WiFo_12-15_LR

12.15|01.16138.|139. Jahrgang

www.frankfurt-main.ihk.de A 4836

LAW MADE 10–31
IN GERMANY

RECHTSORDNUNGEN IM VERGLEICH –
BÜNDNIS FÜR DAS DEUTSCHE RECHT 

STANDORTPOLITIK AUSBILDUNG INTERNATIONAL STEUERN
Mobilität: ÖPNV Bildungsausschuss: Änderungen im Über- IHK-Bezirk Frankfurt:
sichert den Wirt- Kompetenzprofil blick: Der Unions- Gewerbesteuer
schaftsverkehr 36 für Ausbilder 48 Zollkodex kommt 54 steigt weiter 58

Finanzierungen

Electronic
Banking

Leasing

Unternehmens- nachfolge

Vermögen

Geschäfts- Die Mittel zum Zweck: unsere
konto Unternehmensfinanzierung

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Editorial

„Eine Integration in unser Das Jahr der Flüchtlinge
Wertesystem ist unerlässlich.“
Liebe Leserinnen und Leser!

Das Jahr 2015 wird wahrscheinlich als das Jahr der Flüchtlinge
in die Geschichtsbücher eingehen. Dieses Thema wird andere,
nicht minder markante Vorgänge überlagern, wie Griechenland-
Krise, Dieselgate und Jubiläum der deutschen Einheit. Richtig daran
ist: Wenn es uns gelingt, Menschen, die aus wirklicher Not kommen,
zu integrieren und unsere Wertegesellschaft angemessen weiterzu-
entwickeln, kann dies auch international Ansehen und Einfluss der
Bundesrepublik mehren.

Die IHK-Vollversammlung, die Vertretung der Frankfurter Wirtschaft,
hat sich sehr sorgfältig mit der Integration von Flüchtlingen befasst.
In unserer Resolution dazu heißt es unter anderem: „Eine Integration
in unser Wertesystem ist unerlässlich, auch, um die Akzeptanz in der
Bevölkerung zu sichern. Dazu ist es erforderlich, dass den Flüchtlingen
unsere Werte auf Basis der Vorgaben des Grundgesetzes aktiv vermittelt
und von diesen in geeigneter Form anerkannt werden. Hierzu zählen
insbesondere, aber nicht nur: Gleichberechtigung von Mann und Frau
sowie die Religions- und die Meinungsfreiheit und Konfliktlösungen
auf friedlichem Wege.“

Auf diese Wertorientierung wird zu achten sein. Darüber hinaus
wird es im kommenden Jahr vorrangige Aufgabe der Wirtschaft sein,
die Neubürger in den Arbeitsmarkt aufzunehmen. Dafür lohnt es, die
Kräfte anzuspannen, auch wenn wir wissen, dass der bestehende Fach-
kräftemangel mit der Aufnahme von Flüchtlingen nicht gelöst werden
wird. Viele Firmen in unserem IHK-Bezirk zeigen große Bereitschaft zum
besonderen Engagement in dieser Sache. Dafür einen herzlichen Dank.

Die Bewältigung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe geschieht
vor dem Hintergrund einer unverändert robusten Konjunktur. Die
Unternehmen sehen aber auch die Veränderungsrisiken, nicht allein
aufgrund von politischen Spannungen in Europa und der Welt, sondern
auch aufgrund einer möglichen Zinswende am Kapitalmarkt. Die hohe
Innovationskraft und die Exportstärke der hessischen Wirtschaft müssen
daher unsere wesentlichen Erfolgsfaktoren bleiben.

Ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr.

Prof. Mathias Müller
Präsident, IHK Frankfurt

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16 3

INHALT 12.15|01.16 10–31

EDITORIAL 3
03 Das Jahr der Flüchtlinge Prof. Mathias Müller,

Präsident, IHK Frankfurt

IHK INTERN 3
06 Jahresrückblick 2015

SPECIAL LAW MADE IN GERMANY 3
10 Internationaler Vergleich Wettbewerb der Rechtsordnungen
12 Law made in Germany Vor- und Nachteile abwägen
16 Rechtsordnungen Die Qual der Wahl
18 Law – Made in Germany Bündnis für das deutsche Recht
20 AGB-Reform Das Kleingedruckte im Fokus
22 Schiedsgerichtsbarkeit Internationales Renommee
24 Lauterkeitsrecht in Europa Vergleich der Rechtsordnungen
28 Südosteuropa Die Rechtssicherheit erhöhen
30 Brasilien Gemeinsame Wurzeln

4 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

32 36

44 61

STANDORTPOLITIK 3 INTERNATIONAL 3
32 IHK-Kreisbereisung Herausforderungen klug bewältigt 52 Änderungen im Überblick Der Unions-Zollkodex kommt
34 Mobilität ÖPNV sichert Wirtschaftsverkehr 54 Mexiko Wirtschaft im Aufwind
36 Ein Erfahrungsbericht IHK Frankfurt bittet zum Diktat
38 IHK-Beschäftigungsprognose Stellenaufbau setzt sich fort RECHT UND STEUERN 3
42 Konjunkturumfrage Herbst Hessische Wirtschaft hält Kurs 56 IHK-Bezirk Frankfurt Gewerbesteuer steigt weiter
58 Änderungen 2016 Steuerliche Herausforderungen
AUS- UND WEITERBILDUNG 3 61 Jahreswechsel Verjährung von Forderungen
44 IHK-Bestenehrung Wege zum beruflichen Erfolg 63 Wohnungsmarkt Bestellerprinzip für Makler
46 IHK-Berufsbildungsausschuss Kompetenzprofil für Ausbilder
67 IHK INTERN | AMTLICHES | VORSCHAU | IMPRESSUM 3
INNOVATION UND UMWELT 3
48 Hessischer Website Award Manchmal wirkt Kleines groß
50 Frankfurt Ein Masterplan für die Industrie

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16 Beilagenhinweis: Einem Teil unserer Ausgabe liegen Beilagen der Autohaus Luft GmbH,
Eschborn, sowie der Göthling & Kaufmann Automobile GmbH, Hofheim, bei.
Wir bitten um freundliche Beachtung!

5

JAHRESRÜCKBLICK 2015 Wirtschaftsfaktor Deutsch Enormer Nachholbedarf

Lena Regina Bieber und Saskia Isabell Fladung Einen immensen Investitionsbedarf und -rückstau
sind Anfang Februar für ihre hervorragenden hat Hessen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur.
Abschlussarbeiten an der Frankfurt University Musterbeispiel hierfür ist die Schiersteiner Brücke,
of Applied Sciences mit dem Hans-Messer-Preis die Anfang Februar aus Sicherheitsgründen zwei
ausgezeichnet worden. Namensgeber des Preises Monate voll gesperrt werden musste und erst
ist Dr. Hans Messer, langjähriger Präsident und seit Kurzem auch wieder für Lkw befahrbar ist.
Ehrenpräsident der IHK Frankfurt. Festredner der Hessisches Verkehrsministerium und IHK-Arbeits-
Hans-Messer-Lecture war Dr. Roland Kaehlbrandt, gemeinschaft Hessen haben in einer gemeinsamen
Vorstandsvorsitzender, Polytechnische Gesellschaft Onlineumfrage erfragt, welche Erwartungen die
Frankfurt. Er ging in seinem Gastvortrag zum Unternehmen an eine zukunftsfähige Verkehrsin-
Zustand der deutschen Sprache vor allem auf das frastruktur haben; die Ergebnisse wurden in einer
Thema Deutsch als Wirtschaftsfaktor ein. Broschüre zusammengestellt.

12.14 | 01.15137. |138. Jahrgang 02.15138. Jahrgang 03.15138. Jahrgang 04.15138. Jahrgang

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DATENSCHUTZ 10–26

PERSÖNLICHKEITSRECHTE SCHÜTZEN – WIRTSCHAFTS-
SPIONAGE – DAS RECHT AUF VERGESSEN WERDEN

FACHKRÄFTE 8–31

WILLKOMMEN IM UNTERNEHMEN – WIRTSCHAFT
INKLUSIV – MEHRGENERATIONENTEAMS

AUS- UND IMMOBILIEN- |
WEITERBILDUNG 8–32 BAUWIRTSCHAFT 8–25

BILDUNGSREFORM – AUSBILDUNG IM WANDEL – AZUBI- WOHNUNGSMARKT IM IHK-BEZIRK – RÜCKKEHR IN
MARKETING – IHK-FOSA – BILDUNG UND SPRACHE DIE INNENSTADT – INTEGRIERTE STADTENTWICKLUNG

STANDORTPOLITIK AUSBILDUNG INNOVATION RECHT STANDORTPOLITIK INNOVATION INTERNATIONAL STEUERN STANDORTPOLITIK STARTHILFE UMWELT STEUERN STANDORTPOLITIK AUSBILDUNG INTERNATIONAL STEUERN STAN
Wirtschaftsforum: Breitbandausbau: Expo in Mailand: Interview mit Hes- Gasthaussterben in Existenzgründung: Energiewende: IHK-Bezirk: Kommu- Verkehrsinfra- Pakt für Ausbildung: EEN: Partner des Kommunaler Finanz- Metro
Frischezentrum: Bildungspolitik: Die Masterplan Industrie: Neue Regelungen: Mehr Impulse für Ein wichtiger Deutschland, der sens Finanzminister Hessen: „Ein gefähr- ein gelungener Strom – regional, nen drehen an den struktur: Enormer Fachkräftenach- Mittelstands für das ausgleich: Ein Wir-G
Investitionen 32 Standortfaktor 42 Muntermacher 46 Dr. Thomas Schäfer 54 detes Kulturgut“ 33 Rollentausch 42 grün, günstig 46 Steuerschrauben 54 Nachholbedarf 28 wuchs sichern 40 Europageschäft 46 wichtiger Schritt 48 Alltag
Regionalität liegt Unterrichtsqualität Flächenbedarf steigt Die Zahlungsmoral

im Trend 28 im Fokus 36 weiter 40 verbessern 52

Bürgermeister an die Macht Wirtschaftspartner Malta

„Wenn Bürgermeister die Welt regierten“: Dies war Die Geschäftschancen rund um den Globus aus-
das Motto des Tags der Metropolregion in der IHK loten: Mit Länderveranstaltungen wie dem Wirt-
Frankfurt. Keynotespeaker war Prof. Benjamin Barber, schaftsforum Malta unterstützt die IHK ihre Mit-
US-amerikanischer Politiktheoretiker. Nach seiner gliedsunternehmen bei Auslandsgeschäften. Malta
Einschätzung geht die Zeit der Nationalstaaten bei profitiert insbesondere von seiner geografischen
der Bewältigung globaler Aufgaben zu Ende. Barber Lage. Die Nähe zum arabischen Wirtschaftsraum
forderte daher, die Balance zwischen Nationalstaaten gibt dem kleinsten EU-Mitgliedsland eine na-
und lokalen Verwaltungen neu zu justieren. Denn türliche Brückenfunktion in diese Region. Karen
Städte und Regionen seien die zentralen Plattformen Hoyndorf (M.), stellvertretende IHK-Präsidentin,
für die Lösung künftiger Herausforderungen. Zudem begrüßte unter anderem Dr. Joseph Muscat (3. v. l.),
hob er die Bedeutung einer engeren Zusammenarbeit Premierminister, Malta, und Dr. Christian Cardo-
zwischen den Kommunen hervor. na (1. v. r.), maltesischer Wirtschaftsminister.

6 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Messe zum Mitmachen Bündnis für Ausbildung Gemeinsamer Aufbruch

Mitte März fand die 9. Aufschwung-Messe für Exis- Um angesichts des Fachkräftemangels die duale In der Paulskirche unterzeichneten am 17. April
tenzgründer und junge Unternehmer statt. Diesmal Ausbildung für Jugendliche wieder attraktiver Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Kultur
mit neuem Konzept, denn die rund 2700 Besucher zu machen, haben Wirtschaft und Politik Ende die „Erklärung zur Zukunft der Metropolregion
erlebten eine spannende Messe zum Mitmachen, 2014 die Allianz für Aus- und Weiterbildung FrankfurtRheinMain“. Hierin geht es um einen
zudem erhielten sie viele Tipps für einen erfolgrei- unterzeichnet. Dabei haben die Wirtschaftsorga- Staatsvertrag der Bundesländer Bayern, Hessen
chen Start in die Selbstständigkeit. Damit dieser nisationen zugesagt, in diesem Jahr bundesweit und Rheinland-Pfalz, um die gemeinsame Ver-
auch tatsächlich glückt, bietet die IHK Frankfurt 20 000 zusätzliche Ausbildungsplätze, davon antwortung in Aufgabenfeldern mit regionaler
darüber hinaus nicht nur Gründungsberatungen 1500 in Hessen, sowie 500 000 Praktikumsplätze und interkommunaler Bedeutung festzuschreiben.
und Coachings an, sondern lädt Existenzgründer zur Berufsorientierung von Schülern zur Verfügung IHK-Präsident Prof. Mathias Müller bezeichnete die
regelmäßig zu New-Kammer-Veranstaltungen ein. zu stellen. Die IHK Frankfurt hat ihre Mitgliedsun- Erklärung als „längst überfälligen Schritt“, Frank-
Dort lernen sie ihre persönlichen Ansprechpartner ternehmen aufgerufen, ihren Beitrag zu leisten, furts Oberbürgermeister Peter Feldmann sprach
und die Services der IHK Frankfurt kennen. um dieses gemeinsame Ziel zu erreichen. von einem „Tag des gemeinsamen Aufbruchs“.

05.15138. Jahrgang 06.15138. Jahrgang 138. Jahrgang 07.|08.15 09.15138. Jahrgang 10.15138. Jahrgang 11.15138. Jahrgang

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MOBILITÄT 8–30 NORDAMERIKA 8–33 KREATIV- 8–31
WIRTSCHAFT
NACHHALTIGE STADTLOGISTIK – CARSHARING– WACHSTUM ALS GRUNDERFAHRUNG – RENAISSANCE
MOBILES HESSEN – WIRTSCHAFTSVERKEHR DER INDUSTRIE – RECHTSTIPPS – MESSEMARKT MARKEN FÜR DEN MITTELSTAND – MEHR
RAUM FÜR KREATIVE – URHEBERRECHT

METROPOLREGION 8–31
FRANKFURTRHEINMAIN

INTERNATIONALE BAUAUSSTELLUNG – SCHUB FÜR
DIE REGIONALIDEE – AUF AUGENHÖHE BEGEGNEN

DIGITALE 8–31 FINANZDIENST-
WIRTSCHAFT LEISTUNGEN 8–25

E-COMMERCE: DER WEG INS NETZ – ANLAGEBERATUNG - FINANZPLATZFÖRDERUNG -
CYBERKRIMINALITÄT – MARKENFÜHRUNG VENTURE CAPITAL – FACTORING – DIGITALISIERUNG

DORTPOLITIK STARTHILFE AUSBILDUNG UMWELT STANDORTPOLITIK AUSBILDUNG INNOVATION RECHT STANDORTPOLITIK BILDUNG UMWELT RECHT STANDORTPOLITIK AUSBILDUNG INTERNATIONAL RECHT STANDORTPOLITIK STARTHILFE INTERNATIONAL RECHT STANDORTPOLITIK INNOVATION INTERNATIONAL RECHT
opolregion: Aufschwung 2015: Duale Ausbildung: Azubi-Speeddating Goethe-Universität: Neue Recht- Zuwanderung: Industrie 4.0: Werbesendungen: Diskussionen über United Volleys: Renminbi-Handel: Handelsvertreter: Reform der Erb- Mittelstand: Hessi- Kolumbien, eine
Gefühl als Die Gründermesse Eine Investition, Elektronikgerätegesetz: Demografiekongress: in der IHK: Der erste „Starke Uni in sprechung: E-Mail- Konjunktur: Wirt- Vertrautes in der Urbane Produktion Die hohe Kunst der RMV: Vom Verkehrs- Berufsbildungsmesse: EU-Handelsstrategie: eine Reform des „Ein klares Marken- Die Kostenvorteile Experten in schwie- schaftsteuer: Korrek- Kommunalwahl: sche Initiative für Exportplattform für Arbeitsunfähigkeit:
sgefühl 36 zum Mitmachen 42 die sich lohnt 50 Schritt zum Erfolg 44 starker Stadt“ 48 Werbung zulässig 60 Fremde finden 52 stärkt Region 54 Briefwerbung 62 AGB-Rechts 62 versprechen“ 36 ausschöpfen 38 rigen Märkten 54 turen notwendig 56 Energieberatung 52 Lateinamerika 54
Die Rücknahmepflicht Jahrhundertchance schaft in Hessen zum Mobilitäts- „Meine Zukunft in Unnötige Barrieren Wirtschaftspolitische Rezepte für den

kommt 52 Integration 38 zieht an 40 verbund 30 Frankfurt“ 48 abbauen 53 Positionen 36 Arbeitgeber 56

Besonderes Dankeschön IBA als Strategieprozess Spitzenposition stärken

Über 3 000 ehrenamtliche Prüfer engagieren Bedingt durch die Sanierung des denkmalge- „Kammern sichern die Innovationskraft und den
sich in der IHK Frankfurt, pro Jahr nehmen sie schützten IHK-Gebäudes, fand der Jahresempfang Fachkräftenachwuchs, die wesentliche Erfolgs-
etwa 6 000 Prüfungen ab. Ende Mai wurden rund diesmal Ende Mai statt. Festredner war Günther faktoren für die Spitzenposition der deutschen
290 Prüfer anlässlich ihres Ausscheidens aus Oettinger (2.v.r.), EU-Kommissar für digitale Wirt- Wirtschaft sind“, sagte Prof. Johanna Wanka,
dem Ehrenamt geehrt. Als Dankeschön hatte die schaft. IHK-Präsident Prof. Mathias Müller (1.v.r.) Bundesbildungsministerin, am 17. Juni bei der
IHK Frankfurt zu einer Schifffahrt auf dem Main betonte, dass eine Weiterentwicklung der Metro- Diskussionsveranstaltung „Kammern in Hessen“
eingeladen. „Mit jeder Menge Sachverstand und polregion weniger über Strukturdebatten, sondern im Biebricher Schloss. Sie stand unter dem Motto
Berufserfahrung haben Sie darüber gewacht, über gemeinsame Projekte erfolgen müsse. Erneut „Qualität schaffen, Qualität sichern“. Einzigartig
dass bei allen Prüfungen die Qualitätskriterien warb er für eine Internationale Bauausstellung in Deutschland ist aus ihrer Sicht die Zusammen-
erfüllt wurden“, so Dr. Brigitte Scheuerle, IHK- als Strategieprozess. Die Buchstaben IBA stünden arbeit der 15 hessischen Kammerorganisationen.
Geschäftsführerin. Die Prüfer garantierten damit für die wichtigsten Kernaufgaben der Zukunft – Diese erweise sich als hilfreich für den politischen
den hohen Qualitätsstandard der IHK-Zeugnisse. nämlich Infrastruktur, Bauen, Arbeiten. Dialog von Wirtschaft und Gesellschaft.

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16 7

Karriere mit Lehre Industrie ganz nah Wohlstand sichern

„Meine Zukunft in Frankfurt“ war das Motto der Bei der Langen Nacht der Industrie öffneten rund Einmal im Jahr lädt die IHK Frankfurt Unternehmer
22. Berufsbildungsmesse Rhein-Main. Ende Juni 20 Industrieunternehmen ihre Werkstore für Be- und Politiker aus dem Hochtaunus und Main-Taunus
boten über 80 Aussteller den jungen Menschen sucher und boten ihnen spannende Einblicke in zu einem Sommerempfang in das Bad Homburger
die Möglichkeit, sich über Ausbildungsberufe und Produktions- und Arbeitsabläufe. Schüler und Stu- Schloss ein. IHK-Präsident Prof. Mathias Müller
Karriereperspektiven zu informieren. Neu war in denten nutzten die Chance, potenzielle Arbeitgeber nannte den Fachkräftemangel und die Infrastruktur-
diesem Jahr die Hochschulveranstaltung, bei der kennenzulernen und berufliche Zukunftschancen engpässe als die zentralen Herausforderungen, die
Unternehmen und Hochschulen ihr Angebot an auszuloten. Ziel der Veranstaltung war es auch, zu bewältigen seien, um mittel- und langfristig den
dualen Studiengängen vorstellten. „Die Chancen Begeisterung für technische und produzierende Wohlstand in der Metropolregion zu bewahren.
für junge Leute am Arbeitsmarkt sind so groß wie Berufsbilder zu wecken. Obgleich Frankfurt von Keynotespeaker Gerhard Grandtke, geschäftsfüh-
nie“, sagte IHK-Vizepräsident Thomas Reichert seiner hohen Anziehungskraft profitiert, ist es für render Präsident, Sparkassen- und Giroverband
bei der Messeeröffnung. In Frankfurt kämen seit viele ansässige Industrieunternehmen schwieriger Hessen-Thüringen, warb in diesem Kontext für
Jahren anderthalb Stellen auf einen Bewerber. geworden, qualifizierte Fachkräfte zu finden. mehr Wachstumsimpulse und mehr Investitionen.

02.15138. Jahrgang 03.15138. Jahrgang 04.15138. Jahrgang 05.15138. Jahrgang 06.15138. Jahrgang 07.138. Jahrgang

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MOBILITÄT 8–30

NACHHALTIGE STADTLOGISTIK – CARSHARING–
MOBILES HESSEN – WIRTSCHAFTSVERKEHR

FACHKRÄFTE 8–31 METROPOLREGION 8–31
FRANKFURTRHEINMAIN
WILLKOMMEN IM UNTERNEHMEN – WIRTSCHAFT
INKLUSIV – MEHRGENERATIONENTEAMS INTERNATIONALE BAUAUSSTELLUNG – SCHUB FÜR
DIE REGIONALIDEE – AUF AUGENHÖHE BEGEGNEN

AUS- UND IMMOBILIEN- | DIGITALE 8–31
WEITERBILDUNG 8–32 BAUWIRTSCHAFT 8–25 WIRTSCHAFT

BILDUNGSREFORM – AUSBILDUNG IM WANDEL – AZUBI- WOHNUNGSMARKT IM IHK-BEZIRK – RÜCKKEHR IN E-COMMERCE: DER WEG INS NETZ –
MARKETING – IHK-FOSA – BILDUNG UND SPRACHE DIE INNENSTADT – INTEGRIERTE STADTENTWICKLUNG CYBERKRIMINALITÄT – MARKENFÜHRUNG

STANDORTPOLITIK INNOVATION INTERNATIONAL STEUERN STANDORTPOLITIK STARTHILFE UMWELT STEUERN STANDORTPOLITIK AUSBILDUNG INTERNATIONAL STEUERN STANDORTPOLITIK STARTHILFE AUSBILDUNG UMWELT STANDORTPOLITIK AUSBILDUNG INNOVATION RECHT STANDORTPOLITIK BILDUNG UMWELT RECHT
Wirtschaftsforum: Breitbandausbau: Expo in Mailand: Interview mit Hes- Gasthaussterben in Existenzgründung: Energiewende: IHK-Bezirk: Kommu- Verkehrsinfra- Pakt für Ausbildung: EEN: Partner des Kommunaler Finanz- Metropolregion: Aufschwung 2015: Duale Ausbildung: Azubi-Speeddating Goethe-Universität: Neue Recht- Zuwanderung: Industrie 4.0: Werbesendun
Mehr Impulse für Ein wichtiger Deutschland, der sens Finanzminister Hessen: „Ein gefähr- ein gelungener Strom – regional, nen drehen an den struktur: Enormer Fachkräftenach- Mittelstands für das ausgleich: Ein Wir-Gefühl als Die Gründermesse Eine Investition, Elektronikgerätegesetz: Demografiekongress: in der IHK: Der erste „Starke Uni in sprechung: E-Mail- Konjunktur: Wirt- Vertrautes in der Urbane Produktion Die hohe Kun
Investitionen 32 Standortfaktor 42 Muntermacher 46 Dr. Thomas Schäfer 54 detes Kulturgut“ 33 Rollentausch 42 grün, günstig 46 Steuerschrauben 54 Nachholbedarf 28 wuchs sichern 40 Europageschäft 46 wichtiger Schritt 48 Alltagsgefühl 36 zum Mitmachen 42 die sich lohnt 50 Schritt zum Erfolg 44 starker Stadt“ 48 Werbung zulässig 60 Fremde finden 52 stärkt Region 54 Briefwerbung
Die Rücknahmepflicht Jahrhundertchance schaft in Hessen

kommt 52 Integration 38 zieht an 40

25 Jahre deutsche Einheit Integration stärken Die Wirtschaft schreibt

In Frankfurt fand am 3. Oktober der offizielle Angesichts der Herausforderungen, die sich mit dem Nicht ohne Grund heißt es: deutsche Sprache,
Festakt zum Jubiläum 25 Jahre deutsche Einheit Flüchtlingsstrom nach Deutschland und auch in die schwere Sprache. Und seit der Rechtschreibreform
statt. „Die Einheit ist aus der friedlichen Revolu- Metropolregion FrankfurtRheinMain stellen, hat die mitsamt diverser Nachbesserungen ist das Be-
tion erwachsen“, sagte Bundespräsident Joachim Vollversammlung der IHK Frankfurt im Oktober die herrschen der deutschen Sprache nicht unbedingt
Gauck in der Alten Oper. Sie habe gezeigt: „Wir Resolution „Verantwortung zeigen – Integration einfacher geworden. Das zeigten auch 18 Unter-
Deutsche können Freiheit.“ Wie die Wiederver- stärken“ verabschiedet. Dabei fordert die Wirtschaft nehmensteams, die beim Diktatwettbewerb „Die
einigung von Deutschland sei die Integration von der Politik geeignete und verlässliche Rahmen- Wirtschaft schreibt“ antraten. Das Diktat wurde
der Flüchtlinge eine ähnlich große Aufgabe, „die bedingungen. Eine zentrale Forderung ist es daher, in Form eines Geschäftsbriefs geschrieben. IHK
Generationen beschäftigen wird“. In der Mainme- die Asylverfahren insgesamt zu beschleunigen, Frankfurt und Stiftung Polytechnische Gesellschaft
tropole fanden über 300 Einzelveranstaltungen um Auszubildenden und Unternehmen die nötige hatten gemeinsam zu diesem Wettbewerb einge-
zum Jahrestag der deutschen Einheit statt, unter Rechtssicherheit hinsichtlich ihres Engagements laden. Die Startgelder kamen dem gemeinnützigen
anderem auch in der IHK Frankfurt. in der Ausbildung zu geben. Verein Mentor – Die Leselernhelfer Hessen zugute.

8 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Neue Macht der Kunden Keine Berührungsängste JAHRESRÜCKBLICK 2015
FOTOS: LISA FARKAS (1), MARKUS GOETZKE (1), STEFAN KRUTSCH (5), STEFAN MAURER (1), JOCHEN MÜLLER (6), PICTURE ALLIANCE / DPA (4), JOSE POBLETE (1), PROVADIS (1)
Der digitale Kunde tickt anders als derjenige, der im Anstatt bei knapp 40 Grad im Freibad den Kopf
Ladengeschäft persönlich vorbeischaut. Dies wurde unter Wasser zu tauchen und sich abzukühlen,
auf dem 11. Online-Marketing-Tag deutlich. Erst tauchten 19 Schüler beim IHK-Feriencamp bei
wenn Unternehmen verstanden haben, dass sich Provadis im Industriepark Höchst in die spannende
durch die Mechanismen der Social Media die Markt- Welt der Mintberufe ein. Gerade in den Bereichen
macht hin zum Kunden verschoben hat, können Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und
sie daraus Ideen für neue Angebote und Prozesse Technik (Mint) suchen Unternehmen händeringend
ableiten und definieren. Kurz: Die Digitalisierung nach Fachkräften. Viele junge Menschen haben Be-
stellt ganze Branchen und Geschäftsmodelle auf rührungsängste bei diesen Berufen, die aber oftmals
den Kopf. Im Einzelhandel geht ohne Digitalstrategie nur auf Unwissenheit basieren. Ziel des Feriencamps
und Onlineshop bald gar nichts mehr. Unternehmen ist es, diese abzubauen und dem Mangel an Nach-
müssen daher ihre Marketingstrategien anpassen. wuchskräften ein Stück weit entgegenzuwirken.

|08.15 09.15138. Jahrgang 10.15138. Jahrgang 11.15138. Jahrgang 12.15|01.16138.|139. Jahrgang

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NORDAMERIKA 8–33 KREATIV- 8–31
WIRTSCHAFT
WACHSTUM ALS GRUNDERFAHRUNG – RENAISSANCE
DER INDUSTRIE – RECHTSTIPPS – MESSEMARKT MARKEN FÜR DEN MITTELSTAND – MEHR
RAUM FÜR KREATIVE – URHEBERRECHT

FINANZDIENST- LAW MADE 10–31
LEISTUNGEN 8–25 IN GERMANY

ANLAGEBERATUNG - FINANZPLATZFÖRDERUNG - RECHTSORDNUNGEN IM VERGLEICH –
VENTURE CAPITAL – FACTORING – DIGITALISIERUNG BÜNDNIS FÜR DAS DEUTSCHE RECHT 

STANDORTPOLITIK AUSBILDUNG INTERNATIONAL RECHT STANDORTPOLITIK STARTHILFE INTERNATIONAL RECHT STANDORTPOLITIK INNOVATION INTERNATIONAL RECHT STANDORTPOLITIK AUSBILDUNG INTERNATIONAL STEUERN
Diskussionen über United Volleys: Renminbi-Handel: Handelsvertreter: Reform der Erb- Mittelstand: Hessi- Kolumbien, eine Mobilität: ÖPNV Bildungsausschuss: Änderungen im Über- IHK-Bezirk Frankfurt:
gen: RMV: Vom Verkehrs- Berufsbildungsmesse: EU-Handelsstrategie: eine Reform des „Ein klares Marken- Die Kostenvorteile Experten in schwie- schaftsteuer: Korrek- Kommunalwahl: sche Initiative für Exportplattform für Arbeitsunfähigkeit: sichert den Wirt- Kompetenzprofil blick: Der Unions- Gewerbesteuer
st der AGB-Rechts 62 versprechen“ 36 ausschöpfen 38 rigen Märkten 54 turen notwendig 56 Energieberatung 52 Lateinamerika 54 schaftsverkehr 36 für Ausbilder 48 Zollkodex kommt 54 steigt weiter 58
zum Mobilitäts- „Meine Zukunft in Unnötige Barrieren Wirtschaftspolitische Rezepte für den
62
verbund 30 Frankfurt“ 48 abbauen 53 Positionen 36 Arbeitgeber 56

Eigene Akzente gesetzt Leistungsstarker Standort

Fischmaster IP-Service, Trebur, Nestgold, Wiesbaden, Vario Büroeinrichtungen, Liederbach, und Polar-
und Gregor Dihn Industrie- und Kanalreinigung, Mohr Maschinenvertriebsgesellschaft, Hofheim,
Steinbach, wurden im Oktober für ihre überra- waren Stationen der diesjährigen IHK-Kreisberei-
genden Webauftritte mit dem Hessischen Website sung. „Der Main-Taunus-Kreis ist ein leistungs-
Award 2015 des BIEG Hessen ausgezeichnet. Der starker und prosperierender Wirtschaftsstandort“,
Preis kürt die besten Websites im hessischen Mit- sagte IHK-Präsident Prof. Mathias Müller. Ohne
telstand. Die Ressourcen und Budgets von kleineren günstige Standortbedingungen – wie die in den
und mittelständischen Betrieben sind begrenzt, Kommunen des Landkreises vergleichsweise nied-
dennoch müssen sie online mit den Großen in rigen Gewerbesteuerhebesätze – sei diese positive
den Wettbewerb um Kunden eintreten. Die Sieger Entwicklung der vergangenen Jahre und Jahrzehnte
des Hessischen Website Awards dienen anderen nicht möglich gewesen. Dieser Standortvorteil dürfe
Mittelständlern auch als Vorbild und Benchmark. nicht verspielt werden, mahnte er.

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16 9

INTERNATIONALER VERGLEICH

WETTBEWERB DER RECHTSORDNUNGEN

In Zeiten der Globalisierung stehen Rechtsordnungen im internationalen Wettbewerb. Verlässliche rechtliche Rahmen-
bedingungen sind eine wichtige Voraussetzung dafür, dass deutsche Unternehmen auf den Weltmärkten erfolgreich
agieren können.

FOTO: GETTYIMAGES / ALTRENDO IMAGES Eine funktionierende Marktwirtschaft wäre ohne Wettbewerb Recht, wie die Wiener Kaufrechtskonvention – lassen sich durch
undenkbar. Stellt doch der Wettbewerb auf Waren- und Dienst- das deutsche Recht inspirieren.
leistungsmärkten ein wesentliches Merkmal marktwirtschaftli-
cher Systeme dar. Dabei ist die deutsche Wirtschaft auf den Märkten Erprobte Rechtsordnung
dieser Welt überaus erfolgreich – nicht umsonst gehört Deutschland
nach wie vor zu den führenden Exportländern weltweit. Nicht um- Die Vorteile des deutschen Rechts dürften auf der Hand liegen,
sonst sind auch zahlreiche deutsche Unternehmen Weltmarktführer. handelt es sich doch um eine seit mehr als 100 Jahren kodifizierte,
Für die hiesigen international tätigen Unternehmen nehmen daher
Themen wie Vertragsgestaltung und damit einhergehend Fragen erprobte Rechtsordnung. Das in Ge-
der Rechtswahl sowie der Ausgestaltung des Gesellschaftsrechts setzbüchern zusammengefasste
in den verschiedenen Rechtsordnungen eine zentrale Rolle ein. Recht gilt – ganz im Gegen-
Hiermit sind große Chancen, naturgemäß aber auch Risiken und satz zum angloamerika-
Kosten verbunden. Damit stehen letztlich aber nicht nur Waren und nischen Case Law – als
Dienstleistungen, sondern auch die verschiedenen Rechtsordnungen besonders vorhersehbar
in einem internationalen Wettbewerb. und rechtssicher. Im
Vergleich zu anderen
Produkte made in Germany sprechen für Rechtssystemen sind
Qualität und genießen weltweit größtes im deutschen Recht
Ansehen. Der Qualitätshinweis „made nur wenige Rechts-
in Germany“ gilt aber nicht nur für fragen ungeklärt, da
Produkte; auch das deutsche Recht die Rechtsordnung
schickt sich an, ein Exportschlager zu weiterentwickelt wurde
werden. So hat sich zum Beispiel das
japanische Zivilrecht sehr stark an das
Bürgerliche Gesetzbuch angelehnt.
Aber auch andere Rechtssys-
teme – wie türkisches,
chinesisches, selbst
US-amerikanisches
oder internationales

10 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Law made in Germany

und somit nur wenige Fragen durch die Gerichte unbeantwortet spielt natürlich auch die hohe Qualität der Juristen eine bedeutende
geblieben sind. Rolle, wenn es um den Rechtsstandort Deutschland geht.

Das deutsche Vertragsrecht beispielsweise, zeichnet sich gerade Kein Selbstläufer
dadurch aus, dass die Grundstrukturen von Verträgen wie Kaufvertrag
oder Werkvertrag gesetzlich festgelegt sind und damit eine verläss- Trotz all der genannten Vorteile ist die Durchsetzung des deutschen
liche Ausrichtung darstellen. Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist es
den Parteien allerdings auch gestattet, abweichende Regelungen zu Rechts im Wettbewerb der Rechtsordnungen allerdings kein Selbstläufer.
treffen und damit zum einen flexibel auf etwaige Anforderungen
reagieren zu können, zum anderen sind aber auch durch dieses Sys- Größter Konkurrent für das deutsche Recht ist und bleibt wahrschein-
tem – gesetzliche Grundstrukturen sowie individuelle Anpassungen im
Rahmen der Vertragsfreiheit – relativ schlanke Vertragswerke möglich. lich das angloamerikanische Recht aufgrund seiner ausgedehnteren
Dies ist nicht nur effizient, sondern letztlich auch kostengünstig.
historischen Verbreitung, der weit verbreiteten englischen Sprache
Auch in Sachen Haftungsrecht bietet das deutsche Recht immense
Vorteile, insbesondere gegenüber dem amerikanischen Recht. Dem sowie eines unbestreitbar guten Marketings der USA und Großbri-
deutschen Recht liegt der Gedanke des Ausgleichs des tatsächlich
entstandenen Schadens zugrunde, während den Unternehmen in den tanniens. Auch wenn also der Großteil der international agierenden
USA ein Strafschadenersatz (Punitive Damages) mit extrem hohen
Schadenersatzsummen drohen kann. Auch Instrumente wie Sammel- deutschen Unternehmen zum Beispiel gerne auf das Vertragsrecht
klagen (Class Action) oder Erfolgshonorare sind dem deutschen Recht –
zumindest noch – fremd. Auch im Hinblick auf das Gesellschaftsrecht made in Germany zurückgreifen würde, sieht die Wirklichkeit anders
hält das deutsche Rechtssystem im Prinzip für jedes Unternehmen
die passende Gesellschaftsform vor, sodass Unternehmen je nach aus: Rund 40 Prozent der Betriebe sehen sich nach wie vor häufig
Unternehmensgegenstand, aufgrund von Haftungsüberlegungen,
der Art der Vertretung oder auch unter steuerlichen Aspekten die dazu gezwungen, ihren Verträgen das jeweilige nationale Recht ihres
passende Rechtsform auswählen können.
Geschäftspartners zugrunde zu legen; so sind etwa zehn Prozent der
Gerichtsstandort Deutschland
Verträge gar nach angloamerikanischem Recht ausgestaltet.
Nach einer Studie der Weltbank, dem „Doing Business Ranking 2015“,
das die regulatorischen beziehungsweise bürokratischen Rahmenbedin- Um im Wettbewerb der Rechtsordnungen weiter aufzuholen, darf
gungen anhand von zehn Stationen im Geschäftsleben einer beschränkt
haftenden Gesellschaft untersucht, rangiert Deutschland auf Platz 14 nicht auf dem Status quo verharrt werden, sondern muss der kritische
von 189. Damit konnte sich die Bundesrepublik insgesamt weiter
verbessern, lag sie im Vorjahr doch noch auf Platz 21. Sie liegt aber Blick geschärft werden. Denn letztlich zeichnet einen guten Rechts-
nach wie vor noch hinter den USA (Platz sieben) und Großbritannien
(Platz acht). Angeführt wird das Ranking seit Jahren von Singapur, standort auch aus, dass eine Rechtsordnung in der Lage ist, auf sich
gefolgt von Neuseeland, Hongkong, Dänemark, Korea und Norwegen.
Schlecht – wie auch schon in den Jahren zuvor – wurde Deutschland ändernde Umstände einzugehen, sich fortzuentwickeln und unnötigem
in der Kategorie „starting a business“ bewertet, während es sehr
gut hinsichtlich der nationalen Insolvenzregelungen (Platz drei), der Bürokratismus zu begegnen. Neben der Wirtschaftsfreundlichkeit von
Elektrizitätsversorgung für Unternehmen (Platz drei), im Bereich Bau-
genehmigungen (Platz acht) und der Vertragsdurchsetzung (Platz 13) Gesetzen im Allgemeinen dürften künftig insbesondere Aspekte wie
punkten konnte.
Flexibilisierung im Arbeitsrecht, Deregulierungen im Steuerrecht, aber
Gerade letztgenannter Punkt dürfte insbesondere mit der bereits
beschriebenen Vorhersehbarkeit deutschen Rechts zusammenhän- auch Themen wie die Öffnung gegenüber Englisch als Gerichtssprache
gen, aber auch mit der Effizienz der deutschen Gerichtsbarkeit. Die
Verfahren sind nicht nur von vornherein nahezu exakt kalkulierbar, oder die Einrichtung von spezialisierten Fachkammern bei Gericht
sondern auch im internationalen Vergleich günstig. Auch der Faktor
Geschwindigkeit der Gerichtsverfahren spricht für den Gerichtsstand- weiter hohe Relevanz behalten. \
ort Deutschland, da es zum Beispiel im Gegensatz zum amerikani-
schen Recht kein langwieriges Beweisverfahren gibt. Positiv wirkt AUTORIN
CARMEN
sich zudem der in der deutschen Rechtsprechung sehr umfassend TONTSCH
gewährte vorläufige Rechtsschutz aus, der wiederum zum Beispiel in Geschäftsfüh-
Großbritannien eher zögerlich gewährt wird. And last, but not least rerin, Recht
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IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16 11

FOTO: GETTYIMAGES / STUDIOVISION

Deutsches Recht wird in international agierenden Unternehmen geschätzt, da es als
klar und eindeutig gilt und mit politischer und wirtschaftlicher Stabilität einhergeht.

LAW MADE IN GERMANY

VOR- UND NACHTEILE ABWÄGEN

Schließen zwei Unternehmen, die in unterschiedlichen Ländern sitzen, einen Vertrag, so sind sie nach dem
Internationalen Privatrecht grundsätzlich frei in der Wahl des Rechts, auf dem der Vertrag basieren soll.

Das Zivilrecht / Privatrecht (englisch: Civil Law) regelt die Bezie- In der Magna Carta hatte King John Lackland 1215 erstmals dem
hungen zwischen rechtlich gleichgestellten Rechtsteilnehmern Adel eingeschränkte Rechte zugebilligt und verbrieft. Somit war der
(Bürgern und Unternehmen), vor allem in den kontinentaleuropä- Adel nicht mehr von der Willkür des Königs abhängig, sondern hatte
ischen Ländern, aber auch in ehemaligen Kolonialländern von Spanien, verbriefte Rechte. 1689 wurden mit der Bill of Rights dem britischen
Frankreich und Portugal sowie in China und Japan. Die Ursprünge Parlament Rechte gegenüber dem Königtum eingeräumt. Nach der
des Zivilrechts finden sich wieder im römischen Recht und im Code Magna Carta und der Bill of Rights wurden über die Jahrhunderte
Napoleon, dem Vorgänger des heutigen Code Civil (Zivilgesetzbuch in viele Urteile gefällt, deren Gesamtheit das sogenannte Common Law
Frankreich). Napoleon hat einmal gesagt, dass sein großes Vermächtnis darstellt. Es hat das heutige Recht von England und die Rechtssysteme
nicht seine Eroberungen sein werden, sondern die Verbreitung des Code vieler Commonwealthstaaten geprägt.
Napoleon. Dabei konnte er nie England erobern, deshalb herrscht in
England kein Zivilgesetz. Das UN-Kaufrecht von 1980 ist kein eigenes Rechtssystem, son-
dern in das jeweilige Rechtssystem einbezogen worden. Das auch als
Die Ursprünge des Rechts in England finden sich auch im römischen Wiener Kaufrecht (Wien ist Sitz der UN) bezeichnete Gesetz beinhaltet
Recht, in der Magna Carta und der späteren Bill of Rights wieder. Regelungen für den internationalen Handel von Waren. Grundsätzlich

12 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

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Law made in Germany

kommt das UN-Kaufrecht bei Kaufverträgen über bewegliche Waren § 134 BGB Verstoß gegen Strafgesetze, § 138 BGB Sittenwidrigkeit),
zur Anwendung. Zukünftig soll das Gemeinsame Europäische Kaufrecht
(GEK; englisch: Common European Sales Law) in der EU Anwendung und die Parteien sind somit relativ frei bei der Gestaltung ihrer Verträge.
finden. Das GEK enthält kaufrechtliche Vorschriften, die grenzüber-
schreitende Kaufverträge effizienter gestalten sollen. Der derzeitige Einen erheblichen Nachteil des deutschen Rechts stellt das enge
Stand des GEK enthält jedoch noch sehr viele Nachteile, beispielsweise
ist es kaum möglich, vom GEK abzuweichen. Korsett des AGB-Rechts dar. Im Grunde darf auch im unternehmeri-

Das Common Law bezieht sich im Grunde auf Gewohnheitsrecht, schen Geschäftsverkehr (B2B) in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
das sich in sogenannten Präzedenzfällen manifestiert hat. Es wird daher
auch als Fallrecht – auf englisch als Case Law – bezeichnet. Zum Teil (AGB) vom Gesetz kaum abgewichen werden. Hinzu kommt, dass
ist diese Rechtsprechung im Laufe der Jahrhunderte in sogenanntes
statuiertes Recht, also in Gesetzbüchern, zusammengefasst worden. die Gerichte (insbesondere der Bundesgerichtshof) die Abgrenzung
Dennoch steht die richterliche Jurisprudenz an erster Stelle und kann
statuiertes Recht (fast) beliebig interpretieren und gegebenenfalls von Individualverträgen und AGBs in den vergangenen Jahrzehnten
auch aushebeln.
eindeutig zulasten der Individualverträge vorgenommen haben. Seit
England war eine Kolonialmacht und hat sein Common Law in
seine Kolonien getragen, wo es zum Teil bis heute noch angewen- Jahren wird schon ein Umdenken beim AGB-Recht gefordert, bisher
det wird. Leider variiert das Common Law zwischen den einzelnen
Ländern; so bestehen einige Unterschiede zwischen England / Wales ist allerdings wenig passiert.
und den USA, Irland, Neuseeland oder New South Wales (Australien).
Ferner gibt es in Indien, Pakistan, Schottland, Hongkong, Südafrika Der erste Entwurf des BGB wurde 1888 vorgelegt und trat am
und einigen weiteren Ländern ein sogenanntes Mixed System. Das
heißt, es gilt Common Law, aber in das Recht dieser Länder ist sehr 1. Januar 1900 in Kraft. Das BGB ist somit ein Gesetzbuch, welches zum
viel Civil Law eingeflossen.
Ende des 19. Jahrhunderts entworfen wurde. In dieser Zeit dachte der
In Verträgen, die auf Common Law basieren, werden häufig Rechts-
gebilde verwendet, die auf dem Kontinent in der Regel nicht bekannt Gesetzgeber sicherlich nicht an Geschäftsmodelle wie Cloud Computing,
sind (zum Beispiel Conditions, Covenants und Remedy) und zu denen
es auch kein 100-prozentiges Äquivalent im Zivilrecht gibt. Bei einem Handel mit virtuellen Gegenständen (zum Beispiel E-Books), Derivate,
auf Zivilrecht basierenden Vertrag will der Autor im Wesentlichen nur
die Abweichungen vom Gesetz oder die Dinge, die einfach speziell Swaps oder auch Leasing. Dennoch versuchen deutsche Gerichte, ge-
sind, regeln. Im Common Law sind die Juristen der Ansicht, dass al-
les bereits im Vertrag geregelt sein muss und man keine vorherigen trieben von der AGB-Regelung in § 307 BGB, solche Geschäftsmodelle
richterlichen Entscheidungen oder statuiertes Recht benötigt, um den
Vertrag auslegen zu können. in über 100 Jahre alte kodifizierte Vertragstypen (zum Beispiel Kauf-,

Die Nachteile des Common Law liegen sicherlich in der Länge der Werk-, Dienstverträge) zu drücken, um daraus Regelungen abzuleiten,
Verträge und den hohen Anwalts- und Gerichtskosten. Während in
Deutschland vor Gericht ein Kläger oder Beklagter nur einen Rechtsan- die so gar nicht zu dem Geschäftsmodell passen wollen. Zuweilen
walt braucht, muss er in England mindestens einen beratenden Anwalt
(Solicitor) und einen Prozessanwalt (Barrister) beauftragen. Denn in kommen dabei auch deutsche Gerichte zu völlig unterschiedlichen
England und vielen Commonwealth-Ländern spricht der Mandant bei
größeren Fällen erst mit einem Solicitor und erst dieser beauftragt Auffassungen, welcher kodifizierte Vertragstyp für das entsprechende
dann den Barrister, die rechtlichen Interessen des Mandanten vor
Gericht durchzusetzen. Zudem werden wahrscheinlich bei größeren Geschäftsmodell einschlägig sein soll. Eine solche Vorgehensweise
Fällen noch einige Trainees, Associates und Paralegals benötigt, um
den Fall vorzubereiten. Dagegen verfügen Gerichte in London durch kann nicht zukunftsorientiert sein und lädt niemanden dazu ein, das
die lange englische Seefahrertradition und durch die vielen Kolonien
des ehemaligen Empires über eine jahrhundertelange Erfahrung in deutsche Recht auch für internationale Verträge zu verwenden. Daran
internationalen Rechtsstreitigkeiten.
hat auch die große Reform des BGB (Schuldrechtsreform), die 2002 in
In internationalen Unternehmen schätzt man das deutsche Recht
und die Rechtsverfolgung in Deutschland sehr. Das deutsche Recht gilt Kraft getreten ist, nichts geändert.
als klar und eindeutig, die Juristen gelten als gut ausgebildet, und die
Gerichte sind unabhängig von Politik, Wirtschaft und Korruption. Dabei Das deutsche Recht kann sehr gut auch für internationale Verträge
gibt es im Individualvertragsrecht nur wenige Grenzen (zum Beispiel
§ 276 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Haftung bei Vorsatz, verwendet werden, und deutsche Gerichte werden im Ausland als

schnell und gründlich betrachtet. Die Gestaltung von Verträgen und die

Rechtsdurchsetzung können grundsätzlich schneller und günstiger sein

als in manchen Common-Law-Ländern. Allerdings werden diese Vorteile

durch das enge Korsett des AGB-Rechts wieder eingeschränkt – und

viele internationale Unternehmen entscheiden sich genau aus diesem

Grund gegen das deutsche Recht.

Hier ist ein Umdenken bei der Richterschaft notwendig, die im

AGB-Recht zu eng am Gesetz urteilt und zu wenig nach dem Willen

der Parteien geht. Vor allem, weil viele Geschäftsmodelle des 21. Jahr-

hunderts so gar nicht mehr zu den kodifizierten Vertragstypen aus dem

19. Jahrhundert passen. Dies erschwert die Anwendung des deutschen

Rechts im internationalen Kontext, insbesondere in der Konkurrenz zum

Common Law. Ein Umdenken im AGB-Recht ist nicht nur wünschenswert,

sondern auch notwendig, ansonsten verliert „Law made in Germany“

erhebliche Bedeutung im internationalen Rechtsverkehr. \

AUTOR
DR. THOMAS
SÖBBING
Fachleiter
Recht, Deutsche
Leasing, Bad
Homburg
thomas.soeb-
bing@deutsche-
leasing.com

14 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

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Auch in neuerer Zeit kann die deutsche Gesetzgebung bemerkenswerte Exporterfolge vorweisen: Das
Gesetz für den Ausbau von erneuerbaren Energien (EEG) wurde inzwischen von über 50 Staaten kopiert.

RECHTSORDNUNGEN

DIE QUAL DER WAHL

Nicht nur deutsche Waren und Dienstleistungen, sondern auch deutsche Gesetze sind bisweilen
Exportschlager. Altehrwürdige Gesetze – wie Bürgerliches Gesetzbuch oder Handelsgesetzbuch –
haben immer wieder anderen Staaten als Vorlage gedient und wurden teilweise sogar übernommen.

Trotz dieser Exporterfolge einzelner Gesetze steht das deutsche Recht sind: Welche Konsequenzen haben Leistungsstörungen wie Verzug oder
an vielen Stellen auch in einem harten internationalen Konkurrenz- Mängel? Unter welchen Voraussetzungen ist Schadenersatz zu leisten
kampf. In Verträgen mit ausländischen Geschäftspartnern finden sich und welche Schäden werden dann ersetzt? Bei der Beantwortung
oftmals Regelungen dazu, ob der Vertrag ausländischem oder deutschem solcher Fragen können zwischen den Rechtsordnungen fundamentale
Recht unterliegen soll. Häufig fällt hier die Wahl auf das ausländische Unterschiede bestehen. Die Wahl einer anderen Rechtsordnung kann
Recht. In Einzelfällen wird die Anwendbarkeit des ausländischen Rechts daher den Vertrag zu einem anderen Vertrag machen.
sogar bei Verträgen zwischen deutschen Geschäftspartnern vereinbart.
Im Hinblick auf die Vereinbarung der Rechtsordnung sollte sich der
Deutsche Unternehmer sollten die Rechtswahl aber nicht auf eine Unternehmer bewusst sein, dass das deutsche Recht viele Vorteile zu
bloße Formalie reduzieren, bei der die Wahl des ausländischen Rechts bieten hat. „Law made in Germany“ ist in diesem Zusammenhang durchaus
einen Anschein von Internationalität verleiht. Die Wahl der Rechtsordnung ein Qualitätsmerkmal. Diese Vorzüge reichen über den Aspekt hinaus, dass
hat vielmehr ganz konkrete Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten Unternehmer mit der einheimischen Rechtsordnung naturgemäß vertrau-
der Vertragsparteien. Es geht um Fragen, die aus rechtlicher Sicht zentral ter sind als mit ausländischen Regelungen. Die deutsche Rechtsordnung

16 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Law made in Germany

ist dadurch gekennzeichnet, dass die bedeutenden Rechtsbereiche in Im Einzelfall kann die bewusste Wahl des ausländischen Rechts
Gesetzen geregelt sind. Gerade im angloamerikanischen Rechtsraum ist
die Rechtsordnung dagegen durch Einzelfallentscheidungen der Gerichte Vorteile bringen. So kann die Wahl einer ausländischen Rechtsordnung
geprägt. Gesetzliche Regelungen gibt es nur wenige.
etwa darauf abzielen, die Anwendbarkeit des deutschen AGB-Rechts zu
Die gesetzlichen Regelungen machen das deutsche Recht vorher-
sehbarer. Auch die Verträge kommen mit einem deutlich geringeren vermeiden. Dieses wird gerade im unternehmerischen Geschäftsverkehr
Umfang aus. Da vieles schon im Gesetz geregelt ist, müssen zahlreiche
Punkte nicht gesondert im Vertrag festgelegt werden. Die Erstellung der oftmals als zu streng empfunden, weil sich beispielsweise die Haftung nur
Verträge kann dadurch deutlich schneller und kostengünstiger erfolgen.
Schlankere Verträge sind zudem für die Vertragsparteien verständlicher, in einem beschränkten Rahmen vertraglich begrenzen lässt. Allerdings
sodass das Risiko, dass teure Missverständnisse auftreten, signifikant
geringer ist. Stellt sich dann später heraus, dass eine bestimmte müssen natürlich auch in solchen Fällen die Vor- und Nachteile, die
Konstellation im Vertrag nicht geregelt ist, kann ergänzend auf das
Gesetz zurückgegriffen werden. Auch diese Vorteile des kodifizierten das ausländische Recht mit sich bringt, sorgfältig abgewogen werden.
Rechts dürften dazu beitragen, dass in Deutschland, bezogen auf die
Einwohnerzahl und das Bruttosozialprodukt, europaweit die wenigsten In anderen Fällen muss sich der deutsche Unternehmer dem Wunsch
Prozesse geführt werden.
seines ausländischen Geschäftspartners beugen. Die Wahl des auslän-
Wenn sich doch einmal Rechtsstreitigkeiten nicht vermeiden lassen,
können Unternehmer ihre Rechte vor deutschen Gerichten durchset- dischen Rechts muss akzeptiert werden, sonst kommt der Vertrag nicht
zen. Im internationalen Vergleich ist das deutsche Gerichtssystem im
Hinblick auf wichtige Faktoren wie Verfahrensdauer und Qualität der zustande. In jedem Fall sollte sich der deutsche Unternehmer aber
Rechtsprechung ausgesprochen leistungsfähig. Hinzu kommt, dass die
deutschen Gerichts- und Anwaltskosten gerade im Vergleich zu den bewusst sein, welche Auswirkungen die Wahl des ausländischen Rechts
angloamerikanischen Standards als günstig gelten.
auf seine Rechte und Pflichten aus dem Vertrag hat. Denn diese Klausel

kann entscheidenden Einfluss auf den Vertragsinhalt haben. \

AUTOREN

GERHARD THOMAS

SCHMITT (l.) BÖCKER (r.)

Rechtsanwalt, Rechtsanwalt,

Steuerberater, Partner, Roever Broenner

Roever Broenner Susat Susat Mazars,

Mazars, Frankfurt Frankfurt

gerhard.schmitt@ thomas.boecker

mazars.de @mazars.de

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Law made in Germany

LAW – MADE IN GERMANY

BÜNDNIS FÜR DAS DEUTSCHE RECHT

In Deutschland gründete sich 2008 die Initiative „Law – Made in Germany“ als Gegenreaktion auf
Bestrebungen in Großbritannien, die Vorzüge des englischen Rechts international zu positionieren.

FOTO: PICTURE-ALLIANCE / ULRICH BAUMGARTEN Im Jahr 2007 warb die englische Law Society mit einer weltweit
verbreiteten Hochglanzbroschüre für das englische Recht und
für die englische Gerichtsbarkeit. Als Reaktion darauf gründete
sich 2008 hierzulande das Bündnis für das deutsche Recht – „Law –

Made in Germany“ –, das zwischen dem Bundesjustizministerium

und mehreren Organisationen der juristischen Berufe geschlossen

wurde.

Die erste Initiative des Bündnisses war die Broschüre Law –

Made in Germany aus dem Jahr 2009, mit der in deutscher und in

englischer Sprache für die Vorzüge des deutschen Rechts geworben

wurde. „Made in Germany“ sollte nicht nur als Gütesiegel für

deutsche Waren, sondern auch für das deutsche Recht gelten. Die

Initiatoren und Mitglieder wollten dem internationalen Rechtsver-

kehr deutlich machen, dass deutsches Recht vorhersehbar, bezahl-

bar und durchsetzbar ist und dass Investoren in Deutschland ein

leistungsfähiges Rechtssystem mit einer effektiven Justiz finden

können. Das deutsche Rechtssystem sollte zudem international

als Alternative insbesondere zu den angelsächsischen Rechtsord-

nungen anerkannt werden.

Auch im europäischen Ausland, wie in Athen, Prag und Bra-

tislava, warb die Initiative dafür, in Verträgen die Geltung des

deutschen Rechts zu vereinbaren. Bald meldeten sich auch Kri-

tiker zu Wort. Nachteile des deutschen Vertragsrechts, vor allem

die im unternehmerischen Geschäftsverkehr übermäßig starre

AGB-Kontrolle, wirkten gerade für ausländische Unternehmen

abschreckend. Mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache täten

ein Übriges. Es wurde ein Forum eingefordert, das den Beteiligten

die Möglichkeit geben sollte, die Pros und Cons der Rechtsord-

nungen zu diskutieren. So entstand das Symposium Law – Made

in Germany, das nun regelmäßig den internationalen Austausch

zwischen Wirtschaft, Politik und Verwaltung fördern soll.

Trotz vieler Kontroversen zeigte sich ein wichtiger gemeinsamer

Nenner: Deutschland verbindet eine hoch entwickelte Rechtskultur

mit politischer und wirtschaftlicher Stabilität. Auf dieser Grundlage

ist Law – Made in Germany als langfristiges Projekt angelegt und

wichtig für die deutsche Wirtschaft und Politik. \

AUTOR
DR. WERNER
MÜLLER
Rechtsanwalt,
Baker & McKenzie,
und Mitglied,
Initiative Law –
Made in Germany
werner.mueller@
bakermckenzie.com

18 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Den Rechtsstandort stärken

Im Zeitalter der Globalisierung men aus der Volksrepublik China
steht auch das Recht im Wett-
bewerb. Es ist zu einem Export- im Bezirk der IHK Frankfurt hat sich
artikel geworden, bei dem unser
kodifiziertes Recht vor allem mit seit 2007 um 30 Prozent erhöht.
dem angelsächsischen Fallrecht
konkurriert. Wenn aber erfolgrei- Mit unseren Anstrengungen
cher Ideenexport dazu führt, dass
deutsche Unternehmen in aller wollen wir zugleich den Rechts-
Welt auf vertrautes und verläss-
liches Recht stoßen, dann ist das standort Deutschland stärken. Da-
für sie ein Wettbewerbsvorteil. In
Deutschland selbst sind unsere bei geht es nicht nur um die staat-
Gesetze und unsere Justiz schon
lange zu einem Standortvorteil liche Justiz. Auch die deutsche
für Unternehmen geworden, und
sie sind ein guter Grund für aus- Schiedsgerichtsbarkeit genießt
ländische Unternehmen, sich hier
niederzulassen, deutsches Recht international einen hervorragen-
zu wählen oder ihre Streitigkei-
ten mithilfe der deutschen Justiz den Ruf. Um noch mehr Unter-
beizulegen.
nehmen zur Streitbeilegung nach
Die Politik hat diese Bedeutung
des Rechts früh erkannt und enga- Deutschland zu holen, haben wir
giert sich in diesem Wettbewerb.
2008 hat meine Amtsvorgängerin gerade eine Broschüre über die
Brigitte Zypries das Bündnis für
das deutsche Recht geschmiedet, Schiedsgerichtsbarkeit aufgelegt,
um den Rechtstransfer zu stärken.
Das Bundesjustizministerium sorgt die wir über die 227 deutschen
dafür, dass immer mehr deutsche
Wirtschaftsgesetze in amtlicher Auslandsvertretungen in die Welt
Übersetzung vorliegen, vom Au-
ßenwirtschaftsgesetz bis zur Zivil- gebracht haben.
prozessordnung; unter dem Portal
www.gesetze-im-internet.de ste- Für den Rechtsexport und Verkehrsrecht:
hen sie weltweit zur Verfügung. Der Spezialist für
unseren Rechtsstandort können Bußgeldsachen
Ein wichtiger regionaler
Schwerpunkt unserer Rechtsau- alle etwas tun. In Hamburg etwa Nur ein spezialisierter Anwalt findet sich in der
ßenpolitik bleibt China. Dabei geht Komplexität des Verfahrensrechts und den Möglich-
es nicht nur um Menschenrechte haben Anwaltschaft und Justiz, keiten der effektiven Rechtswahrnehmung zurecht.
und Rechtsstaatlichkeit; die Un-
terstützung Chinas bei der Wei- Wissenschaft und Wirtschaft den UWE LENHART Rechtsanwälte sind ausschließ-
terentwicklung seiner Rechtsord- lich im Verkehrsrecht sowie Wirtschafts- und Steuer-
nung liegt auch im ökonomischen Verein Rechtsstandort Hamburg strafrecht tätig.
Interesse. Sie erleichtert deutschen
Unternehmen das Engagement auf gegründet; mit dem Portal www. Rechtsanwalt Philip Leichthammer, Fachanwalt
dem chinesischen Markt und sie für Strafrecht, ist ausgewiesener Spezialist für Ord-
wirkt als Ansiedlungsmagnet für hamburg-dialawgue.com haben nungswidrigkeiten, seine Mandanten setzen sich
chinesische Unternehmen. Wie aus Einzelpersonen, Unternehmen und Fuhrparklei-
gut das funktioniert, zeigt sich in sie einen zentralen Point of Con- tern zusammen. Er veröffentlicht sein breites Wis-
Frankfurt: Die Zahl der Unterneh- sen und Erkenntnisse in Aufsätzen und Anmerkun-
tact geschaffen, für alle Partner der gen in Fachzeitschriften und hält Vorträge. Philip
Leichthammer ist Mitautor des Beck-Rechtsberaters
Hansestadt, die sich für deutsches im dtv „Straßenverkehrsrecht – Strafe, Punkte, Fahr-
verbot, MPU“ (231 Seiten, € 17,90) und weist Erfah-
Recht interessieren. Es ist gut, dass rungen aus bisher fast 4.000 Bußgeldverfahren auf.

es auch in der RheinMain-Region In den 2013, 2014 und 2015 erschie-
nenen Focus-Listen der Top-Anwälte
viel Engagement gibt, nicht zuletzt Deutschlands wird die Kanzlei mit
einer herausragenden Anzahl von Kol-
dank der IHK und des Frankfurter legenempfehlungen hervorgehoben.

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meinen Teil dazu beitragen, dass

Deutschland im internationalen

Wettbewerb stark bleibt. Dazu ge-

hört für mich auch ein modernes

Wirtschaftsrecht, das auf der Höhe

der Zeit ist, für einen fairen Interes-

senausgleich sorgt und überflüssige

Bürokratie vermeidet. \

AUTOR
HEIKO MAAS
Bundesminister
der Justiz und
für Verbraucher-
schutz, Berlin
poststelle@
bmjv.bund.de

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

FOTO: GETTYIMAGES / DANE_MARK

Die Reform des AGB-Rechts steht immer noch aus.

AGB-REFORM

DAS KLEINGEDRUCKTE IM FOKUS

Unternehmer machen sich schon seit Langem für eine Reform der Allgemeinen Geschäftsbedingungen stark. Letztend-
lich geht es hier nämlich auch um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im internationalen Kontext.

Dass das geschriebene Wort nicht immer gilt, ist Juristen und Die Regelungen zur Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbe-
Kaufleuten, die Vertragsentwürfe erstellen und Vertragsverhand- dingungen sind durch das Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedin-
lungen führen, bekannt. Die salvatorische Klausel („Erweist sich gungen (AGB-Gesetz) vom 9. Dezember 1976 kodifiziert und durch das
eine Bestimmung dieses Vertrags als unwirksam“), die in fast keinem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 in das BGB
Vertrag fehlt, ist beredtes Zeugnis dieser Erkenntnis. überführt worden. Die Generalklausel des AGB-Rechts besagt, dass eine
Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam ist, wenn sie den Vertrags-
Die Unwirksamkeit einer Vertragsbestimmung kann sich aus partner unangemessen benachteiligt. Darüber hinaus nennt das Gesetz
vielen Gründen ergeben: Eine Vertragsbestimmung, die gegen ein Beispiele von verbotenen Klauseln, wobei zwischen Klauselverboten mit
gesetzliches Verbot (§ 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) oder und ohne Wertungsmöglichkeit unterschieden wird (§§ 308 und 309 BGB).
gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB) verstößt, ist nichtig.
Wenn es sich bei der Vertragsbestimmung um eine Allgemeine Nicht nur die juristischen Fachzeitschriften geben Gerichtsent-
Geschäftsbedingung (AGB) handelt, kann sich die Unwirksamkeit scheidungen wieder, die sich mit der (Un-)Wirksamkeit von Vertrags-
außerdem aus der unangemessenen Benachteiligung des Vertrags- bestimmungen mit AGB-Charakter befassen, auch Tageszeitungen
partners ergeben (§ 307 BGB). berichten hierüber: Der Bundesgerichtshof hat jüngst Klauseln zu

20 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Law made in Germany

Schönheitsreparaturen in Wohnraum-Mietverträgen gekippt. Und Jahr begrenzte. Diese Klausel wurde aufgrund ihrer Indizwirkung auch
das Amtsgericht München hat eine Klausel als wirksam angesehen,
die den FC Bayern München zur Kündigung eines Abo-Vertrags über gegenüber Unternehmern für unwirksam erklärt. Schon 2012 hat der
eine Stadiondauerkarte berechtigt; der Dauerkarteninhaber hatte seine
Karte in einer Saison bei zehn Spielen weiterverkauft. 69. Deutsche Juristentag einen Appell an den Gesetzgeber gerichtet und

Gegen die durch das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gefordert, die von der Rechtsprechung herausgebildete weitgehende
angeordnete Inhaltskontrolle von Vertragsbestimmungen, die gegenüber
Verbrauchern verwendet werden (B2C-Bereich), werden rechtspolitisch Gleichbehandlung von AGBs im B2C- und B2B-Bereich, insbesondere
keine Einwände erhoben. Denn die richterliche Inhaltskontrolle ist elemen-
tarer Bestandteil des Verbraucherschutzes. Vielfach wird jedoch kritisiert, die beschriebene Indizwirkung der Klauselverbote, abzulehnen.
wie die Gerichte die Inhaltskontrolle handhaben, wenn AGBs gegenüber
einem Unternehmer verwendet werden (B2B-Bereich): Obwohl nach dem Daraufhin hat das Bundesjustizministerium einen Gutachtenauftrag
AGB-Gesetz die Klauselverbote der §§ 308 und 309 BGB (mit Ausnahme
von Klauseln zur Zahlungsfrist sowie Überprüfungs- und Abnahmefrist) im erteilt, um zu untersuchen, ob Reformbedarf besteht. Lars Leuschner,
unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht gelten (vergleiche § 310 Abs. 1
BGB), misst die Rechtsprechung den dort geregelten speziellen Verboten eine Professor an der Universität Osnabrück, zeigt im Abschlussbericht
Indizwirkung zu: „Fällt eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm des einige Problembereiche auf: Namentlich Haftungsbeschränkungen
§ 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass sie im Fall ihrer Verwendung
gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt.“ lassen sich nicht wirksam vereinbaren oder sind zumindest einem Un-

Dieses Argument führt der Bundesgerichtshof (BGH) zuletzt im wirksamkeitsrisiko ausgesetzt; das deutsche Recht nimmt im Vergleich
Fall eines Gebrauchtwagenkaufvertrags an. Bei dem Urteil des BGH
vom 19. Juni 2013 ging es um eine Klausel in einem Gebrauchtwa- zu anderen Rechtsordnungen eine Sonderrolle ein. Nun muss Berlin
genkaufvertrag, welche die Verjährungsfrist für Sachmängel auf ein
entscheiden, ob eine Reform des AGB-Rechts im unternehmerischen

Geschäftsverkehr politisch gewollt ist. \

AUTOR
MANUEL
SCHAUER
Rechtsanwalt
und Justiziar,
Stahl-Holding-
Saar, Dillingen
manuel.schauer
@stahl-holding-
saar.de

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FOTO: GETTYIMAGES / KERSTIN WAURICK

SCHIEDSGERICHTSBARKEIT

INTERNATIONALES RENOMMEE

Die wichtige Rolle Deutschlands und seiner Rechtskultur auf dem Gebiet der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
spiegelt sich in erster Linie in der großen Anzahl von Schiedsverfahren mit Bezug zu Deutschland wider.

Die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) neu eingeleiteten Verfahren in 2014). Deutschland lag damit nach
verzeichnete im Jahr 2014 einen Anstieg der Verfahrens- den USA, Frankreich und Brasilien weltweit auf Platz vier.
zahlen von knapp zehn Prozent auf 132 neu eingeleitete
Schiedsverfahren (gegenüber 121 in 2013). Auch der Internationale Zudem wurden 90 deutsche Schiedsrichter vom ICC Schiedsge-
Schiedsgerichtshof der ICC in Paris (ICC) konnte seine Verfahrenszah- richtshof bestätigt oder ernannt (6,8 Prozent aller Bestätigungen / Er-
len von 767 (2013) auf 791 (2014) um knapp vier Prozent steigern. nennungen in 2014). Deutschland lag damit nach dem Vereinigten
Königreich, den USA, der Schweiz und Frankreich weltweit auf Platz
Dieser positive Trend setzte sich im Jahr 2014 bei der Beteiligung fünf. In 6,3 Prozent der diesen neu eingeleiteten ICC-Verfahren
von deutschen Parteien, deutschen Schiedsrichtern und der Wahl zugrunde liegenden Rechtswahlklauseln wurde deutsches Recht
deutschen Rechts oder von Deutsch als Verfahrenssprache fort: als anwendbares Recht gewählt. Deutschland lag damit nach dem
Insgesamt waren an den bei der ICC neu eingeleiteten Verfahren Recht des Vereinigten Königsreichs, der USA und der Schweiz
103 deutsche Parteien beteiligt (4,5 Prozent der Parteien in allen weltweit auf Platz vier.

22 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Law made in Germany

Das deutsche Recht bietet perfekte Rahmenbedingungen für Deutschland ist auch dank der führenden Rolle und weltwei-
die Durchführung von Schiedsverfahren und trägt erheblich zu
dem Renommee des Schiedsstandorts Deutschland bei. Deutsches ten Reputation des deutschen Rechts als moderner, neutraler und
Recht wird oft als effizienter, kostengünstiger und berechenbarer
als andere Rechtsordnungen angesehen und genießt international flexibler Schiedsstandort anerkannt, an dem Verfahren in Überein-
einen exzellenten Ruf. Es ist systematisch erschlossen und sämtliche
Rechtsquellen sind leicht zugänglich. Diese Kodifizierung schafft stimmung mit internationalen Best Practices durchgeführt werden.
Rechtssicherheit und vermeidet unnötige Kosten.
Gleichzeitig bleibt aber auch viel Raum für nationale Besonderhei-
Deutsche Schiedsrichter werden weltweit als Allrounder ge-
schätzt, auch dank der deutschen Juristenausbildung, die mit der ten und Lösungsansätze, die sich in der deutschen Gerichtspraxis
Befähigung zum Richteramt abschließt. Sie können ihre Rechtskennt-
nisse und Verfahrensmanagementfähigkeiten den Gegebenheiten des bewährt haben. \
Einzelfalls anpassen und problemlos auch ausländische Rechts- und
Verfahrensordnungen anwenden. Deutsche Schiedsrichter werden AUTORINNEN ULRIKE
deshalb regelmäßig in internationalen Schiedsverfahren benannt, DR. FRANCESCA GANTENBERG (r.)
oft auch von ausländischen Parteien. MAZZA (l.) Rechtsanwältin,
Generalsekretärin, Heuking Kühn Lüer
Deutsche Institution Wojtek, Düsseldorf
für Schiedsgerichts- u.gantenberg@
barkeit, Berlin, Köln heuking.de
francesca.mazza
@disarb.org

ZEHN GRÜNDE FÜR EIN SCHIEDSVERFAHREN MIT BEZUG ZU DEUTSCHLAND

ᕡ Faires Verfahren der guten Infrastruktur in Deutschland sind die logistischen Kosten im
Die ordentliche Gerichtsbarkeit funktioniert nicht in allen Ländern der Zusammenhang mit einem Schiedsverfahren im internationalen Vergleich
Welt genauso effizient wie in Deutschland. Schiedsverfahren in Deutsch- gering.
land bieten rechtsstaatliche Garantien und eine hohe Akzeptanz. Bei Strei-
tigkeiten mit Auslandsbezug hilft ein international besetztes Schiedsge- ᕧ Strenge Vertraulichkeit
richt, das bei Parteien oft bestehende Misstrauen in die staatliche Justiz DIS-Schiedsverfahren sind vertraulich und eignen sich besonders für Strei-
ihres Handelspartners abzubauen. tigkeiten, die nicht allgemein bekannt werden sollen, oder zum Schutz von
Geschäftsgeheimnissen. Die in einem Schiedsverfahren erlassenen Schieds-
ᕢ Freie Verfahrensgestaltung sprüche werden ohne Zustimmung der Parteien nicht veröffentlicht.
Die Beilegung komplexer grenzüberschreitender Wirtschaftsstreitigkei-
ten kann sehr aufwendig sein und die staatliche Justiz schlichtweg über- ᕨ Erhöhte Durchsetzbarkeit
fordern. In einem Schiedsverfahren in Deutschland können die Parteien Schiedsverfahren sind konzeptuell auf nur eine Instanz ausgelegt, da die
die Eckpfeiler für ihr Verfahren gestalten und beispielsweise die Verfah- Schiedssprüche für die Parteien endgültig sind und die Wirkung eines
renssprache, die Schiedsrichter, den Ort des Schiedsverfahrens und das rechtskräftigen gerichtlichen Urteils haben. Schiedssprüche werden in
anwendbare prozessuale und materielle Recht frei wählen. der Regel freiwillig befolgt und unverzüglich von den Parteien umgesetzt.
Sollten dennoch Vollstreckungshandlungen erforderlich werden, können
ᕣ Spezielle Sachkunde Parteien ihre Rechte in Deutschland konsequent durchsetzen. Sie profi-
Deutsche Schiedsrichter werden von den Parteien oft aufgrund spezieller tieren dabei von mehr Freizügigkeit als bei der Anerkennung und Vollstre-
Sachkunde, die zur Beurteilung des streitgegenständlichen Verfahrens er- ckung von ausländischen Gerichtsurteilen. Die Zahl der Mitgliedsstaaten
forderlich ist, ausgewählt. Im Vergleich zu staatlichen Richtern haben sie der „New York Convention on the Recognition and Enforcement of For-
oft besondere technische oder rechtliche Kenntnisse und sind mit bran- eign Arbitral Awards“ beläuft sich inzwischen auf 156. Dieses Übereinkom-
chenspezifischen Handelsusancen vertraut. men stellt sicher, dass ein Schiedsspruch in fast allen Ländern der Welt
vollstreckt werden kann. Die Überprüfungsmöglichkeit schiedsgerichtlicher
ᕤ Spezielle Sprachkenntnisse Entscheidungen und die staatliche Überwachungsfunktion sind dabei auf
In Deutschland finden Unternehmen für jede Verfahrenssprache einen ge- die Einhaltung verfahrensrechtlicher Standards beschränkt. Eine materiell-
eigneten Schiedsrichter. Im Rahmen internationaler Transaktionen sind rechtliche Überprüfung des Schiedsspruchs findet in der Regel nicht statt.
Englischkenntnisse unbedingt notwendig und führen zu höherer Effizienz
und geringeren Kosten, da Schriftsätze, Anlagen und Beweismittel nicht ᕩ Stetige Unterstützung
übersetzt werden müssen. In Deutschland besteht eine besondere Zuständigkeit der Oberlandesge-
richte für gerichtliche Entscheidungen im Schiedsverfahren. Infolge dieser
ᕥ Schnelle Verfahrensdauer Zuständigkeitskonzentration sind die mit Schiedsverfahren befassten und
Deutsche Schiedsrichter arbeiten zügig und effizient. Die weit überwie- generell schiedsfreundlich eingestellten deutschen Richter hoch speziali-
gende Anzahl der Verfahren bei der DIS ist innerhalb von zwölf bis 18 Mo- siert und sehr erfahren.
naten nach Einreichung der Schiedsklage erfolgreich beendet.
µ Neutraler und vorteilhafter Standort
ᕦ Geringe Kosten Deutschland bietet gleich mehrere Großstädte und moderne Wirtschafts-
Durch die Möglichkeit der zeit- und kosteneffizienten Verfahrensge- zentren, die exzellent angebunden sind, eine ideale Infrastruktur und kos-
staltung und der Vorhersehbarkeit der Kosten sind Schiedsverfahren in tengünstige Einrichtungen für die Durchführung von Schiedsverhandlun-
Deutschland oft kostengünstiger als staatliche Gerichtsverfahren. Dank gen anbieten.

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16 23

Law made in Germany

LAUTERKEITSRECHT IN EUROPA

VERGLEICH DER RECHTSORDNUNGEN

Das Lauterkeitsrecht soll ein faires Marktverhalten der Gewerbetreibenden gewährleisten, indem es insbesondere
unlautere Geschäftspraktiken unterbindet und Verbraucher vor unzulässiger Werbung schützt.

FOTO: GETTYIMAGES / GARY WATERS D ie Zwecke des Lauterkeitsrechts lassen sich mit unterschied-
lichen rechtlichen Instrumenten durchsetzen. In Betracht
Bildunterschrift Mithilfe unterschiedlicher rechtlicher Instrumente kommen staatliche Sanktionen mit den Mitteln des Zivil-
lassen sich in Deutschland unlautere Geschäfts- rechts, des Strafrechts und des öffentlichen Rechts. Ergänzend
24 praktiken schnell und effizient unterbinden. kommt eine freiwillige Selbstkontrolle der Wirtschaft in Betracht.
Derartige Regelungsmodelle befinden sich in ganz Europa. Dies
liegt daran, dass das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedsstaaten
zumeist überlässt, welche Möglichkeiten sie wählen.

Dies gilt namentlich für die Richtlinie 84/450/EWG über irre-
führende und vergleichende Werbung. Nach deren Artikel 4 wird
den Mitgliedsstaaten lediglich vorgegeben, Rechtsvorschriften
zu erlassen, die es Personen oder Organisationen, die nach dem
nationalen Recht ein berechtigtes Interesse an dem Verbot irre-
führender Werbung oder an der Regelung vergleichender Werbung
haben, gestatten, gerichtlich gegen eine solche Werbung vorzuge-
hen und / oder eine solche Werbung vor eine Verwaltungsbehörde
zu bringen, die über Beschwerden entscheidet oder gerichtliche
Schritte einleitet. Die Richtlinie 2005/29/EG (UGP-Richtlinie)
erweiterte diese Regelung auf alle Fälle unlauterer Geschäftsprak-
tiken. In der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 ist die Einrichtung
von nationalen Behörden zur Zusammenarbeit bei der Durchset-
zung von Verbraucherschutznormen vorgesehen. Im Übrigen sind
die EU-Mitgliedsstaaten bei der Durchsetzung ihres nationalen
Lauterkeitsrechts frei.

In Deutschland steht die Durchsetzung des Lauterkeitsrechts
vor den staatlichen Gerichten mit den Mitteln des zivilrechtlichen
Anspruchs im Vordergrund. Wer eine unzulässige geschäftliche
Handlung vornimmt, kann von Mitbewerbern auf Beseitigung
und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch
genommen werden. Das Interesse der Allgemeinheit an einem
unverfälschten Wettbewerb wird dadurch gewahrt, dass auch
bestimmte Verbände der Wirtschaft und der Verbraucher Wett-
bewerbsverstöße verfolgen dürfen. Hierzu zählen vor allem die
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt,
der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität,
der Verbraucherzentrale Bundesverband sowie Industrie- und
Handelskammern.

Da derartige Zivilgerichtsverfahren zumeist zeitraubend und
kostspielig sind, hat sich in der Praxis die außergerichtliche
Streitbeilegung mittels einer Abmahnung nebst strafbewehrter
Unterlassungserklärung eingebürgert. Diese Abmahnung enthält
die Mitteilung des anspruchsberechtigten Mitbewerbers, Wirt-
schafts- oder Verbraucherverbands an den Verletzer, dass er sich
durch eine konkrete Handlung wettbewerbswidrig verhalten habe.
Damit verbunden ist zugleich die Aufforderung, dieses Verhalten

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

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Law made in Germany

in Zukunft zu unterlassen und binnen einer bestimmten Frist eine gefahr im geschäftlichen Verkehr“. Mit der Injurious-Falsehood-
strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.
Klage (sogenannte Anschwärzungsklage) können sie überdies gegen
Eine vergleichbare Funktion hat, wenn es bereits zum Erlass
einer einstweiligen Verfügung gekommen ist, das sogenannte „vorsätzlich oder grob fahrlässig aufgestellte schädigende Falschan-
Abschlussschreiben. Dieses enthält die Aufforderung zur Abgabe
einer Abschlusserklärung. Damit kann der Gläubiger Klarheit gaben“ vorgehen. Zur Bekämpfung aller Arten von „Anschwärzen
darüber gewinnen, ob er noch eine Hauptsachenklage gegen
den Schuldner erheben muss. Wird daraufhin eine sogenannte des Mitbewerbers“ oder der „Herabsetzung seiner Waren“ dienen
Abschlusserklärung abgegeben, bedarf es der Durchführung des
Hauptklageverfahrens nicht mehr. Auf diese Weise werden die die Klagen aus Slander oder Libel of Title und Slander oder Libel of
allermeisten Wettbewerbsrechtsstreitigkeiten erledigt.
Goods (Klagen wegen Ehrverletzung oder Verleumdung (unwahre
Daneben gibt es allerdings auch die Möglichkeit der zivil-
rechtlichen Streitschlichtung durch die Einigungsstellen bei den Behauptungen über Eigentum oder über Produkte oder Waren)). Von
Industrie- und Handelskammern. Bei einigen schwerwiegenden Zu-
widerhandlungen greifen sogar strafrechtliche Bestimmungen ein. großer praktische Bedeutung für die Rechtskontrolle ist dort die
Schließlich spielt in der Praxis auch die freiwillige Selbstkontrolle
der Wirtschaft eine bedeutende Rolle. Insbesondere im Bereich der Selbstkontrolle der Werbewirtschaft anhand von Verhaltenskodizes.
Versicherungswirtschaft gibt es entsprechende Verhaltenskodizes
(Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft). Dies alles Dazu sind beispielsweise der British Code of Advertising, Sales
sorgt für eine schnelle und effiziente Unterbindung unlauterer
Geschäftspraktiken in Deutschland. Promotion and Direct Marketing (Britischer Kodex für Werbung,

Im europäischen Ausland gibt es zum Teil entsprechende Mög- Verkaufsförderung und Direktmarketing) sowie der Radio Advertising
lichkeiten der Rechtsdurchsetzung. So ist in Belgien etwa eine
Unterlassungsklage (Action en Cessation), auch durch Verbraucher, Standard Code und Television Advertising Standard Code (Kodizes
möglich. In Finnland ist für die Überwachung von Verstößen gegen
das Verbraucherschutzgesetz ein Ombudsmann für Verbraucher- für Fernseh- und Rundfunkwerbung) zu rechnen. Zu den Sanktionen
schutz zuständig, während die Gewerbetreibenden untereinander
auf Privatklagen vor dem Marktordnungsgericht angewiesen sind. gehört auch die öffentliche Bekanntgabe von Verstößen.
Daneben gibt es auch die Selbstkontrolle der Gewerbetreibenden,
insbesondere durch die dortige Handelskammer. In Frankreich kann In Italien wiederum steht der Mitbewerberschutz im Vorder-
bei Wettbewerbsverstößen neben Schadenersatz Unterlassung und
Beseitigung verlangt werden. grund. Der Verbraucherschutz ist noch unterentwickelt. Verbrau-

Das Recht Großbritanniens kennt dagegen keine zivilrechtliche cher und Verbraucherverbände sind jedoch bei irreführender und
Individualklage von Mitbewerbern gegen unlauteren Wettbewerb.
Dort können lediglich nach allgemeinem Deliktsrecht Mitbewerber unzulässiger vergleichender Werbung klagebefugt. Die Rechts-
insbesondere mit der Passing-off-Klage (Klage wegen Kennzeichen-
verletzung, das heißt Nachahmung und Reputationsanmaßung) durchsetzung, einschließlich der einstweiligen Verfügung, erfolgt
vorgehen, und zwar gegen das „Hervorrufen einer Verwechselungs-
durch die Anrufung der ordentlichen Gerichte. Für die Praxis von

Bedeutung ist aber auch hier vielmehr die freiwillige Selbstkontrolle

nach dem „Codice di Autodisciplina Pubblicitaria“, dem Kodex der

Werbeselbstkontrolle.

In den Niederlanden gibt es kein umfassendes Spezialgesetz

gegen den unlauteren Wettbewerb. Die wettbewerbsrechtlichen

Straftatbestände stellen aber Schutzgesetze für Unterlassungs-

und Schadenersatzklagen der geschädigten Mitbewerber dar. Zur

Bekämpfung der irreführenden Werbung ist das Institut der Ver-

bandsklage eingeführt worden. In Schweden schließlich ermöglicht

das Marktvertriebsgesetz aus dem Jahr 1995 neben der primären

Sanktion der Unterlassungsanordnung auch die Verhängung einer

sogenannten Marktstörungsabgabe in variabler Höhe bis zu fünf

Millionen Schwedische Kronen. Daneben kann Schadenersatz

eingeklagt werden, und zwar sowohl von Gewerbetreibenden als

auch von Verbrauchern.

Ein ausdifferenziertes System von vorgerichtlicher Kontrolle

mittels Abmahnungen / Abschlussschreiben sowie gerichtlicher Kon-

trolle, wie der Aktivlegitimation von Mitbewerbern, Wirtschafts-

und Verbraucherschutzgesetzen, der freiwilligen Selbstkontrolle

durch Einigungsstellen und Verhaltenskodizes bestimmter Branchen

ist damit in dieser Form lediglich in Deutschland festzustellen.

Bei der Durchsetzung des Lauterkeitsrechts haben Unternehmer

daher in Deutschland einen echten Standortvorteil. \

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Rechtsanwalt, Danckelmann und
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26 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

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Law made in Germany

SÜDOSTEUROPA

DIE RECHTSSICHERHEIT ERHÖHEN

Mittlerweile haben viele Länder Regelwerke zur internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit verabschiedet, um
mit einem einheitlichen und transparenten Rechtsrahmen grenzüberschreitende Investitionen zu erleichtern.

Investoren vertrauen in der Regel keiner fremden nationalen Gerichts- FOTO: GETTYIMAGES / KIMBERRYWOOD
barkeit – ob berechtigterweise oder nicht, sei dahingestellt. Die fehlende
Vertrautheit mit einem fremden Rechts- und Justizsystem, die Angst Montenegro und Serbien seit 2007 verschiedene, regional angesetzte Projekte
vor einer Bevorzugung des lokalen Gegners, die Angst, als Ausländer per se durch, um zu einer rechtlichen Streitkultur im Sinne der EU beizutragen.
schlechtere Karten zu haben, führen dazu, dass Investoren versuchen, auf Auftraggeber ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
alternative Streitschlichtungsmethoden auszuweichen, etwa auf Mediati- und Entwicklung (BMZ).
onsverfahren oder auf Schiedsgerichtsbarkeit.
Der Rechtsrahmen in Bezug auf Mediations- und Schiedsgerichtsverfahren
Die Parteien vereinbaren, in diesem Zusammenhang ein Verfahren ist in allen ORF-RR-Ländern auf gutem Wege oder schon ausreichend aus-
außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit durchzuführen. Sie können ver- formuliert. So haben alle Länder das Übereinkommen über die Anerkennung
suchen, ihren Konflikt unter Hinzuziehung eines neutralen Dritten, eines und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (auch
Mediators, selbst zu lösen. Am Ende eines solchen Verfahrens steht eine New Yorker Übereinkommen genannt) ratifiziert – mit Ausnahme Kosovos
vertragliche Vereinbarung. Sie können aber auch vereinbaren, sich einem mangels UN-Mitgliedschaft. Die Gesetze Kroatiens, Mazedoniens und Serbiens
privaten Schiedsgericht zu unterwerfen, mit einer am Ende des Verfahrens entsprechen dem von Uncitral (United Nations Commission for International
verbindlichen Entscheidung. Trade Law) und damit de facto von der internationalen Gemeinschaft erar-
beiteten Modellgesetz zur internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit. Es
Eine Schiedsentscheidung hat den großen Vorteil gegenüber einem ist zwischenzeitlich in 97 Gerichtsbarkeiten übernommen. Hervorzuheben ist,
staatlichen Gerichtsurteil, dass sie praktisch weltweit vollstreckt werden kann. dass diese Entsprechung jeweils durch das Uncitral-Sekretariat geprüft wird
Allerdings muss in jedem Land, in dem vollstreckt werden soll, die Entschei- und nicht auf einer Selbsteinschätzung der Länder beruht. Der Investor kann
dung von der nationalen Justiz anerkannt werden, was diese allerdings nur sich damit darauf verlassen, dass die wesentlichen Prinzipien des Modellge-
unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen verweigern darf. Damit betten setzes umgesetzt und keine gravierenden Widersprüche zu verzeichnen sind.
sich alle Verfahren in den nationalen Rechtsrahmen ein: Sowohl vertragliche
Austauschregelungen als auch Schiedssprüche müssen national geschützt Auch die anderen ORF-RR-Länder prüfen die Übernahme des Uncitral-
und durchgesetzt werden, jedoch ohne dass die Gerichte die Kompetenz Modellgesetzes zur Schiedsgerichtsbarkeit. Zum Beispiel hat Montenegro
haben, den gesamten Inhalt der Entscheidung zu überprüfen. kürzlich ein Gesetz zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit verabschiedet:
Die verabschiedete Version wird gerade vom Uncitral-Sekretariat überprüft –
Eine Investitionsentscheidung von Unternehmen hängt wesentlich von in es wird mit einem positiven Ergebnis gerechnet. Das Schiedsgerichtsgesetz
den Gastländern vorgesehenen Streitschlichtungsmethoden ab. Die Deutsche Kosovos hat wesentliche Elemente des Modellgesetzes übernommen. Es kann
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Eschborn, führte und allerdings keine endgültige Klärung durch das Uncitral-Sekretariat erreicht
führt daher im Rahmen des Offenen Regionalfonds für Südosteuropa – werden, da Kosovo kein Mitglied der Vereinten Nationen ist.
Rechtsreformberatung (ORF RR) in Albanien, Bosnien und Herzegowina,
Kosovo, Kroatien (seit dem EU-Beitritt nur noch teilweise), Mazedonien, In Albanien gibt es ebenfalls eine Debatte, das Uncitral-Modellgesetz
zu übernehmen, doch bislang ist die internationale Schiedsgerichtsbarkeit
GIZ gesetzlich nicht geregelt. In Bosnien und Herzegowina gibt es sehr ähnliche,

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ),
Eschborn, ist ein weltweit tätiger Dienstleister der internationalen Zu-
sammenarbeit für nachhaltige Entwicklung mit rund 16 400 Beschäftig-
ten. Die GIZ hat mehr als 50 Jahre Erfahrung in unterschiedlichsten Fel-
dern, von der Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung über Energie
und Umweltthemen bis hin zur Förderung von Frieden und Sicherheit.
Als gemeinnütziges Bundesunternehmen unterstützt die GIZ die Bundes-
regierung, insbesondere das Bundesministerium für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung, sowie viele öffentliche und private Auf-
traggeber in rund 130 Ländern dabei, ihre Ziele in der internationalen
Zusammenarbeit zu erreichen. Dafür entwickelt die GIZ mit ihren Part-
nern wirksame Lösungen, die Menschen Perspektiven bieten und deren
Lebensbedingungen dauerhaft verbessern. Darüber hinaus kooperiert die
GIZ auch intensiv mit der Privatwirtschaft und trägt so zu einem erfolg-
reichen Zusammenspiel von entwicklungspolitischem und außenwirt-
schaftlichem Engagement bei. Weitere Infos online unter www.giz.de.

28 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

teilweise wortgleiche gesetzliche Regelungen zur internationalen Schieds-

gerichtsbarkeit auf der Ebene der Föderation und auf der Ebene der beiden

Entitäten. Allerdings fehlen wesentliche Regelungen des Modellgesetzes

und es bestehen Unklarheiten, sodass der Standard des Modellgesetzes noch

nicht gegeben ist. Sowohl in Albanien als auch in Bosnien und Herzegowina

besteht damit weiterhin erheblicher Reformbedarf.

Die Gesetze zum Mediationsverfahren entsprechen in Albanien, Maze-

donien, Kroatien und Montenegro sowohl dem Uncitral-Modellgesetz über

die internationale Handelsmediation als auch der europäischen Richtlinie

2008/52/EG. Bosnien und Herzegowina, Kosovo und Serbien haben ebenfalls

Gesetze erlassen. Dabei haben sie allerdings der Offenheit des Mediati-

onsverfahrens – eigentlich ein wesentliches Element – nicht ausreichend

Rechnung getragen.

Ein entscheidendes Kriterium für Investoren ist die Investitionsschieds-

gerichtsbarkeit. Hierbei geht es um die Legalität hoheitlichen Handelns,

das sich auf private Investoren auswirkt. Das Internationale Zentrum zur

Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) ist die wichtigste Institu-

tion der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit – alle Länder des ORF RR sind

ICSID-Länder, das heißt Vertragsstaaten der Konvention über die Beilegung

von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Staatsbürgern anderer FüWhPreuietnresgrobsnikldraäluefntregufünrd

Länder. Das gilt seit 2009 sogar für Kosovo. Personalfachkaufmann/-frau

Ohne Implementierung nützt eine solche Annäherung des Rechts- ab 11. März 2016 online

rahmens an europäische und internationale Standards wenig. Die GIZ- Personalassistent/-in (IHK)

Rechtsreformprojekte zielen deshalb vor allem auf die Implementierung. ab 16. März 2016 online

Vielfältige Ausbildungsmaßnahmen wurden durchgeführt und Schulungen Personalreferent/-in (IHK)

für Rechtsanwender, insbesondere Richter, organisiert. Zusätzlich wurde ab 7. April 2016 online

Schulungsmaterial erarbeitet und Fachliteratur gefördert sowie die weltweite Personalbetriebswirt/-in (IHK)

Veröffentlichung von Entscheidungen lokaler Gerichte zur internationalen ab 15. April 2016

Schiedsgerichtsbarkeit unterstützt. Schließlich wurde ein intensiver Austausch IHK-Akademie Koblenz e. V.
Ansprechpartnerin:
innerhalb der juristischen Fachwelt angestoßen und begleitet. Eine Vereinba- Ramona Knopp
Telefon 0261 30471 - 16
rung zwischen den Schiedsgerichtszentren der Region führte in diesem Sinne [email protected]
www.ihk-akademie-koblenz.de
zu einer Vernetzung und einer Zusammenarbeit. Eines der Ergebnisse ist die

Möglichkeit für Parteien, ihre Schiedsgerichtsprozesse in allen Zentren der

ORF-RR-Länder nach Uncitral-Schiedsgerichtsregeln zu führen, also nach

Verfahrensregeln, die weltweit anerkannt sind.

Alle diese vielen kleinen Schritte haben dazu geführt, dass die Streit-

schlichtungsverfahren besser verankert sind. Dadurch werden nicht nur

lokale Gerichte entlastet, sondern es werden auch grenzüberschreitende

Investitionen und Handel unterstützt. Ein einheitlicher internationaler,

transparenter Rechtsrahmen erleichtert den Zugang zum Recht und erhöht

das Vertrauen und die Rechtssicherheit für nationale und internationale

Wirtschaftsteilnehmer spürbar. Die Implementierung bleibt eine wesentliche

Schwierigkeit, weshalb sowohl im Bereich der Ausbildung als auch in der

Öffentlichkeitsarbeit nach wie vor viel zu tun ist. Von beiden Aktivitäten

dürften Investoren erheblich profitieren. \

AUTORIN
DR. JUDITH
KNIEPER
Rechtsbera-
terin, Wien
judith-knieper@
gmx.de

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

BRASILIEN

GEMEINSAME WURZELN

Nicht erst in jüngster Zeit wird deutsches Recht von anderen Ländern in Gänze oder in Teilen übernommen. Schon Ende
des 19. Jahrhunderts prägten die Schriften deutscher Rechtsgelehrter und deutsche Gesetze das brasilianische Recht.

Brasilien – einer der größten Staaten der Erde und prosperierender FOTO: PICTURE-ALLIANCE / DPA
Wirtschaftsakteur, der nicht zuletzt durch die Fußballweltmeis-
terschaft 2014 in das Gedächtnis aller gerufen wurde. Brasilien ist Porträt des deutschen Rechtsgelehrten und preu-
zudem der wichtigste Wirtschaftspartner Deutschlands in Südamerika. ßischen Staatsministers Friedrich Carl von Savigny.
Insbesondere Investoren bietet Brasilien interessante steuerliche Anreize
für Direktinvestitionen. Gleichwohl prägen immanente kulturelle Un- zu weisen ist, kann gleichwohl nicht zweifellos bestätigt werden, dass
terschiede die Wahrnehmung des Landes, die sich insbesondere in der es sich hierbei um eine ausschließlich deutsche Idee gehandelt habe.
auseinanderklaffenden Schere von Arm und Reich und einer über dem Die inhaltliche Trennung nach dinglichen und persönlichen Rechten
weltweiten Durchschnitt liegenden Kriminalitätsrate niederschlagen. folgte den Maßregeln römischen Rechts. Die erste Fassung des Zivilge-
setzbuchs wurde im Jahr 2002 grundlegend inhaltlich überarbeitet. Der
Weitestgehend unbekannt ist jedoch, dass gerade in den Anfängen neuen Fassung liegt eine Änderung von grundlegenden Mustern in der
des unabhängigen Brasiliens deutsche juristische Rechtslehren und die brasilianischen Rechtskultur zugrunde. Ihre wohl wichtigste Ausprägung
Systematik des Bürgerlichen Gesetzbuchs wesentliche Anregungen für erfuhr diese Entwicklung durch die Ausweitung des Prinzips von Treu
die Gestaltung brasilianischen Rechts bildeten und noch heute Spuren und Glauben, die es ermöglichen sollte, eine weniger formalistische
im Zivil-, Handels- und Gesellschaftsrecht hinterlassen haben. Diese Herangehensweise an juristische Sachverhalte zu etablieren. Die so-
Verknüpfung führte – um nur ein Beispiel zu nennen – zu einem regen zialen und ethischen Werte sollten durch die praktische Möglichkeit
Austausch rechtsvergleichender Studien zwischen Lehrenden und Stu- der Durchsetzung von Recht gewährleistet werden. Für den deutschen
dierenden der juristischen Fakultäten der Bundesuniversität von Rio Rechtsanwender interessant ist, dass in Artikel 113 und 442 des CC/2002
Grande do Sol in Porto Alegre und der Justus-Liebig-Universität Gießen. annähernd wortwörtliche Übersetzungen der §§ 157 und 242 BGB
aufgenommen wurden. Der hierin enthaltene Grundsatz von Treu und
Geschichtlicher Hintergrund Glauben wurde zu einem Schlüsselelement erhoben.

Nach seiner Entdeckung im Jahr 1500 wurde Brasilien auf der Grundlage Unterschiede
des Vertrags von Tordesillas in den Besitz der portugiesischen Königsfamilie
genommen. Als portugiesische Kolonie unterlag Brasilien portugiesischem Trotz einer Vielzahl von Gemeinsamkeiten bestehen auch grundlegen-
Recht. Im Jahr 1820 ereignete sich eine Revolution, in der Brasilien seine de Unterschiede zwischen dem deutschen und dem brasilianischen
Unabhängigkeit erstritt. Gleichwohl ging hiermit zunächst keine Abkehr Recht. Hierzu zählt insbesondere, dass im deutschen Zivilrecht tra-
von der portugiesischen Rechtsordnung einher. Erst im Jahr1891 gab sich ditionell inkorporierte Rechtsgebiete außerhalb des brasilianischen
Brasilien eine eigene Verfassung. Das erste Zivilgesetzbuch, der Código Zivilgesetzbuches stehen. Hierzu zählen das Arbeitsrecht, das nach
Civil (CC), trat 1916 in Kraft und erhielt als erstes Gesetzbuch einer brasilianischer Rechtsauffassung dem öffentlichen Recht unterliegt,
Kolonie einer europäischen Großmacht sein besonderes Gepräge durch und das Verbraucherschutzrecht, das zum Zeitpunkt der Novellierung
die Einwirkung deutscher juristischer Geisteswissenschaften. noch kaum entwickelt war. Handelt es sich um Gewährleistungsfälle,
ist zwischen der Anwendbarkeit des Zivilgesetzbuches und der des
Der Einfluss der deutschen Rechtswissenschaft wurde an einer Verbraucherschutzgesetzes zu unterscheiden.
der größten Fakultäten des Landes gemehrt. Es wurden Schriften ver-
öffentlicht, die unter anderem die Lehren des Rechtswissenschaftlers Brasilien kommt als aufstrebender Volkswirtschaft eine wachsende
Friedrich Carl von Savigny (1779 –1861) verbreiteten, das Ansehen wirtschaftliche Bedeutung zu, und es gehört der Vereinigung der Bric-
deutscher Geisteswissenschaftler im Land stärkten und nachfolgende
Juristengenerationen prägten. Wichtigster Vertreter war der brasilia-
nische Rechtsgelehrte Teixera de Freitas, der insbesondere die Entste-
hungsgeschichte des ersten Zivilgesetzbuches maßgeblich beeinflusste.

Treu und Glauben

Der Vergleich zwischen den beiden Gesetzbüchern der damaligen
Zeit ergibt, dass beiden Regelwerken mit Blick auf die Systematik die
Voranstellung eines allgemeinen Teils gemein ist. Dieser Aufbau war
in der damaligen Zeit fortschrittlich, praktisch jedoch kaum vertreten.
Wenngleich der Einfluss der deutschen Rechtslehre nicht von der Hand

30 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Law made in Germany

Staaten an. Dies sind solche Schwellenländer, die proportional hohe Auch unterliegt Brasilien nicht dem CISG, dem Übereinkommen der
Zuwachsraten der Wirtschaftsleistung aufweisen. In internationaler
Hinsicht bietet Brasilien insbesondere Anreize für internationale Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf.
Investitionen. Der World Investment Report 2015 stuft Brasilien trotz
sinkender regionaler Investitionsflüsse als weiterhin attraktivstes Ziel Bezüglich des Gesellschaftsrechts kennt das brasilianische Recht solche
für ausländische Direktinvestitionen in Südamerika mit Investitionen
in Höhe von rund 55,35 Milliarden Euro ein. Investitionen in den Kraft- Gesellschaftsformen, die mit dem deutschen Recht vergleichbar sind.
fahrzeugsektor verbuchten hierbei den höchsten Anstieg. Begünstigend
für den hohen Investitionszufluss wirken die geringen brasilianischen Durch eine jüngere Gesetzesimplementierung ist nunmehr auch die
Investitionseinschränkungen.
Gründung einer Ein-Mann-GmbH seit der Umsetzung im Jahr 2012
Komplexe Regelungsdichte
möglich. Während die Kosten für die Gründungen von Gesellschaften
Eine komplexere Regelungsdichte bietet hingegen das brasilianische
Steuerrecht. Die für den Unternehmer relevantesten vom Bund erhobenen gering sind, dauert jedoch die Gründung einer Gesellschaft vergleichs-
Steuern sind die Kapitalertrag- und die Körperschaftsteuer, die beide einen
Steuersatz von 15 Prozent aufweisen. Doch hier bestehen Besonderheiten. weise lange.
Sofern die monatlichen Gewinne des Unternehmens einen festgelegten
Betrag übersteigen, fallen mit Blick auf die Körperschaftsteuer weitere Trotz eindrucksvoller kultureller und rechtlicher Unterschiede
zehn Prozent auf den den Betrag übersteigenden Teil des Nettogewinns
an. Darüber hinaus werden eine Gewinnsozialabgabe und weitere zwischen Deutschland und Brasilien bestehen auch gemeinsame
Unternehmensabgaben erhoben. Ein Doppelbesteuerungsabkommen
mit Deutschland existiert nicht. Dieses wurde im Jahr 2005 durch die Wurzeln, die das aktuell geltende Recht verständlicher machen und
deutsche Bundesregierung gekündigt, da es der Bundesrepublik nicht
mehr den im Abkommen vorgesehenen Rechtsschutz bot. beweisen, welchen weitreichenden Einfluss die juristischen deutschen

Rechtsphilosophien auf Kodifikationen anderer Kulturen hatten und

noch immer haben. \

AUTORIN
ANNA FECH
Rechtsreferenda-
rin, IHK Frankfurt
c.seitz@frank-
furt-main.ihk.de

Die neue

Familienpflegezeit.

Informieren Sie Ihre Beschäftigten über die neuen Regelungen zur besseren Vereinbarkeit von
Familie, Pflege und Beruf. Beschäftigte mit Pflegeaufgaben bleiben so dem Unternehmen mit
ihrem Erfahrungswissen erhalten.

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Zeit für Pflege und Beruf

FOTOS: STEFAN KRUTSCH

Von links: Frank Rebhan, Produktionsleiter, Polar-Mohr, Prof. Mathias Müller, Präsident, IHK Frankfurt, Dr. Markus Rall,
Geschäftsführer, Polar-Mohr, Mattias Gräßle, Hauptgeschäftsführer, IHK Frankfurt, Horst Platz, Vorsitzender, IHK-Ausschuss
Hochtaunus / Main-Taunus, Thorsten Kolar, Wirtschaftsförderer, Hofheim, Reinhard Fröhlich, Geschäftsführer, IHK Frankfurt.

IHK-KREISBEREISUNG

HERAUSFORDERUNGEN KLUG BEWÄLTIGT

Bei der diesjährigen Kreisbereisung besuchte die IHK-Delegation zwei Unternehmen im Main-Taunus-Kreis,
nämlich Vario Büroeinrichtungen in Liederbach und die Polar-Mohr Maschinenvertriebsgesellschaft in Hofheim.

Herausforderungen bewältigen, des Besuchs einer IHK-Delegation mit höchster Qualität. Gegründet nach schwerer Krankheit im Jahr
das war in den vergangenen Jah- bei der IHK-Kreisbereisung im im Jahr 1872 als Sägemühle in 2013, sodass eine zügige Nach-
ren das Motto für das Liederba- Oktober. Das sei inzwischen ge- Kelkheim, entwickelte sich bald folgeregelung getroffen werden
cher Unternehmen Vario Büroein- lungen und die Firma habe ihre eine hohe Kompetenz für hoch- musste. Die Produktion konnte
richtungen und die Polar-Mohr geschäftliche Zukunft wieder klar wertige Elemente und Hölzer für unverändert aufrechterhalten
Maschinenvertriebsgesellschaft vor Augen. die Wohnmöbelindustrie. 2005 werden.
in Hofheim. „Vor zwei Jahren erwarb das Ehepaar Kachel die
sind die Firmeneigentümer mit Harter Preiswettbewerb Firma, die zuvor rund 20 Jahre im Heute werden 60 000 Möbel-
wenig zeitlichem Abstand ver- Besitz eines dänischen Tabakkon- stücke pro Jahr verkauft, womit
storben, sodass wir eine neue Vario ist einer der führenden Her- zerns gewesen war und in dieser ein Umsatz von rund 20 Millionen
Gesellschafterstruktur bilden steller von Büromöbelsystemen in Zeit ins benachbarte Liederbach Euro erzielt wird. Der Preiswett-
mussten“, sagte Matthias Kurreck, Deutschland. Die Bürotische und umgezogen war. Beide Firmenei- kampf ist hart: „Irgendein Anbieter
Vario-Geschäftsführer, anlässlich Büroschränke von Vario verkör- gentümer verstarben unerwartet ist immer günstiger als wir“, weiß
pern modernes Design, gepaart Kurreck. Vario hat sich im oberen

32 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Standortpolitik

Qualitätssegment positioniert, wo
die Margen etwas auskömmli-
cher sind. Das Unternehmen be-
schäftigt rund 100 Mitarbeiter,
die momentan in zwei Schichten
arbeiten. Flüchtlingen würden die
Verantwortlichen bei Vario eine
Chance geben, „vorausgesetzt, die
Prägung stimmt“, sagt Kurreck.

Effizientes Kosten- Von links: Matthias Kurreck, Geschäftsführer, Vario Büroeinrichtungen, Eva Söllner, Bürger-
management meisterin, Liederbach, Matthias Gräßle, Hauptgeschäftsführer, IHK Frankfurt, Horst Platz,
Vorsitzender, IHK-Ausschuss Hochtaunus / Main-Taunus, Anton Flechtner, Geschäftsführer
Bei der Polar-Mohr Maschinen- Technik, Vario Büroeinrichtungen, und Prof. Mathias Müller, Präsident, IHK Frankfurt.
vertriebsgesellschaft Hofheim be-
stand die Herausforderung vor ei- Jahr erwartet das Unternehmen Kreis vor, das die IHK-Vollver- Jahren wurde in vielen Kommu-
niger Zeit darin, eine Antwort auf erstmals wieder ein positives Er- sammlung in der Woche zuvor
den seit rund zehn Jahren stark gebnis. Dazu beigetragen hat auch beschlossen hatte. Zudem gab er nen der Gewerbesteuerhebesatz
rückläufigen Markt der Druck- der Erwerb des Hochheimer Un- eine Einschätzung zur aktuellen
maschinen zu finden. Polar-Mohr ternehmens Dienst Verpackungs- wirtschaftlichen Lage. Demzu- erhöht, nun drohten durch die
stellt Schneidemaschinen für die technik in 2011, ein Hersteller von folge steht der Main-Taunus-
Papier verarbeitende Industrie Top- und Sideloadern, die etwa für Kreis gut da. Mit rund 17 000 bevorstehende Neuordnung des
her und ist damit unbestrittener Fastfood-Verpackungen benötigt IHK-zugehörigen Unternehmen,
Weltmarktführer. Der Exportanteil werden. über 92 000 sozialversicherungs- kommunalen Finanzausgleichs
liegt bei über 85 Prozent. Der pflichtig Beschäftigten, einem
Absatz hat sich allerdings halbiert Prosperierender Beschäftigungswachstum um elf weitere Erhöhungen in vielen
auf heute noch rund tausend Wirtschaftsstandort Prozent im Zeitraum 2009 bis
Maschinen pro Jahr. 2014, einer Arbeitslosenquote, Kommunen.
Beim Pressegespräch zum Ab- die mit 3,8 Prozent um 1,5 Pro-
Durch Kostenmanagement schluss der beiden Firmenbesuche zentpunkte unter dem hessi- Trotzdem könne auf kom-
und Neuorganisation der Arbeits- sagte IHK-Präsident Prof. Ma- schen Durchschnitt liegt – das
prozesse musste in den vergange- thias Müller, die Eindrücke aus sind hervorragende Eckpunkte. munaler Ebene einiges getan
nen Jahren gegengesteuert wer- den Firmen zeigten, dass je nach „Der Main-Taunus-Kreis ist ein
den, berichtete Geschäftsführer Branche unterschiedliche unter- leistungsstarker und prosperieren- werden, um zu einem insgesamt
Dr. Markus Rall. „Das Druckge- nehmerische Herausforderungen der Wirtschaftsstandort“, sagte
werbe ist heute vollständig di- zu bewältigen seien. Die allge- Müller. soliden Haushalt zurückzukehren,
gitalisiert und in diesem Punkt mein gute Konjunktur sei daher
weiter als die meisten anderen kein Schutzschild dagegen, dass Gewerbesteuer im Fokus denn das Problem sei vielfach
Branchen“, sagt Rall. Allerdings spezifische Umbrüche zu meistern
falle es auch einem Weltmarkt- sind. Umso mehr zeigte er sich er- Ohne günstige Standortbedin- nicht die Einnahmen-, sondern
führer schwer, in neue Marktbe- freut, dass die beiden Firmen sich gungen wäre diese positive Ent-
reiche vorzudringen und so den so erfolgreich behauptet haben. wicklung der vergangenen Jahre die Ausgabenseite. So stiegen
Absatz wieder zu erhöhen. Im Nicht zuletzt dank guter Zusam- und Jahrzehnte nicht möglich
bestehenden Markt könne man menarbeit mit den kommunalen gewesen. Dazu zählen unter an- die Steuereinnahmen der Kom-
trotz weiterer technologischer Verwaltungen seien Standortver- derem die in den Kommunen
Verbesserungen an den Produk- lagerungen kein Thema, und die des Landkreises vergleichsweise munen im Main-Taunus-Kreis
ten gegen die Marktschrumpfung Betriebe fühlten sich gut betreut. niedrigen Gewerbesteuerhebe-
nicht ankommen. „Druckereien sätze. Dieser wichtige Stand- von 380 Millionen Euro im Jahr
sind weltweit im Rückzug, sodass Mit Blick auf die Kommunal- ortvorteil dürfe nicht verspielt
auch der Markt der Weiterverar- wahlen im März 2016 stellte der werden, mahnte der IHK-Präsi- 2010 auf 440 Millionen Euro im
beitungsmaschinen entsprechend IHK-Präsident das Positionspapier dent. Bereits in den vergangenen
rückläufig ist“, so Rall. der IHK für den Main-Taunus- Jahr 2014 an. Dennoch mussten

Aber auch unter diesen Um- fast alle Kommunen zusätzliche
ständen konnte der Turnaround
bei Polar-Mohr erfolgreich abge- Schulden machen. Deshalb gelte
schlossen werden. Im laufenden
es, Ausgaben noch stärker als

bisher auf Einsparpotenziale hin

zu prüfen. Auch eine generelle

Senkung von Standards wird viel-

fach unumgänglich sein. \

AUTOR
REINHARD
FRÖHLICH
Geschäftsführer,
Unternehmens-
kommunikation,
IHK Frankfurt
r.froehlich@frank-
furt-main.ihk.de

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16 33

Eine bedarfsgerecht ausgebaute ÖPNV-Infrastruktur ist eine FOTO: FRANK NAGEL
Grundvoraussetzung für weiteres Wirtschaftswachstum.

MOBILITÄT

ÖPNV SICHERT WIRTSCHAFTSVERKEHR

Frankfurt und die RheinMain-Region leben von und mit den Pendlern. Denn lediglich ein Drittel
der Beschäftigten im IHK-Bezirk Frankfurt wohnt am Arbeitsort, die überwiegende Zahl sind Pendler.

Zum Stichtag am 30. Juni hatten über ist das Thema Mobilitätsengpass bei den Eine hoch leistungsfähige und dauerhaft
716 000 Menschen ihren Hauptwohnsitz in Menschen angekommen: Die Bürgerumfrage belastbare Infrastruktur ist für die Region
Frankfurt. Gleichzeitig gibt es 530 000 sozi- der Stadt Frankfurt vom Dezember 2014 zeigt, mit ihrem hohen Grad an Arbeitsteilung,
alversicherungspflichtig Beschäftigte in den dass mehr als ein Viertel der Bevölkerung die vielfältigen Austauschbeziehungen und der
Unternehmen und Institutionen in der Stadt. Verkehrssituation als großes Problem sieht. zentralen Lage in Deutschland eine grund-
Dabei ist das Stadtgebiet Frankfurts sehr klein legende Voraussetzung für den anhaltenden
und umfasst weniger als 250 Quadratkilometer. Das Grundstraßennetz bietet kaum Raum und zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg. Die
Doch die bemerkenswerteste Entwicklung in für Erweiterungen oder Ausbau, allenfalls Region FrankfurtRheinMain braucht Entlas-
Frankfurt ist das aktuelle Bevölkerungswachs- können Umgehungsstraßen zur Entlastung tung beim Individualverkehr. Hierzu ist ein
tum von 15 000 Einwohnern pro Jahr, das nach der Ortskerne gebaut werden (wie beispiels- leistungsfähiger und attraktiver öffentlicher
aktuellen Prognosen der Stadt Frankfurt in weise in Unterliederbach, Bonames oder Personennahverkehr (ÖPNV) das zentrale
den nächsten zehn Jahren anhalten könnte. Praunheim). In Frankfurt wird mit dem Rie- Element. Auch in der Peripherie der Metropole
derwaldtunnel ein wichtiger Lückenschluss wird es nur dann ein stetiges Wachstum an
Dabei ist das stetig steigende Verkehrs- zwischen A66 und A661 erfolgen. Insgesamt Bevölkerung und Besiedlung geben, wenn
aufkommen eine echte Herausforderung: ist die weitere Flächennutzung für den Stra- sie durch Schienenverkehre angemessen er-
Schon heute nutzen täglich 450 000 Reisende ßenbau aber stark limitiert, sodass der Ausbau schlossen ist.
den Frankfurter Hauptbahnhof; 300 000 Au- der Schieneninfrastruktur vorangetrieben
tos verkehren am Frankfurter Kreuz und werden muss. Dies gilt jedoch nicht nur für Eine gute ÖPNV-Infrastruktur im Ballungs-
160 000 Reisende starten oder landen am die Nordmainische S-Bahn oder die U-Bahn raum schafft auch Platz für die Wirtschafts-
Flughafen Frankfurt. Hierbei entwickeln sich ins Europaviertel, sondern auch für weitere verkehre und ist damit Grundlage für weiteres
die Mobilitätsansprüche und -anforderungen Projekte, wie beispielsweise die Regional- Wirtschaftswachstum. Je mehr Pendler den
aufgrund des zunehmenden Wirtschafts- tangente West oder die Ringstraßenbahn. ÖPNV für ihre täglichen Wege nutzen, umso
wachstums und innerhalb jeder Altersgruppe Zu dieser nachhaltigen und ökologischen mehr Raum ist für den wachsenden Wirt-
bei steigendem Wohlstand nicht in gleichem Mobilität gibt es im Ballungsraum Frank- schaftsverkehr in der Stadt und der Region.
Maße, sondern überproportional. Schon jetzt furtRheinMain keine Alternativen. Wo Lieferverkehre und Entsorgungstrans-

34 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Standortpolitik

porte, Geschäfts- und Servicefahrten sowie Belastbare Planung muss Schwachstel-
Einkaufsverkehre nicht reibungslos fließen
können, entwickelt sich die urbane Wirtschaft len aufzeigen und über die Priorisierung von
nur schwer. Die zunehmende Beliebtheit des
Onlineshoppings mit seinem dramatischen raumbezogenen Projekten entscheiden. Dabei
Wachstum für die Kurier-, Express- und Pa-
ketbranche sorgt für zunehmende Engpässe müssen Zahlen zum aktuellen Verkehrsaufkom-
in der Stadt.
men der erwarteten verkehrlichen Entwick-
Die Kapazität und der Zustand der Ver-
kehrsinfrastruktur müssen an die sich ver- lung gegenübergestellt und daraus konkrete
schärfende Herausforderung angepasst
werden. Die Infrastruktur muss vorrangig Handlungsanweisungen abgeleitet werden.
und bedarfsgerecht dort erhalten und stra-
tegisch ausgebaut werden, wo Engpässe Darauffolgend müssen Investitionsprogramme
vorhanden sind. Neben der Forderung nach
Kapazitätsausbau und Leistungsfähigkeit des und Finanzierungskonzepte entwickelt werden,
Schienenverkehrs spielt die Attraktivität eine
entscheidende Rolle. Diese ist ein relevanter die neben den Kosten auch die Einnahmen-
Faktor bei der Standortentscheidung im Wett-
bewerb mit vergleichbaren nationalen und erwartungen und die gesamtwirtschaftliche
internationalen Metropolregionen. Faktoren
wie zuverlässiger Service, durchgängig hohe Bedeutung der Maßnahmen umfassen.
Qualität, angemessene Preise sowie gute In-
formation und Kommunikation und einfacher Die Politik muss den Bürgern vermitteln,
Zugang sind die Kriterien für Attraktivität.
Die Befriedigung von Mobilitätsansprüchen dass es grundlegende Unterschiede zwischen
und die jederzeit garantierte mögliche Er-
reichbarkeit werden auch in Zukunft einer Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen einer-
der entscheidenden Standortfaktoren für
FrankfurtRheinMain bleiben. seits und laufenden Kosten für die öffentlichen

Das Gesetz für den öffentlichen Perso- Haushalte andererseits gibt. Investitionen be-
nennahverkehr in Hessen (ÖPNVG) fordert die
regelmäßige Aufstellung von Nahverkehrsplä- deuten langfristige finanzielle Belastungen, aber
nen mit einer Bestandsaufnahme, Analyse und
Prognose des Gesamtverkehrs einschließlich auch die Chance, ein hochwertiges Angebot für
einer Fortschreibung der Verkehrsinfrastruktur.
Ein aussagefähiger Nahverkehrsplan erörtert die Zukunft zu ertüchtigen. Kaum eine Debatte
strategische Fragen grundsätzlicher Natur,
benennt ein konkretes Zielangebot, definiert wird härter geführt als jene um die Kosten der
ein ausreichendes Grundangebot und die
dazugehörige Qualität. Selbst wenn dieser Mobilität. Dieser Verteilungskampf wird in den
gesetzlichen Regelung Rechnung getragen
wird, ist eine Konkretisierung der Hand- nächsten Jahren noch stärker werden. Selbst
lungserfordernisse und Planungsabsichten
zum Verkehr erforderlich, um vorhandene bei einer gleichbleibenden Verkehrsleistung
Projekte (beispielsweise aus der Gesamtver-
kehrsplanung der Stadt Frankfurt aus dem ist es unbestritten, dass die Mobilitätskosten
Jahr 2005 auch im lokalen Nahverkehrsplan)
umsetzungsreif und mit zeitlichem Horizont im Vergleich zu den Verbraucherpreisindices
zu versehen. Erschließungsdefizite und die
verkehrliche Wirkung konkreter Maßnahmen steigen: beim Aufwand für den Rückgang des
müssen anschaulich aufgezeigt und damit der
Nutzen der erforderlichen finanziellen Mittel CO2-Ausstoßes, zur Bekämpfung des Infrastruk-
unterstrichen werden.
turverfalls, beim notwendigen Ausbau der Mo-

bilitätsangebote und bei der stetigen Anpassung

an Fahrgasterwartungen und -bedürfnisse.

Es ist mehr Wert auf Investitionen zu

legen – gegebenenfalls auch zulasten der

konsumtiven Mittel. Mittel für Infrastruktur-

Investitionen müssen bei Kommunen, Land

und Bund eingestellt und auch ausgegeben

werden. Die Öffentlichkeit ist dafür zu sensibi-

lisieren, dass Infrastruktur-Investitionen für die

wirtschaftliche Prosperität des Ballungsraums

unerlässlich sind. Die Förderung der Infrastruk-

tur muss sich an den Bedarfen orientieren.

Ausbau und Erhaltungsmaßnahmen müssen

dort stattfinden, wo die Beanspruchung am

höchsten ist. Nur dann findet eine effiziente

Allokation der Ressourcen statt. \

AUTOR
FRANK NAGEL
Inhaber, Hartmann
Nagel Art & Con-
sulting, Frankfurt
fn@oepnv-
marketing.de

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

FOTOS: MARKUS GOETZKE

Beim Diktatwettbewerb waren 18 Unternehmensteams am Start.

EIN ERFAHRUNGSBERICHT

IHK FRANKFURT BITTET ZUM DIKTAT

„Die Wirtschaft schreibt“: Gemeinsam mit der Stiftung Polytechnische Gesellschaft hatte die IHK Frankfurt zu einem
Diktatwettbewerb für Unternehmensteams eingeladen. Knapp 60 sprachliche Hürden waren zu überwinden.

Wer schreibt, der bleibt – zu- sammenhänge ist richtig lesen Fragen und Lückentexten zum Unternehmen Infraserv Höchst,
mindest, wenn er weiß, was und schreiben. Darum müssen Üben. die Betreibergesellschaft des
er schreibt. Auch wenn smarte Wirtschaftsunternehmen nicht Industrieparks Höchst, und seine
Assistenten Textnachrichten nur richtig rechnen können. Aus Unternehmen des ge- Tochtergesellschaft Provadis,
automatisch vervollständigen samten IHK-Bezirks waren der größte Aus- und Weiter-
und Messages mit Satzmelo- Anfang Oktober hatte die Mitarbeiter gekommen: Ins- bildungsdienstleister Hessens,
die vorlesen können, der Teufel IHK Frankfurt die Unternehmen gesamt 18 Teams mit jeweils gingen mit jeweils zwei Mann-
steckt im Detail. Was bleibt, aus ihrem Bezirk zum Diktat ge- fünf Mitgliedern hatten sich im schaften an den Start. Unse-
ist das, was verstanden wird. beten. „Die Wirtschaft schreibt“ IHK-Gebäude versammelt. Unser
Die Sprache steckt voller Mög- lautete der Titel des gemeinsam
lichkeiten – und Fallstricke. mit der Stiftung Polytechni- DIKTATWETTBEWERB 2016
Man muss wissen, wie man es sche Gesellschaft organisierten
schreibt. Ein „s“ zu wenig macht Wettbewerbs. Für gute Vorbe- Unternehmen aus FrankfurtRheinMain sind auch in 2016 aufgerufen,
aus der Kapitalanlage eine Au- reitung war gesorgt. Es gab sich am Diktatwettbewerb „Die Wirtschaft schreibt“ zu beteiligen. Der
torückbank. Oder Bratensaft, eine eigene Internetseite (www. Event findet am 10. November in der IHK Frankfurt statt. Interessierte
je nach Kontext. Grundlage für der-große-diktatwettbewerb. Unternehmen können sich schon jetzt für eine Teilnahme vormerken
das Verständnis komplexer Zu- de) mit Echtzeitdiktaten zum lassen. Weitere Infos bei Joris Smolders, Telefon 0 69 / 21 97-14 19,
Mitschreiben, Multiple-Choice- E-Mail [email protected].

36 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Standortpolitik

IHK-Jahresempfang 2016

Der Jahresempfang 2016 der IHK lichen Entwicklung und geschäfts-
Frankfurt steht im Zeichen des
Meinungsaustauschs mit unseren führender Direktor des Institute for
Mitgliedern und Gästen. Zum Jah-
resempfang am Dienstag, 19. Janu- Monetary and Financial Stability,
ar, ab 18.30 Uhr im IHK-Gebäude
am Börsenplatz 4, laden wir Sie, Goethe-Universität, Frankfurt. Eine
die Mitgliedsunternehmen der IHK
Frankfurt, herzlich ein. Festredner Anmeldung bis zum 8. Januar ist
ist Prof. Volker Wieland, Mitglied
des Sachverständigenrats zur Be- aufgrund der begrenzten Anzahl
gutachtung der gesamtwirtschaft-
von Plätzen erforderlich. Anmel-

dung und Information: IHK Frank-

furt, Unternehmenskommunikation,

Sieger in der Einzelkategorie wurde Andreas Weichert (M.), UBS Deutschland, Sabine Karl, Telefon 0 69 / 21 97-
mit fünf Fehlern. Sein Team stellte auch den Sieger in der Teamkategorie.
Matthias Gräßle (1. v. l.), IHK-Hauptgeschäftsführer, und Dr. Roland Kaehl- 12 02, E-Mail jahresempfang@
brandt (1. v. r.), Vorstandsvorsitzender, Stiftung Polytechnische Gesellschaft,
überreichten Siegertrophäe und Urkunde. frankfurt-main.ihk.de. \

re 20 Teilnehmer hatten sich an das fünfzehnminütige Diktat. Kultur: „Kunst privat!“
leidlich vorbereitet, so mancher Die Teilnehmer korrigierten ihre
Kollege konnte während der Texte selbst, bei der Mehrzahl Viele hessische Unternehmen Resonanz der Besucher positiv. In
Mittagspause beim Schmökern der Teilnehmer reihte sich Fehler sammeln Kunstwerke – und ein- 2016 findet das „Kunst privat!“-
im Duden beobachtet werden. an Fehler bis in den deutlich mal im Jahr haben sie die Mög- Wochenende am 18. und 19. Juni
Bei einigen löste das Diktat auch zweistelligen Bereich. Im Durch- lichkeit, im Rahmen der Aktion statt. Unternehmen, die gerne
vernehmbar unangenehme Erin- schnitt hatte jedes Teammitglied „Kunst privat!“ ihre Sammlung teilnehmen möchten, wenden sich
nerungen an die Schulzeit aus. mehr als 20 Fehler zu verbuchen. der Öffentlichkeit zu präsentieren. an Dennis Witka, Referat Kultur-
In jedem Fall herrschte beim Beileibe keine Schande, waren Die Teilnahme lohnt sich für die und Kreativwirtschaft, hessisches
Wettbewerb gespannte Stille. in dem 208 Wörter umfassen- Unternehmen, denn sie zeigen Wirtschaftsministerium, Telefon
den Diktat doch 58 sprachliche gesellschaftliches Engagement 06 11 / 8 15 23 54, E-Mail dennis.
Unter den Teilnehmern Hürden zu nehmen. Am Ende und werben gleichzeitig für sich. [email protected], In-
am Diktatwettbewerb waren siegte ein ehemaliger Lektor mit Der Aufwand ist gering und die ternet www.kunstprivat.net. \
Bankangestellte und Juristen, ganzen fünf Fehlern.
Geschäftsführer und Assisten- Wirtschaft und Politik im Dialog
ten. Das Diktat wurde in Form Natürlich ging es bei der Ver-
eines Geschäftsbriefs von allen anstaltung nicht nur um Recht- Bei der Veranstaltung „Stadt und FOTO: JOCHEN MÜLLER
Teilnehmern gemeinsam und schreibung, sondern auch um Region als strategische Partner“
gleichzeitig geschrieben. War Teambuilding und das Knüpfen am 14. Oktober mit Olaf Cunitz (l.), ein entscheidender Faktor bei der
der Geschäftsbrief alltäglich, von Kontakten. Und nicht zu- Bürgermeister und Stadtplanungs-
so waren die Umstände doch letzt um einen guten Zweck: Das dezernent, Frankfurt, Thomas Frage sein, ob die Metropolregion
ungewohnt, lagen die Schulzeit Startgeld pro Team in Höhe von Horn (r.), Beigeordneter, Regio-
und das letzte Diktat für alle 150 Euro haben die IHK Frankfurt nalverband FrankfurtRheinMain, auch zukünftig wirtschaftlich und
Teilnehmer doch etliche Jahre und die Stiftung Polytechnische und Prof. Mathias Müller (M.), Prä-
zurück. Dazwischen gab es mit Gesellschaft zu einer Spende in sident, IHK Frankfurt, wurde mehr gesellschaftlich wettbewerbsfä-
der Rechtschreibreform eine Höhe von 9 000 Euro aufgestockt, kommunaler Gestaltungswillen in
spürbare Zäsur. die dem gemeinnützigen Verein der Region FrankfurtRheinMain hig bleiben wird. Die Diskutanten
Mentor – Die Leselernhelfer Hes- gefordert. Denn nur durch mehr
Handschriftlich – ohne Tas- sen zugutegekommen ist. Wir sind Zusammenarbeit und ganzheitli- waren sich einig, dass nur ge-
tatur – ganze Seiten in leserli- nächstes Jahr in jedem Fall wieder che regionale Strategien, wie einer
cher Schrift zu schreiben, dabei beim Diktatwettbewerb dabei. \ gemeinsamen Flächenpolitik, kann meinsam ausreichend Flächen für
konzentriert der diktierenden den Herausforderungen begegnet
Stimme zu lauschen, erwies sich AUTOREN werden, die auf die wachsende ansiedlungswillige Unternehmen
als sportliche Herausforderung. KIRSTEN ULRIKE MAYER, Metropolregion zukommen wer-
Hieß das „herzlich“ oder „herz- ANNETTE MEWES, MICHAEL den. Das gemeinsame Handeln in und genügend Wohnraum für die
lichst“? Wer war noch gleich MÜLLER, CHRISTIAN SCHWARZER, Bezug auf die Flächenpolitik wird
„Sisyphos“? Und wie kürzt man MATHIAS STÜHLER Fachkräfte geschaffen werden
„Postskriptum“ korrekt ab? Die Das Team von Infraserv Höchst,
Auflösung gab es im Anschluss Frankfurt können. \

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16 37

Standortpolitik

IHK-BE SCHÄF T IGUNGSPROGNOSE

STELLENAUFBAU SETZT SICH FORT

Das IHK-Forum Rhein-Main erwartet, dass 2016 die Beschäftigung in der Metropolregion um rund 32 000 Stellen
steigen wird. Damit könnte der Arbeitsmarkt die positive Entwicklung der vergangenen Jahre fortsetzen.

Die Wirtschaft in FrankfurtRheinMain Die Dynamik auf dem Arbeits- ARBEITSLOSENQUOTE OKTOBER 2015 IN PROZENT
bleibt auf Wachstumskurs. 91 Pro- markt bleibt hoch. Nach Berech- Werte in Klammern: Oktober 2014
zent der Unternehmen bewerten nungen des IHK-Forums werden
ihre aktuelle Situation als gut oder 2016 rund 32000 neue Stellen in <3% 3 bis 5 % 5 bis 7 % 7 bis 9 % >9%
befriedigend. Auch der Arbeitsmarkt FrankfurtRheinMain entstehen. Somit
befindet sich in einer blendenden werden dann mehr als 2,17 Millionen Vogelsbergkreis
Verfassung. Die Beschäftigungszah- Personen sozialversicherungspflichtig 3,5 (3,9)
len in der Metropolregion haben im beschäftigt sein.
vergangenen Jahr so stark zugelegt Gießen
wie seit sieben Jahren nicht mehr. Die Der Dienstleistungssektor 6,4 (6,7)
Einstellungsbereitschaft der Unter- bleibt Beschäftigungsmotor: Nach
nehmen ist ungebrochen. Auf Basis einem Plus von 10 000 Stellen im Limburg-Weilburg
dieser Rückmeldungen rechnet das Jahr 2013, konnte 2014 ein kräf- 4,8 (5,2)
IHK-Forum Rhein-Main mit einem tiges Plus von 31 000 Stellen ver-
Wirtschaftswachstum von zwei Pro- zeichnet werden. Unternehmen aus Wetteraukreis
zent sowie 28000 neuen Jobs in 2015 den Bereichen Verkehr, Lagerei und
in der Metropolregion. Gastgewerbe konnten dabei am Hochtaunus- 4,7 (4,9)
stärksten zulegen. Aktuell rechnen kreis
Die hohe Konsumbereitschaft, 22 Prozent der Unternehmen im Main-Taunus-Kreis 3,5 (3,8) Main-Kinzig-Kreis
niedrige Zinsen, niedrige Rohstoff- Dienstleistungsbereich mit stei- 3,8 (4,1) 4,7 (4,9)
preise und ein verhältnismäßig genden Beschäftigtenzahlen, nur
schwacher Euro tragen dazu bei, zehn Prozent planen einen Stel- Wiesbaden Rheingau- Frankfurt
dass die Wirtschaft voraussichtlich lenabbau. Nach Berechnungen des 7,4 (7,2) Taunus-Kreis
auch im kommenden Jahr Kurs hält. IHK-Forums Rhein-Main werden 4,1 (4,3) am Main
Getragen vom stabilen Binnenkon- 2016 etwa zwei Prozent bezie- Mainz
sum sind die Unternehmen der Met- hungsweise 27 000 zusätzliche 6,2 (6,2) Mainz-Bingen 6,6 (7,2) Aschaffenburg (LK) Offenbach (SK)
ropolregion dementsprechend positiv sozialversicherungspflichtige Jobs 3,6 (3,8) 10,3 (11)
gestimmt. Dies spiegelt sich auch in geschaffen. Vor allem Unternehmen Offenbach (LK) 2,9 (3)
steigenden Investitionsplänen wider. aus dem Bereich Information und Aschaffenburg (SK)
Sollten sich zudem die unsicheren Kommunikation und dem Gesund- Groß-Gerau 4,7 (5,2) 5,5 (5,5)
Signale aus den Schwellenländern heits- und Sozialwesen planen, ihre
nicht zu einer echten konjunkturel- Beschäftigung auszubauen. In der 5,9 (6) Darmstadt-
len Krise entwickeln, ist weiterhin insgesamt positiven Stimmung bei
mit einem spürbaren Wachstum zu den Dienstleistungsunternehmen Dieburg
rechnen. Vor diesem Hintergrund kommt die nach wie vor stabile
rechnet das IHK-Forum mit einem Lage der Binnenwirtschaft zum 4,6 (4,6)
Wachstum des Bruttoinlandspro- Ausdruck.
dukts in der Metropolregion um Alzey-Worms LK Miltenberg Darmstadt
2,1 Prozent in 2016. Die Industriebetriebe bewerten 4 (4,2) 6,2 (6,6)
ihre aktuelle Lage überwiegend posi- 2,7 (2,9)
Worms Bergstraße Odenwaldkreis
7,3 (7,9) 3,8 (4)
5,3 (5,4)

tiv, allerdings hat sich die Stimmung halte ist weiter Garant für die positive
leicht eingetrübt. Positive Signale
aus den USA stabilisieren die Er- Entwicklung in dieser Branche.
wartungshaltung der Unternehmen,
bei denen unter dem Strich die Zahl Im Handel werden die Ge-
der Unternehmen, die Beschäfti-
gung aufbauen wollen, die Zahl schäftsaussichten etwas verhaltener
derjenigen, die mit zurückgehen-
den Beschäftigtenzahlen rechnen, beurteilt. Die Beschäftigungspläne
überwiegt. Für 2016 erwartet das
IHK-Forum ein Wachstum der sozi- bleiben jedoch positiv: 92 Prozent
alversicherungspflichtig Beschäftig-
ten in der Industrie um 0,2 Prozent der Unternehmen gehen von einer
beziehungsweise 1000 Personen.
steigenden oder gleichbleibenden
Neben dem anhaltend niedrigen
Zinsniveau schafft auch der ungebro- Beschäftigung aus. Nach einem re-
chene Zuzug in die Metropolregion
ideale Rahmenbedingungen für die lativ starken Beschäftigungsaufbau
Bauwirtschaft in der Region. Beflü-
gelt von diesen guten Rahmenbedin- in den vergangenen Jahren erwartet
gungen planen die Bauunternehmen
auch in 2016 mit mehr Personal. das IHK-Forum, dass auch in 2016
Nach den Berechnungen des IHK-
Forums werden rund zwei Prozent zusätzliche Stellen geschaffen wer-
beziehungsweise etwa 2000 zusätz-
liche Stellen entstehen. Insbesondere den. Den Berechnungen zufolge wird
der Wohnungsbau der privaten Haus-
die Zahl der sozialversicherungs-

pflichtig Beschäftigten um 0,7 Pro-

zent und damit 2000 Beschäftigte

anwachsen. \

BESTELLUNG AUTOR
CHRISTIAN
Die Beschäftigungs- und Konjunkturprognose FrankfurtRheinMain 2016 WEßLING
ist online unter www.frankfurt-main.ihk.de/prognose abrufbar. Die Referent, Wirt-
Printversion kann bei Christian Weßling per E-Mail unter c.wessling@ schaftspolitik
frankfurt-main.ihk.de bestellt werden. und Metropo-
lenentwicklung,
IHK Frankfurt
c.wessling@frank-
furt-main.ihk.de

38 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

FähigkeWitEeerfinathbrulnKicgnkow-how
Menschenkenntnis Zuverlässigkeit

KATJA GRAMSCH JÜRGEN STORM

Teamleiterin Arbeitgeberservice
Jobs für best!agers Jobs für best!agers

PHILIPP HORVATH CLAUDIA
CZERNOHORSKY-GRÜNEBERG
Arbeitgeberservice Geschäftsführerin
Jobs für best!agers Jobcenter Frankfurt am Main

10 Jahre
„Jobs für best !agers“

Wer mit über 50 eine Stelle sucht, bringt viel mit: Eine hohe Produktivität, Motivation,
Gelassenheit in schwierigen Situationen, Loyalität gegenüber dem Unternehmen und
selbstverständlich viel Erfahrung. Das Ziel muss also sein, dass das Alter kein Ein-
stellungskriterium mehr ist, sondern dass die Person überzeugt. Das zeigt uns unsere
10-jährige Arbeit im Projekt „Jobs für best ! agers“.

JOBCENTER FRANKFURT AM MAIN JOBCENTER DARMSTADT

Das Erfolgs-Programm!

„Jobs für best !agers“

Das Bundesprogramm „Perspektive 50plus“ läuft bis zum Jahres- Wertschätzung und ressourcenorientierte Beratung.
ende 2015 aus. Damit endet auch der regionale Beschäftigungspakt „Wieder auf eigenen Füßen zu stehen, ist ein tolles Gefühl!“ Martin
„Jobs für best ! agers“. Im Rahmen des Bundesprogramms erhielten P. (56 Jahre) kam ins Programm „Jobs für best ! agers“ aufgrund
langzeitarbeitslose Menschen, die das 50. Lebensjahr erreicht haben, seiner längeren Arbeitslosigkeit. Er war Schreiner, arbeitete Jahr-
speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Betreuungs- und Inte- zehnte in seinem Beruf in mehreren Betrieben, bis die letzte Firma
grationsangebote. Ein wichtiger Aspekt für die Umsetzung war und ist Insolvenz anmelden musste. Mit 51 merkte er, dass es gar nicht so
die Vielfältigkeit der Angebote unter gleichzeitiger Berücksichtigung einfach ist, wieder eine neue Stelle in seinem Berufsfeld zu finden.
der persönlichen Belange und Möglichkeiten jedes einzelnen älteren Er bekam nur Absagen, was ihn von Monat zu Monat immer depri-
Arbeitssuchenden. mierter werden ließ. Der Fallmanager interviewte ihn ausführlich,
entwickelte mit ihm gemeinsam eine neue Perspektive. Heute
„Mit individuellen Förder- und präventiven Gesundheitsmaßnahmen arbeitet er bei einem namhaften Einrichtungshaus in der Küchen-
stärkten wir die fachlichen und sozialen Kompetenzen der Arbeitssuchen- montage. „Mein Fallmanager hat sich immer sehr viel Zeit genom-
den und steigerten dadurch dauerhaft die Beschäftigungs- und Leistungs- men und Verständnis für meine Situation gehabt. Er hat mich nie
fähigkeit unserer ‚best agers‘. Ermöglicht wurde dies durch unsere speziell gedrängt oder wollte mir etwas aufschwatzen. Aber er glaubte an
geschulten persönlichen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im mich und meine Fähigkeiten. Das hat mir gutgetan und ich habe
Team ‚Jobs für best ! agers‘. Ein geringerer Betreuungsschlüssel erlaubte wieder Selbstbewusstsein bekommen. Der jetzige Job ist wie ein
eine sehr intensive und persönliche Beratung unserer Kundinnen und Sechser im Lotto. Die Firma ist klasse, die Arbeit gefällt mir und
Kunden. Wir hatten dadurch viel mehr Zeit, um auf unsere ‚best ager‘ mit meinen Kollegen verstehe ich mich auch gut. Ich bin so dank-
einzugehen, ihre Nöte zu verstehen, um dann dementsprechende Hand- bar, dass es das Projekt ‚Jobs für best ! agers‘ gab.“
lungsempfehlungen auszusprechen“, erläutert Katja Gramsch, Team-
leiterin „Jobs für best ! agers“ im Jobcenter Frankfurt. As time goes by ...
Seit 10 Jahren währt der Beschäftigungspakt „Jobs für best ! agers“.
Kreativität ist gefragt. Das Programm läuft bis zum Jahresende aus.Unsere Erfahrungen mit
Auf der Suche nach sich selbst und der Wiederentdeckung der eige- der Zielgruppe, unsere innovativen Maßnahmen und Vermittlungs-
nen Fähigkeiten muss/sollte man manchmal neue Wege gehen. Das Strategien bleiben weiterhin bestehen. Daher übernehmen wir diese
war die Idee für unser Autorentheater. Das Theater-Projekt verbindet in Frankfurt auch in unser Regelgeschäft. Das heißt, wir sind flächen-
theaterpädagogische Methoden und Biographie-Arbeit mit klassi- deckend weiter für Sie da.
schem und kreativem Bewerbungsmanagement. Schlüsselkompeten-
zen werden reaktiviert, trainiert und weiterentwickelt. Absprachen Unsere Leistungen bleiben:
und Entscheidungen müssen eingehalten werden, ein aktives Ein- Briefing und Zieldefinition
bringen ist Grundvoraussetzung, kollegialer Umgang absolut not- Erstellung des Stellen- und Bewerberprofils
wendig und Ausdauer sowie Konfliktverhalten werden kultiviert. Datenbankrecherche
Screening der Profile und Vorab-Gespräche
„Empowerment“ im Bewerbungsprozess. Kandidatenvorauswahl
„Wir boten im Rahmen der Teilnahme am Programm ‚Jobs für best ! agers‘
unseren Kundinnen und Kunden eine echte Chance zum Wiedereinstieg Aus Mitteln des Bundes und des Europäischen Sozialfonds hat das
ins Arbeitsleben. Durch vielfältige und bedarfsgerechte Maßnahmen Jobcenter Frankfurt ein neues Programm aufgelegt. Das ESF-Bun-
aktivierten wir wieder die Ressourcen und entwickelten sowie stärkten die desprogramm bietet Arbeitgeber/-innen, die einen langzeitarbeits-
individuellen Potentiale der ‚best agers‘ “, betont Katja Gramsch. losen Menschen sozialversicherungspflichtig für mindestens 24
Monate einstellen, umfassende Unterstützung an. Wir haben für
Das Bewerbungszentrum unterstützt Teilnehmerinnen und Teil- Ihr Unternehmen ein attraktives Leistungsangebot zusammen-
nehmer des Programms „Jobs für best ! agers“ bei ihren Bewerbungs- gestellt – von der Qualifizierung über „Coaching on the Job“ bis hin
aktivitäten. Sie haben einerseits die Möglichkeit, eigenständig auf zum Lohnkostenzuschuss. Persönlich beantworten wir Ihre Fragen
Stellensuche zu gehen sowie die Infrastruktur und technische Aus- unter: [email protected]
stattung zu nutzen. Wer aber mehr Unterstützung benötigt, wird
im Coaching bei seinem effektiven Selbstmarketing unterstützt. Wir bedanken uns für 10 Jahre Vertrauen.
Die Intention ist, durch eine intensive Auseinandersetzung mit sich
selbst die eigenen Stärken zu identifizieren und durch den Aus- Jobcenter Frankfurt
tausch mit anderen in der gleichen Situation eine Gruppendynamik Katja Gramsch
zu entwickeln, die „pusht“ und die Motivation steigert. Im sozialen Teamleiterin „Jobs für best !agers“
Kontext fördert dies das Miteinander und den Teamgedanken. Emil-von-Behring-Str. 10, 60439 Frankfurt am Main
Hotline 069 59768 190

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Foto: typomaniac – Fotolia.com
Der regionale Beschäftigungspakt „Jobs für best !agers“ endet dieses Jahr. Die Erfahrungen, die wir sammeln
konnten, und das Wissen des Kompetenz-Teams bleiben erhalten. Dieses Know-how übernehmen wir ab 2016
ins Regelgeschäft. Das heißt, wir sind flächendeckend noch schlagkräftiger. Und auch weiterhin Ihre erste Anlauf-
stelle bei der Vermittlung motivierter und zuverlässiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Schaffen Sie daher auch weiterhin: „Jobs für best ! agers“.

Hotline Jobcenter Frankfurt: 069 59768 416

[email protected]
Zentraler Stellenservice 0800 4 5555 20




JOBCENTER FRANKFURT AM MAIN JOBCENTER DARMSTADT

Standortpolitik

KONJUNKTURUMFRAGE HERBST

HESSISCHE WIRTSCHAFT HÄLT KURS

Das IHK-Geschäftsklima für Hessen bleibt im Herbst nahezu unverändert auf einem stabilen Niveau.
Haupttreiber der positiven Entwicklung ist vor allem die starke Konsumbereitschaft der privaten Haushalte.
Sorge bereitet die vergleichsweise geringe Investitionstätigkeit der Unternehmen.

Obwohl die Lage auf dem konjunkturellen Entwicklun- GESCHÄFTSKLIMA FÜR ALLE BRANCHEN IN HESSEN
internationalen Parkett gen in Großbritannien und
schwierig ist und die Kri- auf dem US-amerikanischen Lage Geschäftsklima Erwartungen
senmeldungen sich teilwei- Markt lassen die hessischen
se überschlagen, bleiben die Exporteure insgesamt pro- 160Indikatorpunkte Geschäftsklima 60
hessischen Unternehmen auf fitieren. Die wirtschaftliche 140 HB08 40
einem guten Wachstumskurs. Entwicklung in den Schwel- 120 JB09 20
43 Prozent der Unternehmen lenländern sowie die nach- 100 FS09 0
beurteilen ihre aktuelle Ge- lassende Wachstumsdynamik, 80 HB09 -20
schäftslage als gut, 48 Prozent insbesondere in China, wirken 60 JB10 -40
als befriedigend und lediglich jedoch dämpfend und sorgen 40 FS10 -60
neun Prozent als schlecht. dafür, dass der Wachstums- HB10
Die stabile konjunkturelle spielraum nach oben nicht JB11
Entwicklung wird vor allem ausgereizt wird. FS11
durch die starke Konsumbe- HB11
reitschaft getragen. Auch die Der Arbeitsmarkt befin- JB12
hohe Investitionstätigkeit im det sich nach wie vor in einer FS12
Bereich des Wohnungsbaus sehr guten Verfassung. Der HB12
trägt zu einer positiven Ein- Beschäftigungsaufbau der ver- JB13
schätzung der Geschäftslage gangenen Jahre wird sich wei- FS13
bei. Der Geschäftsklimaindex ter fortsetzen: 18 Prozent der HB13
im Baugewerbe legt nochmals hessischen Betriebe rechnen JB14
leicht um einen Punkt zu und mit einem Ausbau ihrer Beleg- FS14
pendelt sich auf überdurch- schaften. Lediglich elf Prozent HB14
schnittliche 123 Punkte ein. gehen von einem Rückgang JB15
Für das bundesweite Wachs- der Beschäftigung in ihrem FS15
tum schätzt der DIHK ein Plus Unternehmen aus. Beschäf- HB15
von 1,7 Prozent. Diese Marke tigungsimpulse gehen zurzeit
sollte die hessische Wirtschaft insbesondere von unterneh- Indikatorpunkte Lage / Erwartungen
allemal erreichen, wenn nicht mensbezogenen Dienstleistern
sogar übertreffen. aus. Jeder vierte unterneh- in den kommenden Monaten gefolgt von den wirtschaftspo-
mensbezogene Dienstleister die Beschäftigung zunehmen. litischen Rahmenbedingungen
Das Exportvolumen der plant, neue Arbeitsplätze zu Hier möchten 20 Prozent der (43 Prozent). Angesichts deut-
hessischen Unternehmen hat schaffen, während lediglich Unternehmen die Zahl der Be- lich gesunkener Energie- und
zuletzt weiter zugenommen. jeder Zehnte Stellen abbauen schäftigten erhöhen, lediglich Rohstoffpreise sehen hingegen
Der niedrige Eurokurs und die möchte. sieben Prozent Arbeitsplätze über alle Branchen hinweg nur
schrittweise Erholung in der streichen. Positiv wirken sich noch 22 Prozent der hessi-
Eurozone sowie die positiven Auch bei den personenbe- die gestiegenen verfügbaren schen Unternehmen in deren
zogenen Dienstleistern dürfte Einkommen der privaten Haus- Entwicklung ein wesentliches
halte sowie die gute Arbeits- Risiko. In der Industrie ist es
marktlage auf die Nachfra- immer noch jedes dritte Un-
ge nach personenbezogenen ternehmen. Trotz der positi-
Dienstleistungen aus. ven Beschäftigungszahlen be-
fürchten weiterhin 37 Prozent
Nach den Risiken für die der Unternehmen steigende
zukünftige wirtschaftliche Arbeitskosten, und Fachkräfte-
Entwicklung befragt, nennen engpässe bereiten 36 Prozent
48 Prozent der Unternehmen der Unternehmen Sorge. \
die Inlandsnachfrage, direkt

AUTOREN

DR. RALF VICTORIA LASSAK

GERUSCHKAT Referentin, Wirt-

TEILNAHME AN DER IHK-KONJUNKTURUMFRAGE Geschäftsführer, schaftspolitik und

Die IHK Frankfurt befragt dreimal jährlich mehr als 2 700 Mitgliedsun- Wirtschaftspolitik und Metropolenentwick-
ternehmen nach ihren Einschätzungen zur konjunkturellen Entwick-
lung. Unternehmen, die Interesse an einer Teilnahme haben, melden Metropolenentwick- lung, IHK Frankfurt
sich bei Victoria Lassak, E-Mail [email protected].
lung, IHK Frankfurt v.lassak@frankfurt-

r.geruschkat@ main.ihk.de

frankfurt-main.

ihk.de

42 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Aus- und Weiterbildung

IHK-BILDUNGSZENTRUM

Nähere Informationen zu den nachfolgenden Bildungsangeboten erhalten Sie unter der Rufnummer 0 69 / 21 97 +
Durchwahl oder unter www.frankfurt-main.ihk.de/ihk-bildungszentrum oder [email protected].

IHK-SEMINARE 150 Euro IMMOBILIEN-WERTERMITTLUNG, TEIL 1 495 Euro
Telefon – 14 15 10. / 11. Februar 2016 / 16 UE / zweitägiges Seminar Telefon – 12 99
DER WEG IN DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT
ab 7. Dezember 2015 / 20 UE / 5-Abende-Seminar HAUSVERWALTUNG – EIGENTUM 495 Euro
17. / 18. Februar 2016 / 16 UE / zweitägiges Seminar Telefon – 12 99
TELEFONTRAINING, TEIL 2 325 Euro
15. / 16. Dezember 2015 / 16 UE / zweitägiges Seminar Telefon – 12 32 EINFÜHRUNG IN DAS IMMOBILIENGESCHÄFT 495 Euro
24. / 25. Februar 2016 / 16 UE / zweitägiges Seminar Telefon – 12 99
MODERATIONS- UND PRÄSENTATIONSTECHNIK, TEIL 1 335 Euro
13. / 14. Januar 2016 / 16 UE / zweitägiges Seminar Telefon – 14 15

BUCHFÜHRUNG I 375 Euro BERUFSBEGLEITENDE ZERTIFIKATSLEHRGÄNGE 575 Euro
ab 2. Februar 2016 / 32 UE / 4 Wochen Telefon – 14 05 Telefon – 14 15
GRUNDLAGEN DER VWL / BWL
GRUNDLAGEN DER MIETVERWALTUNG 495 Euro ab 7. Januar 2016 / 80 UE / ca. 4 Monate
4. / 5. Februar 2016 / 16 UE / zweitägiges Seminar Telefon – 12 99
PROJEKTLEITER / -IN (IHK) 1250 Euro

ARBEITSVERTRÄGE – EINE EINFÜHRUNG 195 Euro ab 14. Januar 2016 / 80 UE / ca. 2 Monate / Vollzeit
2. / 3. Februar 2016 / 8 UE / 2-Abende-Seminar Telefon - 12 06 ab 19. Februar 2016 / 88 UE / ca. 4 Monate / berufsbegleitend Telefon – 12 32

ARBEITSZEUGNISSE KOMPETENT FORMULIEREN UMSATZSTEUERRECHT 495 Euro
UND INTERPRETIEREN
295 Euro ab 25. Januar 2016 / 60 UE / ca. 3 Monate / berufsbegleitend Telefon – 14 03
2. / 3. / 8. Februar 2016 / 12 UE / 3-Abende-Seminar Telefon - 12 06
MARKETING IN THEORIE UND PRAXIS 495 Euro
SOCIAL MEDIA IM UNTERNEHMEN – EINE EINFÜHRUNG 245 Euro ab 29. Februar 2016 / 60 UE / ca. 3 Monate Telefon - 14 03

4. Februar 2016 / 8 UE / eintägiges Seminar Telefon - 12 95

ERFOLGREICHER VERKAUF 335 Euro Änderungen vorbehalten.
4. / 5. Februar 2016 / 16 UE / zweitägiges Seminar Telefon – 12 32

Anmeldungen zu den Abschlussprüfungen Sommer 2016

Die hessischen Industrie- und Han- - Auszubildende, deren Ausbildungs- Dienstag, 26. April 2016 (Sonder- - Fügen Sie den Anmeldungen kei-
delskammern führen im Sommer zeit (bzw. Ausbildungsstufe) zum termin Floristen) ne Ausbildungsverträge oder andere
2016 Abschlussprüfungen in kauf- 31. Oktober 2016 endet. Montag und Dienstag, 2. und 3. Mai Originalunterlagen bei.
männischen Ausbildungsberufen von - Auszubildende, deren Ausbildungs- 2016 - Bei dem Antrag auf vorzeitige Zu-
Anfang Mai 2016 bis Ende Juli 2016 zeit nach dem 31. Oktober 2016 en- lassung zur Prüfung das hierfür vor-
durch. det und die die Prüfung vorzeitig ab- Die mündlichen / praktischen Prüfun- gesehene Antragsformular verwen-
Die Anmeldungen zu den Abschluss- legen wollen. gen in den kaufmännischen / kauf- den.
prüfungen der Industrie- und Han- - Wiederholer (auch Teilwiederho- männisch-verwandten Ausbildungs- - Dem Antrag für die Externenprü-
delskammer Frankfurt am Main sind lungen). berufen finden voraussichtlich wie fung die Bescheinigungen über die
bis spätestens 15. Februar 2016 im - Bewerber, die aufgrund ihrer Be- folgt statt: bisherige Berufstätigkeit und über
Geschäftsfeld Aus- und Weiterbil- rufstätigkeit an der Prüfung teil- 20. Juni bis 8. Juli 2016 die berufliche Aus- und Fortbildung
dung der Industrie- und Handels- nehmen wollen (Externenprüfung). (Lehrgänge) beifügen.
kammer Frankfurt am Main einzu- Änderungen vorbehalten.
reichen. Anmeldungen, die nach dem Prüfungstermine Weitere Infos: IHK Frankfurt, Aus-
genannten Termin eingehen, können Beachten Sie bitte folgende Hin- und Weiterbildung, Jessica Me-
nicht mehr berücksichtigt werden. Die schriftlichen Prüfungen finden weise: chenbier, Sekretariat kaufmänni-
voraussichtlich wie folgt statt: - Verwenden Sie nur IHK-Anmel- sches Prüfungswesen, Börsenplatz 4,
Zur Sommerprüfung 2016 sind von de- und Antragsformulare und rei- 60313 Frankfurt, Telefon 0 69 / 21 97-
den Ausbildungsbetrieben anzumel- Kaufmännische und kaufmännisch- chen Sie diese rechtzeitig und voll- 12 27, E-Mail j.mechenbier@frank-
den beziehungsweise können sich verwandte Ausbildungsberufe ständig ein. furt-main.ihk.de.
selbst anmelden:

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16 43

FOTO: JOCHEN MÜLLER

Mit Abschluss ihrer Berufsausbildung legten 6 000 junge Menschen
im IHK-Bezirk Frankfurt den Grundstein für ihre berufliche Karriere.

IHK-BESTENEHRUNG

WEGE ZUM BERUFLICHEN ERFOLG

Von den rund 6 000 Absolventen der Abschlussprüfungen Winter 2014 / 2015 und Sommer 2015 wurden 240 aufgrund
ihrer sehr guten Ergebnisse in den IHK-Abschlussprüfungen am 13. Oktober in der IHK Frankfurt geehrt.

Der zunehmende Fachkräfte- Deutschem Qualifikationsrahmen der Mitarbeiter und die Unterstüt- sprach in seiner Begrüßungsrede
bedarf stellt Unternehmen vor (DQR) im Niveau mit dem Bache- zung der Unternehmen kann somit nicht nur die Absolventen, son-
große Herausforderungen. Daher lorabschluss einer Hochschule der Wirtschaftsstandort Frankfurt dern jeden Anwesenden im Saal
bestehen für junge Menschen gleichzusetzen und verfügen nach durch die Entwicklung neuer Fach- an, als er sagte: „Fertig ausgebil-
mit abgeschlossener Berufsaus- Europäischem Qualifikationsrah- kräfte gesichert werden. det sind wir alle nie.“ Er betonte,
bildung gute Chancen auf dem men (EQR) außerdem über eine dass die Ausgebildeten auch über
Arbeitsmarkt. Die duale Berufs- internationale Vergleichbarkeit. Wirtschaftsjournalist und die Möglichkeit verfügen, sich als
ausbildung öffnet viele Wege für Kommunikationstrainer Mario Nachfolger von Ausbildern oder
junge Fachkräfte, die weitere be- Mit der Bereitschaft zum le- Müller-Dofel forderte die jungen Prüfern zu qualifizieren. Auf diese
rufliche Erfolge anstreben. Durch benslangen Lernen besteht nach Absolventen einer Berufsausbil- Weise könnten sie mit ihrem be-
IHK-Weiterbildungsprüfungen diesen erfolgreich abgeschlos- dung in seiner Festrede dazu auf, reits erworbenen Wissen anderen
besteht nach einer dualen Be- senen Weiterbildungsprüfungen sich nicht auf ihrem Abschluss- Berufsstartern helfen, berufliche
rufsausbildung die Möglichkeit, zudem die Chance, den Abschluss zeugnis auszuruhen, sondern im- Wege und Perspektiven zu öffnen.
einen Abschluss als Fachkauf- Betriebswirt oder technischer Be- mer weiterzumachen, denn der
mann, Fachwirt, Industriemeis- triebswirt zu erwerben. Diese Ab- Abschluss sei noch lange nicht Die jungen Absolventen ha-
ter oder Fachmeister zu erlan- schlüsse entsprechen im DQR dem ausreichend. Auch Michael Krie- ben mit ihren herausragenden
gen. Diese Abschlüsse sind nach Niveau eines Masterabschlusses. ger, Vorsitzender des Berufsbil- Leistungen gezeigt, dass sie
Durch die Bildungsbereitschaft dungsausschusses, IHK Frankfurt, zielstrebig, leistungsbereit und

44 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Aus- und Weiterbildung

LANDESBESTE AUS DEM IHK-BEZIRK FRANKFURT Unterstützung der Ausbilder sowie bildenden, Interesse am gewählten
der Berufsschullehrer seien an Ausbildungsberuf zu haben und
Timo Schuchmann, Elektroniker für Gebäude- und Infrastruktursysteme, hervorragenden Abschlussergeb- Eigeninitiative zu zeigen.
Strabag Property and Facility Services; Fabian Bleuel, Fachmann für Sys- nissen einer Ausbildung betei-
temgastronomie, LSG Sky Chefs; Vanessa Reuter, Immobilienkauffrau, ligt. Nicht zu vergessen seien die Zu den erfolgreichen Leistun-
Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte; Maximilian Rüdiger, In- Familien sowie die Freunde der gen in den Abschlussprüfungen
formations- und Telekommunikationssystem-Elektroniker, Xerox; David Absolventen, welche ebenfalls haben viele verschiedene Kom-
Effertz, Kaufmann im Gesundheitswesen, DRK Kreisverband Hochtaunus; durch ihre Unterstützung zu einer ponenten beigetragen, aber vor
Kevin Weinert, Luftverkehrskaufmann, Fraport; Daniel Weil, Mechatroni- erfolgreichen Ausbildung beige- allem die Absolventen selbst.
ker, Adolf Mohr Maschinenfabrik; Robin Schober, Musikfachhändler, Ses- tragen haben. Von den insgesamt 240 ausge-
sion; Oussama Ouariach, Produktionsfachkraft Chemie zeichneten Absolventen erziel-
Beruflicher Erfolg ist für jeden ten 16 zusätzlich hessenweit die
BUNDESBESTE AUS DEM IHK-BEZIRK FRANKFURT Menschen individuell, da dieser besten Prüfungsergebnisse und
auf seinem Weg von persönlichen wurden daher gemeinsam mit
Gesa Katharina Großebörger, Veranstaltungskauffrau, Rothfabrik; Philipp Höhen und Tiefen geprägt wird. ihren Ausbildungsbetrieben für
Schumacher, Tourismuskaufmann, DER Touristik Frankfurt; Nina Polat- Müller-Dofel veranschaulicht dies ihre besonderen Leistungen ge-
schek, Servicekauffrau im Luftverkehr, Deutsche Lufthansa; Marco Johan- in seiner Rede durch die Darstel- ehrt. Darüber hinaus sind sieben
nes Köhler, Servicefahrer, LSG Sky Chefs Frankfurt; Max Riplinger, Kauf- lung seines eigenen Bildungswegs. dieser Absolventen aus dem IHK-
mann für Verkehrsservice, DB Vertrieb; Eileen Kürschner, Kauffrau für Er selbst durchlief die Schule mit Bezirk Frankfurt im Dezember zur
Bürokommunikation, Provadis-Partner für Bildung und Beratung; Martin eher durchwachsenen Noten und Bundesbestenehrung beim DIHK
Brock, Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice, H. & C. Fermont absolvierte drei Ausbildungen, um in Berlin eingeladen, um für die
zu seinem persönlichen Erfolg zu national besten Leistungen in ih-
fleißig sind, was Krieger in sei- Unternehmen, in denen Entschei- gelangen. Viele Wege führten zu rem jeweiligen Ausbildungsberuf
ner Rede lobte: „Im Namen von dungsträger für die duale Ausbil- einem persönlichen Erfolg, darunter ausgezeichnet zu werden. \
100 000 Unternehmen im IHK- dung einstehen und sich Ausbilder auch Umwege mit ungünstigen
Bezirk Frankfurt gratuliere ich und Mitarbeiter entsprechend Startbedingungen und Fehlstarts, AUTORIN
allen Absolventen sehr herzlich. engagieren, bereiteten den Boden sagte er. Doch mit dem erfolg- LARISSA ALBOHN
Wir sind stolz auf Ihre Leistun- für Prüfungsbeste. reichen Abschluss einer dualen Praktikantin, Aus-
gen und freuen uns darüber, dass Berufsausbildung sei der erste und Weiterbildung,
Sie den Fachkräftenachwuchs in Krieger merkte zudem an, dass große Stein auf dem Weg des Er- IHK Frankfurt
unserer Region als ausgezeich- meist gleich mehrere Faktoren folgs gelegt, und es bestehe die c.koch@frankfurt-
nete Leistungsträger verstärken.“ zum persönlichen und beruflichen Möglichkeit darauf aufzubauen. main.ihk.de
Natürlich strahlten die Prüfungs- Erfolg beitrügen. Nicht nur die Wichtig sei es jedoch für die Auszu-
leistungen auch auf die jeweiligen Qualität der Ausbildung in den
Ausbildungsbetriebe ab. Denn nur Unternehmen, sondern auch das
persönliche Engagement und die

WEITERBILDUNG

Erleichterungen beim Fortbildungs-Bafög

Wer Meister oder Fachkauf- rungsgesetz (AFBG) erhalten. folgten Novellierung ist der erlauben, ohne die Förderung
mann werden will, kann für Diese Möglichkeit hat sich zu Gesetzgeber der Forderung
seine Vorbereitung mit ei- einem bedeutsamen Anreiz des DIHK entgegengekom- damit zu gefährden. Eine große
nem Lehrgang eine Förde- für die Teilnahme an dieser men, eine pauschal zulässige
rung nach dem sogenannten hochwertigen Weiterbildung Fehlzeit des geförderten Teil- Erleichterung für Vollerwerbs-
Aufstiegsfortbildungsförde- entwickelt. Bei der jetzt er- nehmers von 30 Prozent zu
tätige. Die Neuregelung soll

am 1. August 2016 in Kraft

treten. \

www.stier-rolladen.de

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16 45

IHK-BERUFSBILDUNGSAUSSCHUSS

KOMPETENZPROFIL FÜR AUSBILDER

Nach Verabschiedung von „Qualitätsempfehlungen für Anbieter von Vorbereitungslehrgängen“ und dem
„Prüferprofil für das Handeln im IHK-Ehrenamt“ möchte der Berufsbildungsausschuss mit der Empfehlung
eines Ausbilderprofils die Qualität in der dualen Ausbildung im IHK-Bezirk sichern und weiter verbessern.

Eine gute Ausbildung ist der men ist die Berufsausbildung ein und kompetenten Fachkräften zu Auszubildende halten ihre Ausbil-
Schlüssel zum beruflichen Erfolg. Gewinn: Sie selbst entwickeln ihre entwickeln. denden insbesondere für fachlich
Sie ist ein Gewinn für junge Men- Fachkräfte, die optimal zu ihnen kompetent und motiviert. Grund-
schen, denn sie legt ein solides passen, und sie sichern sich damit Berufsbildungsgesetz lage einer jeden Anforderung an
Fundament für die Persönlich- ihre betriebliche Zukunft. Auch Ausbilder ist das Berufsbildungs-
keitsentwicklung und die Berufs- die Ausbilder profitieren von einer Ausbilder in den Betrieben machen gesetz (BBIG). Danach müssen
fähigkeit des Fachkräftenach- guten Berufsausbildung. Können bereits eine gute Arbeit. Das emp- Ausbilder immer sowohl persönlich
wuchses. Jugendliche bekommen sie doch mit Recht stolz darauf finden und wertschätzen gerade als auch fachlich geeignet sein.
mit ihr den perfekten Start ins sein, Jugendlichen dabei geholfen Auszubildende, wie das Bundesin-
Berufsleben. Auch für Unterneh- zu haben, sich zu selbstbewussten stitut für Berufsbildung (BIBB) in Fachlich ist nach § 30 BBiG
einer Befragung festgestellt hat: geeignet, wer die beruflichen
sowie berufs- und arbeitspäda-
FOTO: PICTURE-ALLIANCE / ULRICH BAUMGARTEN gogischen Fertigkeiten, Kennt-
nisse und Fähigkeiten besitzt,
die für die Vermittlung der
Ausbildungsinhalte erforderlich
sind. Die persönliche Eignung des
Ausbildungspersonals beschreibt
§ 29 BBiG jedoch nicht, sondern
nennt lediglich Ausschlussgründe.
Der Berufsbildungsausschuss der
IHK Frankfurt empfiehlt deshalb
ein konkretes Kompetenzprofil
für die persönliche Eignung von
Ausbildern:

Ausbilder in Unternehmen fördern und entwickeln die fachli- Persönliche Kompetenz
chen und persönlichen Kompetenzen der jungen Menschen.
Ausbilder sind persönlich kompe-
tent, selbstbewusst und unabhän-
gig, offen und ehrlich, zuverlässig,
freundlich und ausgeglichen so-
wie lernfähig und stets lernbereit.
Sie haben Freude an ihrem Beruf
und ihren Aufgaben und identifi-
zieren sich mit ihrer Aufgabe als
Ausbilder. Sie engagieren sich für
ihre Aufgaben und für ihre Auszu-
bildenden, sie hören zu und sind
für die Auszubildenden präsent.
Sie kooperieren mit ihren Partnern
in der Berufsbildung und sind in
der regionalen Berufsbildungs-
landschaft gut vernetzt. Ausbilder
sind für die jungen Menschen
auch immer Vorbilder.

46 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Aus- und Weiterbildung

Soziale Kompetenz lassen kreative und alternative FOTO: DEHOGA HESSEN Vertreter von 30 Ausbildungsbetrieben waren bei der Übergabe des
Antworten und Lösungen zu, Ausbildungsversprechens des hessischen Gastgewerbes anwesend.
Ausbilder sind geduldig und besit- bereiten die jungen Menschen
zen Einfühlungsvermögen, ebenso gut auf Prüfungen vor und be- AUSBILDUNG
sind sie kommunikativ und kom- herrschen Präsentations- sowie
munizieren klar und eindeutig. Sie Moderationsmethoden. Ausbil- Versprochen ist versprochen
setzen sich mit Argumenten durch der können Fähigkeit, Leistung
und können überzeugen. Zudem und Verhalten der Auszubilden-
vertrauen sie ihren Auszubilden- den einschätzen und beurteilen.
den und behandeln alle gleich, sie Zudem vermitteln sie berufliche
sind tolerant und pflegen einen Kompetenzen, orientiert an Ar-
respektvollen Umgang, berück- beits- und Geschäftsprozessen.
sichtigen immer die Realität der
unterschiedlichen kulturellen Vom Ausbilder zum
Herkunft ihrer Auszubildenden.
Sie nehmen den Azubis mögliche Lernbegleiter
Ängste, geben Hilfestellungen
und machen Mut, sie helfen bei Ausbilder entwickeln sich damit Mit einem offiziellen Ausbil- den Einsatz, die Einstellung, die
auftretenden Problemen nicht dungsversprechen sagt das Akzeptanz und die Umsetzung
nur fachlich, sondern zeigen auch also in Zukunft zum Lernbeglei- hessische Gastgewerbe zu, die der Regeln einer qualitativen
Mitgefühl. Ausbilder kritisieren Attraktivität der Ausbildung in Ausbildung in den Unterneh-
immer konstruktiv, verzichten auf ter: Sie führen junge Menschen der eigenen Branche zu verbes- men öffentlich unterstreichen.
Belehrungen, vertragen aber auch sern. Inzwischen bekennen sich Grundlage für das Ausbil-
selber Kritik. Sie vermitteln bei angemessen an die Berufswelt schon 200 Betriebe zu diesem dungsversprechen ist das im
Konflikten und können Grenzen Versprechen. März verabredete hessische
setzen. und den gewählten Beruf heran. Die Qualität der Ausbildung Bündnis für Ausbildung, an
im dualen System ist ein dem die Wirtschaft, die Lan-
Pädagogische Kompetenz Sie helfen ihnen dabei, die indi- Grundpfeiler der erfolgreichen desregierung, die Städte und
Fachkräftesicherung. Der Ho- Gemeinden, aber auch erstmals
Ausbilder verstehen sich als viduellen Voraussetzungen für tel- und Gaststättenverband die Gewerkschaften beteiligt
Lernbegleiter und nicht nur als Hessen (Dehoga Hessen) und sind. Das Bündnis für Ausbil-
Unterweiser. Sie fordern, för- ihr optimales Lernen zu erkennen die hessischen IHKs machen dung beschäftigt sich ausführ-
dern und motivieren ihre Aus- sich deshalb gemeinsam für lich mit der Attraktivität und
zubildenden und haben einen und mit all ihrer Kompetenz die die Qualitätssicherung in den Qualität der Ausbildung. Zum
guten Draht zu jungen Men- Ausbildungsbetrieben stark. Ausbildungsversprechen be-
schen. Sie erklären anschaulich Fähigkeiten zu entwickeln, ziel- Dies war Inhalt der feierlichen kennen sich in Hessen derzeit
und verständlich, da sie über Übergabe des Ausbildungs- 200 Unternehmen.
eine bildhafte Sprache verfü- orientiert nach Problemlösungen versprechens im hessischen Bei der feierlichen Übergabe
gen. Darüber hinaus fördern sie Gastgewerbe am 23. Oktober des Ausbildungsversprechens
eigenverantwortliches Handeln für die Bearbeitung von Aufgaben in der IHK Frankfurt. zwischen den Industrie- und
und übertragen Verantwortung, Mit Blick auf die zukünftigen Handelskammern aus Frankfurt,
lassen Entscheidungsspielräume zu suchen. Gute Ausbilder stellen Herausforderungen des Gastge- Hanau-Gelnhausen-Schlüch-
und auch Umwege zu. Sie ak- werbes, mehr junge Menschen tern und Offenbach sowie dem
zeptieren Fehler und nutzen sie künftig damit die Lernenden in für eine Ausbildung zu gewin- Dehoga Hessen waren Vertreter
als Chance, daraus zu lernen. nen und damit auch Fachkräfte von 30 Ausbildungsbetrieben
Sie zeigen unterschiedliche und den Vordergrund und nicht mehr zu sichern, haben der Dehoga stellvertretend anwesend. \
adressatengerechte Wege auf, Hessen und die hessischen IHKs
das zu Lernende. daher gemeinsam eine Quali- AUTOR
tätsoffensive entwickelt, die SASCHA SANDNER
Die IHK Frankfurt wird die in diesem Jahr begonnen hat. Ausbildungsberater,
Sie beinhaltet ein offizielles IHK Frankfurt
Umsetzung des Profils in die Ausbildungsversprechen der s.sandner@frank-
Ausbildungsbetriebe. Die Aktion furt-main.ihk.de
Praxis der Ausbilder aufmerk- soll über den formellen rechtli-
chen Ausbildungsvertrag hinaus
sam begleiten und geeignete

Maßnahmen zur Unterstützung

anbieten. Mittel- bis langfristig

leisten damit alle Beteiligten – die

Unternehmen, die Berufsschulen,

die Ausbilder, der IHK-Berufs-

bildungsausschuss und die IHK

Frankfurt – einen wichtigen Bei-

trag für die Entwicklung der auch

in Zukunft dringend benötigten

Fachkräfte. \

AUTOREN MICHAEL KRIEGER (r.)
JÖRG FERRANDO (l.) Alternierender Vor-
Alternierender Vor- sitzender, Berufs-
sitzender, Berufs- bildungsausschuss,
bildungsausschuss, IHK Frankfurt
IHK Frankfurt michael.krieger@
joerg.ferrando@ vogel-krieger.de
igmetall.de

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16 47

FOTO: JOCHEN MÜLLER

Sieger und Juroren (v. l.): Manfred Domnowski, Webflex, Gregor Dihn, Dihn Kanalreinigung, Dr. Thomas Lapp, IT-Fachanwalt, Eric Nürnberger, Fisch-
master IP-Services, Dr. Thomas Klein, INM, Colin Stark, Nestgold, Tim Kaufmann, Taquiri, Nathalie Dylla, Nestgold, und Petra Jacob, U-Concept.

HESSISCHER WEBSITE AWARD

MANCHMAL WIRKT KLEINES GROSS

Das BIEG Hessen kürte am 7. Oktober Fischmaster IP-Service, Trebur, Nestgold, Wiesbaden, und Gregor Dihn Industrie-
und Kanalreinigung, Steinbach, für ihre überragenden Webauftritte mit dem Hessischen Website Award 2015.

Kaum ein anderes Lebensmittel Der Fischhändler muss gegensteu- Produkts kommen gar nicht erst sieht. Selbstbewusst und offensiv
beschwört größere Bedenken ern. Das fängt beim Wording an: auf. verwandelte der Betreiber dieser
herauf als roher Fisch. In der Vor- „Fischmaster: einfach frischen Website, Fischmaster IP-Service
stellung der potenziellen Käufer Fisch kaufen!“, „Frische-Versand Dazu werden Alleinstellungs- aus Trebur, so die Bedenken von
stinkt er, er klebt, und wer weiß, nur 6,90 Euro!“, „Echt frischen merkmale mitgeliefert: Warum Neukunden in Kaufargumente
wie lange er schon in der Auslage Fisch online kaufen!“ schlägt es hier kaufen? Weil es hier mas- und erkämpfte sich für seinen
liegt? Wenn nun frischer Fisch dem Besucher bereits auf der senhaft Know-how gibt. Weil die Internetauftritt den Hessischen
im Internet verkauft werden soll, Startseite von www.fischmaster. Frischfischangebote im Online- Website Award 2015 in Gold.
steigert sich diese Vorverurteilung net von allen Seiten entgegen, shop mit Rezeptvorschlägen und
zum Marketingproblem. Was tun? und Zweifel an der Frische des Zubereitungstipps aus dem Blog Ganz hoch im Kurs standen
verknüpft sind. Weil zum Online- in diesem Jahr bei der Jury des
BIEG HESSEN shop auch ein Hofladen gehört, ein Awards individuelle Marketinglö-
Gastroservice, ein Biergarten – die sungen. Unter rund 200 angemel-
Neutral und kostenfrei unterstützt das BIEG Hessen seit 15 Jahren Vertrauen schaffende Verbindung deten Unternehmenswebsites, von
kleine und mittlere Unternehmen in ihrer Onlinestrategie. Das Ange- von online und offline, die nur we- denen besonders viele in diesem
bot erstreckt sich vom Websitecheck über Fachveranstaltungen bis hin nigen Unternehmen gelingt. Und Jahr auf eingekaufte Designblau-
zu Leitfäden. Das BIEG Hessen ist eine Einrichtung der IHKs Frankfurt, natürlich wird das Produkt auch pausen setzten, stachen diejeni-
Offenbach, Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern und Fulda. Weitere Infos in hoch professionellen Bildserien gen aus der Masse heraus, denen
online unter www.bieg-hessen.de. präsentiert – leckerer und ganz si- etwas ganz Eigenes gelungen ist.
cher frischer Fisch, wohin man nur „Das Problem ist nicht der Einsatz

48 IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16

Innovation und Umwelt

von Templates, sondern wenn Marketingstrategie: Produkt und der erhebliche Aktualisierungs- len müssen. „Die Ressourcen und
Templates Konzepte ersetzen“, so Website sind eins. und Pflegeaufwand, der häufig
Juror Tim Kaufmann, Taquiri. Er mit modernen Internetauftritten Budgets der mittelständischen
warnte jedoch, dass Unternehmen Kanalreinigung, Fräsarbei- einhergeht.
bei der Nutzung dieses Templates ten, Dichtigkeitsprüfungen – wie Unternehmen sind begrenzt“, sag-
nicht zum „Kästchenausfüller“ kann ein Unternehmen solche auf Die Aktualisierungsfrequenz
werden dürften. Internetauftritte den ersten Blick unattraktiven von Websites ist extrem hoch te Daniel Weichert, fachlicher
funktionieren dann, wenn die ein- Dienstleistungen online positiv geworden. „Mit einem Auftritt,
gesetzten Designs zum Geschäfts- darstellen? Mit viel Humor, ent- der zwei Jahre alt ist, muss etwas Leiter, BIEG Hessen. „Trotzdem
modell passen. An der Website des schied der Sieger des Hessischen nicht stimmen“, urteilte Klein.
ersten Preisträgers lobte er daher Website Awards in Bronze, die Beide Juroren legen großen Wert müssen sie online mit den Gro-
auch besonders die unkonventi- Gregor Dihn Industrie- und Ka- auf aussagekräftige Bildwelten,
onellen Menüs, mit deren Hilfe nalreinigung mit Sitz in Stein- denn das Erlebnis Internet wird ßen in Wettbewerb treten.“ Die
dem Fischhändler die Präsentation bach, und begab sich unter www. für die Nutzer immer visueller.
seiner verschiedenen Verkaufska- dihn-kanalreinigung.de auf das Immerhin – die diesjährigen Be- Sieger des Hessischen Website
näle gelingt. „Die Website lebt. „Abenteuer Kanal“. In den Key werbungen zeigen, dass in Sa-
Ständig passiert etwas“, fügte Visuals dieser Website krabbeln chen Design zumindest das Thema Awards dienen anderen Unterneh-
er mit Hinweis darauf hinzu, wie Cartoon-Ratten durch die Roh- Responsive in den Unternehmen
gut die kostenpflichtigen Ange- re, im Blog werden liebevoll die angekommen ist. Die überwiegen- men als Vorbild und Benchmark.
bote mit den kostenfreien, hoch- neuen Fahrzeuge vorgestellt, in de Mehrheit der angemeldeten
gradig mehrwertigen Inhalten Videos können ungewöhnliche Websites kann auf Smartphones Sie zeigen, was im Internet alles
von Blog und Rezeptsammlung Fundstücke aus dem Abwasser- und Tablets dargestellt werden,
harmonieren – eine gelungene kanal begutachtet werden. Von denn sie passt sich an die Bild- möglich ist und wo die Reise als
Content-Strategie. überallher wird der Besucher von schirmgröße des Endgeräts an.
Mitarbeitern angelacht. „Einfach, Nächstes hingehen könnte. Der
Auch beim zweiten Preisträ- verständlich, unterhaltsam“, zu- Gleichbleibend anspruchsvoll
ger dreht sich alles um die pass- gleich „funktional und authen- bleiben bei der Websitegestaltung Award beweist auch in diesem
genaue Umsetzung: „Die Web- tisch“, urteilte Juror Dr. Michael für Unternehmen die Anforderun-
site ist ganz authentisch“, lobte Klein, Institut für Neue Medien. gen des IT-Rechts. Die Unterneh- Jahr, dass sie in der digitalisierten
Jurorin Petra Jacob, u-concept Aber auch die Basics müssen men werden zwar rechtsaffiner,
& ux-labor, den Auftritt www. stimmen. Wer diese Website mit doch die zunehmende Verwen- Welt mithalten können. Denn –
nestgold.co des Wiesbadener einem akuten Problem aufsucht, dung von Templates schafft
Designquartetts Coformat, das der braucht vor allem eins: die neue Rechtsprobleme. Juror und um es mit den Worten Tobias
als Nestgold online hochwerti- Notdienstnummer. Und die ist IT-Fachanwalt Dr. Thomas Lapp:
ge Möbel vertreibt. „Man spürt auf fast jeder Seite das Erste, „Das lizenzrechtliche Problem Kirchhofers, Shift, zu sagen, der
die große Identifikation mit dem was Besucher sehen. von Templates besteht darin, dass
Produkt.“ Die Website fällt durch Unternehmen die Rechte an allen die Preisverleihung in einer Be-
ihr hochkonzentriertes Design Der Trend hin zur authen- mitgelieferten Bestandteilen des
auf – hier geht es ausschließlich tischen Individualwebsite stellt Templates besitzen müssen – an grüßungsrede eröffnete: Im Netz
um Tische, ergänzt nur durch eine für den Mittelstand eine gute allen Bildern, Icons, Texten.“ Diese
Gründergeschichte, deren Story- Nachricht dar. Auf die Frage von Rechte liegen nicht immer vor, wirkt manchmal Großes klein und
telling das Produktangebot un- Moderator Joachim Löw, Löw Me- und die Rechtsinhaber einge-
terstreicht. Besonders gepriesen dien, ob kleine und mittlere Unter- kaufter Vorlagen sind nicht immer Kleines groß. \
wurde der aufwendig program- nehmen in der digitalisierten Welt transparent hinterlegt. Er fügt
mierte Produktgenerator, der das überhaupt noch darauf hoffen hinzu: „Es kann billiger sein, Bilder AUTORIN
Herzstück der Website ist. Er löst können, mitzuhalten, versicherte selbst zu machen, als vorhande- ANGELIKA NIERE
das Problem, dass Produkte im Jacob bei der Preisverleihung, dass ne Bildrechte zu recherchieren.“ Referentin,
Internet nicht fühl- und anfass- die Kleinen den Großunterneh- Tatsächlich sind 2015 auf allen BIEG Hessen,
bar sind. Selbst die Holzdicke der men online sogar häufig etwas Siegerwebsites individuell gefer- IHK Frankfurt
beworbenen Tischdesigns kann voraushaben, denn sie können tigte Bildmaterialien im Einsatz. angelika.niere@
hier konfiguriert, das Wunschmö- direkter auf die Bedürfnisse ihrer bieg-hessen.de
belstück selbst zusammengestellt Kunden eingehen. Die große He- Der Hessische Website Award
und das Endergebnis in all sei- rausforderung sind dabei greifba- kürt die besten Websites im hes-
nen Details direkt begutachtet re, aussagekräftige Darstellungen sischen Mittelstand und erkennt
werden. Auch hier stimmt die der Produkte, Dienstleistungen die besondere Herausforderung
und des Unternehmens sowie an, der sich kleine und mittlere
Unternehmen im Internet stel-

IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16 49

PRESSEKONFERENZ

EIN MASTERPLAN FÜR DIE INDUSTRIE

Drei Jahre lang wurde daran gearbeitet, 150 Unternehmen wurden befragt und zum Teil direkt in die Arbeit eingebun-
den. Am 6. November hat der Magistrat den Masterplan Industrie beschlossen. Damit will die Stadt gewährleisten, dass
das produzierende Gewerbe in Frankfurt seine Potenziale ausschöpfen kann und nicht verdrängt wird.

Der Masterplan Industrie, den entspricht. Mit diesem langfristi- Goethe-Universität, dem Stadt- Fundament basiert.“ Das Kon-
sich die Koalition im Frankfurter gen Strategieprozess werden wir planungsamt sowie weiteren zept der Wirtschaftsförderung
Römer vor drei Jahren als eines unsere Position als internationa- Netzwerkpartnern 30 Projekt- sei aufgegangen, den Prozess von
ihrer zentralen wirtschaftspoliti- ler Industriestandort ausbauen vorschläge auf acht Handlungs- Anfang an auf hohe Akzeptanz
schen Ziele gesetzt hat, war von können“, betonte er anlässlich der feldern vorgelegt. Die Experten und Wirksamkeit anzulegen. Die
Beginn an als Prozess angelegt. Pressekonferenz zur Vorstellung stützten sich dabei vor allem Zusammensetzung des Beirats
Der einstimmige Beschluss des des Masterplans. Im produzieren- auf die Ergebnisse der 2013 im Industrie, die intensive Befragung
Magistrats zu den Vorschlägen den Gewerbe arbeiteten zwar nur Rahmen des Masterplans erarbei- von rund 100 Industriebetrieben
des Beirats Industrie markiert nun rund elf Prozent der sozialversi- teten Industriestudie. Die Studie in Frankfurt nach dem industrie-
einen ersten bedeutenden Mei- cherungspflichtig Beschäftigten. von Prof. Peter Lindner vom Ins- politischen Handlungsbedarf und
lenstein auf dem Weg zu verbes- Doch habe es einen Anteil von titut für Humangeografie der die engagierte Mitarbeit von rund
serten Rahmenbedingungen für 17 Prozent an der Wertschöpfung Goethe-Universität hatte zum 70 Experten in den Arbeitsgrup-
die Industrie der Mainmetropole. und trage mit über 40 Prozent einen die Entwicklungspotenziale pen machten das große Interesse
Der Masterplan löst gleichzeitig zum Gewerbesteueraufkommen des produzierenden Gewerbes in an einer erfolgreichen Entwick-
das industriepolitische Leitbild in Frankfurt bei. Frankfurt zum Gegenstand. Zum lung der Industrie in Frankfurt
von 1994 ab und soll zukünftig anderen hat die Befragung von deutlich.
als Richtschnur für den Magistrat Zuvor hatten mehr als 70 Ex- rund 100 Industrieunternehmen
bei industrierelevanten Entschei- perten aus Unternehmen, Verbän- in Frankfurt auch den indus- Zu den 30 Projektvorschlä-
dungen dienen. den, Wirtschaftsförderung, der triepolitischen Handlungsbedarf gen zählen unter anderem die
aufgezeigt. Gründung einer Entwicklungs-
Dass es eines Masterplans gesellschaft für Gewerbeflä-
zur Neuordnung der Industrie- Es ist vor allem dieser auf chen – vergleichbar mit der
politik in Frankfurt bedarf, steht einer breiten Basis fußende ABG Frankfurt Holding –, die
auch für den Oberbürgermeister, Prozess, der den Masterplan Gewerbeflächen aufkaufen und
Peter Feldmann, fest. „Mit dem Industrie von vergleichbaren entwickeln soll. Auch soll ein
Masterplan Industrie bringen wir Projekten in Berlin, Hamburg bestehendes Gewerbegebiet als
der Industrie die Aufmerksamkeit oder Düsseldorf unterscheidet. Pilot mit einer digitalen Infra-
entgegen, die ihrer weitreichen- Dies sieht Wirtschaftsdezernent, struktur ausgestattet werden, die
den und vielseitigen Bedeutung Stadtrat Markus Frank, ähnlich, eine Übertragungsgeschwindig-
wenn er feststellt: „Wir haben keit von einem Gigabit pro Se-
Raum in Frankfurt einen in Deutsch- kunde gewährleistet. Zudem soll
mieten oder kaufen. land einmaligen Prozess ange- die Akzeptanz und Wertschät-
stoßen, der auf einem guten zung der Industrieunternehmen

Büro-, Sanitär oder IHK WirtschaftsForum 12.15|01.16
Unterkunfts-Container.

www.renz-container.com

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