefahr eines
Missbrauchs der wirtschaftlichen Macht, vor allem zum Nachteil der sozial und wirt­
schaftlich schwächeren Verbraucher.

• Außerdem kann die wirtschaftliche Macht auch zur politischen Macht werden, welche
nicht demokratisch legitimiert ist. Die vielfältigen Einflussnahmen großer Konzerne
und deren Wirtschaftsverbände, vor allem auf die Wirtschaftsgesetzgebung, lassen
die Gefahr wirtschaftlicher Macht deutlich erkennen.

1.3.5 Notwendigkeit der staatlichen Wettbewerbspolitik
(Ordnungspolitik)

Die Unternehmen haben aufgrund der zunehmenden Fixkostenbelastung das Ziel, vor
allem bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten einem freien Wettbewerb durch Zusammen­
schlüsse auszuweichen. Deshalb muss der Staat den Wettbewerb durch eine aktive
Wettbewerbspolitik (Ordnungspolitik) fördern und alle Unternehmenszusammen­
schlüsse, die erkennbar gegen die Prinzipien eines freien Wettbewerbs verstoßen, ver­
bieten und unter Strafe stellen.

In der Bundesrepublik Deutschland wird mithilfe des Gesetzes gegen Wettbewerbs­
beschränkungen [GWB] versucht, die Konzentration zu kontrollieren, ohne die Leistungs­
fähigkeit der Gesamtwirtschaft zu beeinträchtigen. Zuständig dafür, dass die Regelungen
des GWB eingehalten werden, sind das Bundeskartellamt, das Bundeswirtschafts­
ministerium und die Landeskartellbehörden (Landeskartellämter). Sind die Auswirkun­
gen einer Unternehmenskonzentration grenzüberschreitend, so sind die europäischen
bzw. ausländischen Wettbewerbsbehörden zuständig. 1

1.4 Innovationsprozesse (technologischer Fortschritt)2

1.4.1 Begriff Produktinnovation und die Bedeutung
von Produktinnovationen

Aus der Sicht des Unternehmens versteht m..an unter Produktinnovation3 die mit der Ent-

wicklung von Neuprodukten verbundenen Anderungsprozesse in einem Unternehmen.

1 Näheres zu den Kartellbehörden, zum Tätigwerden des Bundeskartellamts beim Vollzug des europäischen Wettbewerbs­
rechts sowie zur Zusammenarbeit des Bundeskartellamts im Netzwerk der europäischen und anderer ausländischer Wett­
bewerbsbehörden finden Sie in den§§ 48ft. GWB. Die Vorschriften zu den Verfahren vor den Kartellbehörden stehen in den
§§ 54ft. GWB (Verwaltungssachen) und in den§§ 81 ff. GWB (Bußgeldverfahren).

2 Die Ausführungen des Kapitels lehnen sich an Meffert an. Vgl. Meffert, Heribert: Marketing, Grundlagen marktorientierter
Unternehmensführung, 9. Aufl. 2005, Wiesbaden 2005, S. 373ft.

3 Innovation: Einführung von etwas Neuem; Neuerung. Aufgrund des Lehrplans beschränken wir uns im folgenden auf
Produktinnovationen.

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Gegenwärtig besteht in der betriebswirtschaftlichen Literatur Einigkeit darüber, dass
Produktinnovationen die wichtigsten Träger von Wirtschaftswachstum sind. Die inter­
nationale Wettbewerbsfähigkeit der westlichen Industrieländer kann nur durch Innova­
tionen gewährleistet w.. erden, da die Schwellen- und Entwicklungsländer bei der gegen-
wärtigen schnellen Ubernahme des Technologie-Know-how aufgrund des niedrigen
Lohnniveaus große Kostenvorteile besitzen.

Produktinnovationen gehen häufig mit Organisationsinnovationen einher. Diese sind
dadurch gekennzeichnet, dass die Produktionsabläufe so verändert werden, dass ein
bestimmtes Produkt kostengünstiger, sicherer und schneller hergestellt werden kann.
Damit verbunden sind häufig Veränderungen im Arbeitsablauf, die teilweise auch neue
Anforderungen an die Mitarbeiter stellen. Insoweit verlangt die Globalisierung sehr gut
ausgebildete Mitarbeiter, die sich über eine kontinuierliche Weiterbildung ständig weiter­
qualifizieren.1

1.4.2 Charakterisierung einer Produktinnovation

Unabhängig vom Gegenstand der Innovation ist Neuheit immer ein relativer Begriff. Die
Bewertung dessen, was man als Neuheit bezeichnen kann, hängt von der subjektiven
Wahrnehmung einer Person ab. Innovationen sind somit immer das, was von einer Per­
son als solche angesehen wird.

Der Begriff der Produktinnovation lässt sich mithilfe von vier Fragen charakterisieren:

Für wen ist die Produkt­ • Aus Sicht eines Konsumenten liegt eine Produktinnovation vor,
innovation neu? wenn das Produkt einen neuen Nutzen stiftet {subjektiver Inno­
vationsbegriff).
Welchen Umfang hat die
Produktinnovation? • Aus Sicht eines Herstellers liegt eine Produktinnovation vor,
wenn damit eine produkt- und produktionstechnische Verände­
Wie lange besteht eine rung verbunde·n ist {objektiver Innovationsbegriff}.
Produktinnovation?
Sie reicht von einer geringfügigen Anderung einer Verpackung bis
In welchem Gebiet ist zu technischen Neuerungen, die erstmalig erfunden und wirtschaft­
die Produktinnovation lich verwertet werden.
neu?
Sie besteht so lange, bis ein Wettbewerber das gleiche Produkt
bzw. die gleiche Dienstleistung anbietet. Besteht ein Patent, dauert
die Produktinnovation bis zum Ablauf des Patentschutzes.

Ein Produkt ist immer dann neu, wenn es in einem bestimmten
Gebiet erstmalig angeboten wird. So kann etwa ein Produkt, das in
einem Gebiet bereits verkauft wird, für ein anderes Gebiet eine
Neuheit darstellen.

1.4.3 Einrichtung eines Innovationsmanagements

Die Risiken, die mit einer Produktinnovation verbunden sind, verlangen, die Unter­
nehmensressourcen, die für eine Produktinnovation zur Verfügung stehen, planvoll einzu­
setzen. Es muss zu einer engen Kooperation von Marketing (Ermittlung der Kundenbe­
dürfnisse), Forschung und Entwicklung sowie Produktion kommen. Große Unternehmen
richten hierzu ein systematisches Innovationsmanagement ein, das streng vom Routine­
management getrennt ist.

1 Die erheblichen Veränderungen des persönlichen Arbeitsumfeldes lösen häufig Konflikte und Widerstände in den Unterneh­
men aus.

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