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Das Ehemaligenmagazin der Leibniz Universität

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Published by alumni, 2018-08-15 04:48:11

LeibnizCampus 20/2018 Europa

Das Ehemaligenmagazin der Leibniz Universität

Magazin für Ehemalige und Freunde der Leibniz Universität Hannover
Ausgabe 20 • August 2018

Europa

Für Studierende: Alum­ Für Schüler: Mathe Für Pferde: Marstall Für Leistung: Preis
ni stellen Berufe vor am Strand früher und heute des Präsidiums

Zukunft Hochspannend
mit Energie

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setzung der Energiewende. Um die neu hinzukommenden Unternehmen zu stellen.
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verantwortungsbewusster Vorreiter den nordwesteuropäischen Energiemarkt weiter und integriert im Rahmen der
nachhaltigen Energieversorgung vermehrt erneuerbare Energien.
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Liebe Alumna, lieber Alumnus, Editorial | LeibnizCampus

es gibt wohl kaum jemanden, dem das Thema Europäische Prof. Dr. Volker Epping
Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in den vergangenen Präsident der Leibniz
Wochen nicht begegnet wäre: Entweder als Kunde, der (er- Universität Hannover
neut) aufgeklärt wird und zustimmen oder widersprechen
soll oder als Unternehmen oder Institution, das oder die Monika Wegener M.A.
über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten in- Referentin für Alumni­
formiert und gegebenenfalls auch neue Einwilligungen ein- betreuung
holt oder Widerspruch einräumt – oft sogar in beiden Rol-
len. Das Alumnimanagement der Leibniz Universität hat in 1
der Vergangenheit nur die persönlichen Daten von Ihnen
genutzt, mit denen Sie sich bei uns angemeldet haben.
Falls Sie nicht mehr dabei sein wollen, erfahren Sie auf
dem beiliegendem Infoblatt zum Datenschutz, wie Sie sich
abmelden können.

Doch wir finden, dabeibleiben lohnt sich: Denn wer zum
AlumniCampus dazugehört, hält nicht nur eine Verbindung
zur Alma Mater und bleibt im Bilde über aktuelle For-
schung, spannende Veranstaltungen und die Entwicklung
der Leibniz Universität, sondern kann sich auch selber ein-
bringen: Wie etwa die Alumni, die in der Soziologie und
in der Fachgruppe Landschaft vor jungen Studierenden aus
ihrem Berufsfeld berichteten und so bei der Orientierung
helfen konnten. Oder jenen, die die AlumniTreffpunkte
oder den Stammtisch der Fakultät für Mathematik und
Physik besuchten. Aktuell sucht übrigens das Fachspra-
chenzentrum nach Unterstützung für junge Erwachsene,
die sich auf die Deutsche Sprachprüfung für den Hoch-
schulzugang vorbereiten. Vielleicht ist das eine Gelegen-
heit, sich zu engagieren?

Doch auch über die DSGVO hinaus lautet das Schwer-
punktthema unserer heutigen Ausgabe »Europa«. Diese
Ausgabe zeigt einen kleinen Ausschnitt aus der überwälti-
genden Vielfalt, die Europa ausmacht, darunter auch die
aktuellen Herausforderungen: Peter Antes vom Institut
für Religionswissenschaft zeigt, dass keine der großen
Religionen in Europa entstanden ist, sondern dass sie ihre
Wurzeln in Asien haben. Sein Beitrag ist ein vehementer
Aufruf zu Toleranz und Dialogbereitschaft. Der Blick auf
den Brexit und das Verhältnis zwischen Europa und den
USA nach der Wahl von Donald Trump offenbart die Turbu-
lenzen, in der sich die EU befindet. Europas Städte sind et-
was ganz Besonderes: Sie haben, anders als jene in Amerika
und Asien, über Jahrhunderte gewachsene Strukturen, die
das Resultat einer generationenübergreifenden bürger-
schaftlichen Kultur sind – ein Erbe, das fasziniert und mit
dem sich (nicht nur) die Bewohner identifizieren.

Viel Freude beim Lesen!

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Umweltaspekte
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Aus- und Weiterbildung

2

Inhaltsverzeichnis und Impressum | LeibnizCampus

Die Sonne im Blick 5 Lebenswelten LeibnizCampus Magazin

Der Fall Helmut Kentler 6 Unigeschehen für Ehemalige und Freunde der
Leibniz Universität Hannover
Geodäten messen Erdgravitation mit transportabler optischer Uhr 8 Mitteilungen für die Mitglieder
Blüten aus dem 3D-Drucker 9 der Leibniz Universitätsgesell-
Zwangsehen in Kirgistan 9 schaft Hannover e.V. Heraus­
geber Das Präsidium der Leibniz
Studierende erhalten Preis des Präsidiums 12 Universität Hannover Redak­
Deutschlandstipendien 12 tion Monika Wegener (Leitung),
Dr. Anette Schröder, Meike Hoff-
Erstmals Informatik für angehende Lehrkräfte 13 mann Anschrift der Redaktion
Collegium Musicum 13 Leibniz Universität Hannover,
Fortzusetzen … 14 Alumnibüro, Welfengarten 1,
D–30167 Hannover, Telefon:
Personalia und Preise 15 (0511) 762-2516, E-Mail: alumni
@zuv.uni-hannover.de Mit­
StrandMathe 18 Karriere und arbeit Joanna von Graefe (ane),
Engagiert für die kommunale Selbstverwaltung 19 Weiterbildung Gisela Kuhlmann, Lars Nebelung,
Gregor-Sönke Schneider, Katrin
Religiös lebt Europa vom Import 20 Europa Wernke (kw), Katharina Wolf

»Brexit means Brexit!« 24 LeibnizCampus erscheint zweimal
Die Europäische Stadt 28 im Jahr. Nachdruck einzelner Artikel,
Transatlantische Turbulenzen 32 auch auszugsweise, nur mit Geneh-
Langfristig stabil und im Gleichgewicht? 36 migung der Redaktion. Für den In-
halt der Beiträge sind die jeweiligen
»Be groovy or leave, man!« 40 Hannover Autoren verantwortlich.

Hannovers Straßen 41 Anzeigenverwaltung / Herstellung
ALPHA Informationsgesellschaft
Der Marstall am Welfenschloss 42 Community mbH, Finkenstraße 10, D–68623
Lampertheim, Telefon: (06206)
Planungsbüro als Berufsfeld? 44 939-0, Fax: 939-232, Internet:
Sozialwissenschaften, was dann? 45 http://www.alphapublic.de
Unterstützung beim Deutschlernen 45
Hannoversches Zentrum für Optische Technologien 46 Titelabbildungen © Alumnibüro
(Bild 1), www.strandmathe.de (Bild 2),
Diplomjahrgang 1961 47 Leibniz Universität Hannover (Bild 3),
Absolventenfeiern 48 Lange (Bild 4), picture alliance/
Aus dem Archiv 50 Westend61 (Titel)

Geburtstagsjubiläen 52 3
Aus aller Welt 52

Bücher von Alumni 55
Veranstaltungen 56

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Lebenswelten | LeibnizCampus

Der neue Satellit soll die Aktivität der Sonne beobachten.
• Foto: ESA/A. Baker, CC BY-SA 3.0 IGO

Die Sonne im Blick

Dr. Maike Lieser versteht etwas von Sonnenstürmen. Klingt ge- Das Londoner Wetter ist besser als sein Ruf: Dr. Maike Lieser genießt die Son-
fährlich, aber »dass Satelliten oder auch Infrastruktur auf der Erde nenstrahlen aus sicherer Entfernung vor der Tower Bridge. • Foto: Privat
von Sonnenstrahlung beschädigt werden, ist sehr selten«, erzählt
die Diplom-Physikerin. »Die Strahlung kann aber potenziell sehr erleichtert hat.« Zudem war das Studium praktisch ausgerichtet.
großen Schaden anrichten.« Daher arbeitet sie zurzeit an einem Für ihre Praktika ging sie in die Schweiz und an das Laserzentrum
Satellitenentwurf, der eben jene Sonnenstürme beobachten soll, in Hannover. Nach dem Studium der Technischen Physik promo-
damit im Bedarfsfall entsprechende Maßnahmen getroffen wer- vierte Maike Lieser Anfang 2017 am Max-Planck-Institut für Gra-
den können. Mehrere Firmen bewerben sich um diesen Bauauftrag vitationsphysik (Albert Einstein Institut) und dem Institut für Gra-
der European Space Agency. Ein Bewerber ist Airbus in England, vitationsphysik der Leibniz Universität Hannover. Ihre Doktorarbeit
für deren Team auch Maike Lieser engagiert wurde. Für die Stelle war Teil der Entwicklung für den geplanten weltraumbasierten
ist sie Anfang letzten Jahres in eine Kleinstadt außerhalb von Lon- Gravitationswellendetektor LISA. Heute arbeitet sie hauptsächlich
don gezogen. Trotz Brexit. Denn die Entscheidung, einen Job auf in der frühen Entwicklungsphase verschiedener Weltraummissio-
der Insel zu suchen, war schon lange vor dem Referendum gefal- nen. Aktuell entsteht das Design für einen Satelliten, der das Welt-
len: »Der Brexit sollte daran nichts mehr ändern.« Das Arbeits- raumwetter vorhersagen soll.
umfeld bei Airbus ist international, die Engländer arbeiten mit dem
französischen und dem deutschen Teil der Firma zusammen. Und Und wie geht es weiter? »Es muss nicht für immer Großbritannien
auch auf dem Gelände in Stevenage finden sich viele Zugezogene,
die meisten aus dem europäischen Ausland. Wenn im Alltag, privat bleiben, ich könnte mir vorstellen, in anderen Ländern zu arbeiten
und beruflich, hauptsächlich Englisch gesprochen wird, kann es
schon mal passieren, dass einem die eine oder andere deutsche - auch in Deutschland.« Bis dahin konzentriert sich Lieser auf das
Formulierung nicht mehr gleich einfällt. Daher geht Maike Lieser
mittlerweile zum wöchentlichen »Deutschen Stammtisch« in der Einleben in der neuen Heimat. Dazu gehört das Knüpfen neuer
Airbus-Cafeteria. Mal zu fünft, mal zu zehnt, gesellen sich auch
Nicht-Deutsche zum Üben dazu. Kontakte. Die leidenschaftliche Seglerin trat in England in die Se-

Dass der fremdsprachige Arbeitsalltag so leicht fällt, ist nicht gelgruppe von Airbus ein, in der sie auch ihre spätere Mitbewoh-
selbstverständlich. Die ehemalige Studentin der Leibniz Universität
war vorbereitet: »Das Albert-Einstein Institut und das Institut für nerin kennenlernte. »England hat natürlich gute Segelreviere mit
Quantenoptik waren sehr international aufgestellt. Wir haben viel
Englisch gesprochen und gelesen. Ich habe damals auch Vorlesun- der vielen Küste, leider wohne ich aber ziemlich in der Mitte der
gen auf Englisch besucht. Ich denke, dass mir das meinen Einstieg
Insel.« Der Sport hilft, neue Verbindungen aufzubauen und alte zu

halten: »Ich bin noch Mitglied in einer Haltergemeinschaft mit

mehreren Katamaranen am Steinhuder Meer und komme ein paar

Mal im Jahr nach Hannover zum Segeln.« ane

 https://www.esa.int/spaceinimages/images/2017/11/future_
lagrange_mission

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LeibnizCampus | Unigeschehen

Sexualwissenschaftler im Zwielicht: Der Fall Helmut Kentler

Leibniz Universität lässt die Rolle des ehemaligen Professors umfassend aufarbeiten

in Missbrauchsfällen tätig und hat in über 30 Fällen Gutachten
verfasst, die dazu führten, dass die Verfahren gegen die mutmaß­
lichen Täter entweder eingestellt wurden oder mit einem Frei­
spruch endeten.

Universitätspräsident Volker Epping äußert sein Unverständnis zu den Positio- Doch wie passt das Bild des damals hoch geschätzten und belieb­
nen Kentlers: »Es sind Straftaten gewesen, das darf man nicht ignorieren.« ten Professors und Sexualwissenschaftlers mit dem eines mut­
maßlichen Päderasten zusammen und wie ist Teresa Nentwig auf
Der Sozialpädagoge, Psychologe und Sexualwissenschaftler Hel­ ihn aufmerksam geworden? Der 1928 in Köln geborene Helmut
mut Kentler (1928–2008) hat 20 Jahre lang an der Universität Kentler hat nach einem Studium der Psychologie, Pädagogik,
Hannover als Professor gearbeitet. Ihm wird vorgeworfen, sich in Philosophie und Medizin in Freiburg im Breisgau seit 1960 als
der damaligen Zeit in einer inakzeptablen Weise wissenschaftlich Diplom­Psychologe zunächst in der evangelischen Jugendarbeit
geäußert und verhalten zu haben. Um diesen Vorwürfe nachzu­ gearbeitet. Anschließend war er in Berlin an der Pädagogischen
gehen, hat die Göttinger Wissenschaftlerin Teresa Nentwig von der Hochschule und am Pädagogischen Zentrum tätig. »In der Unter­
Leibniz Universität den Auftrag bekommen, das Wirken Kentlers suchung zum ›Umfang, Kontext und Auswirkungen pädophiler
an der damaligen Universität Hannover zu untersuchen. In einem Forderungen in den Milieus der Neuen Sozialen Bewegungen so­
Vortrag hat sie ihre bisherige Forschung zur Person Kentler vor­ wie bei den Grünen‹ sind wir immer wieder auf die Person Kentler
gestellt. gestoßen«, sagt Nentwig. Es habe sich herauskristallisiert, dass
Kentler eine Schlüsselstellung unter Sexualwissenschaftlern und
»Helmut Kentler war ein Star«, betont Teresa Nentwig. Bei ihm sei­ Politaktivisten eingenommen hat, die ab den 1960er Jahren Sex
en Medienmenschen ein und aus gegangen, er wurde interviewt, mit Kindern und Jugendlichen straffrei stellen wollten.
gefilmt, befragt, er brachte Bücher heraus, schrieb Lexika­Einträge
und war zu seiner Zeit schlechthin der Experte, wenn es um Sexu­ Im Auftrag der Leibniz Universität soll sie nun weiterforschen und
alerziehung ging. Dabei vertrat Kentler offen pädosexuelle Ansich­
ten, das heißt er befürwortete den sexuellen Kontakt von Erwach­ die Rolle Helmut Kentlers an der Leibniz Universität Hannover um­
senen und Minderjährigen, er hielt diesen sogar für pädagogisch
wertvoll. So ist im Taschenlexikon Sexualität aus dem Jahr 1982 fassend aufarbeiten. Ziel der Untersuchung durch Teresa Nentwig
nachzulesen: »Allerdings sind pädagogisch wertvolle päderastische
Beziehungen wegen der Strafandrohungen des § 175 StGB nur im wird sein, die Umstände von Promotion, Berufung und Wirken
Verborgenen möglich, denn die Kriminalisierung der P[äderastie].
bedeutet für die Päderasten eine ständige Bedrohung. […]. Schäd­ Kentlers bis zu seinem Ausscheiden detailliert zu untersuchen.
lich wirken sich freiwillig eingegangene päderastische Beziehun­
gen, auch langdauernde, auf Jungen nicht aus.« Dazu gehört auch die Dissertation von Helmut Kentler, der 1975

Kentler hat seine Ansichten allerdings nicht nur publiziert, sondern an der damaligen Technischen Universität Hannover promoviert
auch in die Praxis umgesetzt, was ihm sehr wichtig war. So hat er
bereits Ende der 1960er Jahre als Abteilungsleiter des Pädagogi­ wurde. Das Verhalten von Universität, Fakultät und Fachbereich in
schen Zentrums in Berlin ein »pädagogisches Modellprojekt« initi­
iert und mit Hilfe des Berliner Jugendamtes obdachlose Jungen bei Bezug auf seine Person wird ebenfalls analysiert. ats
pädosexuellen Pflegevätern untergebracht. Dass dort sexueller
Missbrauch stattfand, nahm Kentler bewusst in Kauf, deutete die­ Zur Person
sen jedoch in »heilsame Liebesbeziehungen« um. Noch in den 80er
Jahren berichtet er von diesem »Experiment« als Erfolg. Darüber Dr. Teresa Nentwig, Jahrgang 1982, hat an der Georg­August­
hinaus war er zu der Zeit auch als gerichtlicher Sachverständiger Universität Göttingen und an der Universität Genf Politik und
Französisch studiert. Sie ist seit 2008 wissenschaftliche Mitarbei­
terin am Institut für Demokratieforschung der Universität Göttin­
gen. Im Auftrag der Partei Bündnis 90/Die Grünen hat das Institut
für Demokratieforschung 2013/2014 den »Umfang, Kontext und
Auswirkungen pädophiler Forderungen in den Milieus der Neuen
Sozialen Bewegungen sowie bei den Grünen« erforscht. Da über

den dort als zentrale Figur identifizierten
Helmut Kentler bis dahin wenig bekannt
war, hat sich Teresa Nentwig in zwei wei­
teren Forschungsprojekten intensiver mit
ihm befasst. Zum einen mit der »Unter-
stützung pädosexueller bzw. päderasti-
scher Interessen durch die Berliner Senats-
verwaltung« (2016/2017) und zum anderen
mit der »Rolle des Sexualwissenschaftlers
im Pädosexualitätsdiskurs – Zum Beispiel:
Helmut Kentler« (2016 bis 2018).

 Erste Ergebnisse zu Kentlers Wirken an der Universität Hanno­
ver werden Anfang 2019 erwartet.

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LeibnizCampus | Unigeschehen

Geodäten messen Erdgravitation mit
transportabler optischer Uhr

rund 1000 Metern. Grundlage

der Messung ist Einsteins All-

gemeine Relativitätstheorie:

Uhren, die näher am Erdmittel-

punkt sind, ticken etwas lang-

samer als Uhren, die weiter

davon entfernt sind. Daraus

resultierend lassen sich die

Höhenunterschiede ermitteln.

Dr.-Ing. Heiner Denker vom

Institut für Erdmessung und

seine Kollegen haben parallel

die Gravitationspotenzialdiffe-

renz zwischen den Uhren mit

konventionellen geodätischen

Messmethoden bestimmt.

Dafür waren sie über mehrere

Wochen in schwer zugängli-

chen Gebieten im Hochgebirge

unterwegs. Die Auswertung

zeigte: Die Ergebnisse beider

Messungen waren konsistent.

»Die neuen optischen Uhren

haben das Potenzial, geo-

dätische Höhenmessungen zu

revolutionieren und einige Be-

schränkungen der traditionel-

len geodätischen Techniken zu

überwinden«, erläutert Heiner

Denker. Die bisherige Methode

des so genannten geometri-

schen Nivellements erlaubt

Dr.-Ing. Christian Voigt, Dr.-Ing. Ludger Timmen und Dr.-Ing. Heiner Denker (v.l.) bei Messungen der Schwere- Messungen über Zielweiten

beschleunigung. • Foto: IfE von lediglich 30 Metern. »Man

arbeitet sich also nach und

In einer großen europäischen Forschungskooperation ist es erst- nach vor und erzeugt dadurch irgendwann eine recht große Un-

malig gelungen, mit einer transportablen optischen Atomuhr das genauigkeit«, sagt Denker. Die Technik der optischen Uhren ist hin-

Gravitationspotenzial der Erde zu messen. Das eröffnet neue Mög- gegen nicht von Entfernungen abhängig. Vor allem für die Etablie-

lichkeiten für zukünftige Höhenmessungen der Erde – ohne die rung eines weltweit einheitlichen Höhenreferenzsystems eröffnet

distanzabhängigen Messunsicherheiten der traditionellen geo- die Methode ganz neue Möglichkeiten. »Im Moment hat jedes

dätischen Verfahren. Optische Atomuhren sind hochkomplizierte europäische Land praktisch sein eigenes Höhensystem«, erläutert

Apparaturen und waren bislang nur in den Laboren einiger großer Denker, »60 Meter über N.N. in Hannover bedeutet etwas anderes

Forschungsinstitute zu finden. Die transportable optische Stron- als die gleiche Angabe in Belgien.« Der Grund dafür sind Unter-

tiumuhr der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), dem schiede im Höhenniveau des Meeresspiegels, der als Referenz für

nationalen Metrologie-Institut der Bundesrepublik Deutschland Normalnull dient. Der Pegel des Mittelmeeres ist ein anderer als

mit Hauptsitz in Braunschweig, ermöglicht jetzt erstmals Messun- der der Nordsee. So entstehen von Land zu Land Höhenunter-

gen »im Feld«. Wissenschaftler des Instituts für Erdmessung (IfE) schiede teilweise von bis zu 50 Zentimetern, je nachdem, welchen

der Leibniz Universität unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Jürgen Standort das Land als Bezugspegel festgelegt hat – ungünstig zum

Müller waren mit geodätischen Referenzmessungen an dem Ko- Beispiel für internationale Bauprojekte. »Bei einer Brücke zwischen

operationsprojekt beteiligt. Für die Messkampagne, die von Ex- Deutschland und der Schweiz hatte man aufgrund fehlerhafter

perten aus England, Italien und Deutschland durchgeführt wurde, Umrechnung starke Abweichungen bei den Pfeilerhöhen.« Um die

ist die Uhr ins Modane Underground Laboratory im Fréjus-Tunnel transportablen optischen Uhren tatsächlich in der Praxis einzuset-

zwischen Frankreich und Italien gefahren worden. Dort maß das zen, müssen sie allerdings noch genauer werden. Daran unter an-

Team die Differenz der Gravitationspotenziale zwischen dem derem soll in einer Fortsetzung des Projekts gearbeitet werden, an

Standort der Uhr im Inneren des Berges und einer zweiten Uhr im dem auch der Sonderforschungsbereich geo-Q der Leibniz Univer-

90 Kilometer entfernten Turin – mit einer Höhendifferenz von sität beteiligt ist. kw

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Unigeschehen | LeibnizCampus

Blüten aus dem 3D-Drucker

Sieht echt aus, duftet aber nicht: Das Institut für Botanik der Leib- Thymianblüte aus dem 3D-Drucker • Foto: Kai Meinders
niz Universität Hannover kann mittels CAD-Programm designte
und per 3D-Druck realisierte Blütenmodelle herstellen. Dahinter und Kompetenzen in digitaler Programmierung vermittelt und
steckt die Absicht, ein Unterrichtskonzept zu entwickeln, das Ler-
nenden zugleich botanische Kenntnisse und Kompetenzen in der zudem deren Modellkompetenz steigern und eine Zukunftstechno-
Programmierung vermittelt. Mithilfe eines 3D-Druckers werden
Blütenmodelle gefertigt, die fächerübergreifend im Unterricht ein- logie erfahrbar machen kann. mh
gesetzt werden können. Das Institut für Botanik unter der Leitung
von Prof. Jutta Papenbrock sieht in modernen 3D-Druck-Verfah-
ren das Potenzial, den Schulunterricht in bestimmten Unterrichts-
fächern zu bereichern. Gerade nicht-technikaffine Jugendliche
könnten über die 3D-Modellierung von biologischen Strukturen
an Technik- und MINT-Fächer herangeführt werden und nebenbei
schon umfangreiche Modellkompetenzen erwerben. Die mittels
CAD-Programm designten und anschließend additiv gefertigten
Blütenmodelle des Instituts für Botanik bieten neben einer großen
Kostenersparnis im Vergleich zur Anschaffung von konventionellen
Modellen weitere Vorteile wie eine einfache Reproduzierbarkeit,
stufenlose Skalierbarkeit und leichte Reparatur. Weitere Blüten-
modelle sollen zukünftig von Schülerinnen und Schülern selbst in-
nerhalb von 3D-Druck-AGs modelliert und ausgedruckt werden.
Für dieses Vorhaben wurde ein Unterrichtskonzept entwickelt, das
den Schülerinnen und Schülern Kenntnisse über den Blütenaufbau

Zwangsehen in Kirgistan

Folgen an Babys sichtbar

Verbotene Hochzeitsbräuche sind in einigen Gesellschaften auch Babys aus Zwangsehen sind im Durchschnitt leichter. • Foto: Dieter Schütz/
heute noch weit verbreitet – so auch in Kirgistan. Rund 24 Prozent pixelio.de
aller Ehen dort sind Zwangsehen. Jedes Jahr werden dort etwa
15.000 Frauen entführt und in das Elternhaus eines Mannes ver- stellen, wird diese oft nicht konsequent von der Polizei verfolgt.
schleppt, wo sie zur Heirat gezwungen werden. Eine Studie von
Prof. Dr. Susan Steiner vom Institut für Entwicklungs- und Agra- »Unsere Ergebnisse können den politischen Strömungen eine Hilfe
rökonomik der Leibniz Universität Hannover in Zusammenarbeit
mit der Duke University (USA) und der usbekischen Westminster sein, denen daran gelegen ist, dass das Gesetz effektiv angewen-
University Tashkent hat sich jetzt mit den Folgen dieser Zwangs-
ehen befasst. Das Team um Prof. Steiner wertete einen Datensatz det wird«, sagt Wirtschaftsökonomin Steiner. Organisationen im
einer Langzeiterhebung aus. 8000 Erwachsene aus 3000 kirgi-
sischen Haushalten wurden über Jahre zu Themen wie Bildung, Bereich Frauenrechte hätten bereits signalisiert, dass die Ergebnis-
Gesundheit, Lebenszufriedenheit, Fertilität oder Erwerbssituation
befragt. Die Auswertung ergab: Die psychischen und physischen se der Anfang einer dringend benötigten Evidenz seien, die beson-
Folgen der erzwungenen Ehe sind am Geburtsgewicht der in
Zwangsehen geborenen Kinder sichtbar. Sie sind bis zu 200 Gramm ders in Debatten im Parlament und in der öffentlichen Diskussion
leichter als Neugeborene aus anderen Ehen. »Das ist ein statistisch
bedeutsames Ergebnis und kann am wahrscheinlichsten durch den vorgebracht werden könnten. »Und wenn sich in der Bevölkerung
psychischen Stress erklärt werden, dem die Frauen ausgesetzt
sind«, sagt Prof. Steiner. Ein Zusammenhang zwischen Stress und mehr und mehr durchsetzt, dass eine Zwangsehe messbare Kon-
Geburtsgewicht wurde in Studien bereits mehrfach nachgewiesen.
Mit diesem Ergebnis gibt es zum ersten Mal einen Beleg für die sequenzen für die Kinder und Enkel hat, besteht Hoffnung auf
negativen Konsequenzen von Zwangsehen. Im kirgisischen Parla-
ment wird das Thema immer wieder kontrovers diskutiert. Obwohl einen Rückgang des Phänomens«, erläutert Steiner. Die Ergebnisse
die Zwangsehe unter Strafe gestellt ist, scheitert die Strafverfol-
gung oft, da der Brautraub immer noch als eine Art Tradition ge- der Studie sind bereits in lokalen Medien veröffentlicht und haben
rechtfertigt wird. Wenn Frauen sich durchringen und eine Anzeige
viel Beachtung gefunden. kw

9

Wir danken unseren
Förderinnen und Förderern:

Albert-Ludwig-Fraas-Stiftung | BBBank Stiftung | BRANDI Bielefeld GbR | Christian-Kuhle-
mann-Stiftung | Cray-Stiftung | Deloitte | Dirk Rossmann GmbH | DR. JOHANNES HEIDEN-
HAIN GmbH | Ed. Züblin AG | Ernst & Young Stiftung e.V. | ExxonMobil Production Deutsch-
land GmbH | FERCHAU Engineering GmbH | Förderverein Soroptimist Club Hannover e.V. |
Freunde der Herrenhäuser Gärten e.V. | Gebrüder Heyl Analysentechnik GmbH & Co. KG | Hans
Dederding GmbH | HARTING AG & Co. KG | Johnson Controls Autobatterie GmbH & Co. KGaA |
Kjellberg-Stiftung | Lenze SE | Magrathea Informatik GmbH | Maurer Electronics GmbH |
Mecklenburgische Versicherungs-Gesellschaft a.G. | MTU Maintenance Hannover GmbH |
NORD/LB Norddeutsche Landesbank | OSB AG | Phoenix Contact GmbH & Co. KG | Rhein-
metall AG | Sartorius Corporate Administration GmbH | Solvay GmbH | Stadtwerke Hannover
AG | Talanx AG | TRANSNORM System GmbH | TÜV Nord Group | Verein Haus Schleswig-
Holstein e.V. | VGH – Landschaftliche Brandkasse Hannover | Viscom AG | Volkswagen AG,
Volkswagen Nutzfahrzeuge | Nil und Torhan Berke | Prof. Dr. H. Michael Breitner | Nina
Dieckmann | Wilhelm Lindenberg | Prof. Dr. Rainer Parchmann | Prof. Dr.-Ing. Peter Pirsch |
Jürgen Rehmer | Bernd Schilling

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LeibnizCampus | Unigeschehen

Leibniz Universitätsgesellschaft

Studierende erhalten Preis des Präsidiums

Sie zeichnen sich durch exzellente Leistungen aus: Studieren­ ich mit der Habitus- und Mi-
de, Absolventinnen und Absolventen der Leibniz Universität lieutheorie des Soziologien
Hannover haben im Februar im Leibnizhaus den Preis des Pierre Bourdieu die Schulkultu-
Präsidiums 2018 erhalten. Der Preis wird seit 1995 jährlich ren zweier Gymnasien unter-
verliehen. Jedes Jahr – traditionell zum Ende des Winter­ sucht.
semesters – können sich besonders gute Studierende über
eine Urkunde und ein Preisgeld in Höhe von 250 Euro freuen. Es hieß, die Preisträgerinnen
Die Auszeichnung wird von der Christian­Kuhlemann­Stiftung und Preisträger hätten sich dazu
finanziert, vertreten durch die Leibniz Universitätsgesell­ entschlossen, zehn Prozent ihres
schaft. »LeibnizCampus« stellt eine der Preisträgerinnen vor. Preisgeldes sozialen Zwecken
zukommen zu lassen. Wofür
Henriette Lange hat sich nach dem fächerübergreifenden Bachelor haben Sie gespendet?
in Politik und Deutsch für ein Doppelstudium entschieden und im
Jahr 2016 den Fachmaster Politikwissenschaft (M.A.) sowie im Jahr Das stimmt! Wir sind alle
2017 dann den Master für das Lehramt an Gymnasien (M.Ed.) abge- sehr dankbar für diesen Preis
schlossen. Währenddessen hat sie fünf Jahre lang in einem interna- und möchten davon gerne
tionalen Forschungsprojekt im Bereich Internationale Beziehungen etwas an gesellschaftlich
zur Militarisierung von Gesellschaft durch internationale private benachteiligte Menschen ab-
Militär- und Sicherheitsfirmen geforscht. Darüber hat sie auch die geben. Deshalb haben alle
Masterarbeit im Fachmaster Politikwissenschaft geschrieben. Preisträgerinnen und Preis-
träger zu gleichen Teilen an
Sie haben den Preis des Präsidiums 2018 der Christian-Kuhlemann- drei Organisationen gespendet,
Stiftung bekommen. Wofür haben Sie ihn erhalten? die sich für unterschiedliche hilfsbedürftige Gruppen einsetzen:
»Elimu – Bildung in Ostafrika e.V.«, das »Netzwerk für traumatisierte
Ich wurde mit dem Preis für meinen Masterabschluss für das Flüchtlinge in Niedersachsen e.V. (NTFN)« sowie der »Weisse Ring«.
Gymnasiallehramt mit den Fächern Deutsch und Politik (Note 1,2)
sowie für mein soziales Engagement in der Refugee Law Clinic Was machen Sie jetzt nach Abschluss Ihres Studiums?
Hannover ausgezeichnet. Der Verein bildet Jurastudierende im Ich arbeite derzeit als Trainee bei einer Landeseinrichtung der
Asylrecht aus, die dann kostenlose Rechtsberatung für Geflüchte-
te anbieten. Ich habe den Verein 2015 mitgegründet. Erwachsenenbildung in Niedersachsen. Das Traineeprogramm wird
vom Land Niedersachsen finanziert. Dabei erhalte ich Einblicke in
Worum geht es in Ihrer Abschlussarbeit? das Bildungsmanagement und koordiniere ein politisches Bildungs-
In meiner Masterarbeit habe ich untersucht, welche Mechanis- projekt.

men zu ungleichen Chancen im Bildungssystem führen. Dazu habe  Ein Foto der Preisträger finden Sie in der Rubrik Personalia.

Deutschlandstipendien

Der Soroptimisten International Club Hannover gehört zu den Shaza Aljoudi (vorn) mit Vertreterinnen der Soroptimisten. • Foto: LUH
46 Stipendiengebern, die im Studienjahr 2017/18 insgesamt 118
Deutschlandstipendien finanzieren. Die Soroptimisten fördern seit
2016 weibliche Studierende mit Migrationshintergrund mit jeweils
einem Stipendium pro Jahr. Die Initiative zum Deutschlandstipen-
dium wurde 2011 vom Bund ins Leben gerufen und hat das Ziel,
Studierende einkommensunabhängig ein Jahr lang mit 300 Euro
im Monat zu unterstützen. Davon tragen private Förderer
150 Euro, die andere Hälfte steuert der Bund dazu. Die Stipendien
werden von der Hochschule überwiegend nach Leistungskriterien
vergeben. Seit 2011 haben auf diese Weise über 1100 Studierende
ein Deutschlandstipendium erhalten.

 Möchten auch Sie sich mit einem Deutschlandstipendium en-
gagieren? Nähere Informationen gibt es bei Dr. Stefanie Beier
([email protected]­hannover.de) oder unter: www.uni­
hannover.de/de/universitaet/freunde­foerderer/

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Unigeschehen | LeibnizCampus

Vier neue Studiengänge starten zum Wintersemester

Erstmals Informatik für angehende Lehrkräfte

Vier neue Studiengänge starten zum Wintersemester 2018/19 an Aus dem Zusammenschluss der Studiengänge Gartenbauwissen-
der Leibniz Universität Hannover: Food Research and Develop­ schaft und Pflanzenbiotechnologie ist der Bachelorstudiengang
ment (M.Sc.), Molekulare und Angewandte Pflanzenwissen­ Molekulare und Angewandte Pflanzenwissenschaften hervor-
schaften (B.Sc.), Informatik (Fächerübergreifender B.Sc.) sowie gegangen, der sich mit dem System Pflanze und den Grundlagen
B.Sc. in Technical Education (Berufsschullehramt). Damit steht der Pflanzenproduktion befasst. Zudem erfolgt eine breite Grund-
das Fach Informatik erstmals auch angehenden Lehrerinnen und lagenausbildung in Chemie, Physik, Mathematik, Biostatistik und
Lehrern offen. Biologie. Eine fachliche Anforderung besteht darin, molekular-
und zellbiologische Sachverhalte aufzuklären und für Pflanzen-
Der Masterstudiengang Food Research and Development vermit- züchtung und gartenbauliche Anwendungen nutzbar zu machen.
telt Kenntnisse und Kompetenzen in der Entwicklung, Qualitäts- Ebenso werden die Ursachen von pflanzenbaulich, ökologisch oder
sicherung und Vermarktung traditioneller und moderner Lebens- gesellschaftlich relevanten Problemen der Pflanzenproduktion er-
mittel. Grundsätzlich forschungsorientiert weist er aber auch forscht, um sie zu lösen.
Anwendungsbezüge auf, z.B. in den Bereichen Lebensmittelsys-
temanalyse, Produktentwicklung sowie Food Marketing. Eine gro-  Alle Studiengänge gibt es hier in der Übersicht:
ße Zahl an Wahlpflichtmodulen ermöglicht es den Studierenden, https://www.uni­hannover.de/de/studium/studienangebot/
ihren Schwerpunkt auf ein individuelles Berufsfeld auszurichten.

Collegium MusicumAnzeigeDIN_A5:Layout 1 15.02.2012 7:58 Uhr Seite 2 Skandinavische Klänge im Sommer

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Das Konzert des Sommersemesters führt das Uniorchester in den Das Collegium Musicum bei dem Konzert im Lichthof im Februar 2018 • Foto:
Thomas Ohlendorf
hohen Norden: Nordisk Midsommar heißt das aktuelle Programm,
 Karten gibt es an der Abendkasse oder vergünstigt über die
das die Zuhörer passenderweise am 1. Juli 2018 nach Skandinavien Kartenreservierung auf der Website des Collegium Musicum:
www.orchester.uni­hannover.de/cm_konzerte.html
entführt, genau genommen nach Norwegen, Schweden und Finn-

land. Gespielt werden Werke von Grieg, Larsson und die bekannte

zweite Sinfonie von Jean Sibelius im Lichthof der Leibniz Universi-

tät um 18 Uhr. Gisela Kuhlmann

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LeibnizCampus | Unigeschehen

Fortzusetzen …

Dem Kritischen Theoretiker Detlev Claussen zum 70. Geburtstag

Von 1994 bis 2011 war Detlev Claussen Professor am Institut Prof. Dr. Detlev Claussen
für Soziologie an der Leibniz Universität Hannover. Claussen, • Foto: Philipp von Ditfurth
der in Frankfurt unter anderem bei Theodor W. Adorno
und Max Horkheimer studierte, lehrte in Hannover Gesell­ einer personifizierten Geschichte von Flucht und Migration in­
schaftstheorie, Kultur­ und Wissenschaftssoziologie. Ein Rück­ teressiert sind.
blick.
Eine wahre Herzensangelegenheit stellte sein Forschungs­ und
Im Nachhinein mag man es kaum glauben: Von 1970 an konnte
man knapp 40 Jahre lang an der Universität in Hannover authen­ Examenscolloquium dar, das zuletzt unter dem Titel Kritische
tische Kritische Theorie studieren. Mit der Berufung Oskar Negts
kam eine Reihe von Sozialwissenschaftlern aus Frankfurt am Main Theorie globaler Gleichzeitigkeit firmierte. Passend zu Claussens
nach Hannover, um an der dortigen Hochschule an der Erneuerung
der Kritischen Theorie zu arbeiten. Einer davon war Detlev Claus­ Kritik am eurozentrischen Weltbild fanden hier ForscherInnen aus
sen, der aus Bremen gekommen von 1966 bis 1971 in Frankfurt
Philosophie, Soziologie, Literatur und Politik studierte – unter an­ Deutschland, Spanien, Indien, Brasilien, Korea und Thailand zu­
derem bei Theodor W. Adorno und Max Horkheimer. Seither ist
das zentrale Motiv von Claussens intellektueller Tätigkeit die Fort­ sammen, um ihre kritisch­theoretischen Arbeiten vorzustellen,
führung der Kritischen Theorie mit dem Ziel, die Gesellschaft unter
dem Aspekt ihrer Veränderbarkeit zu beschreiben, ohne dabei die zu diskutieren und in kollektiver Anstrengung weiterzuentwickeln
außerakademische Erfahrung außer Acht zu lassen. Claussen
nimmt den Impetus der Kritischen Theoretiker auf, die 1944 an das – oft verbunden mit dem anschließenden Besuch der hannover­
Ende des Kulturindustriekapitels im Manuskript der Dialektik der
Aufklärung den Hinweis »fortzusetzen« hinterließen. schen Gaststätte Kaiser, wo bei gutem Essen und Trinken weiter

Von 1971 an arbeitete Claussen am damaligen sozialwissenschaft­ diskutiert oder manchmal Fußball geguckt wurde. Als akademi­
lichen Seminar der Technischen Universität in Hannover und
promovierte 1978 mit der Dissertation List der Gewalt. Soziale scher Lehrer war er mehr als ein Professor: Er fand die richtigen
Revolutionen und ihre Theorien. Mit seiner 1985 fertiggestellten
Habilitationsschrift Grenzen der Aufklärung – mittlerweile ein Worte – sei es als leidenschaftlicher Motivator, kritischer Mahner
Standardwerk in der Antisemitismusforschung – knüpft Claussen
unmittelbar an die Elemente des Antisemitismus an, indem er die oder humorvoller Mensch, der er ist. Die persönliche, individuelle
Genese des modernen Antisemitismus nachzeichnet und dessen
Fortleben nach Auschwitz analysiert. Beziehung zu seinen SchülerInnen lässt er nicht nach Abschluss

Nach zehn Jahren als freelance writer und verschiedenen Lehr­ der akademischen Ausbildung enden. Auch hier schließt sich eine
tätigkeiten an den Universitäten in Göttingen, Marburg und
Duisburg kehrte Claussen nach Hannover zurück: 1994 wurde er zweite Halbzeit an. Gregor­Sönke Schneider
Professor für Gesellschaftstheorie, Kultur­ und Wissenschafts­
soziologie an der Universität Hannover. Zur Person

Wer als Studierender der Sozialwissenschaften in Hannover dialek­ Dr. Gregor­Sönke Schneider hat an der Leibniz Universität
tisch denken lernen wollte, ging zu Claussens Lehrveranstaltungen. Sozialwissenschaften studiert, sowohl seine Diplomarbeit als auch
Er verlangte den Studierenden sehr viel ab, aber die harte Arbeit seine Dissertation wurden von Detlev Claussen betreut.
der Theorie brachte letztlich Erkenntnisgewinn, so dass sich die
Veranstaltungen für diejenigen zum Geheimtipp entwickelten, die  Der ungekürzte Text ist bei faustkultur.de nachzulesen.
Kritische Theorie studieren wollten. Claussen bot Seminare zur
Soziologie der Gewalt, zum Ethnonationalismus und Anti­Amerika­
nismus an, ebenso wie zu Rassismus, Antisemitismus und Globali­
sierung. In regelmäßigen Einführungsseminaren wurden klassische
soziologische Texte von Weber, Simmel und Marx gelesen – stets
im Original, was heute fast schon eine Rarität ist. Wer bei den
Seminaren zum Fußball auf körperliche Betätigung gehofft hatte,
sah sich schnell getäuscht, denn auch hier wurde hart mit dem
Kopf gearbeitet. Das 2006 erschienene Buch Bela Guttmann.
Weltgeschichte des Fußballs in einer Person vom Werder Bremen­
Fan Claussen ist eines der schönsten Fußballbücher überhaupt und
nicht nur Fußballfans ans Herz zu legen, die eine Hymne auf den
Offensivfußball lesen wollen, sondern auch denjenigen, die an

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Unigeschehen | LeibnizCampus

Personalia und Preise Prof. Dr.-Ing. Sami Haddadin hat einen Ruf auf eine W3-Professur
für »Robotik und Systemintelligenz« an der Technischen Universi-
Rufe an die Leibniz Universität tät München angenommen.

Prof. Dr. Oliver Brand, Universität Mannheim, hat den Ruf auf die Prof. Dr. Emil Wiedemann, Institut für Angewandte Mathematik,
W3-Professur für Bürgerliches Recht und Versicherungsrecht er- hat den Ruf auf die W3-Professur für Angewandte Analysis in der
halten. Fakultät Mathematik und Wirtschaftswissenschaften der Univer-
sität Ulm angenommen.
Prof. Dr. Nadja-Carola Bigall, Institut für Physikalische Chemie
und Elektrochemie, hat den Ruf auf die W3-Professur für Funktio- Prof. Dr. Torsten Wilholt hat den Ruf auf die W3-Professur für
nale Nanostrukturen angenommen Philosophie mit einem Schwerpunkt in der Theoretischen Philoso-
phie der Philosophischen Fakultät der Universität Göttingen ab-
Prof. Dr. Lena Dräger, Universität Hamburg, hat den Ruf auf die gelehnt.
W3-Professur für Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt
Geld und internationale Finanzwirtschaft angenommen. Juniorprofessuren

Prof. Dr.-Ing. Hans-Josef Endres, Hochschule Hannover, hat den Dr.-Ing. Amir Ebrahimi, Fakultät für Elektrotechnik und Informa-
Ruf auf die W3-Professur für Kunststofftechnik angenommen. tik, wurde mit Wirkung zum 16. November 2017 in das Beamten-
verhältnis auf Zeit für die Dauer von drei Jahren zum Juniorpro-
Prof. Dr. Julia Gillen, Philosophische Fakultät der Leibniz Univer- fessor ernannt.
sität Hannover, den Ruf auf die W3-Professur für Berufspädago-
gik: Organisations- und Qualitätsentwicklung in der beruflichen Dr.-Ing. Jens Friebe, Fakultät für Elektrotechnik und Informatik,
Bildung angenommen. wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2018 in das Beamtenverhältnis
auf Zeit für die Dauer von drei Jahren zum Juniorprofessor er-
Dr. Judith Kreyenschmidt, Verwalterin einer Professur an der Uni- nannt.
versität Bonn, hat den Ruf auf die W2-Professur für Lebensmittel-
wissenschaft/Lebensmitteltechnologie abgelehnt. Ernennung zur Universitätsprofessorin /
zum Universitätsprofessor
Dr. Cornelia Lee-Thedieck, Karlsruher Institut für Technologie,
hat den Ruf auf die W3-Professur für Zellbiologie angenommen. Prof. Dr. Sandra Buchholz, Philosophische Fakultät, wurde mit
Wirkung zum 1. April 2018 zur Universitätsprofessorin der Leibniz
Jun.-Prof. Dr. Andreas Nehring, Naturwissenschaftliche Fakultät Universität Hannover ernannt.
der Leibniz Universität Hannover, hat den Ruf auf die W2-Profes-
sur für Didaktik der Naturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Prof. Dr. Lena Dräger, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, wur-
Chemiedidaktik angenommen. de mit Wirkung zum 1. April 2018 zur Universitätsprofessorin der
Leibniz Universität Hannover ernannt.
Prof. Dr. Philipp Theison, Universität Zürich, hat den Ruf auf die
W3-Professur für Deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Kul- Prof. Dr. Christian Mikutta, Naturwissenschaftliche Fakultät,
tur- und Wissensgeschichte abgelehnt. wurde mit Wirkung zum 1. Februar 2018 zum Universitätsprofes-
sor der Leibniz Universität Hannover ernannt.
Dr. Andreas Wachter hat den Ruf auf die W3-Professur für Pflan-
zenphysiologie erhalten. Prof. Dr. Katharina Müller, Philosophische Fakultät, wurde mit
Wirkung zum 1. Februar 2018 zur Universitätsprofessorin der Leib-
Rufe nach außerhalb niz Universität Hannover ernannt.

Prof. Dr. Susanne Beck hat den Ruf auf die W3-Professur für Prof. Dr. Andreas Nehring, Naturwissenschaftliche Fakultät, wur-
Strafrecht und Strafprozessrecht im Fachbereich Rechtswissen- de mit Wirkung zum 1. Februar 2018 zum Universitätsprofessor
schaft der Universität Frankfurt a.M. abgelehnt. der Leibniz Universität Hannover ernannt.

Prof. Dr. Nadja-Carola Bigall, Institut für Physikalische Chemie Dr. Lysann Zander, Philosophische Fakultät, wurde mit Wirkung
und Elektrochemie, hat den Ruf auf die W3-Professur für Physi- zum 1. März 2018 zur Universitätsprofessorin der Leibniz Univer-
kalische Chemie der Nanomaterialien im Fachbereich Mathematik sität Hannover ernannt.
und Naturwissenschaften der Universität Kassel abgelehnt.
Ernennung zur Universitätsprofessorin /
Prof. Dr. Julia Gillen, Philosophische Fakultät der Leibniz Uni- zum Universitätsprofessor auf Zeit
versität Hannover, hat einen Ruf auf die W3-Professur für Berufs-
pädagogik an der TU Dresden erhalten und abgelehnt. Prof. Dr. Christian Becker, Juristische Fakultät, wurde mit
Wirkung zum 5. Dezember 2017 zum Universitätsprofessor für
Prof. Dr. Ghislain Fourier, Institut für Algebra, Zahlentheorie und die Dauer von fünf Jahren der Leibniz Universität Hannover
Diskrete Mathematik, hat einen Ruf auf den Lehrstuhl B für Ma- ernannt.
thematik (W 3) an der RWTH Aachen erhalten und angenommen.

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LeibnizCampus | Unigeschehen

Verleihung des Titels Verstorben
»Außerplanmäßige Professorin« / »Außerplanmäßiger
Professor« Wissenschaftlicher Rat Prof. Dipl.-Ing. Horst Gustav Adolf Küthe,
ehemals Fakultät für Architektur und Landschaft, verstarb am
Dr.-Ing. Bernd Geck, Fakultät für Elektrotechnik und Informatik, 12. März 2018 im Alter von 90 Jahren.
wurde mit Wirkung zum 9. Februar 2018 die Befugnis verliehen, Prof. em. Dr.-Ing. Carl Franz Seyfried, ehemals Fakultät für Bau-
den Titel »Außerplanmäßiger Professor« zu tragen. ingenieurwesen und Geodäsie, verstarb am 28. November 2017 im
Alter von 92 Jahren.
Dr.-Ing. habil. Kirsten Weide-Zaage, Fakultät für Elektrotechnik
und Informatik, wurde mit Wirkung zum 15. November 2017 die Preise und Auszeichnungen
Befugnis verliehen, den Titel »Außerplanmäßige Professorin« zu
tragen. Studierende, Absolventinnen und Absolventen der Leibniz Univer-
sität Hannover wurden am 6. Februar mit dem Preis des Präsidiums
Bestellung 2018 für exzellente Leistungen ausgezeichnet. Insgesamt 20 Stu-
zur Honorarprofessorin / zum Honorarprofessor dierende aus neun Fakultäten wurden benannt: Stefanie Röte-
meier, Fakultät für Architektur und Landschaft, Eileen Wystub,
Dr.-Ing. Jochen Bredemeyer, Fakultät für Elektrotechnik und In- Fakultät für Bauingenieurwesen und Geodäsie, Sönke Südbeck
formatik, wurde mit Wirkung zum 9. Februar 2018 zum Honorar- und Tobias Nießen von der Fakultät für Elektrotechnik und Infor-
professor der Leibniz Universität Hannover bestellt. matik, Felix Lücke und Lisa Marie Gruhl von der Juristischen Fa-
kultät, Mathias Tantau, Mathäus Winkler und Alexander Oleff
Dr.-Ing. Matthias Narroschke, Fakultät für Elektrotechnik und von der Fakultät für Maschinenbau, Simon Brennecke, Fakultät
Informatik, wurde mit Wirkung zum 9. Februar 2018 zum Honorar- für Mathematik und Physik, Chris Daniel Rosendahl, Anne
professor der Leibniz Universität Hannover bestellt. Schmitz und Stephanie Mittrach von der Naturwissenschaft-
lichen Fakultät, Nadine Christine Golenia, Henriette Lange,
Dr.-Ing. Roman Schwartz, Fakultät für Elektrotechnik und Infor- Ricarda Darm und Armin Wühle von der Philosophischen Fakul-
matik, wurde mit Wirkung zum 31. Mai 2018 zum Honorarprofes- tät, Lukas Bertram (nicht abgebildet), Julia Meyer und Marc
sor der Leibniz Universität Hannover bestellt. Alexander Kühn von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät.

Ruhestand Foto: Leibniz Universität Hannover/Küstner
Emil Adamczyk, Institut für Quantenoptik, hat seine Ausbildung
Prof. Michael Erich Wilhelm Braum, Fakultät für Architektur zum Feinmechaniker als Jahrgangsbester abgeschlossen.
und Landschaft, trat mit Ablauf des 28. Februar 2018 in den Ruhe- Prof. Dr. Karsten Danzmann, Direktor des Instituts für Gravita-
stand. tionsphysik der Leibniz Universität Hannover und am Max-Planck-
Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, AEI) in
Prof. Dr. Harald Gropengießer, Naturwissenschaftliche Fakultät, Hannover wurde mit der Stern-Gerlach-Medaille der Deutschen
trat mit Ablauf des 31. März 2018 in den Ruhestand. Physikalischen Gesellschaft (DPG) ausgezeichnet. Die Stern-
Gerlach-Medaille ist die höchste Auszeichnung der DPG für
Prof. Dr.-Ing. Christian Müller-Schloer, Fakultät für Elektro- herausragende Leistungen auf dem Gebiet der experimentellen
technik und Informatik, trat mit Ablauf des 31. März 2018 in den Physik. Danzmann erhielt die Medaille für seine entscheidenden
Ruhestand. Beiträge zur Entwicklung von Gravitationswellen-Detektoren. Am
7. März 2018 wurde die goldene Medaille im Rahmen eines Fest-
Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Rosenwinkel, Fakultät für Bauingenieur- akts bei der 82. Jahrestagung der DPG in Erlangen verliehen.
wesen und Geodäsie, trat mit Ablauf des 31. März 2018 in den
Ruhestand.

Prof. Dr.-Ing. Albert Schmid-Kirsch, Fakultät für Architektur und
Landschaft, trat mit Ablauf des 31. März 2018 in den Ruhestand.

Prof. Dr. Beate Wagner-Hasel, Philosophische Fakultät, trat mit
Ablauf des 31. März 2018 in den Ruhestand.

Beendigung des Dienstverhältnisses
als Juniorprofessorin / als Juniorprofessor

Prof. Dr. Susan Steiner, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät,
wurde mit Ablauf des 28. Februar 2018 auf eigenen Antrag aus
ihrem Dienstverhältnis als Juniorprofessorin entlassen.

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Unigeschehen | LeibnizCampus

Prof. Dr.-Ing. Berend Denkena, Institut für Fertigungstechnik Prof. Ernst M. Rasel, Fakultät für Mathematik und Physik, erhielt
und Werkzeugmaschinen an der Fakultät für Maschinenbau, ist im den Willis Lamb-Award for Laser Physics and Quantum Optics
Januar zum Präsident der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Pro- 2018 für seine bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der
duktionstechnik ernannt worden. Erforschung ultra-kalter Atome unter Schwerelosigkeit. Der Preis
wird im Rahmen des Winterkolloquiums der Physics of Quantum
Prof. Dr. Sascha Fahl wurde mit einem academics-Nachwuchspreis Electronics Konferenz in Snowbird, Utah, überreicht.
2017 ausgezeichnet. Er war bis März 2018 Vertretungsprofessor
(W2) für IT-Sicherheit an der Leibniz Universität Hannover. Der Den Preis der Wissenschaftlichen Gesellschaft Lasertechnik hat
Preis ehrt junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die mit Dr.-Ing. Oliver Suttmann vom Laserzentrum Hannover e.V.
ihren Forschungsleistungen den jeweiligen Wissenschaftsbereich für seine Forschung in den Bereichen Faserverbund-, Glas- und
nachhaltig vorangebracht haben. Mikrobearbeitung erhalten.

Mit einer Ehrenprofessur der Kharkiv National University of Radio Die Initiative Wissenschaft Hannover hat für das Videoportal
Electrics (Ukraine) ist Prof. Dr. Birgit Glasmacher ausgezeichnet wissen.hannover.de den FOX AWARD in Gold erhalten. Auf dem
worden. Portal informieren die neun hannoverschen Hochschulen, das
Studentenwerk, das Frauenhofer ITEM, die Volkswagenstiftung, die
Prof. Dr.-Ing. Sami Haddadin, Institut für Regelungstechnik, und hannoverimpuls GmbH und die Landeshauptstadt über Studium
sein Team erhielten den Deutschen Zukunftspreis 2017. Der Preis und Forschung in Hannover.
des Bundespräsidenten für Technik und Information wurde am
29. November 2017 bekanntgegeben. Sonstiges

Das Präsidium hat Prof. Dr. Michèle Heurs und Dr.-Ing. Lars Dr. Beate Brase, Fachleiterin für Physik am Niedersächsischen
Panning-von Scheidt mit dem Preis für exzellente Lehre 2017 Studienkolleg, ist in den Vorstand der Deutschen Physikalischen
ausgezeichnet. In diesem Jahr wurden erstmals zwei Preise ver- Gesellschaft gewählt worden.
geben, einer für die Professorinnen und Professoren und einer für
die Gruppe der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Prof. Dr. Wolfgang Ertmer, Institut für Quantenoptik, ist in das
ter. Michèle Heurs könne »sowohl Vorlesungsinhalte als auch For- Governing Board von Science Europe gewählt worden.
schungsthemen verständlich und unterhaltsam präsentieren« und
qualifizierte sich darüber hinaus durch ihr Engagement in der Prof. Dr.-Ing. Tobias Ortmaier, Institut für Mechatronische Sys-
Öffentlichkeitsarbeit. Lars Panning-von Scheidt wird besonders für teme, ist eines von 26 neu gewählten Mitgliedern von acatec –
seine Gestaltung und Leitung der Gruppenübungen sowie seinen Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Die von Bund und
Einsatz für die Internationalisierung der Lehre gedankt. Ländern geförderte Akademie berät Politik und Gesellschaft in
technologiebezogenen Fragen.
Die Studentin Lucy Icking aus dem Masterstudiengang Geodäsie
und Geoinformatik wurde für ihre fachlichen Leistungen und ihre Prof. em. Dr. Adelheid von Saldern, ehemals Historisches Seminar,
gesellschaftliches Engagement mit dem Niedersächsischen Wis- ist als Mitglied in die vom Bundesministerium für Umwelt, Natur-
senschaftspreis ausgezeichnet. schutz und nukleare Sicherheit eingerichtete unabhängige Histo-
rikerkommission zur Erforschung der NS-Vergangenheit des Bau-
Im Rahmen des von der Nieder- ministeriums berufen worden. Unter dem Titel »Kontinuitäten,
sächsischen Akademie Länd- Diskontinuitäten – nationale Bau- und Planungspolitik von 1933
licher Raum e.V. erhielt Dr.-Ing. bis 1945« soll neben dem Schwerpunkt NS-Zeit auch die Zeit nach
Linda Lange, wissenschaftliche dem Zweiten Weltkrieg und die Entwicklung in der jungen Bundes-
Mitarbeiterin am Institut für republik und der DDR in den Blick genommen werden.
Umweltplanung, den 1. Preis
»ALR Hochschulpreis 2017 – Adelheit von Saldern (ganz rechts in der Mitte) unter Kolleginnen und Kol-
Perspektive Ländlicher Raum legen zusammen mit der Bundesbauministerin Barbara Hendricks (zweite
Niedersachsen. Herausforde- von rechts, ganz vorn). • Foto: BMUB/ Sascha Hilgers
rungen. Diskurse. Lösungen« für
ihre Dissertation »Multilokalität
in ländlich geprägten Räumen
Niedersachsens«.

Dr. Alejandra Omarini, Research and Transfer Center of Entre
Ríos, hat ein Georg-Forster-Forschungsstipendium für erfahrene
Wissenschaftler der Humboldt-Stiftung erhalten und ist für
18 Monate zu Gast am Institut für Lebensmittelchemie. Ihr Gast-
geber ist Prof.-Ing. Ralf Günther Berger.

Die Gesellschaft für Tribologie (GfT) hat Felix Konstantin Prigge,
Institut für Maschinenkonstruktion und Tribologie, den GfT-För-
derpreis für seine Bachelorarbeit zur numerischen Analyse von
primären Verschleißerscheinungen an oszillierend beanspruchten
Kugellagern verliehen.

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LeibnizCampus | Karriere und Weiterbildung

StrandMathe

Mathe-Nachhilfe mit YouTube

Die Gründer von StrandMathe:
Christian Hotop und Conrad Zimmermann

Mathe-Themen einfach erklärt, Übungsaufgaben mit QR-Codes zu Youtube-Videos ergänzen die Inhalte der Lernhefte.
passenden Lösungsvideos bei YouTube – das ist das Konzept von
StrandMathe. Die Gründer ergänzen in ihren Übungsheften Print- schon über 16.000 Abonnenten und enthält über 1.000 Videos.
Inhalte durch kostenlose YouTube-Videos, in denen alle enthalte- Den Auftakt bildete aber Deutschlands erste, gemeinsam mit
nen Aufgaben vorgerechnet und die einzelnen Schritte bis zur einem Jugendreiseveranstalter durchgeführte Mathe-Reise
Lösung erklärt werden. Individuelle Fragen der Schülerinnen und »StrandMathe«, die Nachhilfe am Vormittag mit Strandurlaub in
Schüler beantworten die Videomacher direkt in den Kommentaren
unter den Videos.

Gründer und Autoren von StrandMathe sind Mathelehrer Christian
Hotop (30) und Maschinenbau-Ingenieur und Alumnus der Leibniz
Universität Conrad Zimmermann (25). Die Idee zu StrandMathe
kam Hotop nach seinem Studium. Er hatte den Wunsch, die Ver-
mittlung von Mathematik aufzulockern, Schülerinnen und Schülern
Unsicherheiten und Ängste vor dem Thema zu nehmen und hierfür
neue Wege zu finden. »Die Idee zur Video-Verknüpfung entstand
aus dem Anliegen heraus, zu allen Übungsaufgaben auch detail-
lierte Erklärungen mit einzelnen Rechenschritten anzubieten«, sagt
Hotop. Diese Herangehensweise testete er selber in seinem Alltag
als Mathelehrer, direktes Feedback bekam er dabei von seinen
Schülerinnen und Schülern: »Die Videos machen das Fach Mathe-
matik für die digital-affinen Jugendlichen zugänglich und nach-
vollziehbar,« so der Mathelehrer. Insgesamt hat der YouTube-Kanal

18

Karriere und Weiterbildung | LeibnizCampus

Vieux-Boucau im Südwesten Frankreichs direkt an der Atlantik- bei YouTube herausgebracht. Aktuell sind Übungshefte für die Klas-
küste verknüpfte. »Ich habe mich gefragt, warum es immer nur
Sprachreisen gibt, aber nicht auch ein Angebot für Mathe. Eine sen eins bis drei sowie für die Sekundarstufen I und II verfügbar.
Kombination aus Lernen und Urlaub baut Frust ab und weckt neue
Motivation. Im ersten Jahr hatten wir 15 Teilnehmer, im zweiten Hinzu kommen Klassenarbeits-Trainer für die Klassen fünf bis neun
schon 34«, berichtet Hotop.
und Lösungshefte für die Sekundarstufen I und II. Die Hefte des
Nachdem er 2015 bereits als Autor an der Erstellung der ersten
Übungshefte beteiligt war, schloss Zimmermann sich im Februar Verlags verstehen sich als an Curricula angepasste Begleiter wäh-
2016 dem jungen Unternehmen Hotops an und der Verkauf über
einen eigenen Online-Shop sowie in Buchhandlungen begann. Seit rend des Schuljahres sowie als gezielte Wiederholung vor Klassen-
der Gründung hat der Hannoveraner StrandMathe-Verlag 20 Klas-
senarbeits-Trainer inklusive Lösungen sowie Mathe-Übungshefte arbeiten oder während der Ferien. 2017 wurde der Gründungs-
mit QR-Code-Verknüpfung zu passenden Erklär- und Lösungsvideos
service »starting business« der Leibniz Universität auf das junge

Unternehmen aufmerksam und unterstützt Hotop und Zimmermann

seitdem mit Veranstaltungen und Treffen dabei, neue Kontakte zu

knüpfen und sich mit anderen Gründern zu vernetzen. mh

 Weitere Informationen: www.strandmathe.de

Engagiert für die kommunale Selbstverwaltung

Alumnus Dr. Marco Trips ist seit 2011 Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes

Verwalten und Gestalten ist für viele Menschen ein Gegensatz. »Ich habe mich an der Uni-
Ganz anders sieht das Dr. Marco Trips. Der 46-Jährige ist als Prä-
sident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes so versität immer sehr wohl ge-
etwas wie der Cheflobbyist der kommunalen Selbstverwaltung im
Land. Doch nicht nur deshalb sagt der promovierte Jurist: »Ver- fühlt«, erinnert sich Trips. Als
waltung bedeutet doch, dass man etwas in einem Gemeinwesen
gestaltet und sich dabei in einem öffentlich-rechtlichen System er sein Studium 1995 be-
bewegt.« Dieses System zu verstehen, es für das Gemeinwohl an-
zuwenden und dabei festzustellen, dass es sich mit eigenen Recht- gann, waren die Rechts-
vorstellungen deckt, war für Marco Trips der Grund, sich für die
Verwaltungswissenschaften zu begeistern. wissenschaften gerade von

Begonnen hat der Sehnder seine Ausbildung zum Diplomverwal- der Hanomagstraße an den
tungswirt in Hildesheim – obwohl er eigentlich Lehrer für Latein
und Religion werden wollte. Doch das Jahr Zivildienst nach dem Conti Campus umgezogen.
Abitur am Afrikanischen Museum in der Domstadt hatte den
Lehrerberuf etwas in die Ferne rücken lassen, und so entschloss Gut für Trips, der im katholi-
sich Trips, dem Rat seines Vaters zu folgen. »Natürlich ist Verwal-
tungsrecht eine trockene Geschichte, aber mir hat es immer Spaß schen Studentenwohnheim
gemacht, einen Fall zu durchdringen, zu erfassen und dann auch
eine Lösung zu finden.« Und dass es alles andere als realitätsfern Clemensburse fast um die
ist, hatte Marco Trips schon in Sehnde als beratendes Mitglied im
Jugendausschuss erlebt. Ecke wohnte. »Das war nicht

Der Fachhochschulausbildung folgte das Studium der Rechtswis- so katholisch, wie es sich an-
senschaften an der Leibniz Universität im benachbarten Hannover.
Und Trips blieb dem Verwaltungsrecht treu, obwohl er während hört, sondern schon damals
des Studiums auch gern die Grenzen des Faches auslotete. Rechts-
geschichte und Rechtsphilosophie begeisterten den Studenten. ein bunte Mischung.« In der
»An der Universität hat sich mein Blick geweitet: Statt an der
Fachhochschule die richtigen Verfahren zu lernen, habe ich dort Taverne feierten die Studen-
erlebt, dass es mehr als eine richtige Antwort geben kann und man
in der Diskussion mit Argumenten um die beste ringt.« ten, es wurde gemeinsam

Auch deswegen kann sich Marco Trips besonders lebhaft an die Dr. Marco Trips • Foto: NSGB Sport getrieben. Trotz der
Seminare von Professor Otwin Massing erinnern. Der Soziologe
und Politikwissenschaftler – als Student ebenso Stipendiat des vielen Arbeit, die ein Jura-
Cusanus-Werkes wie Trips – lehrte Rechtspolitik, vertrat dabei
gern eine Minderheitsmeinung und ließ lebhafte Debatten zu. Studium mit sich bringt,

fand Trips noch die Zeit, an der Fachhochschule Ordnungs- und

Kommunalrecht zu lehren, was er bis heute tut. »Da kann ich dann

meine pädagogische Seite ausleben.«

Nach dem Studium folgten das Referendariat und die Doktorarbeit

– ebenfalls im Verwaltungsrecht – und schließlich eine Stelle als

Zweiter Stadtrat in seiner Heimatstadt Sehnde. Seit 2012 leitet er

den NSGB und hat damit die konkrete Praxis vor Ort verlassen.

»Jetzt stellen sich dieselben Fragen, nur eine Abstraktionsebene

höher«, sagt Trips. Zuwanderung, Digitalisierung medizinische Ver-

sorgung auf dem Land, hier meldet sich der NSGB zu Wort. Aber

manchmal gebe es noch die Möglichkeit, tief in einen Einzelfall

einzusteigen. »Da freuen sich dann die alten Reflexe, die man sich

über Jahre antrainiert hat.« Katharina Wolf

 Weitere Informationen: Dr. Marco Trips,
Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund NSGB,
Arnswaldtstraße 28, 30159 Hannover

19

Forschungsschwerpunkt | Europa

Religiös lebt Europa vom Import

EINE HERKUNFTSGESCHICHTE

Weder das Christentum noch

das Judentum haben ihren

Ursprung in Europa. Vielmehr

stammen die dominierenden

Religionen Europas aus Asien.

Ein Religionswissenschaftler

erläutert die Hintergründe

und plädiert dafür, im Dialog

die Rahmenbedingungen

für das friedliche Zusammen­

leben der Menschen in Europa 1
auszuhandeln und verbindlich

durchzusetzen. Viele Deutsche vertreten die Poitiers 732 zugunsten der standen ist. Sie alle stammen
Meinung, der Islam sei eine Muslime ausgegangen wäre, aus Asien. Abraham, Moses,
ganz andere Kultur, er gehöre wären vielleicht Frankreich Jesus und Mohammed waren
deshalb nicht zu Europa. und andere westeuropäische keine Europäer, sie sind im
Anders sei dies doch beim Länder heute mehrheitlich Nahen Osten und auf der Ara-
Christlichen Abendland oder islamisch, genauso wie wenn bischen Halbinsel zu Hause.
dem jüdisch-christlichen Erbe die türkischen Heere vor Wien Auch die biblischen Prophe-
Europas, eine Meinung, die im 17. Jahrhundert siegreich ten und die Jünger Jesu waren
sich so heute wissenschaftlich gewesen wären und das Habs- keine Europäer. Judentum
nicht mehr halten lässt.1 burger Reich und damit auch und Christentum sind somit
Richtig ist vielmehr, dass Ju- große Teile Deutschlands un- erst durch Einwanderer oder
dentum und Christentum seit ter ihre Herrschaft gebracht Missionare nach Europa ge-
langem in Europa heimisch hätten. kommen, wo die Verbreitung
geworden sind, nur selten ist des Christentums bisweilen
der Islam vor dem Christen- Alle großen Religionen durch Gewalt erfolgte. Musli-
tum – wie etwa im histori- stammen aus Asien me haben sich ebenfalls durch
schen Großreich Litauen – da Einwanderungen und teilwei-
gewesen. In anderen Ländern Wichtig ist in diesem Zusam- se aufgrund von Eroberungen
haben Schlachten die religiöse menhang, dass keine der gro- in Europa niedergelassen.
Landschaft bestimmt. Wenn ßen Religionen in Europa ent- Mithraskult und Zoroastris-
die Schlacht von Tours und mus sind aus Persien ins

20

Europa | Forschungsschwerpunkt

Römische Reich gekommen, davon das Buch Religionen in auf kleinstem Raum gekenn-
in den letzten 100 Jahren kam Hannover, 2016 vom Rat der zeichnet. Dies gilt heute auch
die Bahai-Religion von dort zu Religionen in Hannover her- für die Religionen. Längst
uns. ausgegeben, beredtes Zeugnis sind die Zeiten vorbei, in de-
ab. nen der Grundsatz des West-
Hinduismus, Jainismus, fälischen Friedens von 1648
Buddhismus und Sikhismus Die Herkunft aus Asien galt, dass die Religionszu-
sind in Indien entstanden, ihr schließt für Judentum, Chris- gehörigkeit des jeweiligen
Weg nach Europa verlief so, tentum und teilweise Islam Herrschers (Fürsten, König,
dass buddhistische Texte im nicht aus, dass sie in Europa Kaiser) die seiner Untertanen
19. Jahrhundert in Europa be- wesentlich weiterentwickelt bestimmte, so dass – zumin-
kannt wurden und derart at- wurden, so dass man sagen dest der Theorie nach – reli-
traktiv waren, dass Europäer kann, die Herkunft ist zwar giös homogene Regionen ent-
sich zum Buddhismus bekehr- nicht europäisch, ihre Ent- standen. Religiöser Pluralis-

23

ten und buddhistische Ge- wicklung, heutige Erschei- mus bestimmt heute das Bild. Abbildung 1
meinden gründeten, und dies, nungsform und Weltdeutung Wir finden islamische Gebets- Der Altar in der Marktkirche in
lange bevor die ersten Bud- tragen jedoch durchaus euro- räume und Moscheen an vie- Hannovers Altstadt stammt aus
dhisten nach Europa gekom- päische Züge. Sie haben einen len Orten, aber auch buddhis- dem 15. Jahrhundert.
men sind. Konfuzianisches maßgeblichen Einfluss auf tische Pagoden, Hindutempel Foto: Marktkirche Hannover
Gedankengut wurde durch Europa gehabt und stark zur und Sikh-Gudwaras neben
die China-Mission der Jesui- Gestaltung der religiösen den christlichen Kirchen. Abbildung 2
ten in Europa bekannt und Landschaft in Europa bei- Die Zehn Gebote auf hebräisch –
beispielsweise von Leibniz so getragen. Die Vielzahl der Religionen eine Arbeit von Mark Turevskiy,
hoch geachtet, dass er sich geht einher mit einer Vielzahl zu sehen in der Liberalen
wünschte, chinesische Missio- Durch Arbeitsmigration und von Richtungen innerhalb Jüdischen Gemeinde Hannover
nare möchten kommen, um Flüchtlinge sind schließlich der jeweiligen Religionen. So (K.d.ö.R.).
uns ihre Lehre zu verkünden. noch andere, kleinere Religio- etwa gibt es nicht nur Katholi- Foto: Joanna von Graefe
nen bei uns präsent. Dazu ken und Protestanten in euro-
Hindus, Jainas und Sikhs ka- zählen aus Asien die Yeziden, päischen Großstädten, son- Abbildung 3
men in größerer Zahl erst in aus Afrika der Voodoo-Kult dern ebenso Orthodoxe Kir- Die Moschee des Verbandes der
der Mitte des 20. Jahrhunderts und aus Südamerika Umban- chen wie die des Patriarchen Islamischen Kulturzentren
durch die Entkolonialisierung da und Candomblé. von Konstantinopel, aber auch (VIKZ) in Stöcken.
nach der Unabhängigkeit In- griechisch, russisch, serbisch, Foto: Haus der Religionen
diens ins Vereinigte König- Eine Vielzahl von Richtungen bulgarisch oder rumänisch
reich und von da aus langsam und Weltanschauungen orthodoxe Kirchengemeinden
auch in andere europäische neben orientalischen Christen
Länder, so dass wir heute – Europa ist im Vergleich mit al- wie den Syrern, den Chal-
was die großen Weltreligionen len anderen Kontinenten des däern, den Armeniern oder
angeht – nahezu alle in den Globus durch eine Vielzahl den Kopten. Innere Differen-
europäischen Großstädten von Sprachen und Kulturen zierungen finden sich in
vorfinden. Für Hannover legt Deutschland bei den Katho-

21

Forschungsschwerpunkt | Europa

4 liken in Form von eigenen abgehaltene interkulturelle Preußen und spätere deutsche
Gemeinden wie der spanisch Weihnachtsfest zeigt die enor- Kaiser bis 1918 »summus epi-
Abbildung 4 oder portugiesisch sprechen- me Vielfalt dessen, wie heute scopus« (= oberster Bischof)
Das buddhistische Zentrum und den, der italienischen, pol- Christentum real existiert, der Hannoverschen Landes-
Kloster Vien Giac in Hannover. nischen oder kroatischen weshalb die Deutsche Bi- kirche.
Die Pagode Vien Giac hat einen katholischen Gemeinde bezie- schofskonferenz und die
besonderen Stellenwert, da sie hungsweise innerhalb des Evangelische Kirche in Der Vielgestaltigkeit des
welt- und europaweit eine der Protestantismus in Form von Deutschland (EKD) schon lan- Christentums entspricht eine
größten außerhalb Vietnams und Freikirchen (zum Beispiel Bap- ge nicht mehr den Anspruch mindestens ebenso große Viel-
in Deutschland sogar die größte tisten und Methodisten) oder erheben können, für das falt im Judentum, die sich bei
ist. von einer evangelisch-koreani- Christentum als Ganzes zu weitem nicht auf die Unter-
Foto: Kloster Pagode Vien Giac sprechen, sondern konkret mit scheidung in Liberales, Kon-
schen, evangelisch-arabischen der Vielgestaltigkeit rechnen servatives und Orthodoxes Ju-
oder evangelisch-persischen müssen und dies bis in zentra- dentum beschränkt. Ein Glei-
Gemeinde. Eine Institution le Fragen hinein wie etwa be- ches gilt für den Islam mit
wie das seit 2011 in Hannover züglich des Verhältnisses von seinen Hauptrichtungen des
Staat und Religion. Hier ist die sunnitischen und schiitischen
Position der Orthodoxen Kir- Islam, wobei der sunnitische
chen dem islamischen Ver- Islam seinerseits in wenigs-
ständnis weit näher als dem tens vier große Rechtsschulen
des westlichen Christentums, (Hanbaliten, Hanafiten, Ma-
das sich gerne auf das Wort likiten, Schafiiten) mit oft
Jesu beruft: »Gebt dem Kaiser, deutlich von einander abwei-
was des Kaisers ist, und Gott, chenden Auslegungen für
was Gottes ist« (Markus-Evan- das alltägliche Verhalten der
gelium 12,17), obwohl es auch Muslime zu untergliedern ist.
hierzulande nicht generell gilt, Auch der Sammelbegriff Schi-
wenn man an die Anglikani- iten beinhaltet verschiedene
sche Kirche mit der Königin Richtungen wie die Zaiditen,
als Oberhaupt denkt oder da- Ismailiten (Siebenerschiiten)
ran, dass die Evangelischen und Imamiten (Zwölferschii-
Landeskirchen in Deutschland ten). Weitere Unterscheidun-
bis zum Ende des Ersten Welt- gen wie die zwischen dem
krieges den jeweiligen Landes- Scharia-Islam und dem mysti-
herrn als Oberhaupt hatten. So schen Islam (Sufismus) oder
war nach dem Sieg 1866 über extreme Auslegungen wie die
die Welfen der König von der Salafisten oder Djihadis-

5

Abbildung 5

Eine Prozession zum Fest des
hinduistischen Sri Muthuma-
riamman Tempels in Hannover.
Foto: Haus der Religionen

22

Europa | Forschungsschwerpunkt

ten kommen hinzu, ohne die Religionskritik Toleranz und Dialog Prof. em. Dr. theol., Dr. phil.
Frage der Zugehörigkeit zum Peter Antes
Islam von Aleviten und An- Die vielleicht europäischste Angesichts der Vielgestaltig-
hängern der Ahmadiyya Mus- Art des Umgangs mit Religion keit der religiösen wie welt- Jahrgang 1942, war bis Februar
lim Jamaat oder der 2016 ge- ist die Religionskritik. Bereits anschaulichen Wirklichkeit ist 2012 Professor am Institut für
gründeten Säkularen Muslime die alten Griechen kannten eine Rückkehr zu religiös oder Theologie und Religionswissen­
und der Ex-Muslime hier zu- diese Form der Kritik am Göt- weltanschaulich homogenen schaft an der Leibniz Universität
sätzlich zu erörtern. terglauben und der religiösen Regionen im Sinne des West- Hannover. Seine Forschungs­
Praxis, seit dem europäischen fälischen Friedens heute aus- schwerpunkte sind islamische
Ähnlich vielgestaltig begegnet Humanismus und der Aufklä- geschlossen. Gefordert ist Ethik, Religionen und religiöse
uns in Europa der Buddhis- rung findet sie wieder zuneh- stattdessen, dass im Dialog die Gemeinschaften in Europa.
mus mit seinen Hauptrichtun- mend Gehör unter den Euro- Rahmenbedingungen für das Seit er emeritiert ist, beschäf­
gen des Theravada-Buddhis- päern. Dabei wiederholen sich friedliche Zusammenleben tigt sich Peter Antes mit der
mus, des Mahayana-Buddhis- teilweise die Argumente. So der Menschen in Europa aus- Vielfalt der Wege zur Trans­
mus, des Zen-Buddhismus, etwa warf man in protestan- gehandelt und dann verbind- zendenz. Kontakt: antes@mbox.
des Tantrischen Buddhismus tischen Ländern Ende des 19. lich durchgesetzt werden. rewi.uni­hannover.de
oder des tibetischen Lamais- und zu Beginn des 20. Jahr- Als Orientierung können die
mus unter der Führung des hundert dem Katholizismus Forderungen aus § 2 des Nie-
XIV. Dalai Lama. vor, reformunfähig, frauen- dersächsischen Schulgesetzes
feindlich und von einer Zent- zum Bildungsauftrag der
Als Fazit gilt, dass das, was rale im Ausland gesteuert zu Schule in der Fassung vom
früher nur Spezialisten be- sein, also genau die Punkte, 3. März 1998 dienen, wo es
kannt war und als Richtung die man Ende des 20. bezie- unter anderem heißt: Die Schü-
jeweils nur in einzelnen Län- hungsweise zu Beginn des lerinnen und Schüler sollen
dern der Erde anzutreffen 21. Jahrhunderts dem Islam fähig werden, »ihre Beziehungen
war, heute in jeder Großstadt vorgeworfen hat, ohne zu zu anderen Menschen nach den
Europas präsent ist. sehen, dass es in beiden Reli- Grundsätzen der Gerechtigkeit,
gionen auch Reformkräfte gab der Solidarität und der Toleranz
Neben der religiösen Vielfalt und gibt, die ein anderes Bild sowie der Gleichberechtigung der
gibt es aber noch den welt- von dieser Religion abgeben Geschlechter zu gestalten, den Ge-
anschaulichen Pluralismus als die offiziell verbreiteten danken der Völkerverständigung,
mit seinen unterschiedlichen Klischees.2 insbesondere die Idee einer ge-
Facetten vom Atheismus und meinsamen Zukunft der euro-
Humanismus bis hin zu Wun- päischen Völker, zu erfassen und
derheilern und speziellen zu unterstützen und mit Men-
Psychogruppen oder gar kei- schen anderer Nationen und Kul-
ner Religion. turkreise zusammenzuleben«.

Hannover hat sich Dazu gibt es keine Alternative,
in den vergangenen wenn wir die Zukunft in Euro-
Jahrzehnten rasant pa bewältigen und das friedli-
verändert: zu den rund che Zusammenleben aller im
150 christlichen Kir­ Staat sichern wollen.
chen sind viele weitere
Orte religiösen Lebens Literatur
dazugekommen. Sie
machen Hannover zu [1] Vgl. dazu Michael Borgolte: Christen,
einer multireligiösen Juden, Muselmanen: Die Erben der An­
Stadt. Das Buch er­ tike und der Aufstieg des Abendlandes
zählt Geschichten und 300 bis 1400 n. Chr., München: Siedler
zeigt, wie die Religio­ 2006
nen der Welt in Han­
nover heimisch gewor­ [2] Vgl. dazu José Casanova: Europas
den sind. ISBN 978­3­ Angst vor der Religion, Berlin: Berlin
00­053440­9 University Press 2009 S. 42–48

23

Forschungsschwerpunkt | Europa

»Brexit means Brexit!«

»OR SO THEY SAY …«

1

»Großbritannien tritt aus der

EU aus.« Diese Nachricht

erreichte im Frühjahr 2016

die Öffentlichkeit und sorgte

für Aufruhr.

Eine Literaturwissenschaftlerin

und ein Sprachwissenschaftler

erläutern, warum das Ergebnis

des Referendums zum

Verbleib in oder Austritt Groß­

britanniens aus der EU

aus kontinentaleuropäischer

Sicht keine Überraschung ist Es ist der 29. März 2017: das in Lissabon vertraglich gere­ rend waren, aus kontinental­
und wie es sich erklären lässt. Vereinigte Königreich von gelten Austrittsmechanismus, europäischer Sicht aber nicht
Großbritannien und Nord­ sind jedoch kein neues Phäno­ überraschend sind.
irland teilt dem Europäischen men, wie die kanadische Pro­
Rat seine Austrittsabsicht aus vinz Québec in den 1990er Die Mitgliedschaft des Ver­
der EU mit. Ob dieses Aus­ Jahren, die Volksabstimmung einigten Königreichs im euro­
trittsgesuch in einen soft oder in Schottland 2014 oder die päischen Staatenverbund seit
hard Brexit mündet, ist derzeit aktuelle Situation in Kataloni­ 1973 war zu keiner Zeit un­
noch unklar. Vieles deutet en oder Norditalien belegen. problematisch. Das von Jean
allerdings bereits jetzt darauf Allen gemeinsam ist der Monnet und Robert Schuman
hin, dass das Vereinigte Kö­ Wunsch, sich aus größeren konzipierte europäische In­
nigreich und die Mitglieds­ Einheiten zu lösen, wobei sich tegrationsmodell, das in den
staaten der EU sich auf un­ das britische ›Modell der Ent­ letzten Jahren zunehmend
ruhige Zeiten und kaum über­ fremdung‹ hinsichtlich ver­ eine neoliberale Wirtschafts­
schaubare Konsequenzen der schiedener Aspekte von den politik betrieb, traf auf der ›In­
schon vor langer Zeit forcier­ anderen unterscheidet. Diese sel‹ nicht immer auf ungeteilte
ten Abspaltungsbestrebungen Aspekte erklären, warum die Zustimmung, kollidierte die
werden einrichten müssen. Ergebnisse des Referendums Vorstellung von europäischer
vom 23. Juni 2016 für viele Integration doch mit der bri­
Sezessionen, in diesem Fall Beobachter zwar irritierend, tischen Vorstellung einer von
ermöglicht durch einen 2009 wenn nicht sogar schockie­ London dominierten anglo­

24

Europa | Forschungsschwerpunkt

phonen Einflusssphäre. Eine als sie hinsichtlich der finan­ oder Mail Online, anders als Abbildung 1
politisch­wirtschaftliche An­ ziellen Mittel, die das Verei­ die liberal gesinnten Zeitun­
näherung an das kontinental­ nigte Königreich zum Haus­ gen The Guardian, The Indepen­ Ein Pro­Brexit­Anhänger in­
europäische Gegenüber war halt der EU beisteuern musste, dent oder die der Labourpartei mitten einer Demonstration vor
für das Vereinigte Königreich geltend machte, dass der briti­ zugewandte Daily Mirror, dass dem Parlament in London im
immer nur insofern von In­ sche Mitgliedsbeitrag zur EU britische Steuerzahler über Jahr 2016
teresse und Bedeutung, als es die Summe an Agrarsubven­ Gebühr beansprucht würden. Foto: picture alliance / NurPhoto
von dem mitteleuropäischen tionen sowie Struktur­ und Angeblich zahlten sie für
Staatenverbund ökonomisch Kohäsionsmitteln überstieg. nicht­britische Konzerne, un­
profitieren konnte. Der auf Berühmt wurde 1984 ihr Aus­ zuverlässige ›Südländer‹ wie
dem Festland verbreitete Ge­ spruch »I want my money Spanien, Italien oder Grie­
danke einer immer weiter aus­ back«, mit dem sie, wie alle ihr chenland (Grexit übrigens als
baufähigen Union in vielen nachfolgenden Premierminis­ Wortbildungsvorlage für Bre­
Bereichen (zum Beispiel Wirt­ ter, Sonderrechte bei der Bei­ xit) sowie für korrupte, un­

2

schaft, Justiz, Zölle, Universi­ tragsbemessung erstritt. Mit fähige und verschwendungs­ Abbildungen 2 und 3
tätsausbildung) traf und trifft der späteren Entscheidung, süchtige Politiker in den euro­
auf der Insel auf Vorstellun­ nicht der europäischen Wäh­ päischen Institutionen, ohne EU Referendum: nach Alter und
gen, die immer die Wahrung rungsunion beizutreten, dafür entsprechende Gegen­ nach Bildungsgrad
staatlicher – soll heißen bri­ wurde zugleich das britische leistungen zu erhalten. Seinen EU Referendum: Gesamt­
tischer – Souveränität in den Autonomiebestreben gegen­ plakativen Ausdruck fand verteilung
Mittelpunkt stellen. Diese Dis­ über Brüssel sowie Frankfurt die bewusst erzeugte europa­
krepanz in den Vorstellungen als Sitz der EZB bestärkt; dass feindliche Stimmung in der
wirkt wie ein bitter­ironischer das spätere Schengen­Abkom­
Widerschein des Mind the gap men auch ohne britische Teil­ 3
[zwischen Zug und Bahnsteig­ nahme geschlossen werden
kante] der Londoner U­Bahn­ musste, verwundert in diesem
ansage. Sie wurde und wird Zusammenhang wenig.
von der politischen EU­Füh­
rung stillschweigend hin­ Die ausgeprägt selektive Teil­
genommen mit dem Ergebnis, nahme am kontinentaleuro­
dass die gemeinsam mit der päischen Integrationsprojekt
Aufnahme der Republik rückte 2013 erneut in den Fo­
Irland und Dänemark erfolgte kus, als David Cameron zur
Erweiterung der Europä­ Befriedung der eigenen Partei­
ischen Gemeinschaft 1973 und Wählerklientel ein Refe­
gleichzeitig zu einer mitunter rendum zum Verbleib in der
erheblichen Belastung der EU in Aussicht stellte. Zwi­
euro­britischen Beziehungen schenzeitlich behaupteten vor
führte. Einer Vertiefung euro­ allem die den Konservativen
päischer Integration stand nahestehenden Printmedien
zum Beispiel bereits Margaret wie The Daily Telegraph, Daily
Thatcher kritisch gegenüber, Mail, Daily Express, The Sun

25

Forschungsschwerpunkt | Europa

Aufschrift auf dem von Boris le Sicherheit und (besonders einer neoliberalen Haushalts­
Johnson gecharterten Tour­ auf lokaler Ebene) politische politik die öffentlichen Ausga­
bus: »We send the EU £50 mil­ Teilhabe bot. Parallel dazu ist ben ausgesprochen drastisch
lion a day – let‘s fund our Thatchers dezidiert neolibera­ beschnitten, was gesteigerte
NHS [das staatliche Gesund­ le Politik verantwortlich für soziale Ungleichheit, Woh­
heitssystem] instead« mit dem die Deindustrialisierung gan­ nungsnot sowie Notstand in
Zusatz »Let‘s take back con­ zer Regionen in Zentral­ und Bildung und Medizin zur Fol­
trol«. Nordengland sowie in Süd­ ge hat. Die von Thatcher über
wales, die Großbritannien im Blairs New Labour bis heute ge­
Diese Behauptung ist extrem 19. Jahrhundert zur ›Werkstatt förderte Medien­, Dienstleis­
suggestiv, wenn man bedenkt, der Welt‹ gemacht hatten. tungs­ und Finanzwirtschaft,
dass alle britischen Regierun­ Die gut organisierte Arbeiter­ symbolisiert durch die Lon­
gen seit Margaret Thatcher, schaft dieser Regionen verlor doner Bankenwelt, brachte
die 1979 die Amtsgeschäfte nicht nur ihre Arbeitsplätze, bürgerlich­urbanen Schichten
gleichzeitig deutliche finan­
zielle und kulturelle Gewinne.
Diese Schichten stimmten in
der Mehrheit für den Verbleib
in der EU, deren Vorzüge die
Grundlage ihres Erfolgs bil­
den. Auf der anderen Seite des
Brexit­Spektrums schürten die
United Kingdom Independent
Party (UKIP) sowie die kon­
servativ ausgerichteten Mas­
senmedien die Angst der so­
zial Benachteiligten vor den
sich nach Europa rettenden
Flüchtlingen aus Syrien, Af­
ghanistan, Eritrea und Nord­
afrika, die angeblich auch den
britischen Sozialstaat bedro­
hen würden.

4 übernommen hatte, die öffent­ sondern büßte auch ihre Angesichts dieser Entwick­
lichen Ausgaben reduziert schlagkräftigen Gewerkschaf­ lungen ist das Ergebnis der
Abbildung 4 und so den Wohlfahrtsstaat ten ein, deren Aktionsradius Abstimmung durchaus folge­
Eine »Stop­Brexit« Demonstra­ ausgehöhlt haben, der in der die Konservativen durch har­ richtig: Seit dem frühen Mor­
tion in Manchester Nachkriegszeit den ärmeren sche Gesetze einschränkten. gen des 24. Juni 2016 ist klar,
Foto: picture alliance / Pacific Press Bevölkerungsschichten sozia­ Seit 2010 werden im Rahmen dass 17.410.742 (51,9 Prozent)
Agency Wahlberechtigte für den
Austritt des Vereinigten
Universitäten Königreichs sowie 16.141.241
Der Austritt aus der EU hat nach jetzigem Kenntnisstand auch un- (48,1 Prozent) für dessen Ver­
mittelbare ökonomische Auswirkungen auf den akademischen bleib in der EU gestimmt
Austausch von Studierenden und Lehrenden: Pam Tatlow, Spre- haben, und dies bei einer Be­
cherin der MillionPlus Group: »EU students are worth over £2bn teiligung von 72,21 Prozent
to the UK economy.« Nach offiziellen Zahlen des britischen Rats Bei genauerer Betrachtung
für internationale Studienangelegenheiten (UKCISA) waren im erkennt man jedoch, dass der
akademischen Jahr 2014/2015 436.585 ausländische Studierende Brexit ein englisch­walisisches
eingeschrieben, 19 Prozent der gesamten Studentenschaft. Davon Phänomen deindustrialisierter
kommen derzeit wiederum 127.000 aus der Europäischen Union. Regionen ist; dass die Alters­
kohorte der 18­ bis 24­Jährigen
mehrheitlich mit 75 Prozent
für den Verbleib votiert hat;
dass bei den 50­ bis 64­Jähri­
gen immerhin noch eine Zu­
stimmung von 44 Prozent aus­
zumachen ist, aber nur noch
39 Prozent der Rentner und
Pensionäre für die Zugehörig­
keit Großbritanniens zur EU

26

Europa | Forschungsschwerpunkt

stimmten. Ein letzter Blick die Verabschiedung aber nicht Prof. Dr. Jana Gohrisch Prof. Dr. Rainer Schulze
noch auf die Wahlbeteiligung gefährden wird. Jahrgang 1962, ist seit 2006 Jahrgang 1952, ist seit 1994
der jüngsten und ältesten Al­ Professorin für Englische Lite- Professor für Englische
terskohorte: die jüngste Ko­ »Brexit means Brexit!« Or so raturwissenschaft/New English Sprachwissenschaft an der
horte kommt auf eine Wahl­ they say: Was bringt die Zu­ Literatures an der Leibniz Uni- Leibniz Universität Hannover.
beteiligung von 36 Prozent, kunft? Was wird aus den versität Hannover. In der Lehre Forschungs-, Arbeits- sowie
die älteste auf 83 Prozent. Hoffnungen der sozial Be­ vertritt sie das Fach Anglistik Lehrschwerpunkte umfassen
Dass Wahlverhalten auch mit nachteiligten und derjenigen, in ganzer Breite, d.h. von linguistische Pragmatik, Kon-
dem Parameter ›Bildung‹ kor­ die sich benachteiligt fühlen, Shakespeare bis ins 21. Jahr- versations- und Diskursanaly-
reliert, zeigen die Zahlen zu die es mit ihrem Protest­ hundert; in der Forschung se, lexikalische Semantik, kog-
Wählern mit High School­Ab­ Votum immerhin geschafft arbeitet und veröffentlicht sie nitive Linguistik mit einem
schluss (66 Prozent für leave), haben, die Aufmerksamkeit zu britischen Literaturen und starken Fokus auf Sprache in
mit Sixth Form College­Ab­ der Politiker auf sich zu zie­ Kulturen seit dem 19. Jahr- der Verwendung. Das derzeiti-
schluss (dem deutschen Abi­ hen? Sind sie wirklich nur hundert sowie zu aktueller ge Hauptaugenmerk liegt auf
tur vergleichbar: 54 Prozent »turkeys voting for Christ­ Migrationsliteratur, zu Litera- der quantitativen und qualita-
für remain) oder Universitäts­ mas«, das heißt Puten, die sich turen aus West- und Südafrika tiven Beschreibung und Ana-
abschluss (77 Prozent für freiwillig als Weihnachts­ und der Karibik. Kontakt: lyse von Sprachgebrauchs-
remain) (alle Zahlen aus Bus­ braten melden, wie es konser­ [email protected] mustern vor dem Hintergrund
quets Guàrdia 2016). Schon vative Medien verächtlich hannover.de unterschiedlicher forschungs-
gleich nach der Abstimmung nahelegen? Exit heißt Austritt methodischer Ansätze. Kon-
hatten die liberalen Medien und Weggang, aber woraus? niens aus dem europäischen takt: rainer.schulze@engsem.
wie der Guardian das Problem Aus einer tief gespaltenen Ge­ Wirtschaftsraum und der uni-hannover.de
auf den Punkt gebracht. Das sellschaft oder nur aus einem, Zollunion, den die Regierung
Blatt zitierte einen Einwohner allerdings sehr umfangrei­ und die sie stützende, ultra­ Verweise
Manchesters, der einst bedeu­ chen und komplexen juristi­ konservative nordirische De­
tenden Industriestadt, mit den schen Regelwerk? Unter die­ mocratic Ulster Party (DUP) Busquets Guàrdia, A. (2016). How Brexit
Worten: »If you‘ve got money, sem Aspekt könnte das Ver­ verfechten? Und abschließend: Vote Broke Down. http://www.politico.
you vote in. If you haven‘t got einigte Königreich den Status Was wird aus dem Ideal einer eu/article/ graphics-how-the-uk-voted-
money, you vote out.« So ste­ eines ›Norwegen Plus‹ mit offenen Gesellschaft mit eu-referendum-brexit-demographics-
hen die der Arbeiterschicht vollem Zugang zum EU­Bin­ gerechter Verteilung des all­ age-education-party-london-final-
entstammenden Austritt­Be­ nenmarkt erhalten, ohne aller­ gemeinen Wohlstands, wenn results/
fürworter den bürgerlichen dings volle Freizügigkeit zu Großbritannien sich von Euro­ Zugriff: 28.01.2018
Wählern gegenüber, die sich gewähren. Hier jedoch ist die pa trennt?
für den Verbleib Großbritan­ Position der EU bisher un­
niens ausgesprochen haben. nachgiebig, denn sie will das
Diese Spaltung der Nation Paket bestehend aus ›freiem
durchzieht auch deren etab­ Verkehr von Waren‹, ›Kapital‹,
lierte Parteien wie die Konser­ ›Personen‹ und ›Dienstleistun­
vativen und Labour, wobei gen‹ beibehalten. Was ge­
letztere 2017 mit 40 Prozent schieht mit der irischen Insel:
der Stimmen das beste Wahl­ Wird die Außengrenze der EU
ergebnis seit 2001 erzielen durch Irland verlaufen und
konnte. Die Mitglieder der je­ dessen mühsam errungene
weiligen politischen Flügel innere Stabilität gefährden?
streiten nun über die Ausge­ Was wird aus Schottland, das,
staltung des Brexit: Seit Ende ebenso wie Nordirland und
Januar wird das entsprechen­ London, für den Verbleib in
de Gesetz im britischen Ober­ der EU gestimmt hat? Wie ver­
haus debattiert, das sicher hält sich dieses Ergebnis zum
einige Änderungen fordern, harten Austritt Großbritan­

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27

Forschungsschwerpunkt | Europa

Die Europäische Stadt

GEWACHSENES ERBE – GESTALTETE RÄUME

1

Die »Europäische Stadt« ist

in der Städtebautheorie ein

etablierter und zugleich um-

strittener Terminus. Gleichwohl

kann dieser schillernde Begriff

dazu beitragen, vermeintliche

europäische Selbstverständlich-

keiten als urbane Qualitäten

ins Bewusstsein zu rufen.

Ein Professor für Bau- und

Stadtbaugeschichte erläutert

beispielhaft, dass diese

Qualitäten im globalen Kontext Im späten 20. Jahrhundert Qualitäten festzuschreiben. grundsätzliche Unterschei­
keineswegs selbstverständlich wurde die »Europäische Er scheint eine bestimmte Ka­ dung globaler Stadttypen,
Stadt« von praktizierenden tegorie von Stadt zu benennen insbesondere in Abgrenzung
sind. Städtebauern zu einem Leit­ und bleibt doch erstaunlich von amerikanischen oder
bild deklariert. Zu einem Ide­ diffus. Ein Problem ist die asiatischen Stadtformen, die
al, das es wieder anzustreben ahistorische Verwendung, den Städtebauboom der Ge­
und zurückzugewinnen gelte. denn es ist eine offenkundige genwart prägen.
Skeptiker sahen darin eher Tatsache, dass die europäische
ein einengendes, wenn nicht Stadt des Mittelalters eine Auf einer solchen Betrach­
sogar modernefeindliches, ganz andere war als die der tungsebene vermag deutlich
Korsett. Gründerzeit. Viele, die mit zu werden, worin sich die
dem Begriff der »Europäi­ »Europäische Stadt« als Typus
Was ist die »Europäische schen Stadt« ein morphologi­ von anderen unterscheidet.
Stadt«? Enthebt man den Be­ sches Phänomen beschreiben, Amerikanische Städte sind
griff von den zeitgenössischen haben in der Regel die Stadt zum Inbegriff von Hoch­
Debatten und städtebaulichen des späten 19. Jahrhunderts hausagglomerationen und
Projektionen, dann stellt man vor Augen. Insofern eignet gesichtslosem suburbia ge­
fest, dass er vergleichsweise sich der Begriff in gegenwärti­ worden. Und die neuen Städte
wenig geeignet ist, um präzise ger Perspektive eher für eine Asiens erscheinen uns viel­

28

Europa | Forschungsschwerpunkt

fach als Orte eines enthemm­ Der Boom der amerikanischen fen. Als technische, sanitäre,
ten Kapitalismus, die Räume Städte im 20. Jahrhundert und ökonomische und administra­
für Renditeträume und der asiatischen Städte im tive Herausforderung, aber
schnellem Cashflow offerie­ 21. Jahrhundert mag aus euro­ nicht als kompositorische Dis­
ren, aber wenig urbanen päischer Perspektive erstau­ ziplin.
Mehrwert generieren. Es sind nen, wenn nicht sogar befrem­
vielfach Städte ohne gewach­ den. Zugleich erinnert er uns Geburtsstunde der Disziplin
sene Quartiere, Städte ohne daran, dass sich Europas Städ­ Stadtbaukunst
bauliche Permanenz, Städte te im 19. Jahrhundert ähnlich
ohne Flaneure, Städte ohne boomartig veränderten und in Das änderte sich an der
Stadtbürgertum. Folge der Industrialisierung Schwelle vom 19. zum
eine grundlegende Transfor­ 20. Jahrhundert. Es ist die Zeit,
Natürlich sind das überspitzte mation vollzogen, die sehr un­ die gemeinhin als Geburts­
Stereotypen. Aber eine solche terschiedliche Zukunftsbilder

2 Abbildung 1
Eugène Hénard, »Ville de
l’avenir« (Stadt der Zukunft),
1910

Abbildung 2
Otto Wagner, Projekt für den
XXII. Wiener Gemeindebezirk,
1911

Abbildungen aus »Großstadt ge­
stalten. Stadtbaumeister in Europa«
(Berlin 2018)

Zuspitzung vermag im Um­ evozierten (Abbilung 1). Inner­ stunde der Disziplin Stadtbau­
kehrschluss bewusst zu ma­ halb weniger Jahrzehnte kunst bezeichnet wird. Neben
chen, was denn die Besonder­ wuchsen die Städte auf ein den für die Stadtentwicklung
heiten und Eigenarten euro­ Vielfaches ihrer alten Fläche. verantwortlichen Politikern,
päischer Städte kennzeichnet. Oftmals vollzog sich dieser Tiefbauingenieuren und Sani­
Es sind vor allem historisch Prozess ohne übergeordnete tärtechnikern gesellten sich
gewachsene Städte. Städte, die Planung. Dort, wo es eine sol­ um 1900 in verstärktem Maße
über ein großes bauliches Erbe che gab, waren überwiegend Architekten hinzu. Es reifte
verfügen. Städte, die dieses Tiefbauingenieure für die Pro­ die Erkenntnis, dass städti­
Erbe sowohl im Stadtgrundriss jektierung neuer Quartiere sche Räume auch von »künst­
als auch in ihrer tradierten und Stadterweiterungen zu­ lerischen Grundsätzen« ge­
Substanz erlebbar werden las­ ständig. Unter ihnen gehören prägt sein können (und soll­
sen. Und es sind Städte, die im­ James Hobrecht (Berlin) oder ten), wie es Camillo Sitte in
mer wieder darum ringen, wie Ildefonso Cerdà (Barcelona) seiner berühmten Studie 1889
sich Tradition und Moderne in zu den bekanntesten. Vieler­ formuliert hat. Er und viele
Einklang bringen lassen. Städ­ orts waren aber auch namen­ anderen fingen an, darüber
te, die das Resultat einer gene­ lose Akteure am Werk. Städte­ nachzudenken, ob sich daraus
rationenübergreifenden bür­ bau wurde lange Zeit als bloße auch Prinzipien für künftiges
gerschaftlichen Kultur sind. Infrastrukturaufgabe begrif­ städtebauliches Handeln und

29

Forschungsschwerpunkt | Europa

Entwerfen entwickeln lassen. baumeistern waren sie nicht dazu über, ein Leitbild für die
An den Architekturfakultäten nur für einzelne Hochbauten Zukunft ihrer Stadt zu ent­
der Hochschulen wurden in der Stadt zuständig, sondern werfen, gleichsam eine Ziel­
jener Zeit die ersten Lehrstüh­ auch für die künstlerische stellung, wohin sich das Stadt­
le für Städtebau eingerichtet. Konzeption und Entwicklung gefüge räumlich entwickeln
städtischer Quartiere. Sie wa­ soll. Dabei ging es – wie heute
Im gleichen Zuge gingen auch ren wörtlich und im übertra­ auch – um das Verhältnis von
die Kommunen dazu über, genen Sinne Stadtbaumeister Geschichte und Moderne, von
eigene Planungsabteilungen oder, wenn sie gleichzeitig Erbe und Zukunft. Natürlich
für die städtebauliche Ent­ auch in politischer Verantwor­ waren (und sind) diese Debat­
wicklung einzurichten. Dies tung standen, Stadtbauräte. ten und Abwägungsprozesse

Abbildung 3 34

Karl Mayreder, Projekt für einen
Straßendurchbruch von der
Singerstraße zum Stephansdom
in Wien, 1895

Abbildung 4 nie konfliktfrei und mitunter
sehr umstritten. Aber es
Der aktuelle Band »Großstadt zeichnet viele europäische
gestalten. Stadtbaumeister in Städte aus, dass sie ihre Ge­
Europa« (Berlin 2018) bildet schichte als einen wichtigen
den dritten und letzten Teil der und zentralen Teil ihrer urba­
Stadtbaumeister-Trilogie, die nen Identität begreifen.
Markus Jager gemeinsam mit
Prof. Dr. Wolfgang Sonne von der
TU Dortmund herausgegeben
hat. Die beiden vorangegangenen
Bände widmeten sich den Stadt-
baumeistern in nationaler und
regionaler Perspektive.

Geschichte und Moderne

Abbildungen aus »Großstadt ge­ Ein anschauliches Beispiel ist
stalten. Stadtbaumeister in Europa« die Stadt Wien, die 1890 ihre
(Berlin 2018) zweite Stadterweiterung voll­
zog und zur Millionenstadt
geschah in der Absicht, aus Um 1900 waren nahezu alle wurde. In Folge dessen ließ
den wachsenden Großstädten europäischen Großstädte mit die Stadt einen »Generalregu­
nicht nur gesunde und gut einem ungebrochenen Wachs­ lierungsplan« erstellen. Der
funktionierende, sondern tums­ und Investitionsdruck unmittelbare Anlass dieser
auch schöne und attraktive konfrontiert. Damals bestand Planung war die unausweich­
Städte zu machen. Die be­ ein Konsens darüber, dass lich gewordene Modernisie­
kanntesten unter den damali­ dieser Investitionsdruck ge­ rung von Verkehr und Infra­
gen Stadtbaumeistern waren steuert und kanalisiert wer­ struktur. Dazu gehörten die
Hermann Josef Stübben in den – und nicht allein dem neue Stadtbahn, die Regulie­
Köln, Theodor Fischer in freien Spiel des Marktes oder rung des Wien­Flusses und
München oder Fritz Schu­ den Renditeträumen einiger die Verbesserung der sanitä­
macher in Hamburg. Im Un­ Spekulanten überlassen wer­ ren Verhältnisse. Dieses ge­
terschied zu früheren Rats­ den sollte. Viele Städte gingen samtstädtische Ziel wurde auf
zwei Wegen verfolgt: Zum
einen sollte ein Masterplan für
die künftige Ausdehnung und
Erweiterung der Stadt ge­

30

Europa | Forschungsschwerpunkt

schaffen werden. Dabei wollte Neben der Projektierung von bes. Erst der drohende Verlust Prof. Dr. Markus Jager
man vorbeugen, dass sich Stadterweiterungsquartieren von Alt­Wien hat den Wienern Jahrgang 1972, ist seit 2017
abermals triste, ausschließlich sollte um 1900 auch die Wie­ vor Augen geführt, über wel­ Professor für Bau- und Stadt-
von Zinshäusern gesäumte ner Innenstadt modernisiert chen urbanen Schatz sie ver­ baugeschichte am Institut für
Straßenzüge etablieren, wie und an die aktuellen Ver­ fügen. Geschichte und Theorie der
sie in den Gründerjahren kehrsbedürfnisse angepasst Architektur der Fakultät für
durch Bauspekulation unter werden. Damit waren seiner­ Als Karl Mayreder, der dama­ Architektur und Landschaft.
anderem in Ottakring entstan­ zeit vor allem Straßenverbrei­ lige »künstlerische Leiter« des Zu seinen Forschungsschwer-
den waren. Nach Vorstellung terungen und ­durchbrüche Stadtregulierungsbüros, seine punkten gehören profane
von Otto Wagner, dessen gemeint (Abbildung 3). Das Pläne für die Transformation Kirchenumnutzungen seit der
100. Todestag in diesem Jahr berühmte Vorbild dieser Pra­ der Wiener Innenstadt erstell­ Reformation, Fürsten- und
mit einer großen Ausstellung xis war Paris unter dem Prä­ te, tat er dies unter der Prä­ Adelsresidenzen in Stadt und
im Wien­Museum gewürdigt fekten Haussmann. Doch misse, dass bei den unaus­ Land sowie die Kulturge-
wird, sollten in der Zone jen­ während dort im Zuge der weichlichen Modernisierun­ schichte der Technik in Haus
seits der neuen Gürtelstraße großen Transformation ein gen zugleich Rücksicht auf und Stadt. Kontakt: jager@
attraktive Wohnquartiere Großteil der historischen Stadt »ein historisch entwickeltes igt-arch.uni-hannover.de
entstehen. Dazu gehörten geopfert wurde, erkannte man Stadtbild« zu nehmen sei. Un­
neben Wohn­ und Geschäfts­ um 1900 in Wien den Wert geachtet der Frage, wie gut
häusern auch öffentliche Bau­ gewachsener Strukturen. ihm dies tatsächlich gelungen
ten. Darüber hinaus verfügten Galt dies anfangs nur für ein­ ist, bleibt es ein bemerkens­
Wagners Quartiere über Pro­ zelne Bauten, die man als wertes Faktum, dass ein sol­
menaden und gärtnerisch ge­ herausragende Zeugnisse der cher Anspruch schon damals
fasste Plätze (Abbildung 2), also Baukultur früherer Epochen zum Leitbild der Planung
jene urbanen Elemente, die schätzte und bewahren wollte, deklariert wurde. Die Ge­
sich unter Renditeaspekten erstreckte sich das im Zuge schichte der Stadt wurde nicht
nicht rechnen, aber Ausdruck der damaligen Debatten auch als ein Hemmnis oder ein ein­
einer Stadtkultur sind, die wir auf den Stadtgrundriss und schränkendes Korsett emp­
als Zivilisationsleistung schät­ Quartierszusammenhänge. funden, sondern als eine ur­
zen. Man kann das als Deka­ Es klingt wie ein Paradoxon: bane Qualität. Als ein vorhan­
denz diffamieren, man kann Der Modernisierungsdruck dener, über viele Generationen
darin aber auch eine beson­ war zugleich auch ein Kataly­ tradierter Wert, den es auf­
ders entwickelte Form der so­ sator für die neuerliche Wert­ recht zu erhalten und weiter­
zialen Stadt sehen. schätzung des historischen Er­ zuentwickeln gilt.

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31

Forschungsschwerpunkt | Europa

Transatlantische Turbulenzen

DIE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN EUROPA UND DEN USA
NACH DER WAHL VON DONALD TRUMP

Die Wahl von Donald Trump Die transatlantischen Bezie­ sierte Deutschland wegen des 1
zum 45. Präsident der USA hungen galten bislang als hohen Außenhandelsüber­
hat in Deutschland und Europa Eckpfeiler der europäischen schusses und kündigte an, das In der deutschen Debatte fällt
für heftige Reaktionen gesorgt. Außenpolitik. Aufgrund der transatlantische Freihandels­ die Kritik an der neuen ame­
Wie sieht es nun ein Jahr historischen Verbindungen abkommen TTIP mit der EU rikanischen Außenpolitik be­
nach der Amtseinführung durch Migration, Sprache und nicht abzuschließen. Der Aus­ sonders scharf aus. Bereits
Kultur standen sich die USA stieg aus dem Pariser Klima­ kurz nach der Wahl ergab eine
Trumps aus? und Europa stets nahe; der Be­ Abkommen unterstrich die empirische Untersuchung der
Eine Professorin und ein griff der »Wertegemeinschaft« Ablehnung internationaler Körber­Stiftung im November
Wissenschaftler vom Institut drückt diese tiefe Verbindung Verträge ebenso wie die An­ 2016, dass die Befragten die
für Politische Wissenschaft aus. Auf den Gebieten der drohung, das mit den Euro­ Beziehungen zu den USA als
beschreiben die Deutungen und Sicherheit und der Wirtschaft päern zusammen verhandelte die wichtigste Herausforde­
Positionen verschiedener euro- wurden die Beziehungen Iran­Abkommen aufzukündi­ rung für die deutsche Außen­
päischen Regierungen und nach Ende des 2. Weltkriegs gen. Die nationalistische Wen­ politik identifizieren.1
gehen der Frage nach, ob die besonders eng. Auch im For­ de in der Außenpolitik unter
transatlantischen Beziehungen schungsbereich arbeiten ame­ dem Motto »America First« Ein Jahr nach Amtseinfüh­
rikanische und europäische löste in der EU tiefe Besorgnis rung von Donald Trump sind
in Gefahr sind. Wissenschaftlerinnen und aus. Schärfere Einreisebestim­ die Meinungen gespalten:
Wissenschaftler eng zusam­ mungen, ein neuer wirtschaft­ Während einige Kommentato­
men. Europa wurde die wich­ licher Protektionismus, Straf­ ren annehmen, dass die pola­
tigste Handelsregion für die zölle und eine konfrontative risierende Rhetorik des US­
USA und europäische Länder Rhetorik in sicherheitspoliti­ Präsidenten den strukturellen
sind wirtschaftlich stark in schen Fragen sind hinreichen­ Verflechtungen der engen
den USA vertreten. Dies gilt de Indikatoren für eine Wende transatlantischen Beziehun­
insbesondere für Deutsch­ in der amerikanischen Außen­ gen substanziell nicht schaden
land; Firmen wie BMW, Daim­ politik, die auch die trans­ wird und bislang nur wenige
ler, Siemens oder VW haben atlantischen Beziehungen der angekündigten Ziele
in den USA Produktionsstät­ nachhaltig beeinflusst. umgesetzt wurden, wird die
ten aufgebaut, amerikanische Trump­Präsidentschaft von
Industrie­ und Handelskam­ anderen als Desaster und als
mern haben eigene Sektionen
für deutsch­amerikanische
Beziehungen eingerichtet.
Allein im Bundesstaat North
Carolina, der mit 10 Millionen
Einwohnern zu den mittel­
großen Staaten der USA zählt,
sind mehr als 200 deutsche
Unternehmen vertreten.

Nach der Wahl von Donald
Trump zum 45. Präsident der
USA sind diese engen trans­
atlantischen Beziehungen in
Turbulenzen geraten. Gleich
zu Beginn seiner Amtszeit
stellte der US­Präsident das
NATO­Bündnis in Frage, kriti­

32

Europa | Forschungsschwerpunkt

Ende der liberalen Weltord­ werden, so wie dies in einem bekämpfung die Nähe der 2
nung begriffen. Einigkeit jüngst abgeschlossenen Pro­ USA zu suchen. In wichtigen
herrscht dagegen in der Fest­ jekt über deliberative Diplo­ internationalen Fragen, wie Abbildung 1
stellung, dass den transatlan­ matie gezeigt wird.2 dem Klimaabkommen, dem US-Präsident Donald Trump
tischen Beziehungen schwie­ Nuklear­Abkommen mit dem (rechts) im Gespräch mit dem
rige Zeiten bevorstehen und Die neue Phase der amerika­ Iran und den Beziehungen zu Präsident des Europäischen Rates
dass sie sich mit einer hohen nischen Außenpolitik wird Russland versucht die franzö­ Donald Tusk
Verunsicherung konfrontiert von der bundesdeutschen sische Regierung eine Mittler­ Foto: picture alliance/ZUMA Press
sehen. Die Erwartungsverläss­ Politik als Umbruch wahrge­ position einzunehmen. Dies
lichkeit, die das Verhältnis nommen. In diese Richtung bringt Frankreich in eine Abbildung 2
zwischen Europa und den geht beispielsweise die Aus­ diplomatisch herausfordernde America First
USA über viele Jahrzehnte ge­ sage von Kanzlerin Angela Position, denn in Konflikt­ Quelle: picture alliance/dieKLEINERT.de/
prägt hat, ist zu Ende. Merkel nach dem G7­Gipfel in situationen hat auch Frank­ Markus Grolik
Taormina 2017 mit Blick auf
Historisch waren die USA ihr Zusammentreffen mit Prä­ reich bei Entscheidungsalter­
stets Projektionsfläche für un­ sident Trump: »Die Zeiten, in nativen innergesellschaftliche
terschiedliche Vorstellungen denen wir uns auf andere völ­ Konstellationen zu berück­
und Konzepte, die die Euro­ lig verlassen konnten, die sind sichtigen.
päer mit der modernen Welt ein Stück vorbei.«3 Doch wie
verbunden haben. Die wirt­ sieht es in anderen Ländern In Italien hat sich die anfäng­
schaftliche Globalisierung aus? Sind alle europäischen liche Skepsis ebenfalls in
und die Herausbildung einer Regierungen so skeptisch bis pragmatisches Vorangehen
multipolaren Welt nach dem ablehnend und sind die trans­ gewandelt. Übereinstimmung
Ende des Ost­West­Konflikts atlantischen Beziehungen besteht ohnehin im Ziel der
haben auch die Wahrnehmun­ grundsätzlich in Gefahr? Terrorbekämpfung. So hat
gen der USA und ihrer hege­ Italien zum Beispiel das zweit­
monialen Rolle verändert. Der German Marshall Fund of größte Truppenkontingent
Europäische Positionen zu the United States, der sich über nach Irak und Afghanistan
entschlüsseln und Deutungs­ viele Jahrzehnte mit den gesandt. Wirtschaftlich hat
muster transatlantischer Be­ transatlantischen Beziehun­ sich in den Beziehungen nicht
ziehungen jenseits der Tages­ gen befasst hat, kommt an­ viel verändert, obwohl die
politik auf ihre politische, lässlich des ersten Jahrestages USA der zweitgrößte Markt
kulturelle und historische nach der Amtsübernahme von für italienische Produkte sind;
Fundierung zu befragen, ist Donald Trump zu einer diffe­ eine amerikanische Wende
wissenschaftlich eine reizvol­ renzierten Einschätzung.4 Das zum Protektionismus würde
le Aufgabe. Einerseits beken­ Ergebnis von Analysen aus Italien vermutlich trotzdem
nen sich die USA und Europa verschiedenen europäischen weniger hart treffen als
gleichermaßen zur westlichen Ländern zeigt die Vielschich­ Deutschland mit seinem ho­
Wertegemeinschaft; anderer­ tigkeit der Deutungen und hen Exportvolumen in die
seits zeigen sich bei konkreten Positionen. Die französisch­ USA. Allerdings wird auch in
Herausforderungen unter­ amerikanischen Beziehungen Italien die veränderte Rheto­
schiedliche Normvorstellun­ gelten als besonders eng; im­ rik über die amerikanische
gen und Präferenzmuster. merhin gibt es historisch weit
Die aus diesem Spannungs­ zurückreichende Verbindun­
verhältnis zwischen Werte­ gen. Frankreich hat sich stets
gemeinschaft und Norm­ als enger Verbündeter der
konflikten entstehenden USA gesehen, mit Ausnahme
Problemstellungen werden in des Irakkriegs 2003, an dem
Forschungsprojekten im Insti­ sich Frankreich, ebenso wie
tut für Politische Wissenschaft Deutschland militärisch nicht
weiter verfolgt und unter­ beteiligte. Wie der German
sucht, häufig in Kooperation Marshall Fund ausführt, hat
mit US­amerikanischen der französische Präsident
Wissenschaftlerinnen und Emmanuel Macron nach dem
Wissenschaftlern. Dabei zeigt Regierungswechsel in Wa­
sich, dass die transatlanti­ shington die Gelegenheit er­
schen Beziehungen auch jen­ griffen, ein pragmatisches
seits politischer Rhetorik und und konstruktives Verhältnis
Polarisierung in konkreten zum amerikanischen Präsi­
Projekten durch eine genauere denten aufzubauen und vor
Beschäftigung mit dem je­ allem in der Sicherheitspolitik
weils anderen Land gestaltet und bei der Terrorismus­

33

Forschungsschwerpunkt | Europa

Prof. Christiane Lemke Jakob Wiedekind, M.A. wichtige verteidigungspoliti­ Handelsministerium und an­
ist seit 1996 Professorin für ist wissenschaftlicher Mit­ sche Vereinbarungen zur deren Behörden fehlen. Die
Politische Wissenschaft an der arbeiter und Doktorand im Verstärkung der Ostgrenze, Androhung von Strafzöllen
Leibniz Universität Hannover Arbeitsbereich Internationale die teilweise schon von der auf Stahl­ und Aluminium­
und Leiterin des Arbeitsbereichs Beziehungen im Institut für Po­ Obama­Administration importe durch die amerikani­
Internationale Beziehungen und litische Wissenschaft bei Prof. getroffen worden sind, um­ sche Regierung im März 2018
Europapolitik im Institut für Dr. Christiane Lemke und arbei­ gesetzt. Zum anderen beste­ löst ebenfalls tiefe Besorgnis
Politische Wissenschaft der tet an einer Dissertation über hen politische Affinitäten in Brüssel aus.
LUH. Von 2000 bis 2010 war sie die außenpolitischen Entschei­ zwischen der rechtsnationalen
Sprecherin der AG »European dungsprozesse in den USA. PiS­Regierung in Warschau Daher besteht eine andauern­
Studies« und Mitverantwortlich Seine Arbeitsschwerpunkte sind und dem nationalistischen de Ungewissheit inwieweit
für das Jean Monnet European Transatlantische Beziehungen Kurs der Trump­Administra­ die bisherige Stabilität in den
Center of Excellence der Uni­ und Außenpolitikanalyse. tion. Beide lehnen beispiels­ diplomatischen Beziehungen
versität. Von 2010 bis 2014 be­ Kontakt: [email protected]­ weise Einwanderung ab und aufrechterhalten werden
setzte sie den Max Weber Lehr­ hannover.de positionieren sich kritisch kann. Allerdings zeigen neue­
stuhl für deutsche und europäi­ gegenüber muslimischen re Studien auch, dass sich das
sche Politik an der New York Sicherheitsstrategie kritisch Ländern und dem Islam. Spektrum, in dem sich trans­
University. Ihre Arbeitsschwer­ verfolgt und eine im März Allerdings verfolgt auch die atlantische Beziehungen ent­
punkte sind Theorien 2018 neu gewählte italienische Warschauer Regierung auf­ wickeln, deutlich erweitert
internationaler Beziehungen; Regierung könnte auch in der merksam, wie sich die ame­ hat. Nicht nur die leichtere
transatlantische Beziehungen europäischen Transatlantik­ rikanische Politik weiterent­ Kommunikation über soziale
und US­Wahlen; EU­ und Euro­ Politik andere Akzente setzen. wickelt. Medien, sondern auch zivil­
paforschung. Kontakt: lemke@ gesellschaftliche Aktivitäten
ipw.uni­hannover.de Interessant ist die Perspektive Die unterschiedlichen Per­ und Wissenschaftskooperatio­
Polens auf die neue amerika­ spektiven auf die transatlanti­ nen sind in der komplexen
nische Politik. Sie wird viel schen Beziehungen zeigen, und globalisierten Welt not­
positiver gesehen, als in ande­ dass es nicht leicht ist, von wendig, um die Vision einer
ren europäischen Ländern wie einer einheitlichen europä­ weltoffenen und toleranten
Deutschland, Frankreich und ischen Position gegenüber den Gesellschaft mit Leben zu fül­
Italien. Das liegt zum einen USA zu sprechen, auch wenn len. Hier ergibt sich für Euro­
daran, dass Polen auf die Si­ sich die EU nun bemüht, ein pa und insbesondere die EU
cherheitsgarantien durch die eigenes gemeinschaftliches die Chance, noch entschlosse­
NATO fokussiert ist und das Profil zu schärfen. Sicherheits­ ner und aktiver für die libera­
amerikanische Konzept der politische Überlegungen spie­ le Weltordnung einzustehen.
Sicherheit durch militärische len dabei ebenso eine Rolle
Stärke unterstützt. Polen hat wie die geopolitische Lage Verweise
seine Militärausgaben seit und die historischen Erfah­
2014 ständig erhöht, denn his­ rungen; mit Blick auf Deutsch­ 1 https://www.koerber­stiftung.de/
torische Erfahrungen haben land ist vor allem auch die In­ fileadmin/user_upload/koerber­stiftung/
dazu geführt, militärische tensität wirtschaftlicher Bezie­ redaktion/handlungsfeld_internationale­
Stärke zu schätzen, insbeson­ hungen von nachdrücklicher verstaendigung/sonderthemen/umfrage_
dere als Absicherung gegen Bedeutung. aussenpolitik/2016/Koerber­Stiftung_
ein starkes Russland. Die ame­ Umfrage­Aussenpolitik­2016_charts.pdf
rikanische Regierung ihrer­ Während die EU­Kommission (aufgerufen am 13.03.2018)
seits hat trotz der Twitter­ in Brüssel zunächst bestürzt
Rhetorik des US­Präsidenten auf die US­Wahl reagierte, 2 Vgl. Svea Burmester (2017). Deliberati­
über die NATO (»obsolet«) da sie fürchtete, dass die USA ve Democracy. Performing Democracy
ihre Sicherheitsgarantien für Beyond Borders. An Analysis of the Ame­
Europa aufheben und engere rican Embassy’s Going Green Project,
Beziehung zu Russland su­ Dissertation Philosophische Fakultät der
chen würde, versucht sie nun­ Leibniz Universität Hannover, eingereicht
mehr, die Kontinuität in den im Dezember 2017.
Beziehungen, die sich über
jahrzehntelange Kontakte ge­ 3 www.zeit.de/2017/23/angela­merkel­
festigt hat, fortzusetzen. Aller­ rhetorik­deutschland­usa (aufgerufen
dings stößt dies auf institutio­ am 13.03.2018)
nelle Grenzen, da bislang im­
mer noch etwa ein Drittel aller 4 »One Year of President Trump: Views
Positionen im amerikanischen from Around the World«, The German
Außenministerium (State Marshall Fund of the United States,
Department) unbesetzt sind Policy Brief Nr. 005/2018 http://www.
und auch Ansprechpartner im gmfus.org/publications/one­year­
president­trump­views­around­world
(aufgerufen am 13.03.2018).

34

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35

Forschungsschwerpunkt | Europa

Langfristig stabil und im Gleichgewicht?

EIN BLICK AUF DIE ENTWICKLUNG DER ZINSSÄTZE DER EUROLÄNDER

Seit 16 Jahren ist der Euro Bereits seit den 1970er Jahren 1 terium ist von Bedeutung, um
offizielles Zahlungsmittel. gab es die Idee einer euro­ eine Integration der Märkte
Ein Kriterium bei der Einführung päischen Gemeinschafts­ festgeschrieben, die ein Staat der teilnehmenden Länder zu
des Euro war – neben der währung, um den Handel erfüllen musste, um den Euro gewährleisten.
Stabilität der öffentlichen zwischen Mitgliedsstaaten der als Währung einführen zu
Haushalte und des Preisniveaus – damaligen Europäischen dürfen. Bekanntermaßen Insbesondere die ersten bei­
Wirtschaftsgemeinschaft zu betreffen diese Konvergenz­ den Konvergenzkriterien
die Stabilität der erleichtern. Aus vielfältigen kriterien die Stabilität der waren lange Gegenstand der
langfristigen Zinsen. Gründen wie dem Zusam­ öffentlichen Haushalte und öffentlichen Diskussion und
Eine Wissenschaftlerin und menbruch des internationalen des Preisniveaus. Ein weiteres es ist bekannt, dass insbeson­
zwei Wissenschaftler vom Institut Währungssystems von Kriterium forderte aber zu­ dere die Kriterien zur Stabili­
für Statistik an der Wirtschafts- Bretton­Woods oder den Fol­ sätzlich die Stabilität der lang­
wissenschaftlichen Fakultät gen der Ölkrise, die in vielen fristigen Zinsen. Dieses Kri­
zeigen, dass sich die Zinsen europäischen Staaten zu wirt­
der Euroländer schon lange schaftlicher Stagnation bei
vor der Eurokrise nicht im gleichzeitig hoher Inflation
Gleichgewicht befunden haben. geführt hat, konnte das Pro­
jekt aber nie umgesetzt wer­
Abbildung 1 den. Erst 1990 wurde mit der
Die von Ottmar Hoerl geschaffe- Einführung des freien Kapi­
ne Skulptur des Eurozeichens vor talverkehrs innerhalb der
der Zentrale der Europäischen europäischen Union ein erster
Zentralbank (EZB). Schritt zu einer gemeinsamen
Foto: picture alliance / dpa Themen- Währung gegangen. Dieser
dienst mündete dann 1999 in der
Einführung des Euros als
sogenanntes Buchgeld in elf
Ländern und drei assoziierten
Ländern der europäischen
Union. Damit war der Wech­
selkurs der nationalen Wäh­
rungen zum Euro und damit
auch untereinander unver­
rückbar festgelegt. 2001 wur­
de Griechenland als weiteres
Land in den Euroraum auf­
genommen. Seit dem Jahr
2002 existiert der Euro auch
als Bargeld und hat die natio­
nalen Währungen als offiziel­
les Zahlungsmittel in den Mit­
gliedsstaaten des Euroraums
abgelöst.

Im Vertrag von Maastricht
1992 wurden einige Kriterien

36

Europa | Forschungsschwerpunkt

tät der öffentlichen Haushalte Weiteren »Krisen­Länder«). Wie gesagt scheinen die lang­
von zahlreichen Ländern des Gemessen werden die lang­ fristigen Zinsen für die ande­
Euroraums wiederholt nicht fristigen Zinsen über die Prei­ ren Länder seit der Euroein­
eingehalten worden sind. Es se von Staatsanleihen der je­ führung bis zur Finanzkrise
ist auch unstrittig, dass seit weiligen Länder. Luxemburg eng beieinander zu liegen.
der europäischen Staatsschul­ ist in unserer Untersuchung Nun bedeutet eng beieinander
denkrise 2010 alle drei Kon­ nicht vertreten, da die Ent­ liegen aber nicht, dass sich die
vergenzkriterien von meh­ wicklung der langfristigen Zinsen in einem Gleichge­
reren Euroländern nicht ein­ Staatsanleihen auf Grund der wichtszustand befinden. Von
gehalten werden. Größe des Landes nur schwer einem Gleichgewichtszustand
messbar ist. Die Entwicklung würde man sprechen, wenn
Wenig bis gar nicht untersucht der langfristigen Zinssätze die Verhältnisse der langjähri­
ist die Frage, inwieweit das dieser Länder findet sich in gen Zinsen zweier Länder um
dritte Konvergenzkriterium Abbildung 1. einen festen Wert schwanken

23

eines stabilen langfristigen Man erkennt gut, dass sich würden in dem Sinn, dass sie Abbildung 2
Zinssatzes vor der euro­ mit Beginn der europäischen bei Abweichungen von die­ Zinssätze der EMU Staatsanlei-
päischen Staatsschuldenkrise Staatsschuldenkrise 2010 die sem Gleichgewichtswert sehr hen mit einer Einteilung in Bul-
2010 eingehalten worden ist. langfristigen Zinssätze der schnell wieder zu dem Gleich­ len- und Bärenmärkte
Vielmehr ist die gängige, aber Euroländer völlig unterschied­ gewicht zurückkommen. Quelle: Institut für Statistik, Leibniz
nicht wirklich überprüfte Ver­ lich verhalten. Dies ist be­ Universität Hannover
mutung, dass sich die Zinsen kannt und es ist klar, dass Statistisch misst man Gleich­
der Euroländer in einem lang­ auch das Konvergenzkriteri­ gewichtsbeziehungen über Abbildung 3
fristigen Gleichgewicht be­ um bezüglich der langfristi­ das Konzept der Kointegra­ EUROSTOXX 50 Index und die
funden haben. Der Frage, gen Zinssätze seit dieser Zeit tion. Für die Entwicklung die­ daraus abgeleitete Einteilung in
inwiefern diese Vermutung nicht eingehalten wird. Seit ses Ansatzes erhielten Clive Bullen- und Bärenmärkte
zutreffend ist, wird in diesem der Einführung des Euros Granger und Robert Engle im Quelle: Institut für Statistik, Leibniz
Aufsatz nachgegangen. und bis zur Finanzkrise hin­ Jahr 2003 den Nobelpreis für Universität Hannover
gegen scheinen die langfristi­ Wirtschaftswissenschaften.
Dazu untersuchen wir mit gen Zinssätze auf den ersten Da die langfristigen Zinsen
modernen statistischen Me­ Blick nah beieinander zu lie­ eine starke langfristige Ab­
thoden die langfristigen Zins­ gen. Die einzige Ausnahme hängigkeitsstruktur aufwei­
sätze derjenigen Staaten, die hier ist Griechenland. Auf sen, ist dieser Ansatz in unse­
mit Einführung des Bargelds Grund der Historie Griechen­ rem Fall nur dank aktueller
2002 Mitglied des Euroraums lands im Euro ist es aber nicht Modifikationen anwendbar.
waren. Namentlich sind dies verwunderlich, dass das Land
Belgien, Deutschland, Finn­ eine Sonderstellung ein­ Wendet man dieses Konzept
land, Frankreich Niederlande, nimmt. Wir wollen dem bei der Kointegration auf die
Österreich (im Weiteren unserer Untersuchung kein langfristigen Zinssätze der
»Nicht­Krisen­Länder«) sowie größeres Gewicht beimessen Eurostaaten vor der euro­
Griechenland, Irland, Italien, und uns vielmehr auf die an­ päischen Schuldenkrise an, so
Portugal und Spanien (im deren Länder konzentrieren. zeigt sich, dass die geforderte

37

Forschungsschwerpunkt | Europa

Dr. Christian Leschinski M. Sc. Michelle Voges Prof. Dr. Philipp Sibbertsen
Jahrgang 1987, ist seit 2016 Jahrgang 1993, promoviert seit Jahrgang 1972, ist seit 2005
akademischer Rat am Institut 2016 am Institut für Statistik. Direktor des Instituts für Statis-
für Statistik. Seine Forschungs- Ihre Forschungsschwerpunkte tik an der Leibniz Universität
schwerpunkte liegen in der liegen in der Zeitreihenanalyse. Hannover. Er ist Mitglied des
Zeitreihenanalyse und empiri- Kontakt: [email protected] Vorstands der Deutschen Statis-
schen Finanzmarktforschung. hannover.de tischen Gesellschaft. Seine For-
Kontakt: leschinski@statistik. schungsschwerpunkte liegen im
uni-hannover.de Bereich der Zeitreihenanalyse
und der Finanzökonometrie.
Kontakt: sibbertsen@statistik.
uni-hannover.de

Gleichgewichtsbeziehung dass sich die Zinssätze der tung der Eurostaaten ins­
auch bereits lange vor der Teilnehmerstaaten langfristig besondere in Bärenmärkten
europäischen Staatsschulden­ anpassen und im Gleich­ führte zu unterschiedlichen
krise nicht existierte. gewicht befinden. Vielmehr Entwicklungen in den lang­
funktionierte dieser Mecha­ fristigen Zinsen auch vor Aus­
Interessant ist zu sehen, was nismus nur in Zeiten eines bruch der europäischen
passiert, wenn man die Zins­ Aufschwungs an den Finanz­ Staatsschuldenkrise. Es bleibt
reihen in die Zeitabschnitte märkten. damit festzuhalten, dass das
sogenannter Bullen­ und Kriterium einer Konvergenz
Bärenmärkte unterteilt. Von Offenbar verlassen die lang­ der langfristigen Zinsen auch
einem Bullenmarkt spricht fristigen Zinsen ihr Gleichge­ vor der europäischen Staats­
man, wenn die Aktienkurse wicht bei einem steigenden schuldenkrise regelmäßig
über längere Zeit hinweg stei­ Risiko auf dem Aktienmarkt, nicht eingehalten worden ist.
gen, und von einem Bären­ das einen wirtschaftlichen Das Ziel einer Marktintegra­
markt, wenn sie für eine län­ Abschwung indiziert. Eine tion der Euroländer ist somit
gere Zeit fallen. Die Phasen ökonomische Erklärung hier­ seit Beginn der Euroeinfüh­
identifiziert haben wir mittels für ist, dass in wirtschaftlich rung nicht erreicht worden.
der Zyklen des europäischen schlechten Zeiten nicht nur
Aktienindex EUROSTOXX 50. das Risiko am Aktienmarkt
Dies ist in Abbildung 2 zu er­ steigt, sondern auch das Aus­
kennen. fallrisiko von Ländern und
damit von deren Staatsanlei­
Führt man die gleiche Unter­ hen. Offenbar waren die
suchung getrennt für Bullen­ Marktteilnehmer nicht der
märkte und Bärenmärkte Auffassung, dass durch die
durch, so zeigt sich, dass die Einführung des Euros dieses
langfristigen Zinsen in guten Ausfallrisiko für die Mit­
Zeiten in der Tat um ein lang­ gliedsstaaten des Euros ange­
fristiges Gleichgewicht ge­ glichen worden ist. Vielmehr
schwankt haben, dies aber wurden weiterhin Unterschie­
während schlechter Zeiten am de zwischen den Staaten aus­
Aktienmarkt nicht mehr galt. gemacht. In wirtschaftlich gu­
Offenbar hat die Einführung ten Zeiten spielt das Ausfall­
des Euros also unabhängig risiko der Staaten hingegen
von der europäischen Schul­ nur eine untergeordnete Rolle.
denkrise nicht dazu geführt, Diese unterschiedliche Bewer­

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LeibnizCampus | Hannover

»Be groovy or leave, man!«

Lyrik neu betrachtet

Das Poetryhauskollektiv: Laura Fienemann, Mascha Schmid, Louisa Liebens, Nina Dlouhy, Melina Werneburg, Larissa Rurst, Alexander Ludewig und Karl Piosecka (vlnr).
In ihrer Veranstaltungsplanung wurden sie von Tanja van Hoorn (Mitte) unterstützt. • Foto: Joanna von Graefe

»Be groovy or leave, man! – Die Zeiten, in denen Gedichte nur mit Vorbereitungsphase: Die Studierenden aus dem »Poetryhauskollektiv« trafen
staubigen Goethe-Anthologien und müßigen Gedichtsanalysen sich regelmäßig, um den Lyrikabend im Literaturhaus Hannover in allen Details
assoziiert werden müssen, sind vorbei.« Das behauptet eine acht- vorzubereiten. • Foto: Poetryhauskollektiv
köpfige Studierendengruppe der Leibniz Universität, die sich
Poetryhauskollektiv nennt. Das Kollektiv will Praxis und Wissen- dass wir einen Weg gefunden haben, die Übergänge von Praxis
schaft zueinander bringen. Die Idee entstand auf einem Grillabend. und Wissenschaft sichtbar zu machen. Wir wollen Lyrik wieder
Die Studierenden diskutierten: Welche Bedeutung hat Lyrik heute modern einbetten und würden uns freuen, wenn wir ein breites
noch für uns, für andere? Lyrik scheint schon lange nicht mehr Publikum begeistern können.«
so angesagt zu sein. Und schon entwickelte sich ein Plan: Können
wir das ändern und wenn ja, wie? Wie wäre es mit einem eigenen
Lyrikabend?

Der Ort war mit dem Literaturhaus Hannover schnell gefunden.
Und auch die Künstler ließen sich nicht lange bitten. Die Leipziger
Lyrikerin Andra Schwarz, der Hannoversche Poetry-Slammer Jo-
hannes Berger und die Musikergruppe »Lou und die Mondmänner«
aus Hannover nahmen die Einladung zum gemeinsamen Lyrik-
abend an.

»Lyrik wird an der Universität recht wenig behandelt. Wir haben
deshalb eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, die auf ein präsen-
tables Ergebnis hingearbeitet hat«, erzählt Larissa Ruth, Studentin
im Masterstudiengang Neue Deutsche Literatur. »Ich denke schon,

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Hannover | LeibnizCampus

Am 20. April, einem der ersten sommerlichen Tage des Jahres, war
es so weit: Am Nachmittag kamen die Gäste zum theoretischen
Teil der Veranstaltung in das Literaturhaus Hannover. Die Studie-
renden eröffneten die Veranstaltung gemeinsam mit Tanja van
Hoorn, die das Poetryhauskollektiv in der Organisation unterstützt
hatte. Ziel sei es, »die Lyrikflamme auch bei anderen Studierenden
zu entfachen.«

Gegenwart der Gedichte – Tanja van Hoorn leitete die Besucher
bei einem Glas Wein durch den Abend. Die erste Künstlerin im
Programm war Andra Schwarz, die nach einem Bühnengespräch
mit Tanja van Hoorn aus ihrem kürzlich veröffentlichten Gedicht-
band vorlas. Langsam, ruhig, einfühlsam. Ganz anders Johannes
Berger: Der Poetry-Slammer war in Bewegung, performativ, mal
laut, mal leise brachte er das Publikum mit Geschichten aus sei-
nem Alltag zum Lachen. Zum Abschluss spielte die Jazz, Pop und
Folk Band »Lou und die Mondmänner«, deren Sängerin Louisa Lie-
bens auch zum Poetryhauskollektiv gehört. Lyrik, Musik und Wein
– aus einer Grillabend-Idee wurde ein runder Kulturabend. ane

Die Studierenden schafften es, bekannte Namen aus der Szene für ihren Abend
zu begeistern: Andra Schwarz (Leipzig), Gewinnerin des 23. »Open Mike«, und
Johannes Berger (Hannover), Poetryslammmer und Moderator, zogen das Pub­
likum im Literaturhaus in ihren Bann. • Foto: Joanna von Graefe

Hannovers Straßen Foto: Ilka Fricke

Viele Straßen und Plätze in Hannover sind nach bedeutenden
Persönlichkeiten der Stadtgeschichte benannt. Doch wer
steckt hinter diesen Namen? In einer Serie wollen wir das in
Erinnerung bringen.

Benannt nach: Prof. Karl Kraut (1829–1912)

Die Karl-Kraut-Straße liegt im Stadtteil List und ist schon im mie. Karl Kraut war zweimal verheiratet, beide Ehen blieben
Jahr 1892 (Krautstraße) nach dem ehemaligen Professor der
Chemie benannt worden, 1935 kam der Vorname hinzu. Karl kinderlos. Bekannt wurde Kraut insbesondere durch seine
Kraut (1829–1912) absolvierte zunächst eine Apothekerlehre in
Lübeck und war als Apothekergehilfe tätig. Nach dem Studium Mitarbeit an Gmelin(-Kraut‘s) Handbuch der anorganischen
der Chemie (1851–1854) in Paris und Göttingen promovierte er
»Über Derivate des Cuminols und Cymens«. Im Jahr 1857 ging Chemie, das die Zielsetzung hatte, alle relevanten Daten der
er an die Polytechnische Schule in Hannover und wurde 1868
schließlich Professor. Beim Umzug der Schule in das Welfen- Chemie zusammenzutragen. Noch im 19. Jahrhundert war Karl
schloss übernahm er die Planung der Chemieräume und erhielt
dort auch eine Dienstwohnung im Sockelgeschoss. 1882 über- Kraut mehrfach als Sachverständiger gegen die chemische
nahm Kraut an der inzwischen umbenannten Königlich Tech-
nischen Hochschule die Leitung des Faches Anorganische Che- Fabrik de Haën tätig, gegen die seinerzeit laut den Hannover-

schen Geschichtsblättern stetig Prozesse angestrengt wurden.

Zu seiner Entlassung im Jahr 1895 erhielt er den Roten Adler-

orden III. Klasse mit Schleife. Im Jahr 1893 wurde er zum Mit-

glied der Gelehrtengesellschaft Deutsche Akademie der Natur-

forscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften

gewählt. mh

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LeibnizCampus | Community

Von Gebäuden, die Geschichte(n) erzählen

Der Marstall am Welfenschloss

»Anlage von Stallungen für Luxuspferde«

Es hätte nicht viel gefehlt und das heruntergekommene, verfallene
alte Gebäude wäre Anfang der 1960er Jahre abgerissen worden.
Doch da es den Neubau der Universitätsbibliothek (damals UB/TIB)
nicht störte und weil für einen Komplettabbruch die finanziellen
Mittel fehlten, blieb der Marstall stehen, wurde als Abstellraum
genutzt und geriet aus dem Blick. Zwar wurde das historische Ge-
bäude 1970 unter Denkmalschutz gestellt, später wurde auch die
Fassade restauriert – doch in eine städtebauliche Planung für den
Bereich des Welfenschlosses wurde es erst wieder 1980 miteinbe-
zogen. Nach Jahrzehnten des teilweise kompromisslosen Neu-Bau-
ens diskutierten Architekten und Städteplaner plötzlich, wie mit
historischer Substanz umzugehen sei, wie alt und neu nebeneinan-
der stehen könnten. Es entstand ein »Zusammenstoß mit der Ge-
schichte« – so nannte es Friedrich Spengelin, Architekt, Städtepla-
ner und über 30 Jahre lang Professor an der Leibniz Universität
Hannover in der Rückschau. Auch er nahm Ende der siebziger Jah-
re das alte Marstallgebäude bewusst wieder wahr, das zwar von
außen einen ansprechenden Eindruck machte, innen jedoch kom-
plett verbaut, zugestellt und unansehnlich war. Spengelin wollte
wissen, ob noch Relikte der Welfenzeit in dem Gebäude vorhanden
waren und wurde fündig: »Landeskonservator Herbert Möller
staunte ehrlich, als ich mit ihm durch ein Loch in der Rabitzdecke
kroch und ihm die völlig erhaltene gusseisernen Kapitelle der dop-
pelten Säulenreihe zeigte, die der basilikalen Eisenkonstruktion
den Halt gaben.« Im Jahr 1982 erhielt Spengelin schließlich den
Auftrag, Vorschläge zur Sanierung des Marstalls zu machen.

Das Marstallgebäude gegenüber der TIB: gut zu erkennen sind der gelbe Sand­
stein und die Pferde oberhalb der Uhr. • Foto: Schröder

Links ist die Aufnahme eines Stallsaales aus dem Jahr 1912 zu sehen. Das Foto
daneben zeigt den jetzigen Patentlesesaal. Gut zu erkennen sind die gewölbte
Decke und die gusseisernen Kapitelle oberhalb der eisernen Säulen. • Foto links:
»Die Universität Hannover. Ihre Bauten. Ihre Gärten. Ihre Planungsgeschichte.«,
Hrsg. Sid Auffarth, Wolfgang Pietsch, 2003. Foto rechts: Schröder

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Community | LeibnizCampus

Grundriss des Marstallgebäudes von 1866, Parterre. Hier ist die Anordnung der
einzelnen Abschnitte gut zu erkennen. Erhalten sind heute nur noch der Teil
links vorne (Stall für Kutschpferde) und der direkt daneben liegende Eingangs­
bereich mit Vorhalle und kleineren Kammern.

Ursprünglich war der Marstall beim Welfenschloss ein großzügiger den sowie Wohnräume, Schlafsäle für Kutscher und Stallknechte
vierflügeliger Ziegel- und Sandsteinbau. König Georg der V. gab den sowie eine Schmiede untergebracht.
Auftrag, die Anlage zu bauen. Der 1829 in Hannover geborene
Architekt Eduard Heldberg errichtete den Marstall von 1863–1867 Die königlichen Pferde sind jedoch nie in die Ställe eingezogen, da
nach Plänen seines Schwagers Christian Heinrich Tramm. Mit einer das Königreich Hannover nach dem verlorenen Krieg 1866 als Pro-
Grundfläche, die ungefähr einem Drittel des Welfenschlosses ent- vinz Hannover in das Staatsgebiet Preußen eingegliedert wurde.
sprach, besaß das Marstallgebäude eine beachtliche Größe. Ins- Dass der Bau des Marstalls zu dieser Zeit nicht – wie der des Wel-
gesamt bildet der Marstall trotz individueller Formgebung ein archi- fenschlosses – eingestellt wurde, hatte militärische Gründe. Die
tektonisches Pendant zum Trammschen Rundbogenstil des Welfen- neue preußische Regierung war an dem Gebäude interessiert, weil
schlosses. Die vier saalartigen, dreischiffigen Stallflügel waren be- sie das Königs-Ulanen-Regiment Nr. 13 in Hannover stationieren
sonders großzügig angelegt und nach damaligen neuesten tierärzt- wollte. Bis 1912 wurde das Gebäude als Pferdestall genutzt. Danach
lichen Gesichtspunkten entworfen. Zudem war ein System von Be- zog die Technische Hochschule Hannover dort ein und ließ 1913
lichtung und Belüftung sowie ein Bewegungsraum zum den nördlichen Teil, Richtung Am Puttenser Felde abbrechen, um
Wohlbefinden der Tiere installiert worden. In einer Mischung aus an dieser Stelle für die Maschinenbau-Ingenieure ein Labor und
Rundbogenstil und englischer Gotik wurden die Ställe in einem zu ein Heizkraftwerk zu bauen. In dem erhaltenen vorderen Stallteil
der Zeit neuartigen Basilika-Querschnitt angeordnet und mit einer wurde nach dem ersten Weltkrieg der östliche (rechte) Teil als
Mensa ausgebaut und von 1922 bis 1953 als solche genutzt. Die
Zu sehen ist hier der 1913 abgerissene hintere Teil des Marstallgebäudes sowie Mensa zog schließlich aus Platzgründen in das neu gebaute heutige
eine historische Postkarte (rechts). • Fotos: Historisches Museum Hannover Theodor-Lessing-Haus um. Als eine neue Bibliothek entstehen
sollte, wurde 1960 der vordere, rechte Stallteil abgerissen, um dem
Neubau der UB/TIB Platz zu machen. Lediglich der westliche Teil
des ehemals so imposanten Gebäudes blieb stehen.

So vergingen weitere 20 Jahre bis dieser Südwestflügel in den
1980er Jahren wiederentdeckt und renoviert wurde. Spengelin
entwarf ein modernes und verglastes Treppenhaus mit einem Ver-
bindungsgang zur Bibliothek, der bis heute besteht und genutzt
wird. Im Marstall selbst ist der Lesesaal »Patente und Normen«
untergebracht. Noch immer prägen gelbe Klinker und Deister-
sandstein das Gebäude, das mit seinen gotisierenden Elementen
einen schönen Kontrast zur gegenüberliegenden Universitätsbib-
liothek bildet. Über dem Eingang ist das Wappen des Königreichs

Entlüftung durch die Obergaden-Fenster versehen. Vorbild war Lord Hannover mit Löwe und Einhorn über einer Uhr zu sehen. Pferde-
Pembrokes Reitstall in Paris.
köpfe aus Sandstein erinnern an die ursprüngliche Nutzung des
Die Anlage war für über hundert Pferde, zwanzig bis dreißig Kut-
schen und Fuhrwerke gedacht und sollte zudem Wohn- , Werk- und Gebäudes. ats
Lagerräume beherbergen. Ein glasüberdachter Innenhof diente zum
Einspannen, um den vier Stallgebäude, zwei Wagenremisen und Quelle: Das Zitat von Friedrich Spengelin stammt aus dem Buch »Die Univer­
zwei dreigeschossige Mittelbauten angeordnet waren. Dort waren sität Hannover. Ihre Bauten. Ihre Gärten. Ihre Planungsgeschichte.« (Hrsg. Sid
Geschirr- und Sattelkammern, Fourage-Räume, Heu- und Strohbö- Auffarth, Wolfgang Pietsch) aus dem Jahr 2003. Dort sind der Entstehung und
Bedeutung des Marstalls mehrere Kapitel gewidmet.

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Planungsbüro als Berufsfeld?

Alumni beraten Studierende

Dipl. Ing. Jens Krannich (GrünPlan), Evelyn König M.Sc. (nsp Christoph Schonhoff), Mario Ewe B.Sc. (GrünPlan), Dipl.-Ing. Manfred Koller (Gruppe Freiraumplanung),
Dipl.-Ing. Gudrun Baingo (GrünPlan), Dipl.-Ing. Carsten Schneider (Gruppe Freiraumplanung), Dr. Roswitha Kirsch-Stracke, Institut für Umweltplanung Leibniz Uni-
versität Hannover sowie Studiendekan Prof. Dr.-Ing. Christian Werthmann (vlnr). Es fehlt Dipl.-Ing. Christoph Schonhoff von nsp.

Lange suchen musste Roswitha Kirsch-Stracke nicht, um Referen- Gesellschaft, Studium und Arbeitswelt verändert hat – und dass es
ten und Referentinnen für die Veranstaltungsidee »Studium – und
dann?« zu gewinnen: »Das sind alles Alumni, einige kenne ich noch durchaus Chancen für Absolventen gibt, die im Planungsbüro ihre
von ganz früher, andere habe ich während ihres Studiums hier
kennengelernt«, erzählt sie. Als Einführung und zur Überraschung berufliche Zukunft sehen. Ein Tipp vom Profi: Neben dem universi-
der Vortragenden hat sie die Diplomarbeiten von einigen rausge-
sucht, um dann festzustellen: Die Wahl des Diplomarbeitsthemas tären Fachwissen ist auch Praxis gefragt. mw
sagt über den späteren Werdegang wenig aus.
Überraschendes Wiedersehen: Diplom-und Masterarbeiten, teilweise fast vier-
Bereits zum vierten Mal zeigt die Veranstaltungsreihe »Studium – zig Jahre alt.
und dann?« Studierenden der Landschaftsarchitektur und der Um-
weltplanung auf, wie eine berufliche Zukunft aussehen könnte.
Während es bei den vergangenen Veranstaltungen um Regional-
entwicklung und Raumplanung, Verwaltung und Berufsschul-Lehr-
amt sowie um die Weiterqualifizierung in einem Master-Studium
ging, stand diesmal die Tätigkeit in einem Planungsbüro im Mittel-
punkt. Mit nsp Christoph Schonhoff, Gruppe Freiraumplanung
und GrünPlan Landschaftsarchitekten stellten sich drei Büros
aus der Region vor. Die Vorstellung zeigt schnell: Auch Planungs-
büros sind spezialisiert. Das Spektrum ging von der Objektplanung
über die landschaftliche Begleitplanung über Themen wie Wasser-
rahmenrichtlinie bis hin zur Landschaftsarchitektur. Es kam zu-
nächst die Gründergeneration, die in der nächster Zeit vor der Un-
ternehmensübergabe steht, zu Wort, dann die mittlere Generation
und letztlich auch ein Werksstudent zu Wort. Schnell wurde klar,
dass sich von den Gründungen der Siebziger Jahre bis heute viel in

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Sozialwissenschaften, was dann?

Drei Alumni stellen sich den Fragen der Studierenden

Sozialwissenschaften – und was kann man damit einmal werden? Drei fits Hannover, entwickelte ihre beruflichen Ziele während ihrer Zeit als
Alumni der Leibniz Universität Hannover lieferten vielfältige Antwor-
ten; denn die Studierenden werden mit einigen, vielleicht ungeahnten Studentin in Hannover. Durch das Angebot »Mit Leibniz in die Wirt-
Fähigkeiten ausgestattet. Die Gäste der Einführungsveranstaltung
von Prof. Mathias Bös kamen aus Wirtschaft und Medien. schaft« erhielt sie Einblicke in wirtschaftliche Berufsfelder und schärf-

An eine Frage haben sich die Studierenden aus dem Fachbereich So- te anschließend ihr Profil. Berses Tipp: Gutes Englisch zu sprechen ist
zialwissenschaften im Laufe ihres Studiums vielleicht gewöhnt: Und
was willst du damit einmal werden? Prof. Mathias Bös zeigte in heute nicht nur hilfreich, sondern oft Voraussetzung. ane
seiner Einführungsveranstaltung, dass die Antworten vielfältig sind.
Dazu lud er drei Alumni ein, in seiner Vorlesung am 24. Januar 2018 Alumni berichten aus ihrem Berufsleben: Silvia Grünhagen (Norddeutscher
von ihren beruflichen Werdegängen zu berichten. Rundfunk), Sven Krach (Volkswagen) und Çiçek Berse (TÜV Nord AG, Corporate
Center and Benefits Hannover) (vlnr) waren zu Gast im Hörsaal.
Sven Krack arbeitet als Referent im Betriebsrat von Volkswagen. Er
legte den Studierenden nahe, sich auf der Suche nach Praktika und
Arbeitserfahrung auch international umzusehen. Krack war für einige
Zeit in Russland und meint, der Weg müsse nicht immer geradeaus
gehen, denn »gerade Exoten haben gute Chancen«. Auch Sylvia Grün-
hagens Weg war kurvig. Nach dem sozialwissenschaftlichen Studium
bewarb sie sich zunächst erfolglos um ein Medienvolontariat, ent-
schied sich dann schließlich für ein Aufbaustudium in Journalistik und
arbeitet heute als Redakteurin beim NDR Niedersachsen. Im sozial-
wissenschaftlichen Studium, erzählte Grünhagen, habe sie sich auch
journalistisches Handwerk angeeignet, etwa die Fähigkeit, sich ein
Thema zu erarbeiten und es anschließend publikumsgerecht zu ver-
mitteln. Auf ihren Berufswunsch ist sie über ein Praktikum gestoßen.
Grünhagen betonte, wie wichtig es sei, sich verschiedene Berufsfelder
anzusehen und seine Ziele mit »Leidenschaft und Disziplin« zu verfol-
gen. Çiçek Berse von der TÜV Nord AG, Corporate Center and Bene-

Unterstützung beim Deutschlernen

Das Fachsprachenzentrum sucht für die Teilnehmenden des DSH

(Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang) Intensivkurses

deutschsprachige Alumni, die die Lernenden vor allem beim münd-

lichen Spracherwerb unterstützen wollen. Der DSH Intensivkurs

bereitet auf die DSH-Prüfung vor, die ein erhöhte Sprachniveau in

Deutsch verlangt, wie es für ein Studium an der Universität erfor-

derlich ist. Die Teilnehmenden sind junge Erwachsene unter ande-

rem aus China, Syrien, Iran oder Irak, die sich in Hannover sprach-

lich auf ein Studium vorbereiten. Sie haben über mehrere Wochen

fünf Stunden Deutschunterricht am Tag. Vor allem um den münd-

lichen Teil der DSH Prüfung zu bestehen, benötigen einige noch

Sprachpraxis auf erhöhtem Niveau, beispielsweise über das gemein-

same Lesen und Diskutieren von anspruchsvoller Zeitungslektüre.

Aktuell wird Unterstützung für acht Teilnehmende gesucht, im Sep-

tember beginnt ein weiterer Kurs, bei dem ebenfalls Unterstützung

benötigt werden wird. Bei einem gemeinsamen Treffen mit der

Kursleiterin wird das weitere Vorgehen erläutert. mw

 Wer helfen möchte, erhält nähere Infos unter: Schriftlich läuft es im DSH-Intensivkurs oft schon prima. Für die mündliche
[email protected] Sprachpraxis wird aber noch Unterstützung gesucht.

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Hannoversches Zentrum für Optische Technologien

AlumniTreffpunkt

Mikrostrukturierte Polymer-Folie mit optischen Wellenleitern für 2D Sensorik, Auch biophysikalische Grundlagenforschung ist im HOT vertreten: Hier zeigt
hergestellt durch thermisches Imprint. • Foto: HOT der Physiker Matthias Koch einen Bioreaktor zur Anzucht von Algen, welche bei
wechselnden Lichtverhältnissen mit Resonanz-Ramanspektroskopie untersucht
Am 19. April 2018 konnten 30 Alumni hautnah erfahren, womit sich werden.
das Hannoversche Zentrum für Optische Technologien, kurz genannt
HOT, aktuell beschäftigt. Das fachübergreifende Forschungszentrum sche Anwendungen und Hautkrebsscreening, über Herstellungs­
der Leibniz Universität Hannover betreibt Forschung und Lehre auf verfahren für einen transversalmodenselektiven Faserschmelzkoppler
dem Gebiet der angewandten Optik und Photonik. bis zu Licht­ und Beleuchtungstechnik sowie Mikroplastikanalyse im
Leitungswasser.
Nach einem Ein­
führungsvortrag Das Team um Prof. Roth besteht aus Wissenschaftlerinnen und Wis­
von Prof. Bernhard senschaftlern aus Physik, Maschinenbau, Mathematik, Informatik und
Roth, Wissenschaft­ Elektrotechnik, die zusammen unter einem dem Dach an innovativen
licher Leiter und Forschungsthemen beispielsweise im Bereich integrierte optische Sen­
Geschäftsführer des sorik und Analytik, Polymeroptik und Photonik, medizinische Optik
HOT, führten seine und Diagnostik, optische Informationstechnologie, Beleuchtungs­
Mitarbeiter die technik und hybride Optik­Simulation arbeiten. Das Forschungszent­
Alumni durch diver­ rum ist aus einer Initiative von Instituten und Forschungseinrichtun­
se vom Tageslicht gen der Fakultäten für Maschinenbau und für Mathematik und Physik
abgeschirmte La­ der Leibniz Universität Hannover und des Laser Zentrums Hannover
bore. Die Themen hervorgegangen und hat zum Ziel, die einzelnen Fachkompetenzen in
reichten von Smart­ diesem Bereich zu bündeln, neue Forschungszweige zu schaffen und
phone­gestützten diese für Forschung, Lehre und Wissenstransfer nutzbar zu machen. In
optischen Schnell­ der Lehre koordiniert das HOT den internationalen Masterstudiengang
tests für diagnosti­ Optische Technologien / Optical Technologies: Photonics and Laser
Technology, der die gewonnenen Erkenntnisse unmittelbar in die Aus­
bildung des wissenschaftlichen Nachwuchses einfließen lässt. mh

Forschungsmagazin der Leibniz Universität Hannover
Ausgabe 03|04 • 2017

Die letzte Ausgabe des Forschungs­ Licht
magazins der Leibniz Universität
befasst sich mit den vielfältigen Optische Technologien
Facetten der Optik­ und Photonik­
Smartphone-gestützter optischer Schnelltest-Sen- forschung an der Leibniz Universi­
sor für die medizinische Diagnostik. • Foto: HOT tät Hannover. Kostenlos bestellbar
im Alumnibüro unter alumni@zuv.
uni-hannover.de.

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Community | LeibnizCampus

Diplomjahrgang 1961

Bauingenieure trafen sich bereits zum elften Mal

Am 17. und 18. April 2018 kamen 25 Bauingenieure des Diplom­

jahrganges 1961/62 (damals nur Männer) mit ihren Ehefrauen und

Partnerinnen zum 11. Semestertreffen nach Hannover. Sie infor­

mierten sich bei der Infrastrukturgesellschaft Region Hannover

(Infra) über den barrierefreien Ausbau der Stadtbahnstrecke 10/17

in der Kurt­Schumacher­Straße, feierten bei einem Semesterabend

in »Meiers Lebenslust« und beschlossen das Treffen mit einer

städtebaulich­verkehrlichen Führung zu den Innenstadtprojekten

des städtischen Modellvorhabens City 2020+. Auch die vorange­

gangenen zehn Treffen hatten fachliche und kulturelle Programm­

punkte, die Verleihung der »Goldenen Diplome« im Rahmen der

Absolventenfeier der Fakultät für Bauingenieurwesen und Geo­

däsie im Januar 2012 und 2013 war aber unbestritten der Höhe­

punkt. Prof. Dr. Robert Schnüll

Steuerverwaltung
Niedersachsen

Das Landesamt für Steuern Niedersachsen
sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt

Volljuristinnen / Volljuristen

mit fundierten juristischen Kenntnissen für Führungs- und Leitungsaufgaben in der
Steuerverwaltung Niedersachsen.

Soweit die beamtenrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, werden Sie im zweiten Einstieg-
samt der Laufbahngruppe 2 (ehemals höherer Dienst) als Regierungsrätin/-rat auf Probe
(Besoldungsgruppe A13 NBesO) eingestellt.

Den vollständigen Ausschreibungstext und weitere Informationen finden Sie im Internet auf
unserer Homepage www.lstn.niedersachsen.de unter der Rubrik Job & Karriere/Ausbil-
dung/Stellen/Regierungsrätin/-rat.

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LeibnizCampus | Community

Absolventenfeiern

Hoch hinaus: Die Absolventen und
Absolventinnen schwingen in die Zu-
kunft. • Foto: Henrik Wiegand

Auf der Absolventenfeier der Archi-
tekten stellten die Studierenden ihre
Modellentwürfe aus. • Foto: Henrik
Wiegand

Mit Schwung in eine nachhaltige Zukunft einer nachhaltigen Nutzung der natürlichen und kulturellen Res­

Sozialromantik oder Realismus? Realismus! Moritz Engel gewann sourcen in Amazonien«. Auf der Abschlussfeier der Fakultät für
den Masterthesis­Preis Architektur und Städtebau für seinen Ent­ Architektur und Landschaft, am 31. Januar 2018, gab es einiges
wurf eines Krankenhauses in Ruanda. Seine Arbeit mit dem Titel
»Ein neues Distriktkrankenhaus in Ruanda« verfolgt eine selbst­ zu sehen: Neben dem gesellschaftlich und ökologisch durchdach­
baubare und erhaltbare Architektur. Der Preis wird vom Bund
Deutscher Architekten Hannover gestiftet. Christina Cernovsky er­ ten Krankenhausentwurf fanden sich futuristische Parks, Wohnan­
hielt den zweiten Preis für ihre Arbeit »Urbane Nachverdichtung
Madrid«, der dritte Platz ging an Alexandra Eggers für ihre »Vision lagen und vieles mehr. Nachdem die Absolventen und Absolventin­

nen ihre Abschlussurkunden in den Händen hielten, schwangen sie

auf zwei großen Schaukeln in die Zukunft. ane

Politischer Wille und Ingenieurskunst verbessern das Leben der Menschen

Bei der Abschlussfeier der Fakultät für Bauingenieurwesen und teil, die ihr goldenes beziehungsweise silbernes Diplom erhielten.
Geodäsie, am 13. Januar 2018, ging es in diesem Jahr politisch
zu. Nachdem Bürgermeister Thomas Herrmann die politische und Vier Jubilare erhielten eine silberne Promotion. ane
gesellschaftliche Relevanz einer Abschlussfeier umrissen hatte,
übergab er das Wort an Monika Griefhahn, der ehemaligen nieder­ Für die Absolventen und Absolventinnen der Fakultät für Bauingenieurwesen
sächsischen Umweltministerin. Griefhahn sprach eindringlich zu und Geodäsie gibt es »keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken«. •
den Zuhörern und Zuhörerinnen. Es lohne sich immer, sich für die Quelle: www.foto-kammler.de
Gesellschaft einzusetzen und neue Ideen auch immer auf ihren
ökologischen Wert hin zu prüfen. »Demokratie fällt nicht vom Him­
mel.« Der Appell an die Absolventinnen und Absolventen: Politi­
scher Wille und Ingenieurskunst verbessern die Umwelt und das
Leben der Menschen. Für außergewöhnliche Studienleistungen und
besonderes Engagement in den Fachschaften vergaben die Stiftung
Bauindustrie Niedersachsen­Bremen, die Victor Rizkallah­Stiftung,
der Verlag Wilhelm Ernst & Sohn, die Förderergesellschaft Geodäsie
und Geoinformatik der Leibniz Universität Hannover sowie die
Ingenieurkammer Niedersachsen insgesamt 18 Preise an die Absol­
ventinnen und Absolventen. Besonders zahlreich nahmen auch die
Absolventinnen und Absolventen der Jahrgänge 1967 und 1992

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