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Festschrift anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Künstlersonderbund in Deutschland 1990 - Realismus der Gegenwart e.V.

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KSB2010_Festschrift 2010_Künstler im Porträt

Festschrift anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Künstlersonderbund in Deutschland 1990 - Realismus der Gegenwart e.V.

Keywords: Künstlersonderbund,Realismus,Festschrift,Künstlerportrait

SEBASTIAN WALTER-LILIENFEIN

Maler, Essen

Was ist für Sie vollkommenes irdisches Glück? Das selteneGlück,in
die Freiheitvon „Sein“zu geraten. Ihre liebste Literatur / Lektüre?
Prosa, Romane, Erzählungen.Ihre Lieblingsgestalt in der Geschich-
te? Franz von Assisi. Ihre Lieblingsmaler / -grafiker? Wechselnd.
Ihre Lieblingsbildhauer? Wechselnd. Ihre Lieblingskomponisten?
Anouar Brahem und Bach. Mit wem hätten Sie gern ein intensives
Gespräch über Kunst geführt? Mit Thomas Wolfe. Wo sollte Ihre er-
träumte Ausstellung stattfinden? In pompösem,publikumsreichem
Rahmen. Ihre Lieblingstugend? Gerechtigkeitnach innen und au-
ßen. Ihre Lieblingsbeschäftigung? Musik machen, hören. Ihr Lieb-
lingsschriftsteller? Tschechow.Was wäre für Sie das größteUnglück?
Das möchte ich nicht aufschreiben. Ihre Lieblingsfarbe? Habe
keine.Ihre Lieblingsblume? Habe keine. Ihr Lieblingstier? Drome-
dar. Was verabscheuen Sie am meisten? Gewalt. Welche Reformen
bewundern Sie? Die unsichtbare „Graswurzelrevolution“,die nicht
durch die Brille der Geschichte wahrnehmbar ist. Welche Eigen-
schaften schätzen Sie bei einem Menschen am meisten? Die Fähigkeit
des „Loslassens“.Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? Die
Gabe, glücklichzu sein! Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Zwei-
felnd. Warum Realismus? Als Begriffund Schubladeohne Bedeu-
tung für mich. Aber: Jeder Kunst ist es eigen, daß sie „Realitäten“
spiegelt.

„Scherbenwelt“,2008, Öl / Lwd., 140 x 140 cm, vierteilig.

– 200 –



CARL CONSTANTIN WEBER

Bildhauer, Potsdam

Was ist für Sie vollkommenes irdisches Glück? Meine Kinder. Ihre
liebste Literatur / Lektüre? Meine jeweilsaktuelleBuchlektüre,die
mich bis zum Schluß faszinieren konnte. Ihre Lieblingsgestalt in
der Geschichte? Die Maurenin Spanien.Ihr Lieblingsmaler / -grafi-
ker? Goya, Corinth, Menzel. Ihr Lieblingsbildhauer? Der Schöpfer
des Wagenlenkersvon Delphi. Ihr Lieblingskomponist? Viele Stim-
mungen,viele Komponisten.Mit wem hätten Sie gern ein intensi-
ves Gespräch über Kunst geführt? Ich mag keineKünstlergespräche.
Wo sollteIhre erträumte Ausstellung stattfinden? Stattausstellen,lie-
ber aufstellen... Kunst im öffentlichenRaum. Ihre Lieblingstugend?
Meine? Da muß man andere fragen. Ihre Lieblingsbeschäftigung?
Für Freunde und Familie kochen. Ihr Lieblingsschriftsteller? Siehe
oben! Was wäre für Sie das größte Unglück? 1. Sag ich nicht. 2.
Energiesparbirnen.Ihre Lieblingsfarbe? Hellblau.Ihre Lieblingsblu-
me? – Ihr Lieblingstier? NatürlichElefant/innen.Was verabscheuen
Sie am meisten? Opportunismus, Ignoranz und Phantasielosig-
keit. Welche Reformen bewundern Sie? Den Zusammenbruchdes
„Eisernen Vorhanges“.Atatürks Staatsumbau. Welche Eigenschaf-
ten schätzen Sie bei einem Menschen am meisten? Lebensfreude,
Aufrichtigkeit, Herzenswärme, Lebendigkeit, Neugierde. Welche
natürliche Gabe möchten Sie besitzen? Ausschlafen können. Ihre
gegenwärtige Geistesverfassung? Nüchtern.Warum Realismus? Mei-
ne Lebenseinstellung ist wahrscheinlich realistisch, meine Kunst
eher weniger.

Im Atelier, 2009

– 202 –



JÜRGEN WEBER

Bildhauer, Braunschweig
Münster 1928 – 2009 Braunschweig

In meiner Generation wurde nicht nur die Natur zerstört, sondern auch die
Kunst. Wir haben alles gefressen, wollen wir uns dabei auch noch amüsie-
ren? Ich habe auch niemals distanzierte und ironische Berichte über die Zer-
störung unserer Atmosphäre, das Abholzen der Regenwälder oder die Ver-
schmutzung von Meeren und Flüssen gelesen. Wenn das Leben bedroht ist,
hört der Spaß auf.
Mitstreiter gegen den Ausverkauf der Kunst gibt es nur noch wenige. Künstler
und „Kunstsachverständige“scheinen noch feiger, noch opportunistischer zu
sein als die die übrige Masse Mensch. …
Nach meiner Überzeugung ist eine genaue Beschreibung ohne Wertung gar
nicht möglich. Schließlich können wir nicht einmal sehen, ohne zu urteilen.
Nur Kunstjournalisten haben sich nach einem lebenslangen Training sogar
das ausgetrieben.

…Die Kunst ist nachhaltiger zerstört worden…, weil es nicht äußere Gegner
taten, die sich für Kunst nicht interessierten, sie hassen oder sie für gottesläs-
terlich halten, sondern weil innere Feinde, die sich als Wahrer der Kunst mas-
kiert haben, sie erdrosseln.Sie bekämpfen die Kunst viel raffinierter als alle bis-
herigen Gegner, weil sie mit der Schutzbehauptung, die Kunst zu fördern, sie
in Wahrheit umbringen, um an ihrer Stelle Machwerke, ja jeden Unsinn „zur
Kunst zu erklären“– und hierfür gewaltige Summen kassieren. Zwischen den
echten und den falschen Kunstvertretern ist schon im vorigen Jahrhundert
ein Krieg ausgebrochen, der sich bis zum heutigen Tage ständig verschärft
hat, so dass fast alle Künstler inzwischen kaltgestellt oder eliminiert sind.

Das Schiff der Kunst ist zum Narrenschiff geworden, das ohne geistigen Kom-
pass in seinen Untergang gesteuert wird.
Und trotzdem hoffe ich – aller rationalen Einsicht zuwider -, dass die Kunst
überleben wird. Darum arbeite ich als Bildhauer weiter und weise, unbeirrt
von dem Geschwätz der Amtsträger unserer ästhetischen Kirche, meinen
Schülern den Weg. …

Carl Constantin Weber: „Am Wachs – JürgenWeber bei Herlich“, 1993, Bleistift / Papier, 42,0 x 29,7 cm

– 204 –



CHRISTOPH WETZEL

Maler, Zeichner, Dresden

Was ist für Sie vollkommenes irdisches Glück? Ungestörtund ohne
Auftrag zu malen. Ihre liebste Literatur / Lektüre? Die Bibel,Rilke,
Querner-Tagebücher.Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte? Al-
bert Schweitzer. Ihre Lieblingsmaler / -grafiker? Grünewald, Ho-
dler, Goya, Terbrugghen. Ihre Lieblingsbildhauer? Michelangelo,
Rodin, Manzù. Ihre Lieblingskomponisten? Johann SebastianBach.
Mit wem hätten Sie gern ein intensives Gespräch über Kunst geführt?
Mit dem Leser dieses Buches. Wo sollte Ihre erträumte Ausstellung
stattfinden? BERLIN,da bin ich geboren.Ihre Lieblingstugend? „Pur“
zu sein. Ihre Lieblingsbeschäftigung? Malen oder Zeichnen. Ihr
Lieblingsschriftsteller? Eva Strittmatter.Was wäre für Sie das größte
Unglück? EwigesGetrenntseinvonGott. Ihre Lieblingsfarbe? Habe
ich nicht. Ihre Lieblingsblume? Schwertlilie(Iris).Ihr Lieblingstier?
Habe ich nicht. Was verabscheuen Sie am meisten? Malen nach Fo-
tos. Welche Reformen bewundern Sie? LuthersReformation.Welche
Eigenschaften schätzen Sie bei einem Menschen am meisten? Integri-
tät und Gradlinigkeit.Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?
Gelassenheit. Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Mit den Augen
zuhören. Warum Realismus? Weil ich mich nicht vor dem Leben
drücken will.

„Studie zum Lukas, Frauenkirche Dresden, Selbstbildnis, 2004, sibirische Kohle und weiße Kreide, 38 x 44 cm

– 206 –



URSULA WIELAND

Malerin, Berlin

Was ist für Sie vollkommenes irdisches Glück? Es manchmal zu
ahnen. Ihre liebste Literatur / Lektüre? Zur Zeit Briefe und Tage-
bücher von Schriftstellern und bildenden Künstlern des 20. Jahr-
hunderts.Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte? MahatmaGandhi.
Ihre Lieblingsmaler / -grafiker? Bronzino,Holbein,Gainsborough,
Lawrence Alma-Tadema, J. S. Sargent, Graham Sutherland. Ihre
Lieblingsbildhauer? Praxiteles,Bernini,Houdon, Thorvaldsen und
die Modernen. Ihre Lieblingskomponisten? Bach,Brahms,Bruckner,
Mahler,Schoenberg, Webern, Glass. Mit wem hätten Sie gern ein
intensives Gespräch über Kunst geführt? Mit Vasari, August dem
Starken, Goethe, Egon Friedell. Wo sollte Ihre erträumte Ausstel-
lung stattfinden? In großen Räumen mit Sitzgelegenheiten.Ihre
Lieblingstugend? Mut. Ihre Lieblingsbeschäftigung? Zusehen,zuhö-
ren. Ihr Lieblingsschriftsteller? Voltaire,Mann.Was wäre für Sie das
größte Unglück? Krieg. Ihre Lieblingsfarbe? PompejanischRot. Ihre
Lieblingsblume? Gelbe Fresie. Ihr Lieblingstier? Lerche. Was ver-
abscheuen Sie am meisten? Die Naziverbrechen.Welche Reformen
bewundern Sie? Bismarcks Sozialgesetzgebung. Welche Eigen-
schaften schätzen Sie bei einem Menschen am meisten? Ehrlichkeit,
Verläßlichkeit.Welchenatürliche Gabe möchten Sie besitzen? Zu flie-
gen, ohne Muskelkater.Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Wach.
Warum Realismus? Um die vorgefundene Realitätohne jegliche
Stilisierung oder Idealisierung darzustellen.

„Selbstporträt”,1992, Ölskizze auf Leinwand, 54 x 41 cm

– 208 –



ELISABETH WISCHEROPP

Bildhauerin, Bad Bayersoien

Was ist für Sie vollkommenes irdisches Glück? Zufriedenheitin der
Arbeit. Ihre liebste Literatur / Lektüre? Sternstundender Mensch-
heit. Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte? Der Untergeher von
Thomas Bernhard. Ihre Lieblingsmaler / -grafiker? Lovis Corinth,
Gregor Haefke. Ihre Lieblingsbildhauer? Lehmbruck, Wimmer,
Chillida. Ihre Lieblingskomponisten? John Mc Laughlin, Paco di
Lucia, Eberhard Weber. Mit wem hätten Sie gern ein intensives
Gespräch über Kunst geführt? Francis Bacon und Lovis Corinth.
Wo sollteIhre erträumte Ausstellung stattfinden? In Rom. Ihre Lieb-
lingstugend? Treue.Ihre Lieblingsbeschäftigung? Zeichnenund mo-
dellieren mit Modell. Ihr Lieblingsschriftsteller? Andrej Tarkows-
kij. Was wäre für Sie das größte Unglück? Blind zu werden. Ihre
Lieblingsfarbe? Gibt es viele. Ihre Lieblingsblume? Gibt es viele. Ihr
Lieblingstier? Schwarze Stute. Was verabscheuen Sie am meisten?
DestruktivenStreit.Welche Reformen bewundern Sie? Daß Homo-
sexuelle Politikersind. Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem
Menschen am meisten? Courage, wenn es um Menschenrechte
geht.Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? Immeroptimis-
tisch zu sein. Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Skeptisch und
kritischund heiter (mittendrin).Warum Realismus? Möchte keine
Märchen erzählen.

„Selbstporträt“,2010, Zeichnung, Bleistift, 30 x 40 cm

– 210 –



KLAUS ZEITZ

Maler und Grafiker, Detmold

Was ist für Sie vollkommenes irdisches Glück? Zum Beispiel das
Cello Concerto von Witold Lutoslawski in der Philharmonie Berlin
zu hören. Ihre liebste Literatur / Lektüre? Odyssee, Faust 1 und
2, Zauberberg, Ulysses, Der Mann ohne Eigenschaften, Die 21.
Stadt, Kalkwerk. Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte? Alexander
von Humboldt.Ihre Lieblingsmaler / -grafiker? Holbeinder Jünge-
re, Dürer, Michelangelo, Rembrandt, Goya, Cézanne, van Gogh,
de Chirico, Picasso, Beckmann. Ihre Lieblingsbildhauer? Polyklet,
Riemenschneider, Michelangelo, Rodin, Moore, Giacometti. Ihre
Lieblingskomponisten? Bach, Strawinsky,Bartók; Ligeti, Schostako-
witsch, Xenakis,Cage, Ornette Coleman. Mit wem hätten Sie gern
ein intensives Gespräch über Kunst geführt? Mitjedem.Wo sollteIhre
erträumte Ausstellung stattfinden? In Utopiamit kunstsachverstän-
digem Publikum. Ihre Lieblingstugend? Besonnenheit.Ihre Lieb-
lingsbeschäftigung? Reisen. Ihr Lieblingsschriftsteller? James Joyce.
Was wäre für Sie das größte Unglück? Zu Erblinden.Ihre Lieblings-
farbe? Keine, da alle sehr willkommen. Ihre Lieblingsblume? Die
Herbstzeitlose.Ihr Lieblingstier? Möve, sie kann fliegen, schwim-
men und laufen. Was verabscheuen Sie am meisten? Unehrlichkeit.
Welche Reformen bewundern Sie? Preußische Verwaltungsreform
(von Stein und Hardenberg). Welche Eigenschaften schätzen Sie
bei einem Menschen am meisten? Intelligenz,Empathie, Toleranz,
Kreativität,Mut.Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? Ma-
thematische Intelligenz. Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Wiß-
begierig, kreativ.Warum Realismus? Wegen der Glaubwürdigkeit,
wegen besonderer Eignung für kritische Positionen.

„Selbstbildnis“,Linolschnitt, 2009, 30 x 20,3 cm

– 212 –



REINER ZIMNIK

Maler, Grafiker, München

Was ist für Sie vollkommenes irdisches Glück? Helles warmes Zim-
mer, gut zu essen, schöne Umgebung, Friede. Ihre liebste Litera-
tur / Lektüre? Biographien.Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?
Gaius JuliusCaesar. Ihre Lieblingsmaler / -grafiker? WilliamTurner,
Sempé, Kubin. Ihre Lieblingsbildhauer? Maillol.Ihre Lieblingskom-
ponisten? Beethoven,Ravel.Mit wem hätten Sie gern ein intensives
Gespräch über Kunst geführt? – Wo sollteIhre erträumte Ausstellung
stattfinden? Im Haus der Kunst, München. Ihre Lieblingstugend?
Ehrlichkeit. Ihre Lieblingsbeschäftigung? Wandern, Tagträumen.
Ihr Lieblingsschriftsteller? JosephRoth.Was wäre für Sie das größte
Unglück? Blindheit. Ihre Lieblingsfarbe? Blaugrün. Ihre Lieblings-
blume? Rose.Ihr Lieblingstier? Hirschkuh.Was verabscheuen Sie am
meisten? Unehrlichkeit, Angeberei, Egoismus. Welche Reformen
bewundern Sie? Aufklärung.Welche Eigenschaften schätzen Sie bei
einem Menschen am meisten? Ehrlichkeit,Toleranz.Welche natürli-
che Gabe möchten Sie besitzen? Fliegen können. Ihre gegenwärtige
Geistesverfassung? Normal. Warum Realismus? Weil unser Leben
realistisch ist.

„Beim Zeichnen “, Foto 2000

– 214 –



– 216 –

„Ein Traum was sonst?“

Heinrich von Kleist

Zu diesem Buch

Zwanzig Jahre „Künstlersonderbund in Deutschland“ sind willkommener Anlass,
diesem „sonderbaren“ Bund Beachtung und Respekt zu bezeugen. Es ist Anerken-
nung für geistige Haltungen, ohne Leugnung von Wirklichkeitssinn und Distanz.
Mit einem Buch wird Öffentlichkeit geschaffen, als Dank an die „Verbundenen“,
welche über alle Moden hinweg für die „Sache der Wahrhaftigkeit“ in ihrer Kunst
eintreten. Die „Sonderbündler“ sind für mich durch ihre schöpferische Initiative in
der Bildenden Kunst geradezu ein Modell, das die vergessene Tradition der Eigen-
verantwortlichkeit mit dem Betonen eines Kernbestandes an Können in Malerei,
Plastik und Grafik glücklich verbindet und deshalb von kultureller und gesellschaft-
licher Bedeutung ist.

Eine Hommage von Kunstfreunden an alle Mitglieder eines deutschlandweiten
Bundes will im öffentlichen Raum diesen Kreis von Malern, Zeichnern und Bildhau-
ern gerade in seiner Qualität, Unabhängigkeit und Kontinuität betonen.
Es ist die Gemeinschaft ebenso zu ehren wie alle beteiligten einzelnen Künstler.
Seit zwei Jahrzehnten bilden sie beharrlich ein Forum für anspruchsvollen Realis-
mus der Gegenwart. Das ist ohne öffentliche Subvention ein Wagnis, ein ideelles
Eintreten um der Sache willen, fern von Zahlen und Zweckmäßigkeit.

Das Signet des Vereins zeigt sinnbildlich den dabei zu bestehenden Kampf ge-
gen die Hydra der Beliebigkeit und des zirzensischen Zeitgeistes. Die tiefe Weisheit
des Horaz, dass ein „Maß in den Dingen“ sei, konnte deshalb als Leitspruch des
Vereins nicht klüger von den Gründungsmitgliedern gewählt werden.

Berlin war 1990 der richtige Nährboden für eine Vereinigung von Künstlern aus
Ost und West, die Realismus als geistige Haltung in ihrem Schaffen vertraten.

In vielen Begegnungen mit Künstlern dieses Kreises traten in meiner Wahrneh-
mung wohltuend schöpferische und unabhängige, geistreiche Persönlichkeiten
hervor.

Was lag näher, als diese „Künstler im Porträt“ über den Tag hinaus zu dokumen-
tieren? Zu finden war dafür eine angemessene Form.

Eigenwillige Persönlichkeiten wie Künstler in einem solchen Band zu versam-
meln, brachte aus Erfahrung und Einsicht aller schöpferisch Beteiligten die Not-
wendigkeit der harten Kompromisse.

Selbstporträts gehören zum künstlerischen Schaffen aller Generationen. Es ist ein
sehr intensives Thema. In diesem Buch vereinigen sich zahlreiche Arbeiten aus sehr
unterschiedlichen Lebensabschnitten und in vielfältigen Techniken. Das Bildnisder
eigenen Person stellt immer wieder große Anforderungen an den Künstler. Die 104
Porträts zeigen sehr viel – vom Einfallsreichtum der Persönlichkeiten über die Dar-
stellung bestimmender Charakterzüge bis hin zu ihrem bewussten Verbergen.

Der Fragebogen als Ergänzung gewählt, eine journalistische Form, zeigt sicher
nur Momentaufnahmen mit Andeutungen zur Identität, eigentlich eine Anforde-
rung an Witz und Geist wie in einem Gesellschaftsspiel. Dieser Form des eigen-
willigen Einblicks in seine Persönlichkeit wollte sich nicht jeder Künstler stellen. Es
wurde auch notwendig Fotos aufzunehmen, weil kein anderes künstlerisches Por-
trät verfügbar war. Die „literarischen Zeugnisse“ sind recht unterschiedlich, „Selbst-
bildnisse“ sind sie aber dennoch.

Inhalt und Form dieses Buches umfassen Rückblick und Gegenwart. So ist die Er-
innerung an verstorbene Mitglieder bei der Betrachtung eines Künstlerkreises von
zwei Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit. In ihren Texten und Bildern treten sie
wieder an uns heran.

Das gilt besonders für Manfred Bluth, den eigentlichen Begründer des Künst-
lersonderbundes. Ein Meister großer Malkunst und ein streitbarer Geist für seine
Ideen, ein Mann mit hohen Ansprüchen gegen sich selbst, kenntnisreich und viel-
seitig belesen. Er lehrte nicht nur, er „bildete“ als Hochschullehrer in Kassel seine
Studenten. Intensives, figürliches Zeichnen und Freiluftmalerei gehörten zum
akademischen Programm. Von Goethe ist die Erkenntnis, dass „niemand als der
Meister Kunst fördern“ kann. Der Sonderbund versammelt eine große Anzahl von
Künstlern, die mit Talent und harter Arbeit zur Meisterschaft fanden. Bluth beob-
achtete scharf und ergründete tief, er hat sich um diesen Künstlerkreis sehr „preu-
ßisch“ hoch verdient gemacht.

Künstlergruppen sind Kristallisationspunkte, an denen sich zeittypische Auffas-
sungen verdichten. Das gilt auch für den Künstlersonderbund. Erfasst man das viel-
schichtige Beziehungsgeflecht der Künstler untereinander, so entdeckt man zum
Beispiel fast eine gesamte Bildhauerschuleder Gegenwart. Im Generationenwech-
sel wurde ein Grundkanon des Formverständnisses weitergegeben, der für mich
etwas vom Wesen der Vereinigung deutlich werden lässt. Diese konsequenten In-
dividualisten von hohem Können wenden sich gegen die Leugnung klassischer
Positionen.

– 218 –

Die Vereinigung verdient noch aus anderer Sicht in den Vordergrund gerückt zu
werden. Sie ist ein absolut unabhängiges Forum für die Gleichnissprache der Kunst
in unserer Zeit. Mit ideellem Ansatz und weitgehend aus eigener Kraft hat dieser
Künstlerkreis seit zwei Jahrzehnten mit großer Offenheit eine souveräne Position
in der bildenden Kunst der Gegenwart. Seine bemerkenswerten Aktivitäten sind
beharrlich eine vielfältige Gegenperspektive zum gegenwärtigen Kulturbetrieb.

Bei ständig wechselnden Aktualitäten ist Traditionsverlust unumgänglich, sind
Orientierungslosigkeit und Beliebigkeit geistige Folgen. Hier sehe ich Bedeutung
und Zukunftsperspektive eines solchen Künstlerbundes. Im Weiterreichen geistiger
Stafetten wird mit selbstbewusster Sachlichkeit eine wesentliche Aufgabe erfüllt.

Schon in der Antike wusste man sehr genau, dass nichts schneller ist als die Zeit.
Und zwei Jahrzehnte heute sind bereits eine große Zeitspanne. Der Künstlerson-
derbund hat sich seither natürlich verändert und gewandelt.

Der Begriff der Bildenden Kunst ist weit geöffnet, die Verfallszeit der Gegenwart
immer kürzer, kulturelle Ereignisse sind dann erfolgreich, wenn sie als populäre, zu-
meist hoch subventionierte Events gestaltet sind. Die Bilderflut der neuen Medien
erscheint uns schon als selbstverständlich. Der Preis ist hoch: Verlust an Identität
und wachsende Orientierungslosigkeit, ja bis zur Hoffnungslosigkeit. Da ist der Zu-
sammenschluss von Künstlern, um Qualität, Originalität und Beständigkeit in Ma-
lerei, Grafik und Bildhauerkunst zu erhalten, sicherlich notwendig, aber auch ein
bemerkenswertes Ereignis.

Es zeigt zugleich eine geistige Dimension, die Anspruch behauptet und Zukunft
weist.

Dieses Buch ist nur ein Mosaik, aber, so glaube ich, im Gesamtbild eine deut-
liche Aussage. Das mäzenatische Wirken der Kunstfreunde, die ein solches Buch
erst möglich machen, ist gar nicht hoch genug einzuschätzen.Ihnen wie auch den
selbstlosen Mitarbeitern der Redaktion gilt großer Dank.

Vielleicht entsteht eines Tages aus Kunstwerken des Künstlersonderbundes eine
Sammlung, an einem guten Ort in Deutschland, die über den Tag hinaus wirkt und
zeigt, wie wichtig unsere Anstrengungen waren – dass nicht alles nur ein Traum
war.

Fritz Peter Hoppe, Berlin

PUBLIKATIONEN DES KÜNSTLERSONDERBUNDES
SEIT SEINER GRÜNDUNG

1. Katalog zur Ausstellung„Erste Realismus-Triennale“,
Jahresausstellung des Künstlersonderbundes im Martin-Gropius-Bau,
Berlin, 1993, © Ars Nicolai GmbH, Berlin 1993.
2. Katalog zur Ausstellung„Die Kraft der Bilder“
Jahresausstellung des Künstlersonderbundes im Martin-Gropius-Bau,
Berlin 1996, © Ars Nicolai GmbH, Berlin 1993.
3. Katalog zur Ausstellung„...und sie erkannten, dass sie nackt wa-
ren...“Figürliche Plastik der Gegenwart, St. Matthäus– Kirche im Kultur-
forum, Berlin-Tiergarten, 2002, © Stiftung St. Matthäus, Kulturstiftung
der Evangelischen Kirche in Berlin Brandenburg, Berlin 2002.
4. Katalog zur Ausstellung:„Überblick 2003“,
Jahresausstellung des Künstlersonderbundes in der Kommunalen
Galerie, Berlin-Wilmersdorf, Berlin 2003.
5. Katalog zur Ausstellung:„Überblick 2004“,
Jahresausstellung des Künstlersonderbundes in der Kommunalen
Galerie, Berlin-Wilmersdorf, Berlin 2004.
6. Katalog zur Ausstellung:„KYTHERA – vom Geheimnis des
Sichtbaren“,Jahresausstellung des Künstlersonderbundes
in der Kommunalen Galerie, Berlin-Wilmersdorf, Berlin 2005.
7. Katalog zur Ausstellung:„Ästhetische Botschaften –
die Postkarte als Kunstwerk“,Jahresausstellung des
Künstlersonderbundes im Museum für Kommunikation Berlin, 2006.
8. Katalog zur Ausstellung„Lebensspuren“,
Jahresausstellung des Künstlersonderbundes im Kunstverein
Coburg, und auf der Burg Beeskow 2008.
9. Katalog zur Ausstellung:„Berlin liegt in Brandenburg:
Die Metropole und ›ihre‹ Provinz“
Themenausstellung des Künstlersonderbundes auf der Burg Beeskow,
10. Schriftenreihe:„Galerie“ – Blätter für Mitglieder und
Freunde des Künstlersonderbundes Halbjahresschrift; Heft 1
(Dez. 2002) bis 16 (März 2010);

– 220 –

Themenhefte u. a.
15 Jahre Künstlersonderbund,Heft 6;
Die Mauer – Fall der Mauer, Heft 13 / 14
Zwanzig Jahre Künstlersonderbund,Heft 15 / 16

QUELLENANGABEN:

Bele Bachem:
Text:„Bele Bachem über sich selbst“,(Auszug)
Abbildung: Ausstellungskatalog„Bele Bachem“
Markt Bruckmühl, Mai – Juni 1995

Manfred Bluth:
Text:„WELTBILD UND BILDERWELT; DEUTSCHER KUNSTVERLAG,
MÜNCHEN“,1986 (Auszug)

Janet Brooks-Gerloff
Text und Abbildung ausgewählt von Anneke Gerloff

Joachim Dunkel:
Bildhauer – Zeichnung: HandschriftlicherText, Juni 1991, (Auszug)

Volkmar Oellermann:
Quelle: Ausstellungskatalog von 1963;
Text und Abbildung von Familie
Thomas und Susanne Harndt, Berlin

Jürgen Weber
Text:„Jürgen Weber, (Auszug)
„Das Narrenschiff – Kunst ohne Kompass“
UniversitasVerlag München, 1994, S. 12

Für großzügige Förderung danken wir allen Kunstfreunden,
die im Geiste des Maecenas halfen

Prof. Dr. Rainer Ansorg · Bankhaus Lampe KG, Berlin · Irina und
Wilhelm G. Ebbecke · Friedrich Alexander Hoppe · Carola Hoppe
· Dr. Andor Koritz · Maria und Dr. Hannes Krause · Michael de Mai-
zière · Michael Messer · Michael Mohr · Ille und Prof. Dr.Wolfgang
Paatsch · Ursula und Manfred Pasieka · Horst Wilhelm Quante ·
Schadowgesellschaft Berlin · Brigitte Schermuly · Bettina Frfr. von
Schlotheim-Schottelius · Dr. Dieter Schottelius · Dr. Arndt und Dr.
Marie-Nicolette Schottelius · Maria und Paul Schreck

– 222 –

O„ mein Freund, wiederholeesDir

unaufhörlich, wie kurz das Leben ist,
und dass nichts sowahrhaftig existiert
als ein Kunstwerk – Kritik geht unter,
leibliche Geschlechter verlöschen,
Systeme wechseln, aber wenn die Welt
einmal ausbrennt wie ein Papierschnitzel,
so werden die Kunstwerke
die letzten lebendigen Funken seyn,
die in das Haus Gottes gehen –
dann erst kommt Finsternis.“

Karoline Schlegel an August Wilhelm Schlegel
2. März 1801

Das ist zwar Denken und Sprache der Romantik, aber
die Aussage dieser geistvollen Frau bleibt zeitlos und
vor allem wahr. Auch in unserer Zeit werden Kunstwerke
geschaffen, die mit der Gabe der Einfühlung des Betrachters
Freude, Trost und seelische Ruhe bringen.

Wenn Sie den Malern, Zeichnern und Bildhauern
des Künstlersonderbundes helfen wollen, ihre realistisch –
gegenständlichen Arbeiten alljährlich der Öffentlichkeit im
Vergleich zu zeigen, dann werden Sie Mitglied in unserem
Förderkreis.

Wir sind gemeinnützig und danken mit einer Grafik
als Jahresgabe unseren Kunstfreunden.
Wollen Sie nicht auch dabei sein?

Künstlersonderbund in Deutschland 1990 e. V.

Dieses Buch erscheint aus Anlaß
des 20jährigen Bestehen des

Künstlersonderbundes in Deutschland
und ist seinen Künstlern gewidmet.

Impressum
Herausgeber: Fritz Peter Hoppe

ISBH 978-3-00-031702-6
© August 2010, Künstlersonderbunde. V.

Dorotheenstraße 90 · 10117 Berlin
Telefon/Fax (030) 2 29 96 53 · www.kuenstlersonderbund.de

Gestaltung: Michael de Maizière
Gesamtherstellung: Ruksaldruck GmbH & Co KG
Alle Rechte für die abgebildeten Werke und Texte

bei den Künstlern und Autoren
400 Exemplare


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