MEDITATION UND KONZENTRATION
In der modernen Literatur gibt es unterschiedliche Definitionen von
Meditation und Konzentration, wobei die Durchführung und Wirkung
dieser beiden Sammlungen des Geistes einmal der Meditation und ein
andermal der Konzentration zugeordnet werden, manchmal wird auch
von meditativer Konzentration gesprochen. Was hier als Meditation
definiert ist, halten manche als Konzentration und umgekehrt. Man muß
sich halt einigen. Übrigens das Wort Meditation kommt im Sanskrit oder
Pail nicht vor. Es wird dort von Sammlung des Geistes oder des inneren
Sinnes gesprochen.
Da jeder Mensch meditieren oder sich konzentrieren kann, egal ob
stumpf, dumm, aufgeweckt oder intelligent, ist es wichtig zu wissen,
welche Vorteile oder Nachteile daraus entstehen können. Dazu werden
für den Leser Tips, Hindernisse und Warnungen beschrieben, denn
man kann Selbstverdummung, Einbetonieren des gegenwärtigen
Zustandes oder eine Steigerung des Intellekts als Ergebnis erzielen.
Der Mensch hat seine Aufmerksamkeit und Geist durch die Schule,
Berufsausbildung, Universität etc. so geschult, daß er sich nur außen
orientiert. Meditation und Konzentration soll dies umkehren, die
Aufmerksamkeit muß wieder nach innen gerichtet werden, denn das
Versinken im Materialismus ist nicht der innere Sinn der Schöpfung.
Deswegen nehmen die 3 Disziplinen Achtsamkeit (Selbstbeoachtung),
Meditation und Konzentration eine zentrale Stellung ein. Mithilfe der
Meditation und Konzentration soll erstens innere Ruhe, zweitens
Wissen über sich selbst erlangt werden und drittens die Löschung von
Eindrücke bewirkt werden, die später reflexiv als Verhalten wirken.
Viertens soll der Irrlauf des Denkens reduziert und später ganz
unterbunden werden. Um dies zu erreichen, ist zuallererst die innere
Ruhe herzustellen. Es sind dazu 4 Faktoren notwendig:
a) Körperliche und entspannte Regungslosigkeit in einer Asana oder
auf Stuhl, gerader Rücken, Stille rundherum.
b) der Beobachtende, er erzeugt Aufmerksamkeit
c) der Fluß der Aufmerksamkeit in Form einer gerichteten, inneren
Strahlung.
d) das Objekt der Aufmerksamkeit im eigenen Wesen oder außerhalb
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(das Beobachtete, die Stütze)
MEDITATION
Die Meditation ist eine Aufmerksamkeit bei wachem Bewußtsein auf
sich selbst zur Erzielung einer inneren Ruhe und Harmonie durch
Glättung der seelischen Wirbel, verbunden mit der Erwartung,
irgendwann führt ein aufsteigendes Wissen zur Erleuchtung. Was die
Meditation nicht tut, ist das Löschen der Samskaras und das Auflösen
der tief verborgenen Atavismen. Deswegen wirkt die Meditation nur
vorübergehend. Für dauerhafte Änderungen im Wesen ist die
Konzentration zu ergreifen. Eine gute Meditation sollte zum Erkennen
des Fehlverhaltens im Alltag und dessen Korrektur führen. Die
Ausführung der Meditation geschieht durch
a) Üben der vollkommenen Achtsamkeit auf die geistigen, emotionalen
und körperlichen Phänomene im gegenwärtigen Augenblick.
b) Üben der Geistesruhe mittels Aufmerksamkeit auf ein einziges
Wesensobjekt, z.b. Atem, imaginiertes Bild, einen einzigen Gedanken
oder auf ein Mantra, um den täglichen Irrlauf der Gedanken
auszuschalten oder konkret zu steuern.
C( Die Vorstellung einer Schutzgottheit in der Meditation ist etwas für
Fortgeschrittene. Der Guru sollte die Gottheit passend für den
Neophyten vorgeben.
d) Will man die Meditation „verschärfen“, so soll man mit offenen Augen
üben. Der auftretende Kampf gegen Betäubungstendenzen fördert das
Wachsein im Alltag.
Meditation begleitet mit sanfter Musik oder leise gesprochenen Worten
(Mantras, Meditationstexte) führt zwar zur Beruhigung und Erholung,
jedoch wird die Aufmerksamkeit zur inneren Sammlung durch die
Beschäftigung des Hörsinns reduziert, eingelullt oder sogar verhindert
und die sammelnde Wirkung auf eine innere Leerheit ist nicht möglich.
KONZENTRATION
Die Konzentration ist Aufmerksamkeit bei wachem Bewußtsein auf das
eigene Wesen mit dem Ziel, befreiendes Wissen über sich selbst zu
erlangen. Konzentrationen bewirken Veränderungen zum Besseren
oder Schlechteren, daher Vorsicht. Richtig angewandt, führt die
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Konzentration zur Transformation des Wesens. Vorbedingung zum
Erfolg in der Konzentration ist die Selbstbeoachtung im Alltag (siehe
Kapitel „Achtsamkeit“) und das Eliminieren von Störfaktoren verursacht
durch Nicht-Beachtung der Moral. Dies wird gerne übergangen. Wer
einmal jene tiefe Ruhe erfahren hat, die durch das Berühren der Leere
in der Konzentration hervorgerufen wird, wird dies sein ganzes Leben
nicht mehr vergessen. Einen Urlaub zum Erholen braucht der Yogi
nicht.
EXTENSIVE KONZENTRATION
Extensive Konzentration ist eine Konzentration auf einen großflächigen
Körperteil. Am besten auf einen neutralen Körperteil wie die Füße, vom
Knie abwärts. Bei den Füßen genügt das Sitzen auf einem Stuhl. Die
Übung ist harmlos, weil keine Organe betroffen sind und sie kann den
ganzen Tag lang überall unbemerkt geübt werden. Diese Konzentration
bewirkt u.a. ein Löschen der täglichen Eindrücke (samskaras), ein
Auflösen der Atavismen und eine Änderung der Stimmung zur
Freudigkeit bei Einhaltung der Moral. Dein Lehrer sollte dir dazu mehr
sagen können. Eine weitere Wirkung besteht im Reduzieren des
Denkens bis zum völligen Stillstand.
INTENSIVE KONZENTRATION
Intensive Konzentration ist eine Steigerung der extensiven
Konzentration. Die intensive Konzentrationsarbeit beginnt meist dann,
wenn der "psychsich-psychologische Punkt" sich meldet. Die Übungen
zielen auf einen oder mehrere Punkte im Körper, sie bedürfen
unbedingt der Anleitung und Überwachung eines spirituellen Meisters.
Sollte dies ohne Lehrer erreicht worden sein, wird man auf einen
treffen. Die Wirkungsweise kann mit einem Brennglas verglichen
werden. Die intensive Konzentration ist eine punktgerichtete
Konzentration, weil der Fluß der Aufmerksamkeit ohne Streuung gleich
einem Laserstrahl wirkt. Sie soll immer mit der extensiven
Konzentration im Hintergrund zusammen geübt werden.
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GEGENSTANDSLOSE KONZENTRATION
Sie bedingt das vorherige Erreichen der Konzentrationsfähigkeit,
welche nicht einfach zu erlangen ist. Wer sie verwirklicht, ist
ununterbrochen konzentriert. Keine äußere Ablenkung kann diese
Konzentration mehr stören. Man kann tätig sein, ohne durch einen
Gedanken abgelenkt zu sein. Die gegenstandslose Konzentration wirkt
wie bei jeder Konzentration als ein schnell drehender Rotor, der unter
anderem die Wellen (vrittis) im Denkorgan glättet und somit jegliche
Ablagerung irgendwelcher Sinneseindrücke verhindert. Je nach
Intensität werden Wesen in unmittelbarer Nähe vertrieben. Diese
Konzentration ist dann hilfreich und wichtig, wenn die inneren Augen
offen sind und in die feinstoffliche Welt sehen, die ja viel mehr Vielfalt
(Eindrücke) hat als die uns sichtbare Welt aufweist.
PRANAYAMA
Oder die Kunst des feinen psychischen Atems zum Erkennen, Fassen
und Lenken von Prana. Das Ergebnis eines erfolgreichen Pranayama
ist u.a. das Leben unabhängig vom physischen Körper und das
Herstellen erwünschter Zustände. Pranayama ist mit Vorsicht
anzuwenden, denn sie ist ein zweischneidges Schwert. Die daraus
gewonnene Energieanreichung verstärkt auch die negativen
Eigenschaften und sind diese noch in Übermacht, so geht das gar nicht
gut aus. Für richtiges Pranayama ist ein echter Guru erforderlich, der
das überwachen kann. Zur Wirkung von Pranayama hier ein
Kommentar eines tibetischen Meisters:
Mit der Atemgymnastik kann man viel erreichen. Das Problem liegt nur
bei den Voraussetzungen. Man muß sich einer wirkungsvollen
Atemübung sehr detailliert widmen. Es ist unverzichtbar, daß man sich
dauerhaft im Vergegenwärtigen der Atemqualitäten im Bewußtsein übt.
Mit Willenskraft müssen wir sie annehmen, damit sie in Form eines
Windes den Körper durchwehen und auf diese Weise alle tödlichen
Früchte beseitigen. Deshalb sollte man immer auf das Wehen des
Atems achten, der viel mehr eine psychische als physische
Angelegenheit ist und der gegen die tödlichen Früchte stärker wirkt, als
ein unerfahrener Mensch meinen könnte. Diese Früchte stehen nämlich
in direktem Zusammenhang mit seinem Bewußtseinszustand. Wenn
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also jemand in der Lage ist, die „Qualität der Luft“ in sein Bewußtsein
aufzunehmen und diese durch seinen Körper fließen lässt, so hält
derjenige sich an einem Träger fest, mit dessen Hilfe er die schädlichen
Früchte ausscheidet.
Eine weitere Beschreibung zur Ausführung von Pranayama-Yoga als
Methode zur Erlangung absoluten Wissens ist dem Kapitel „Yoga: Ein
Weg für alle“ beigefügt.
KONZENTRATIONSFÄHIGKET
Die Konzentrationsfähigkeit ist ein mystisches Ergebnis von nicht zu
unterschätzender Qualität und nicht leicht zu erlangen und ist
Voraussetzung für weitere Stufen. Sie besteht darin, daß man die
Aufmerksamkeit auf irgendeinen Teil des Körpers heftet, wobei alles
andere, bis auf ein sekundären Bewußtwerden (Spüren der Füße), des
ganzen eigenen Wesens als lebendigen Typus übergangen wird. Im
Denkprinzip existiert dann nichts Anderes als das gewählte
Beobachtungsobjekt. So muß das Beobachtungsobjekt sein Geheimnis
preisgeben. Die Sinne dürfen keinen Kontakt mehr zur Außenwelt
haben, d.h. die feinstofflichen Sinne (indriyas) werden von den groben
Sinnen abgekoppelt. Es wird vorausgesetzt, daß das Tamas eliminiert
wurde und es keine Sehensucht zur Bequemlichkeit mehr gibt. Die
Konzentrationsfähigket wird erstmals erreicht in der Stufe Pratyahara
bei Raja-Yoga oder am Ende des zweiten buddhistischen Jhana. Wie
schon erwähnt, ist dazu eine Perfektion der Selbstbeobachtung
analytischen Charakters erforderlich. Ist diese Fähigkeit erreicht, kann
man u.a. mit einem Atemzug in sie eintreten. Mit ihrer Hilfe kann man
sich blitzschnell in einen neutralen Zustand versetzen - Angst, Abscheu,
Schrecken, Beeinflussung, Ekstase usw. existieren nicht mehr. Die
Fähigkeit zur Konzentration ist eine mystische Fähigkeit und gilt als die
wertvollste, sie funktioniert in jeder Lebenslage – auch im Tod. Die
Weiterentwicklung ist die gegenstandlose Konzentration, d.h. man ist
immer voll konzentriert. Wer sich vielleicht die Frage gestellt hat, was ist
die ultimative Waffe im Universum? Die Antwort lautet: die voll
entwickelte und unerschütterliche Konzentrationsfähigkeit (s.a.
Dharmakaya oder Turiya). Sie kann alles bewirken oder verhindern.
Verdeutlicht für den Laien durch Schwert, Blitzschleuder, Speer,
Dreizack, Hammer, Pfeil und Bogen usw. bei Darstellungen von Shiva,
Odin, Zeus. Bei den tibetischen Bildern sind dies die Totenschädel,
Tapopa > 105 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Blutschale, Dorje, Phurba und Feuerkranz bei zornigen Gottheiten.
ANALYTISCHE KONZENTRATION
Sie setzt die Konzentrationsfähigkeit voraus und ist die konsequente
Erweiterung der Unterscheidungskraft. Mit der analytischen
Konzentration werden alle Geheimnisse enthüllt. Ohne sie gibt es kein
Überwinden der Schwelle zum Übergang ins Reich der Leere
(Transzendenz), wo die Weisheit wohnt und letztendlich der Endpunkt
der Forschung und Entwicklung erreicht wird.
HINDERNISSE
Die primären Hindernisse entstehen durch Anhaftungen und
Verlangen. Woran man haftet und wo die Begehrlichkeiten hinlaufen
erkennt man in der Übung, sie stören teilweise erheblich die
Aufmerksamkeit. Die Hindernisse in der Durchführung selbst sind:
Einschlafen, Dösen und das Denken. Der Kampf gegen die Gedanken
ist erfolg- und sinnlos, solange die Versittlichung ignoriert wird (s.a.
Kapitel Moral Seite 79, Punkt b). Ein ständiges Beobachten der
Gedanken (s. Kapitel Achtsamkeit) aus einer „Sicht von oben“ ist sehr
hilfreich. Denkkonzepte müssen ausgerottet werden, neue dürfen nicht
entstehen! Sollte der besoffene Affe (das Denken) vehement stören, so
hilft evtl. das Üben mit offenen Augen. Schlimmstenfalls ist die Übung
zu unterbrechen. Siehe dazu auch den berühmten Text „Tilopas
Mahamudra Gesang“. Dösen kann zur irrigen Annahme führen, man
habe die „Leere“ erreicht – das Gegenteil ist der Fall..
Für Fortgeschrittene: Beim ständigen Ausmerzen von Denkinhalten darf
man nicht wegen "Angst die Identität zu verlieren“ die Bemühung
aufgeben. Die Bemühung um die Vorherrschaft im Denkprinzip muß
zum Sieg über den „Körper“ führen. Die Leerheit, die seelische
Regungslosigkeit, soll und muß irgendwann erreicht werden. Beim
Beobachten des Inneren kommt es bald zum Widerstand und es lauert
die Gefahr, sich in der Welt mehr Geltung zu veschaffen, womit die
geistige Bemühung endet.
Beim Üben von Meditation oder Konzentration sollte beachtet werden,
in welchem Zustand der Mensch sich befindet. Er soll immer in guter
Stimmung üben. Ist der Mensch tamasisch konditioniert, kann dies zu
Tapopa > 106 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Selbstverdummung und Einengung des Bewußtseins führen. Ein
solcher muß zuerst Lebhaftigkeit, Aufgewecktheit oder Temperament
entwickeln. Ist der Mensch rajasisch, rastlos oder cholerisch, so dient
die Mediation oder Konzentration der Beruhigung und erst dann kann
Sattva sich entwickeln. Übt jemand aufgrund falscher Voraussetzungen
die Selbstverdummung, so besteht die Wahrscheinlichkeit daß er es
nicht merkt und fest davon überzeugt ist, er mache alles richtig.
Erkennungsmerkmale sind u.a. die im Kapitel „Checkliste“ aufgelistet.
WARNUNGEN UND HINWEISE
Ein spiritueller Meister schrieb zum Thema Konzentration und seiner
Wirkungen folgendes: Jeder, der die Konzentration übt, sich muß sich
ständig dessen bewußt werden, was er tut, wenn er sich konzentriert,
ohne daß ihm dabei seine Wesenheit aus dem Bewußtsein und der
Gegenstand, die Stütze oder das Objekt, für die Konzentration
entkommen darf. Durch das Erfassen des Gegenstands oder der
Stütze, in der Konzentration zusammen mit dem lebhaften und wachen
Bewußtwerden dieser Arbeit, gelangt er eigentlich zu einer
kontrollierenden Tätigkeit. Und damit kann die Konzentration qualitativ
gefärbt werden, so ist diese bewußte Tätigkeit auf der mentalen Ebene
die Voraussetzung des weiteren möglichen Fortschreitens. In der Regel
wird auf ein solches Vorgehen nicht geachtet.
Je nach den wesensmäßigen Tendenzen strengt sich ein auf solche Art
Yoga-Übender an, die Ruhe und Stille hinter den wesensmäßigen
Äußerungen zu erfassen, aber wegen ungenügender Schutzmacht
durch die moralischen Bemühungen trägt der
a) Erste in das so tätige Denkprinzip und Bewußtsein die Vibrationen
der Animalität hinein, verbunden mit aller Dunkelheit und Gefahr der
Wirkungen der spontanten animalischen Vitalität. Dann ist ihm
allerdings die Ruhe und Stille hinter den Wesensäußerungen nur eine
dunkle Unbeweglichkeit, trotzdem aber schwanger mit der latenten
Animalität, die aus dem ausgerichteten Denken durch die Konzentration
noch mehr gestärkt herauskommt, und gerade deshalb, weil er auf die
Moral nicht geachtet hat, hat er die Bedingungen für das weitere
Bestehen und die Entfaltung der Animalität nicht beseitigt. Aus diesem
Grund wird allerdings die seelische Wiedergeburt, die aus seiner
Konzentration stammt, zu einem bedeutungslosen Ereignis, denn aus
Tapopa > 107 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
ihr kommt zum abermaligen Leben beinahe derselbe Mensch heraus,
welcher eigentlich durch die intensive Wirkung der Konzentration
vernichtet werden sollte.
b) Der Zweite wieder denkt nicht über das Problem der guten und
wertvollen Konzentration nach, und daher ist sein Versuch eigentlich
nur eine Bemühung zur Schmälerung des Bewußtseins und eine
Bemühung zum bloßen Verhüllen der Stumpfheit (nicht mehr
feststellbares Tamas).
c) Der Dritte, voll von wilder Animalität, findet in der Konzentration die
Stärkung seines Temperaments und unter seinen Drücken führt er oft
eine Konzentration durch, welche ein bloßes Schauen auf einen
imaginär guten seelischen Zustand ist, wobei seine ganze Wesenheit
weiter in der Animalität ohne Hindernis pulsieren kann - und zwar so
frei und undiszipliniert, als ob es kein geistiges Bestreben gäbe.
d) Der Vierte wiederum ist gefangen in einer fixen Idee mit der er sich
identifiziert, infolgedessen ist er sich ihrer nicht mehr bewußt und wird
durch sie als eine wesenmäßige Kraft mitgerissen (Anmerkung:
überflutetes Bewußtsein), und so bemüht er sich in dieser mystischen
Übung nur darum, daß er durch sie noch vollkommener hingerissen
wird als wenn er sich nicht konzentrieren würde.
e) Der Fünfte findet in der Konzentration eine Hilfe bei seinem Flüchten
vor dem Selbstbewußtwerden im Ich, das ja nicht verlassen werden
sondern verwandelt oder erhöht werden soll.
f) Der Sechste findet in der Konzentration einen Helfer in der
Vollendung des Zergehens im Abstrakten auf der Ebene des
Bewußtseins, eines Zergehens im Nichts, wo die Animalität nicht
zerstört sondern nur in (vorübergehende) Ruhe gebracht werden kann.
Ein solcher Zustand kann schon aus logischen Erwägungen nicht
dauerhaft sein, gerade wegen der karmischen Dispositionen der
verkörperten Wesen, sodaß man erwarten kann, daß der sich
bemühende Mensch nach einer Zeit aus seiner scheinbaren
Beruhigung zu einer noch größeren Begierde und Gefräßigkeit
erwacht.
g) Beim Siebten aber kommt es manchmal bei einer solchen Abtötung
zur Erschöpfung der Lebenspotenz durch geisterhafte Personifikation
menschlicher Leidenschaften, die im (unsichtbaren) Raum wohnen und
durch ihn hindurchwandern auf der Suche nach möglichen Ernährern.
Ein wahrer spiritueller Meister wird seine Gemeinde dahingehend
Tapopa > 108 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
aufklären und seine Schüler überwachen. Es ist seine Pflicht!
FAZIT
Meditation kann mit Bewegungsabläufe (z.B. Gehen) kombiniert
werden, während bei der Konzentration Regungslosigkeit des Körpers
Vorbedingung ist, was bei der gegenstandslosen Konzentration
wegfällt. Auch im Sitzen außerhalb der eigenen 4 Wände kann man
meditieren oder sich konzentrieren, ohne daß es jemand bemerkt. Es
ist also überall und jederzeit möglich. Daß man nicht auffällt ist wichtig,
denn das Denken der anderen stört die Aufmerksamkeit und würde die
Eitelkeit nähren.
Wie schon erwähnt, die größten Hindernisse und Störfaktoren sind
die Anhaftungen. Nicht die Anzahl sondern deren Intensität ist
entscheidend. Die Konzentration, wenn als Fähigkeit erlangt, ist das
einzige im Wesen Mensch was immer funktioniert. Nicht nur im Alltag
und unter Menschen, bei der Arbeit oder beim Studium, sondern vor
allem in ungewöhnlichen Lebenslagen wie Krankheit, Unfall, Traum und
Schlaf, bei Ängsten und im Tod. Mit ihrer Hilfe kann der Mensch
„karma-konform“ leben. Sie kann gar nicht genug geschätzt werden,
siehe dazu auch Achtsamkeit.
Die analytische Meditation oder Konzentration ist die letzte und dritte
Stufe in der geistigen Entwicklung, welche mit der Versittlichung bzw.
mit der moralischen Bemühung begonnen hat, bis alles Negative
ausgemerzt ist, und setzt fort mit der analytischen Selbstbeobachtung.
Nur karmisch unreife Menschen greifen sofort zu technischen
Methoden wie Meditation oder Konzentration und übergehen die
wichtige erste Stufe. Die Ergebnisse sind entsprechend.
Vivekananda äußerte sich zum befreienden Wissen wie folgt: “Käme
ich nochmals auf die Welt, ich würde mich nur um die
Konzentrationsfähigkeit (Dhyana) bemühen, denn sie erlaubt mir, alles
zu erkennen, zu begreifen und zu erfahren. Es gibt dann kein einziges
Geheimnis mehr. Ich bräuchte nicht mehr mühsam mir Wissen anlesen
und mich mit Ballast vollstopfen“.
Tapopa > 109 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Tapopa > 110 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
GESETZ DER ENERGIEERHALTUNG UND
KARMA
ALLGEMEINE DEFINITION
Die Energieerhaltung (Energieerhaltungssatz) drückt die
Erfahrungstatsache aus, daß die Energie eine Erhaltungsgröße ist, daß
also die Gesamtenergie eines abgeschlossenen Systems sich nicht mit
der Zeit ändert bzw. die Summe aller Energien darin konstant ist. Zwar
kann Energie zwischen verschiedenen Energieformen umgewandelt
werden, beispielsweise von Bewegungsenergie in Wärmeenergie.
Energie kann auch aus einem System in ein anderes System
transportiert werden, es ist jedoch nicht möglich, Energie zu erzeugen
oder zu vernichten. Die Energieerhaltung gilt als wichtiges Prinzip aller
Naturwissenschaften. Der Energieerhaltungssatz sagt auch aus: daß die
für das System gültigen Gesetze der Physik nicht von der Zeit
abhängen. Der Satz von der Energieerhaltung gilt als etabliert, auch in
der Quantenphysik. Daraus folgt u.a. daß Energie, die von einer
Kraftquelle kommt, wieder zu ihr zurückkehrt. Erzeugt beispielsweise ein
Dynamo (Kraftwerk) elektrische Energie und diese wird
unterbrechungsfrei wohin geleitet, so kommt sie zum Ausgangspunkt
zurück (ohne Rückleitung kein Elektronenfluß). Oder beispielsweise wir
werfen einen Stein und er trifft auf keine ablenkenden Kräfte, so kommt
dieser unweigerlich irgendwann wieder zum Ausgangspunkt zurück.
WAS HAT DAS MIT UNS ZU TUN?
Wie in anderen Kapiteln erläutert gibt es im Menschen die psychische
Energie, welche das Denken, die Gefühle, den Willen, die Kreativität
usw. betreiben. Daher unterliegt diese denselben universellen
Gesetzen. Die Nutzung dieser psychischen Energie und die Folgen
daraus sind im Osten in der "Lehre vom Karma" beschrieben. Die
Erkenntnisse dieser Lehre sind keine abstrakten Schlußfolgerungen
sondern sind das Ergebnis direkter Einsicht von Mystikern (so wie man
das Fließen von Wasser beobachten kann). Da diese psychischen
Energien nicht mit materiellen (grobstofflichen) Laborgeräten erfaßbar
und verfolgbar sind, ist die Physik höchst skeptisch und ablehnend. Sie
Tapopa > 111 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
können auch nicht das abgegebene Energiepotential eines Mächtigen
messen, wenn er spricht. Und dies nicht nur mangels Beweisbarkeit
sondern wegen der erschreckenden und dämmernden Erkenntnis, daß
alles zu einem zurückkommt. In Zeiten wie diesen hat der Mensch
überhaupt keine Furcht mehr vor Rückwirkungen.
Die östliche Geisteswissenschaft sagt, dieselbe Gesetzmäßigkeit gilt
auch für den Menschen. Warum? Weil der Mensch über den Atem jene
Energie aufnimmt, welche die psychischen Komponenten betreiben und
allgemein als Prana oder "Erst-Energie", bekannt ist. Der Mensch
absorbiert also diese Energie und "verfärbt" und markiert diese Energie
vor allem durch sein Denken und Wollen (hintergründige Motivation), die
immer egoistische Tendenzen haben. Es entstehen somit
ununterbrochen "Energieflüsse" (Energiepakete), die markiert sind.
Diese Markierung kommt einer individuellen Steuer-,
Personalidentifikationsnummer, QR-Code oder IP-Adresse gleich. Somit
verbleibt diese individuelle Energie im System Mensch. Das Denken
verbraucht den größten Anteil an dieser Energie, wodurch die neutrale
Energie zur individuellen Energie wird. Diese macht einen „Bogen" und
kehrt zum Ursprung (Verursacher) zurück. Bei ihrer Rückkehr, also dem
Eintritt in das System Mensch, will sich die Energie neutralisieren, um
zum neutralen Energievorrat des Universums zurückkehren zu können.
Vergleichbar mit dem Wasserkreislauf (Verdunstung, Wolken, Regen,
Bach/Fluß, Meer). Dem Zwang zur Neutralisierung kann kein Wesen
widerstehen, auch die Götter nicht. Der Mensch ist ununterbrochen
dieser "Neutralisierung" unterworfen, auch wenn man scheinbar nichts
merkt. Das Problem dabei ist, daß der Mensch sich nicht neutral verhält
und es nicht geschehen läßt bzw. lassen muß und reflexiv reagiert
(Steigerung der Gier bei Erfolg, Dagegen-Arbeiten bei Ungünstigem,
Verändern-Wollen, Abwehr, neues Verlangen usw.) und folglich werden
neue individuelle Energiepakete produziert – in heftiger oder gemilderter
Form. Wo bzw. wann die psychische Energie als Karma aus dem
Wesen austritt und wo und wann sie wieder eintritt, das behandele ich
hier nicht. Dein Guru (Lama oder Referent) soll dir das erklären.
Am einfachsten kann man dieses Wirken bei sich beobachten durch die
Reaktion der Anderen, die eine Art Karma-Reflektor sind. Einmal erfährt
man Widerwillen, Ablehnung, man muß Warten oder man trifft auf
Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Liebe, Entgegenkommen. Genauso
betrifft dies den Erfolg bzw. Mißerfolg im Berufs- und Wirtschaftsleben
Tapopa > 112 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
oder Studium. Beispiel: ein Student hat genauso viel gelernt wie ein
anderer, jedoch einem von beiden wird bei der Prüfung eine vertrackte
Frage gestellt, die er nicht beantworten kann. Dieser eine fällt durch,
obwohl beide gleiches Wissen und Können haben. "Pech gehabt" ist
hier die Erklärung. Nur so sind die unterschiedlichen Zwänge und guten
oder miesen Bedingungen der Menschen bzw. ganzer Völker zu
erklären, denen sie wie verhext nicht entkommen. Ja jetzt verstehen wir
auch, warum der Schrei der Menschen in ihrer Verzweiflung und
Unwissenheit, wenn das Eigenprodukt Schicksal zuschlägt, der da
lautet: "O Gott, warum hast du das zugelassen?" wirkungslos verhallt.
Hier ein Kommentar eines tibetischen Mystikers zum Entdecken des
Karmas bei sich selbst:
Die tibetische Mystik ermöglicht jedem Menschen durch die Lehre
Buddhas die analytische Konzentration unter bestimmten positiven
äußerlichen Voraussetzungen auszuführen, wie z.B. die Position des
Körpers und physische Ruhe (Regungslosigkeit), auch die Ausrichtung
dieser Konzentration (Beobachtung) zur Struktur des eigenen Wesens,
das jeden Mensch hinter die Grenze der Gedanken und Zweifel über
den primären Nenner in Beziehung zum Körper und der psychischen
Angeborenheit (Natürlichkeit) führt. Und gleich hinter dieser Grenze
entdeckt der Mensch das, was sich Karma nennt. Das ist eine (sich)
erhaltene Energie, die in der Spannung (des Wesens) enthalten ist;
diese kann einmal nur ein Geisteszustand sein, andererseits auch ein
Gedanke, ein anderes Mal nur ein Wollen und wieder ein anderes Mal
ein Wille zur Tat. Alle diese Erscheinungen sind voraussetzende
Zustände des Seins und Geschehens und die tibetische Mystik will sie
bis zum Augenblick ihrer definitiven rückwirkenden Entladung nicht aus
dem Blickfeld verlieren.
FAZIT
Der Mensch selbst ist das Zentrum allen Leids oder allen Glücks, sein
eigenes kleines karmisches Universum. Sein jetziges Leben und sein
jetziger Zustand ist sein Eigenprodukt. Die geistigen Lehren wissen, daß
der Körper der Triebe, Gefühle und Atavismen der Verursacher allen
Leids und aller mißlichen Lagen und Zustände ist. Es ist dies der
Astralkörper der für die negativen karmischen Krafttendenzen durch
Taten und Wollen im Denken verantwortlich ist und spürbar die
Rückwirkungen erlebt.
Tapopa > 113 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Dieses sogenannte Ursachenkarma kreist im Raum und kommt nach
gewisser Zeit zum Absender zurück, manipuliert ihn und als
Wrkungskarma verläßt es Menschen. Weil der Mensch reagiert,
erzeugt er neues Ursachenkarma. Dieser Kreislauf wird im Buddhismus
als das "grausame Samsaro" bezeichnet.
Der Kreislauf des Karma ist auch die Ursache zur Reinkarnation. Die
treibende Kraft des Karmas bewirkt eine Wiedergeburt (Objektivierung)
der psychologischen Komponenten in einer der 6 möglichen Lokas
(siehe dazu Tibetisches Totenbuch bzw. Wissen über den Bardo).
Das Karma wirkt unbestechlich und mathematisch korrekt - insoferne
gibt es im Universum eine absolute Gerechtigkeit. Alle Phänomene
unterliegen dieser Gesetzmäßigkeit. Das Karma bestimmt die soziale
Stellung, Intelligenz, Gesundheit, Lebensdauer usw. eines Menschen.
Und so spricht der Buddhismus:
Meine Tat ist mein Eigentum.
Meine Tat ist mein Erbe.
Meine Tat ist Mutterschoß, der mich gebärt.
Meine Tat ist die Familie, der ich angehöre.
Meine Tat ist meine Zukunft.
Meine Tat ist Leid und Glück.
Meine Tat ist mein Denken.
Die Yogis oder Mystiker haben einen Ausweg, eine Lücke entdeckt,
sonst wäre ja alles Bemühen sinnlos und eine Rückkehr zum Ursprung
des Seins (Erlösung oder Befreiung) unmöglich. Den Ausweg aus dem
karmischen Kreislauf bzw. Erlangung einer günstigen Wiedergeburt
sollte dir dein Guru, Lama oder Yoga-Lehrer erklären können. Wir tun es
hier absichtlich nicht.
Durch Unkenntnis dieser Gesetzmäßigkeiten und ihrer Folgen haben
moderne westlichen Psychologen das unheilvolle "Recht auf
Bedürfnisse" postuliert, daraus folgte dann das "Recht auf Befriedigung"
und dann im Einzelfall das Recht auf Macht, Besitz, Wohlstand,
Privilegien etc. (egal mit welchen Mitteln?). Was das in der Praxis
bedeutet, erfährt jeder als eine allgemein fühlbare Lebensrealität und
Verteilungsungerechtigkeit auf dieser Erde.
Tapopa > 114 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
DAS SAMSARO UND DAS BARDO
DAS SAMSARO
Für jemand, aus dem Christentum oder Islam kommt, ist dies etwas
Neues und revolutioniert vielleicht seine Ansichten über die Schöpfung.
Wir haben das Energieerhaltungsgesetz (Karma) im vorhergehenden
Kapitel beschrieben. Es ist Voraussetzung zum Verständnis für dieses
Kapitel. Das Samsaro ist ein Existenzkreislauf und ensteht durch das
Wirken von individuellem Karma und ist relevant für alle Wesen mit
Form.
Das Samsaro unterteilt sich in 6 Lokas, die sich durch ihre Qualität, ihre
Frequenz und ihre energetische Spannung unterscheiden. Vier von den
6 Lokas befinden sich im feinstofflchen Kontinuum des Universums.
Diese sind von unten angefangen: Hölle, Pretas (hungrige Geister),
Tiere, Menschen, Asuras und die Götter. Diese Lokas sind nicht die
Sphären, in den Wesen existieren, denn deren gibt es hunderte. Das
Wissen über die Lokas und die Rückwirkung ihres Tuns schreckt die
Menschen nicht. Sie haben keine Furcht vor den Folgen. Das Problem
liegt darin, daß die Menschen keine Beweise darüber haben, wie frühere
Existenzen auf ihr jetziges Schicksal wirken und sie wissen nicht, was
im Tod passiert. Der Mensch wird mit einem frischen Tagesbewußtsein
geboren. Im Gedächtnis bleibt alles gespeichert, doch der Zugang zum
Wissen über frührere Existenzen ist blockiert. Er ist nur mit yogischen
Methoden zugänglich. Dies ist ein Schutzmechanismus. Geistig
untrainierte Menschen, die sich an erlittenes Unrecht und anderes
erinnern, würden sich im neuen Leben rächen und so böses Karma
schaffen. Falls man sich gut beobachten kann, gibt der gegenwärtige
Lebenslauf und die Reaktonen der Umgebung Aufschluß über früheres
Verhalten. Später in den höheren Yogas kann der Neophyt seine
früheren Existenzen neu erleben. Mehr über das Samsaro ist im
Tibetischen Totenbuch beschrieben.
Tapopa > 115 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
WIESO KANN ES EIN SAMSARO GEBEN?
Die Reinkarnation der Wesen beruht auf den Voraussetzungen, daß ein
unbewußter Trieb (das Wesen) von einer Sache (Objekt) zur anderen in
der Sphäre der Sinne treibt. Die tibetischen Mystiker wissen das und
versuchen deshalb in das Gesetz der Reinkarnation einzugreifen und
zwar nach den Lehren des Bardo Thödol. Sie versuchen dem
sterbenden und gestorbenen Menschen einen Rat (Hinweis, Belehrung)
während des Auftretens der Zustandsveränderungen in seinem
Bewußtsein zu geben, welches dieses während des Todes und direkt
nach dem Tod durchläuft. Die tibetischen Mystiker sind im analytischen
Beobachten so tief eingedrungen, daß sie feststellen können, daß sich
das Bewußtsein des Menschen während des Todes nicht plötzlich
abschaltet, sondern abklingt (ausläuft) in Zustände und Visionen, die ein
Resultat seines Lebens, seines Denkens, seinen Fühlens usw. sind. In
dem Moment, wenn ein Mensch physisch stirbt, ist sein wehrloses
Bewußtsein (Intellekt) Visionen und Erscheinungen ausgesetzt, da der
Wille schwindet, der diese sonst unterdrückt, zusammen mit der
physischen Machtlosikgkeit, die aus dem Sterbensprozess resultiert.
Auch wenn das Bewußtsein wehrlos ist, kann es immer noch
wahrnehmen und erlebt in umgekehrter Reihenfolge das Schicksal
seines vergangenen Lebens. Der Einfluß dieser Visionen bedrängt das
geschwächte (gedämpfte) Bewußtsein und drückt es in die Bedingungen
hinein, die durch seine vergangene Lebensweise vorbestimmt
(verursacht) sind.
Aber die 6 Lokas stellen den Bereich des samsarischen Seins dar und
jedes Wesen in einer der 6 Sphären kann moralischen Mängeln
unterliegen, deren echte Gegenleistung in einer anderen Sphäre
möglich ist. Auf diese Art werden samsarische Wesen von einer Sphäre
in die andere hineingeboren, solange in ihren Herzen nicht der Drang
entspringt, der sie in übersamsarische Sphären hochbefördert und den
man am besten mit den Worten „sursum corda“ beschreiben kann. Eben
dieser Drang befördert das Wesen über das instinktive Verweilen, das
vom Unterbewußtsein gelenkt wird, und dort erreicht es einen Bereich,
der vom Licht des Bewußtseins durchleuchtet wird. Dieser Bereich ist
bereits übersamsarisch. Die samsarischen Welten sind beschränkt auf
das Verweilen, das von triebhaften Instinkten gesteuert wird. Was
bewirken also die Taten von Menschen und ihrem Denken? Als Quelle
Tapopa > 116 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
dienen uns tibetische Texte.
DIE VERDIENSTVOLLEN TATEN
Sie entstehen durch Bemühung in der Vermeidung der Untugenden und
in der Förderung der Tugenden (siehe Yamas und Niyamas). Also das
Gegenteil der oben nachher schädlichen Taten. Das Einhalten der
Tugenden, das Aufrechthalten einer guten, freudigen Stimmung und das
Denken im Guten führt zur Wiedergeburt in den Engels- oder
Götterwelten oder als Mensch im Wohlstand oder Reichtum, verbunden
mit Unversehrtheit und günstigen Umgebungen.
DIE SCHÄDLICHEN TATEN
Generell kan man sagen: Haß, Zorn, Wut führen in die Höllen.
Verlangen und Gier führen zu den Hungrigen Geistern. Und Ignoranz
ins Tierreich. In welches Loka ein Mensch wiedergeboren wird,
entscheidet seine qualitative Balance (Durchschnitt) aus seinen
negativen, positiven und neutralen Taten seiner jetzigen Existenz. Diese
Balance wird geprägt von seinem reflexiven Lebenstil. Die Angaben hier
sind beispielhaft und keineswegs vollständig.
a) Das Leben anderer nehmen durch Hass, Wut, Verblendung, Gier,
Verlangen oder Opfertötungen. Das Resultat ist die Wiedergeburt in
einer der Höllen. Dies gilt natürlich auch für Foltern und Quälen.
b) Quälen von Menschen und Tieren führt ebenso in die Hölle. Eine
Wiedergeburt als Mensch ist behaftet mit körperlichen und geistigen
Schäden.
c) Stehlen durch Gewaltanwendung oder widerrechtlich Aneignen durch
Betrug. Das Resultat ist die Wiedergeburt unter den Hungrigen Geistern.
Falls als Mensch geboren, wird er arm sein und möglicherweise in
kalten Gegenden.
d) Sexuelles Fehlverhalten mit Mutter, Geschwister oder einer
verheirateten Partners endet meist mit einer Wiedergeburt unter den
Hungrigen Geistern. Falls als Mensch wiedergeboren, möglicherweise
als der Ehepartner seines Widersachers. Unpassende Sexualität ist mit
Mund und Anus sowie an gesegneten Orten wie Kirche, Tempel, bei
einer Stupa, im Retreat oder in der Nähe eines spirituellen Meisters.
Homosexualität gilt ebenso als Fehlverhalten.
d) Lügen über die Qualität des Dharma endet als Wiedergeburt in der
Tapopa > 117 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Tierwelt. Wenn auch große Lügen (weitreichend) oder kleine Lügen in
der Wiedergeburt als Mensch enden, so wird er oft verleumdet und oder
hat schlechten Atem.
f) Trennende Sprache direkt oder indirekt unter Freunden endet in der
Hölle. Falls es zu einer Wiedergeburt als Mensch reicht, dann wird er
von seinen Liebsten getrennt. Auch ein Leben in Bergen oder Hügel ist
möglcih, weil anstrengend.
g) Harte Worte führen bei Intensität direkt in die Hölle. Sarkasmus oder
Lächerlich-Machen kann in eine Nebenhölle führen. Als Mensch wird
man in heißen, trockenen Gegenden wiedergeboren und im Umfeld gibt
es mehr Böse und Verbrecher.
h) Unnützes Reden und Geplapper führen zur Wiedergeburt im
Tierreich. Falls als Mensch wiedergeboren, werden seine Worte nicht
respektiert und mißachtet. Auch muß er evtl. dort leben, wo schlechte
Wetterbedingungen herrschen.
i) Habgier und Stolz endet mit der Wiedergeburt als Hungriger Geist.
Wird er als Mensch wiedergeboren, lebt er noch gieriger und evtl.
verbunden mit Hungersnot.
j) Schädliches Denken das aus Hass, Eifersucht oder Resentiment
kommt führt direkt in die Hölle. Dazu gehört auch der Tötungswusch im
Krieg und das Gewähren (Anordnen) von Scheußlichkeiten. Falls als
Mensch wiedergeboren, wird er Hass von anderen begegnen und dort
leben müssen, wo das Essen schlecht und grob ist.
k) Falsche Ansichten über Ursachen und Wirkungen, über Wahrheiten
und über die befreiende Lehre enden oft mit Wiedergeburt im Tierreich.
Als Mensch ist er mit größerer Ignoranz ausgestattet und muß evtl. auch
in Hungersnöten leben.
l) Wer ständig mit Worten streitet, die Konfrontation liebt, Uneinigkeit sät
oder Intrigen fördert, endet unter den Asuras oder als psychopathischer
Mensch. Ihr Schicksal ist der ständige Kampf um Einflußnahme.
Generell läßt sich das so zusammenfassen:
a) Kummer, Haß, Zorn, Wut ruft ein Karma hervor, das in die Hölle führt.
b) Egoismus führt in die menschliche Welt mit adäquaten Verhältnissen.
c) Geiz, Genußsucht und Festhalten (Habgier) führt in die Welt der
Preten.
d) Eifersucht (Neid) führt in die Welt der Asuren.
e) Leidenschaft, Faulheit und Unwissenheit führt in die Welt der Tiere.
Wie die Aufenthaltsdauer und das Existieren im Detail in den Höllen, bei
Tapopa > 118 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
den Hungrigen Geistern, als Tier oder als Asura ist, wird in Literatur und
Internet gut beschrieben. Wir haben uns hier absichtlich auf die
Auslöser beschränkt.
DIE WIRKUNG GUTER ZUSTÄNDE
Zur Bedeutung und Wirkung guter Zustände erlaubt sich der Autor einen
Kommentar zu Text 111 (13.Tag zornige Gauris und Pisacis) des Bardo
Thödol eines tibetischen Meisters der Gegenwart anfügen, der aus
direkter (!) Beobachtung stammt:
Wir sollten eher gute und glückliche Zustände aufsuchen. Wenn
wir sehr lange in diesen Zuständen verweilen, dann schaffen wir
für uns eine gute geistige Umgebung, die so sehr notwendig ist,
wenn wir danach streben (wollen), die Probleme des Schicksals
und des Todes zu lösen.
Subtile bis geistliche Absonderungen eines Wesens kann man fühlen.
Wer kennt denn nicht die Reaktionen durchlebter Nöte oder einer
freudigen Erregung? Sie strahlen aus uns heraus, als wären sie Fluide,
die ein geistig erfahrener Mensch gut feststellen und einschätzen kann.
Ein solcher Mensch weiß nämlich, dass starke Bewegungen der Seele
Absonderungen bewirken, die wie eine geistige, alles verdeckende
Wolke den kompletten Raum ausfüllen, in dem sich die Menschen
bewegen und in dem sie leben. Er weiß und sieht, daß das Leiden, das
die Welt aus wirtschaftlichen Gründen oder Kriegskonflikten ereilt, die
Sekretion der Essenzen und Fluide erhöht, die die Völker noch mehr
zerstört als die Not und das Kriegstreiben selbst. Deshalb ist das
Hervorrufen dieser Sekrete ein Verbrechen an der Menschheit, das von
Sadisten begangen wird, die die Menschheit selbst zu ihren Anführern
gemacht hat.
Ist es jedoch möglich, sich diesen Sadisten erfolgreich entgegen
zustellen? Aber sicher! Wenn du, er, sie und ich in uns Ruhe und
Frieden tragen werden, die aus dem Wunsch nach dem Guten für alle
Wesen herangereift ist, dann können wir schon als ein Teil der
Menschheit dem Bösen die Stirn bieten. Und die echte Leidenschaft für
diese Art der Lösung von sittlichen Problemen der Welt und damit auch
der sozialen und humanitären Probleme vermehrt die Reihen derer, die
uns mit ihren Taten und durch ihr Beispiel helfen, und nicht durch
Tapopa > 119 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Anordnungen. Das heißt, daß das sittliche Umdenken aus dem Kern
des Wesens entspringen kann, ebenso, wie aus seinem Kern das Böse
entsprungen ist. Man kann durchaus sagen, daß der Mensch auch das
Böse erst erlernen mußte.
ZUM REFLEKTIEREN
Damit der Empathieverlsut (Verlust des Bezugs zu höhere Werten)
des Menschen deutlicher erkennbar wird, sei darauf hingewiesen, daß
pro Tag ca. 6 Millionen Säugetiere (2019) getötet werden, nur weil der
Mensch auf einen bestimmten Geschmacksgenuß nicht verzichten
will. Geht er heutzutage in den Supermarkt, so findet er eine Menge
alternativer Nahrungsmittel, die sogar billiger sind. Von Mangel oder
Verhungern kann keine Rede sein. Würde der Mensch, vom Kind bis
zum Greis, mitansehen müssen, wie "sein Fleisch" transportiert,
getötet und zerlegt wird, das er demnächst so genüssiglich zu kauen
beabsichtigt, würde es ihm noch schmecken? Das Töten außer
Sichtweite macht vieles möglich. Das Töten-Lassen, egal ob Tier oder
Mensch, wird so eine Abstrakta und etabliert sich als moralkonforme
Norm. Keiner denkt sich was dabei, wenn Diktatoren und Despoten
bei ihrem angezettelten Krieg nicht selbst an der Front mitmachen.
DAS BARDO
Das Bardo ist der Zustand zwischen Tod und Wiedergeburt. Alles dazu
ist ausführlich im Tibetischen Totenbuch (Bardo Thödol) beschrieben.
Es ist eigentlich ein Wissensschatz für die Lebenden, damit sie wissen,
was kommt, wenn das Unvermeidliche eintritt. Es heißt, man erreicht
Befreiung durch Verstehen. Doch was ist damit gemeint? Verstehen
bedeutet hier, man hat die Lichter der höheren Bardos im Laufe des
eigenen Entwicklungsweges kennengelernt. Diese Lichter sind von
einer unvergleichlichen Intensität und wer sie nicht kennt, wird
abgeschreckt und zum Ausweichen gezwungen. Wir beschreiben hier in
aller Kürze den Standardablauf (Sipa-Bardo) für einen Menschen, der
nicht geistig geschult ist und keine karmischen Verdienste erworben hat,
welche ihm den Ausstieg aus allen Abhängigkeiten der Schöpfung
ermöglichen oder einen Aufenthalt unter den Göttern gewährt. Das
Wissen über den Bardo ist Bestandteil des Elementarwissens über sich
selbst. Wer mehr über das Reich des Klaren (Dharmakaya) oder
Freundlichen Lichts wissen möchte, sollte sich ins Bardo Thödol
Tapopa > 120 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
vertiefen. Es wird ihm nützlich sein.
0 Der Mensch liegt im Sterben. In Europa befindet er sich meist in
einem Krankenhaus und ist oft durch Medikamente, komatöse
Zustände oder einfach aus Schwäche nicht bei vollem Bewußtsein.
1 Die Auflösungsprozesse der Elemente beginnen
Der Mensch wird bewußtlos und wehrlos gegenüber dem, was
kommt.
2 Der Augenblick des Todesmomentes ist gekommen, da der Mensch
aber wegen seines schlechten Karmas bewußtlos ist, weiß er
nichts davon. Die Lebenskraft tritt ins Herz (Anahata) ein und
schießt nach oben. Sie wird dann zurückgeworfen und beginnt
ihren Abstieg durch den Nadi Ida.
3 Nun dämmert dem Menschen langsam nach ca. 3,5 Tagen, daß er
gestorben ist. Er hat jetzt einen bardischen Körper, mit gleicher
Form wie sein materieller. Er befindet sich nun im Stadium des
SIPA-Bardo, auf der Suchen nach einem neuen Körper. Er ist
übernormal beweglich und kann ab jetzt die Zurückgebliebenen
sehen und hören, aber sie ihn nicht.
Leider kommt es vor, daß der Verstorbene von Besitz und Körper
nicht lassen will, schlimmstenfalls erlebt er das Nagen der Würmer
an seiner Leiche.
4 Er wird im Todesgericht von Angesicht zu Angesicht gestellt. Er ist
nackt, hat keinen festen Körper mehr, hinter dem er sich verstecken
kann. Sein eigenes personifziertes Karma richtet. Dort werden
seine Taten „abgewogen“. Je nachdem, wo sich die Waagschale
hinneigt, erfährt er selige, glückliche Zustände oder er muß Qualen
erdulden. Dies kann völlig undramatisch und blitzschnell ablaufen.
Er sieht bzw. ahnt schon, wo seine Neigungen die Objektivierung
verlangen und sieht verschiedene Landschaften oder Lokas seiner
zukünftigen Existenz mit ihren Bewohnern, die ihn evtl. willkommen
heißen.
5 Hat er noch immer keinen Ausgang gefunden, wird er von
karmischen Kräften weiter gejagt (Winden, Geräuschen,
schrecklichen Erscheinungen). Verzweifelt sucht er Schutz und
Zuflucht wie ein Nackter im kalten Wind. Die Sicherheit
versprechenden Häuser, Höhlen oder Löcher sind jedoch in
Wirklichkeit ein Schoß. Der unbewußte Geschmacksinn kann die
Täuschungen nicht erkennen.
6 Er kann in eine normale oder übernormale Geburt eintreten. Beim
Tapopa > 121 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Eintreten bleibt das Gedächtnis zurück und er erlebt dabei ein
Gefühl ähnlich der sexuellen Vereinigung.
7 Ist er in einen Schoß eingegangen, so durchlebt er den Bardo der
Geburt. Er betritt dann die Welt in einem neuem Körper, mit alten
Neigungen, als Mensch oder als Tier – ohne Erinnerung ans
Vorher..
Das Verstehen der Bardo-Prozesse und ihrer unausweichlichen
Konsequenzen ist für einen Anfänger schwierig oder problematisch,
aber mit der Bemühung steigt das Verständnis für die physikalisch-
psychischen Gesetzmäßigkeiten und man kann Nutzen daraus ziehen.
Wir wollen daher eine sehr nützliche Feststellung aus dem Bardo
Thödol dem Leser mit auf den Weg geben:
Der Charakter der nächsten Inkarnation wird bestimmt vom
Charakter des Denkens im letzten Augenblick.
Tapopa > 122 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
ZU LÖSENDEN PROBLEME
Dieses Kapitel ist eine Ergänzung oder Erweiterung zum Wissen über
den eigenen Wesensaufbau und über die inneren Prozesse. Daraus
ergeben sich Herausforderungen, die bei der geistigen Entwicklung
bewältigt werden sollen. Die tibetischen Mystiker haben mit ihrer
durchdringenden Weisheit die Problemfelder analysiert, lokalisiert und
beschrieben. Gelehrt und erläutert wurden sie meist nur mündlich, dem
Autor ist nur eine einzige schriftliche Quelle bekannt. Die folgenden
grundlegenden 10 Probleme müssen gelöst werden, wobei nur die
ersten 6 für einen Anfänger und Fortschreitenden relevant sind.
Der Yogi, Schüler oder Neophyt hat bestimmte Probleme zu lösen, sie
zu beherrschen oder sie ganz loszuwerden. Wir berühren diese
Themen nur im Telegrammstil, denn ein wahrer Guru wird und muß
diese seiner Gefolgschaft detailliert erklären und Rezepte anbieten.
Insbesondere welche Wirkungen die Vorschriften von Yama und
Niyama und der Konzentration zur Lösung bei den einzelnen
Problemen beitragen. Beim Studieren dieser Probleme wird wohl jedem
aufrichtigen Leser klar werden, wie wichtig und effektiv die Lehre der
Achtsamkeit und Selbstbeobachtung ist und daß ohne sie kein Aufstieg
erreicht werden kann. Wer diese Probleme (mit oder ohne Guru) nicht
angeht und sie nicht löst und sich anderen “Problemlösern” zuwendet,
wird kaum der Finsternis und Versklavung der Welt entrinnen, denn die
niedere Natur (das allerkostbarste Ich) ist ein Meister der Täuschung
und Ablenkung. Pujas, Tsoks und "kostbare Ermächtigungen" helfen
nicht wirklich, diese Probleme zu lösen.
DAS MENTALE PROBLEM
Der ungeschulte Mensch hat reflexive Beziehungen zur Welt. Daraus
resultiert ein flatterhaftes, unruhiges, zersplittertes Denken - dies ist die
Basis der Weltlichkeit. Diese Zersplitterung unterwirft ihn auch jenen
Menschen, die eine konkretere Idee verfolgen als er. Daher muß der
Yogi sein Denkprinzip zwingen, sich nur mit einer Sache zu
beschäftigen.
Tapopa > 123 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
DAS GEFÜHLSPROBLEM
Das Gefühl, wie schon früher erklärt, versklavt den Menschen und
bindet ihn an die Welt oder es befreit ihn. Die Beherrschung des
Denkprinzips alleine löst die Probleme nicht. Der Yogi muß die Disziplin
des Gefühls und Empfindens ergreifen durch Nicht-Haften an
Durchlebtem. Der Wunsch zur Befriedigung von Begierden muß durch
eine ursachlose, stabile und anhaltende Freudigkeit besiegt werden.
DAS PROBLEM DER SINNE
Der Mensch sieht, hört, riecht, schmeckt, ertastet etwas und reagiert
darauf. Die dabei entstehende Zuneigung oder Abneigung sind durch
eine strikte Disziplin der Selbstbeobachtung zu neutralisieren,
ansonsten gibt es kein Entkommen aus der versklavenden Macht der
Natur. Denn hinter dieser Natur liegt eine äußerst umfassende Welt, die
anders ist und dahinter liegt noch eine andere Welt. Alle diese können
nicht entdeckt werden, wenn man seine Sinne nicht beherrscht.
DAS TRIEBPROBLEM
Der Trieb ist auf der gesamten Ebene der weltichen Beziehungen für
einen ungeschulten Mensch eine aktive Kraft, der er nicht widerstehen
kann. Der Trieb bildet Tendenzen zum Bösen wie zum Guten und siegt
immer über das Bemühen, ihm trotzen zu wollen. Der Mensch verneigt
sich vor ihm wie vor einem Henkermeister und erscheint folglich als
biegsam. Der Trieb ist der geistige Feind des Yogi, er äußert sich auf
verschiedenen Kanälen. Generell verhindert der Trieb das Entstehen
einer wichtigen Fähigkeit: das Durchschauen bzw. Kraft der
Unterscheidung.
Den auftauchenden Zuneigungen oder Abneigungen darf nicht
nachgegeben werden. Alles muß gleichwertig betrachtet werden, außer
dem was der Gesundheit schadet. Dem Wunsch, unbedingt etwas zu
brauchen, darf nicht nachgegeben werden wie auch dem Drang,
unbedingt etwas verhindern zu müssen. Das Sexualproblem ist eine
leicht feststellbare Funktion des Triebes. Beim Mann äußert er sich
heftig, bei der Frau sanfter und verbirgt sich gerne in der Eifersucht.
Dein Guru soll dir dabei raten können.
Tapopa > 124 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
DAS PROBLEM DER ATAVISMEN
Atavismen bilden Verhaltensmuster und somit den Charakter eines
Menschen. Als Kraftpotentiale entzünden sie Reaktionen und
beinflußen sein Weltbild, sein Denken und sein Fühlen, womit sein
Handeln gesteuert wird. Der Yogi muß seine Atavismen erkennen, vor
allem wie sie seine seelischen Regungen, und zwar alle, steuern. Durch
Selbstbeobachtung müssen die Manifestationen der Atavismen
verhindert werden.
DAS PROBLEM DER BEWUSSTSEINSFUNKTIONEN
Für den normalen Menschen ist das Sich-Bewußt-Werden durch die
Reflex-Funktion des Bewußtseins und der Sinneswarnehmungen
gegeben. Das Bewußtsein wird von der westlichen Psychologie als
mentaler Reflex gesehen. Die Mystiker aber wissen, das Bewußtsein
ist eine transzendete Qualität und um dies zu entdecken, muß er
es frei von mentaler Tätigkeit halten. Dazu dient die Konzentration
auf eine Stütze im eigenen Wesen. So erkennt er die verdeckenden
mentale Aktivitäten und kann die Spiegelung der Welt und ihrer
Phänomene durch die Sinne verhindern. Das Bewußtsein muß so zum
Kontrolleur aller seelischen Aktivitäten werden, was die wahre Disziplin
in Yoga und Buddhismus ist.
DAS PROBLEM DES GEISTIGEN LEBENS
Das geistigen Leben ist ein Lebensprozess in der konkret gewordenen
transzendenten Welt, manchmal auch in der Gefühlswelt. Es ist ein
Selbstbewußtwerden, das kein Leid mehr kennt. Die Umorientierung
des Denkprinzips aufgrund der erfolgreichen Anwendung yogischer
Methoden hat stattgefunden, man schaut nur mehr in Richtung Licht
(Dharmakaya) und beurteilt die Dinge der phänomenalen Welt aus
einem neutralen Erkennen und bleibt von allem unberührt. Dadurch
erlebt das Bewußtsein die Ausdehnung in den unendlichen Raum bei
gleichzeitiger Loslösung von allen Phänomenen. Das ist die große
Freiheit. Es ist also ein Problem, das jeder gerne hätte.
Tapopa > 125 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
DAS PROBLEM DES GÜNSTIGEN SCHICKSALS
Damit ist Verlauf des eigenen Schicksals während der geistigen
Entwicklung gemeint. Aufgrund von Konzentrationsübungen kann es
zur Beschleunigung des laufenden Karmas kommen und
Rückwirkungen mit Hindernissen verursachen. Da der Neophyt in den
vergangenen Existenzen auch negatives Karma angesammelt hat, darf
dieses bei seiner jetzigen Entwicklung nicht stören. Daher muß der
Schüler das Gebet oder das Metta ergreifen (s. Kapitel „Glaube und
Wissen“). Ein echter Guru, ein spiritueller Meister, wird dafür sorgen,
daß der Fortschritt seiner Schüler günstig verläuft. Nach dem Abschluß
der Entwicklung, also nach dem Durchbruch in die geistige
Vollkommenheit, wird an das alte Karma wieder angeknüpft und mithilfe
von Karma-Yoga folgenlos abgelebt. Ist keines mehr da, „verschwindet“
der Yogi, weil es keine Grundlage mehr für eine objektivierte Existenz
gibt. Wer weiterhin Meditation oder Konzentration übt, ohne dabei die
Regeln zu beachten, kann sein laufendes Karma verlangsamen oder
anhalten. Dies ist nicht erwünscht, weil dadurch die noch notwendigen
Erfahrungen zur Entwicklung nicht gewonnen werden.
ANDERE PROBLEME
Weitere Probleme werden hier nicht weiter behandelt: Das mystische
Problem, das Problem der Ekstase und das Problem der Erlösung.
NACHWORT
Bevor also ein Lama oder Vortragender über die Leerheit oder die
Prajnaparamita oder anderer Abstrakta referiert, sollte dieser zuerst
seiner Gemeinschaft (Sangha) wiederholt zu den obigen Problemen
detaillierte Erklärungen und Anleitungen zur Lösung dieser Probleme
bieten. Es wäre von unschätzbarem Wert, seiner Gemeinde direkt zu
helfen. Ebenso soll er begründen, wie und ob diese Probleme, ohne
daß der Neophyt an sich selbst arbeiten muss, mit den
traditionsgebundenen Ritualen (Retreats, Tsoks, Anbetungen,
Anrufungen etc. zu den tantrischen Gottheiten) gemeistert werden
können. Der Autor hält dies für eine Unmöglichkeit.
Tapopa > 126 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Tapopa > 127 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Abbildung ENTWICKLUNGSWEG
Erklärung zur bildhaften Darstellung auf der vorherigen Seite
(von unten nach oben)
Der Entwicklungsweg eines Menschen zur geistigen Vollkommenheit ist hier
anschaulich dargestellt.
Elefant schwarz: der Mensch, beherrscht von seiner niederen Natur und sich
damit identifizierend ist er davon fest überzeugt ist, er ist das und nichts
anderes.
Affe: symbolisiert das Denken, unstet und unkontrolliert
Lama rechts: spiritueller Meister des direkten Pfades (Vajrayana)
Elefant halb schwarz halb weiß: wichtige Entscheidungsphase, wo man die
Oberhand über den inneren Diktator gewinnt
Lama hält Elefant: Lama unterweist und schützt
Elefant überwiegend weiß: Phase der Vollendung bzw. der steile Pad ist jetzt
möglich, die innere Spannung steigt unermeßlich
Kein Affe mehr: das Denken hört auf, die Weisheit wird geboren
Elefant liegend, ganz weiß: die Transformation ist gelungen und
abgeschlossen, die Erleuchtung (Buddha-Zustand) hat sich stabilisiert
Elefant ganz oben: der Mensch erfährt die Wohltaten der geistigen
Vollkommenheit, der absoluten Freiheit und des kosmischen Bewußtseins
Elefant geht zurück: Der Mensch erhält die Einweihung ins Mahayana und
kehrt zu den Menschen im Materialismus zurück und sorgt dafür, daß die
Kette nach oben bestehen bleibt.
Tapopa > 128 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
ENTWICKLUNGSWEGE
Potentiell kann sich der Mensch von unten nach oben oder leider auch
von oben nach unten entwickeln. Nach oben bedeutet eine
Verfeinerung und Veredelung aller phänomenalen Komponenten im
menschlichen Wesen verbunden mit gesteigertem Intellekt, um
letztendlich die 5 großen Weisheiten zu erlangen. Nach unten bedeutet
für den Menchen, die animalischen oder dämonischen Eigenschaften
zu perfektionieren, was in der Barbarei und Zügellosigkeit sichtbar wird
und in der Tierwelt oder Hölle oder im Stumpfsinn enden kann.
Wie schon erwähnt folgt jeder Einzelne, ja die ganze Menschheit,
generell einem a) natürlichen Entwicklungs- und Erfahrungsweg. Der
Mensch kann sich aber auch auf der b) stufenweisen oder schon in der
c) direkten und abschließenden Entwicklung befinden (siehe Kapitel
Definition geistige Entwicklung). Für alle die sich für einen anderen als
den natürlichen Entwicklungsweg entscheiden wollen oder auf der
Suche nach einem alternativen Sinn des Lebens sind, liste ich hier die
Wege oder Systeme auf, welche verfügbar sind. Der Leser möge
nachsehen, daß ich nicht alle Nebenzweige (spin-offs) der Hauptwege
anführe, denn der Mensch war sehr kreativ im Benennen solcher, die
bei näherem Hinsehen auf Teilziele ausgerichtet sind. Wie wir aus dem
Grundlagenwissen über den Mensch und seiner inneren Mechanik
schlußfolgern können, müssen echte Entwicklungswege in ihrer
Zielsetzung gleich sein, nur die Methodik ist vor allem am Anfang und in
der Mitte unterschiedlich. Am Ende müssen sie den gleichen Weg
gehen. Es ist wie beim Erklimmen eines Berges, viele unterschiedliche
Wege führen nach oben. Irgendwo in der Mitte gibt es einen Rastplatz
und der steile, gefährliche Weg zur Spitze ist dann für alle gleich.
Warum ist das so? Weil die Gesetze der geistigen Entwicklung immer
gleich sind.
Man kann grundsätzlich sagen, kein Weg oder System steht für sich
alleine, ist nur für sich gültig oder schließt kategorisch andere aus.
Spirituelle Meister verwenden oder raten zu Methoden und Übungen
aus anderen Systemen für ihre Schüler, wenn es denen gerade
weiterhilft und ihrer Struktur und karmischen Potential entspricht. Ja
mehr noch, sie stellen sogar den gesamten Entwicklungsweg um, wenn
Tapopa > 129 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
es hilft.
Es ist wichtig zu wissen, die Gesetze der geistigen Entwicklung sind
immer gleich und ändern sich nie. Die vier Grundanforderungen sind im
Kapitel „Ein Weg für Alle – Yoga in Kürze“ erkennbar.
DER FAKE-YOGA oder ZOMBIE-YOGA
Derzeit ist Yoga sehr populär in zahlreichen Variationen, aber es ist ein
falscher Yoga, weil verkrüppelt. Wir haben dem ein eigenes Kapitel
gewidmet und ausführlich begründet.
DER ECHTE YOGA
Damit ist der indische Yoga gemeint, dessen genauer Ursprung
unbekannt ist. Er tauchte erstmals in den alten Veden schrifltich auf.
Wer ihn allerdings erstmals gelehrt hat, ist unbekannt – man vermutet
eine Personifikation von Shiva. Und weshalb im ganzen Universum
unter den Menschen? Weil gerade durch und über die Besonderheit der
Bauart des Menschen alle Wesen aus dem Kosmos Befreiung erlangen
können. Der Yoga beschäftigt sich mit dem ganzen Wesen, zuerst mit
dem physischen Körper, dann mit dem feinen Körper und schließlich mit
den transzendenten Komponenten. Ziel ist die Entdeckung und
darauffolgend die Beherrschung. Der Leser soll verstehen, daß der
indische Yoga als Trainingssystem verstanden wird, das die sogenannte
Individualität einer Person nicht berücksichtigt und man muß sich dem
gesamten Bildungssystem unterwerfen, denn das hat einen genauen
Plan und ein bestimmtes Ziel. Dieser Yoga ist kein Stückwerk. Die
wichtigsten Yoga-Systeme sind: Raja-Yoga, Karma-Yoga, Bhakti-Yoga
und Jnana-Yoga, wobei Hatha-Yoga als Teil von Raja-Yoga gesehen
wird, weil es in diesen übergeht. Es gibt heutzutage viele Yoga-
Systeme, wichtig ist zu erkennen, welche Wesenskomponenten
angesprochen werden und welche Zielsetzung sie verfolgen (s. Kapitel
Struktur des Menschen). Wir beschreiben alle diese Systeme hier nicht,
es gibt eine Menge an Information dazu im Internet oder im gut
sortierten Buchladen. Raja-Yoga ist der Weg der Konzentration und ist
der König aller Yogas. Alle spirituellen Meister kennen ihn, natürlich
auch der historische Buddha. Als ein Nebenweg von Raja-Yoga gibt es
den Tantra-Yoga, der besonders in Tibet praktiziert wurde und wegen
seiner einprägsamen Bilddarstellungen besonderes Interesse genießt.
Tapopa > 130 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Es gibt den weißen, den roten und schwarzen Tantra, wobei der rote
Tantra mehr Interesse als der weiße erfährt. Ein weiterer Teil von Raja-
Yoga ist der Kundalini-Yoga. Alle spirituellen Meister absolvieren den
Kundalini-Yoga. Tantra-Yoga sowie Kundalini-Yoga bedürfen unbedingt
eines spirituellen Meisters, da sie auf bereits solide Ergebnisse
aufbauen und zur Endphase gehören. Noch zu erwähnen ist der
Integrale Yoga, der aus den 4 Haupt-Yogas besteht und von allen
gegangen wird, die das Ziel der persönlichen Entwicklung erreicht
haben und auf das Auslaufen ihres Karmas warten. Welche Fähigkeiten
(siddhis) ein vollendeter Yogi oder Mystiker erwerben kann, ist im Raja-
Yoga von Patanjali oder von Vivekananda beschrieben.
Insgesamt gibt es ca. 112 verschiedene Yogas, je nachdem auf was sie
abzielen und entwickeln wollen. Wieso 112 ? Sie stammen aus den 7
Chakren und deren Neben-Chakren. Diese Yogas werden in den
Schriften wie folgt unterteilt: 9 für Atem, 11 auf Klang und Singen, 22
auf Gefühle und Verlangen, 12 auf Fokusierung des Denkens und
Nicht-Denkens (Meditation, Konzentration), 3 auf Beruhigung und
Entspannung, 4 auf Schauen, 10 auf Licht, 5 auf Ruhe und Leere
(Stopp der mentalen Aktivität), 12 auf die Allgegenwärtigeit und
Gleichheit, 11 auf Logik (Unterscheidung), 7 auf das Bewußtsein und
Einheit im kosmischen Bewußtsein, 3 mit der Leerheit aller
Phänomene. Es ist unschwer erkennbar, daß man sich dabei
akademisch verlieren kann. Sie alle stellen Nebenwege das Raja-Yoga
dar und münden irgendwann in diesen ein.
Anmerkung zu Asanas: sie dienen erstens zur Beherrschung und
Ausbalanzierung psychischer Reaktionen auf Körperbeeinflußungen,
was eine unbedingtes Requisit für weitere Stufen ist. Gemeint ist damit
die Beherrschung der Gegensätze wie Unempfindlichkeit gegen Hitze-
Kälte, Zugluft, Mag-ich-Mag-ich-nicht, süß-sauer, gereizt-träge,
depressiv-emphorisch, hell-dunkel, ängstlich-furchtlos, Spontaneität-
Besonnenheit, Hass-Empathie usw. Und zweitens zur Herstellung der
Gesundheit und Robustheit des Körpers für spätere anspruchsvolle
Konzentrationsübungen (siehe Höhere Yogas).
HÖHERE YOGAS
Wir wollen der Vollständigkeit halber es nicht unerwähnt lassen, daß es
höhere Yoga-Praktiken gibt. Sie sind Bestandteil des Vajrayana (der
Tapopa > 131 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
direkte Pfad, Mahamudra). Diese bedürfen einer längeren Vorbereitung
und unbedingt der Anleitung, Initiation und Begleitung eines spirituellen
Meisters höherer Ordnung. Sie gehören zur Vollendungsphase, die
Fähigkeit zur dauerhaften Imagination wird vorausgesetzt. Es ist dies
der Weg der Starken und die Ergebnisse sind wertvoller als alles Gold
des Universums. Diese Yogas sind bekannt als die sechs Yogas von
Naropa: der Yoga des Inneren Feuers, der Yoga vom Illusorischen
Körper, der Yoga des Klaren Lichts, der Yoga des Bardo, der Yoga des
Traums und der Yoga zur Übertragung des Bewußtseins,
DER BUDDHISTISCHE WEG
Es ist der Weg der strikten Selbstbeobachtung und des Geistestrainings
durch Achtsamkeit (Satipatthana). Das beinhaltet die Meditation oder
Konzentration als besonderes Mittel zur Verstärkung der Achtsamkeit.
Dieses System wurde dargelegt und verkündet vom historischen
Buddha Gautama, aufgeschrieben wurde es Jahrhunderte später. In
seinem philosophischen Ansatz ähnelt der dem Jnana-Yoga und hat
analytische Züge. Man darf sich von der akademischen Zerlegung und
Darstellung der Lehre Buddhas nicht verwirren lassen. Die praktische
Methode ist im Maha-Satipatthana-Sutra beschrieben, während der
Weg und der Fortschritt selbst in den Jhanas erläutert ist. Dieselben zu
erreichenden Stufen und Ergebnisse sind parallell in Raja-Yoga zu
finden. Die Lehre Buddhas wird als ein Weg bezeichnet, der angenehm
am Anfang, angenehm in der Mitte und selig-kühl am Ende ist. Die
Lehre Buddhas gilt als unwiderlegbar, sie ist schnörkellos und höchst
effektiv, wenn man durchhält. Mehr dazu im Kapitel „Buddha: die
Achtsamkeit“. Niemals hat Buddha Rituale oder Zeremonien gelehrt
oder durchgeführt. Sie sind eine Erfindung der Mönchsgemeinden.
DER MYSTISCHE PFAD
Es ist der Weg über die Transformation der 5 Elemente
(Tattvas/Tanmatras) mithilfe der eigenen inneren Kräfte. In seinem
Verlauf ähnelt er den buddhistischen Jhanas und bei spirituellen
Meistern gilt er als der ideale Weg für die Menschen von heutzutage.
Es ist wenig Literatur dazu zu finden, obwohl er der Menschheit in
unkomplizierter Sprache neu vorgelegt wurde. Auch dieser Weg ist
praktisch und unkompliziert. Diese Methodik bewirkt die vollkommene
Umwandlung des gesamten Wesens. Damit das verständlicher wird,
Tapopa > 132 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
hier die kurzen Erklärungen eines spirituellen Meisters zum Wesen der
mystischen Elemente:
Es gibt vier Elemente, aus denen sich die materielle Essenz
zusammensetzt, nämlich Erde, Wasser, Feuer und Luft – sie
korrespondieren zum Körper hinsichtlich der Gefühle, der Energie und
der spirituellen Ausstattung.
Der Körper ist eine Modifikation des Elementes Erde. Er ist
zusammengesetzt aus lebendigen Zellen und wenn wir die gesamte
geistige, und auch innere, Ausstattung beseite tun, ist er eine
sogenannte „lebendige Materie“ , die nur deshalb potentiell lebendig ist,
weil er nicht von selbst entsteht aufgrund psychologischer Handlungen
noch manifestiert er sich selbst durch Leben (Lebendigkeit). Daher, aus
dem mystischen Standpunkt, ist der Körper ein Faktor, der fest und
stabil in sich selbst ruht.
Die Gefühle, welche eine innere Modifikation des Berührens (Tastens)
sind, gehören zur Lebensmanifestation des Elementes Wasser, denn
sie sind eine Synthese, bereitgestellt durch die Wahrnehmung des
Bewußtseins als eine Erfahrung aus den abstrakten Berührungen - und
deshalb werden die Gefühle niemals zu reiner Abstraktion. Die Gefühle
sind mit dem Körper verbunden und identifizieren sich mit ihm – sie
stellen den chemischen und pysikalischen Metabolismus für den Körper
sicher; also durch den physischen Metabolismus wird Lebenserfahrung
erlangt.
Das Element Feuer, sich selbst durch Energie manifestierend, ist in
Wirklichkeit ein Abfallprodukt der Gravitationsphänomena, verursacht
durch die Anhäufung von Zellen im Körper. Und deshalb ist es ein
physikalisches Phänomen, welches ausschließlich von dieser
Gravitation abhängt. In Yoga wird das Element Feuer sehr deutlich
indentifiziert durch das Ausführen der Transfers zwischen dem Willen
als positiver Faktor, der wiederum vom Gewahrwerden abhängt, und
dem Körper, der ein Objekt dieser aktiven Gewahrwerdung ist. Ein
Verändern der Intensität dieses Transfers erhöht oder verringert die
energetische Spannung im Wesen, in einem hohen Spannungszustand
manifestiert sich diese selbst als Wärme oder Feuer.
Das Element Luft korrespondiert im Wesen, über allem, mit dem Raum
Tapopa > 133 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
oder dem Bereich, was existiert, oder auch, wird erzeugt zwischen den
physikalischen Partikeln, die den Körper ausmachen. Unter der
Ausweitung dieses Bereichs mithilfe eines stabilen Denkprinzips und
einem Bewußtsein, das nicht eingeengt ist, verhält sich dieser
Modifikationstyp des Elementes Luft als ein intellektualisierender Faktor
– denn der mentale Faktor in der Materie würde immer ohne dem
Element Luft eine sogenannte „tote Materie“ sein.
Genauer gesagt, die gemeinsamen Proportionen dieser elementalen
Komponenten der Existenz machen die Lebewesen, oder Phänomena,
belebt oder unbelebt. Von den primitiven evolutionären Stadien bis
hinauf zu den höheren Stadien, manifestieren sich diese Phänomena
selbst manchmal als mineralische Phänomena, manchmal als
pflanzliche Phänomena und zu anderen Zeiten wieder als tierische
(animalische) Phänomena. Die animalischen Phänomena im Gegenzug
manifestieren sich wiederum als beinahe leblos, oder als emotional
oder als expressiv (dynamisch) oder als intellektuell ganz gemäß der
Vorherrschaft von Erde, Wasser, Feuer oder Luft in ihnen.
TIBETISCHE MYSTIK
Auch bekannt als „Geheimlehren Tibets oder Tibetan Yoga“. Es rankt
sich viel Geheimnisvolles darum. Die tibetische Mystik ist eine effektive
Verbindung zwischen Buddhismus und dem indischen Yoga, speziell
Raja-Yoga und Tantra-Yoga. Indische Meister brachten die Lehren,
Techniken und Schriften aus Indien nach Tibet. Die Ausübung des
„schwarzen Tantra“ hat Tibet nicht gut getan. Die Stärke der tibetischen
Mystik liegt in der Vollendungsphase, also nichts für den Anfänger.
Durch die vielen tantrischen Darstellungen und Zeremonien mit ihrer
Buntheit und Direktheit entstand eine magische Anziehungskraft. Die
bekanntesten Hinterlassenschaften sind das Bardo Thödol, die Yogas
von Naropa (siehe vorher) und die Geheimlehren Tibets. All dieses
Wissen wurde lange Zeit in Indien geheim gehalten und nie schriftlich
niederlegt.
DER PFAD DER GEDANKENBEHERRSCHUNG
Dieser Weg kommt dem Zen sehr nahe. Er beschäftigt sich mit der
Ruhigstellung aller innerer Wellen und Prozesse im Denkorgan (chitta)
und fordert bei seiner Entfaltung ein sich immer weiter steigendes
Tapopa > 134 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Wachsein bis zur Stufe des kosmischen Bewußtseins. Es ist dies kein
einfacher Weg, eher geeignet für die gelbe Rasse. In der Mystik oder
Yoga gilt Denken als eine Krankheit, daraus kann man die Bedeutung
dieses Weges erkennen. Jedoch wird dasselbe auf anderen Wegen
erreicht, nur nicht so direkt. Es ist der Weg des konsequenten Richtig
oder Falsch und folgt dem Grundsatz: je wacher, desto weniger
Gedanken, desto mehr Intellekt und mehr Intelligenz. Hast du einmal
begriffen, daß er (die niedere Natur) dir die Gedanken schickt, damit du
alles tust, was er will, dann - ja dann - ist dies der richtige Weg für dich.
CHRISTLICHE MYSTIK
Zur christlichen Mystik ist wenig bekannt und bzw. es gibt kaum
verfügbare Literatur mit greifbarem, praxisnahen Inhalt, welche einen
Entwicklungsweg bis zum Ende darlegt. Die grundlegende Methode der
christlichen Mystik ist beschrieben als Einhaltung der moralischen
Prinzipien (Gebote) und in „ora et labora“, wobei das „vigila“ fehlt, also
das Wachen. Jesus sprach: „Betet und wachet“. Dieses bedeutet nicht
das Gucken in die Landschaft wie ein Tourist oder Soldat. Nein, es war
die Aufforderung „Konzentration zu üben“. Doch welche? Der Autor hat
bislang nichts gefunden, was einer anwendbaren Methodik zur
geistigen Entwicklung zur „Verbindung mit Gott“ oder „Umwandlung in
Gott“ gleichkommt wie etwa in den Schriften über Yoga, des
Buddhismus oder der Mystik. Reichen da die moralischen
Anfoderungen (Bergpredigt)? Aber es gibt Literatur zum
„Herzensgebet“, das nach innen gerichtet wird und wahlweise mit der
Atmungsbeobachtung kombiniert wird. Der Werkzeugkasten der
christlichen Mystik bleibt ein gewisses Mysterium, ebenso wie es
ungeklärt ist, welcher geistigen Schulung sich Jesus in seiner Jugend
bis zum 28. Lebensjahr vor seinem öffentlichen Erscheinen unterworfen
hat. Von den spirituellen Meistern wird Jesus als ihresgleichen
gesehen. Weiters wissen wir vom 40-tägigen Hungern in der Wüste und
der Taufe. Wobei die echte Taufe kein Waschen der Füße mit H2O ist,
sondern ein mystischer Prozeß des „Auswaschens der Atavismen“.
H2O wirkt nicht auf psychische Komponenten, es ist wohl ein „anderes“
Wasser gemeint.
ANDERE WEGE
Es gibt noch mehr Entwicklungswege, die teilweise exotischen
Tapopa > 135 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Charakter haben. Dazu gehört der Sufismus, bekannt als der mystische
Islam, der allerdings erst spät in Erscheinung trat und mit den
Derwischen verbunden wird. Die Methoden der Sufis sind uns
unbekannt und angepaßt an die Besonderheiten der Araber. Die Ziele
ähneln denen des Ostens (Yoga, Buddhismus) wie Auslöschen der
sinnlichen Wahrnehmung, Aufgabe des Verhaftetseins an die
Individualität, Absterbenlassen des Egos und Auflösung in das göttliche
Prinzip.
Tapopa > 136 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
ECHTER YOGA versus FAKE-YOGA
Ja das ist ein provokanter Titel für die heutigen Erscheinungsformen
von Yoga, welche den Menschen angeboten werden. Damit der Leser
erkennt, warum dieses Thema hier eingefügt wurde, wollen wir es
ausführlicher erklären als in der Einleitung. Hinsichtlich des
bedeutsamen psychologischen Effekts vom echten Yoga haben wird
zur Herstellung der Klarheit das Kapitel „Ein Weg für alle“ eingefügt.
Fast alle Webseiten oder Kursangebote zu irgendeinem Yoga führen
eine kurze Definition oder Auslegung des Wortes an. Oft werden die
Angebote kombiniert mit Asanas, Tai Chi, Atemübungen, Pilates,
Fazien, Meditation, Stressmanagement, Wellness und anderen
Aktivitäten, welche der von der klassischen Religion (Christentum)
enttäusche Mensch attraktiv findet. Die Mehrzahl dieser „Kunden“ sucht
Ergebnisse für das Körperliche und für mehr Lebensgenuß. Wenn man
im Internet die Angebote vergleicht, erlebt man ein Wirrwarr von
Definitionen bzw. Zielsetzungen. Man trifft auf Übungsextrakte aus der
Welt der Gymnastik wie Aerobic, ästhetische Gruppengymnastik,
Beckenboden-Gymnastik, Funktionsgymnastik, Gymnastik mit Tanz,
holistische Gymnastik, Physiotherapie, Senioren-
Entspannungsgymnastik usw., wobei man die Beschreibungen
einzelner Übungen mit Atemtechnik verbindet. Man spricht von
Energiefluß, den allerdings weder der Teilnehmer mit seinen inneren
Sinnen bei sich noch der Übungsleiter beim einzelnen Schüler
verfolgen oder beobachten kann. Bei den vielen Übungen gibt es eine
starke Ähnlichkeit zu den Methoden der Physiotherapie. Dafür ist
allerdings in Deutschland eine fundierte Ausbildung von ca. 3 Jahren
mit Berufsabschluß nötig, was bei einer Yoga-Schule entfällt. Man
besucht irgendeinen Yoga-Ausbildungskurs von ca. 20 Tagen bis 6
Monaten und voila: man ist qualifiziert. Will man ein anerkanntes
Zertitikat erwerben, abrechenbar bei den Krankenkassen, dauert es bis
zu 2 Jahren. Vergleichsweise dauert ein echtes Yoga-Training
mindestens 12 Jahre (meistens länger), falls man überhaupt durchhält.
Zurück zum Fake-Yoga. Warum wirken diese Yoga-Übungen? Ihre
Wirksamkeit besteht vor allem darin, daß damit die Aufmerksamkeit in
den Körper hinein gezogen wird und weg von klebrigen Inhalten und
Abstrakta im Denkprinzip eines techno-zivilisierten Menschen, wodurch
Tapopa > 137 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
eine positive Beruhigung eintrifft (siehe innere Mechanik). Die Effekte
verfliegen allerdings bald und alles muß neu erarbeitet werden, weil die
wahren Ursachen nicht behoben wurden. Das ist gut fürs Geschäft.
Dem Interessenten oder Kursteilnehmer wird optisch ein Ambiente des
Wohlfühlens und der Einfachheit meist mit fernöstlichem Charakter
geboten, was die erwünschten Effekte unterstützt.
Primär wird die Definition Yoga aus der wortwörtlichen Übersetzung von
Yoga hergeleitet „Joch, Überwindung, Beherrschung, Vereinigung,
Befreiung“ usw. Es gibt viele Yoga-Systeme mit klingenden Namen.
Das wahre Yoga hat nur ein Ziel: die Überwindung und Transformation
von sich selbst, um sich mit dem Höchsten oder Gott verbinden zu
können. Gelingt das, verfügt man automatisch über alle seine
Fähigkeiten. Der Hauptweg aller Yoga-Systeme ist der Raja-Yoga
(absolut zielführend, daher königlich). Alle anderen Yogas sind
Nebenwege davon, die irgendwo abzweigen, um dann wieder darin
einzumünden. Hat der Yogi das Ziel von Raja Yoga erreicht, lebt er zur
Vollendung den Integralen Yoga, d.h. zusammen mit Karma-Yoga,
Bhakti-Yoga und Jnana-Yoga.
Echter Yoga ist nicht dazu da, um Fähigkeiten oder Energien zu
generieren, die dem Menschen im Materialismus zu Erfolg und mehr
Lebensgenuß zu verhelfen. Allerdings ist die Aufrechterhaltung oder
Wiederherstellung der Gesundheit legitimer Bestandteil, ja sogar
Pflicht, des echten Yoga. Echter Yoga soll dem Schüler die
Zurückhaltung von Energien und die Steigerung der inneren Spannung
bis zum Unvorstellbaren ermöglichen, wodurch er über die Menschen
und die Götter hinauswächst. Alles andere dient dem Egoismus und
führt nicht weit und ist der „schwarze Weg“ oder „schwarze Magie“. Die
karmischen Folgen können schlimm sein, für Yoga-Lehrer wie für den
Schüler. Besonders wenn dem Schüler gelehrt wird, Energien aus den
psychischen Zentren zu aktiveren ohne ihm beizubringen wie man
diese wieder nachfüllt. Verwunderlich, daß diese Schüler oder
Kursteilnehmer nicht erkennen, daß diese Ergebnisse nur temporär
sind und keinen dauerhaften stabilen Zustand im Wesen etablieren.
Bleibt der Kursteilnehmer bei seiner bisherigen Lebensweise, so ist
sein Bemühen ein Hamsterrad. Wertvolle in früheren Existenzen
erworbene eingelagerte Energien, wenn aktiviert und verpraßt werden,
können dazu führen, daß der Mensch im nächsten Leben sozial
absteigt.
Tapopa > 138 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Oft beziehen sich die Schulen mit Angeboten auf Hatha-Yoga. Hatha-
Yoga besteht wie z.B. Raja-Yoga aus mehreren Stufen. Am meisten
bekannt sind die vielfach propagierten Asanas, Mudras und Bandhas,
welche kunst- und effektvoll in Bildern und Videos werbewirksam
angeboten werden. Primär dienen Asanas der Herstellung oder
Aufrechterhaltung der Gesundheit sowie die Beherrschung von
Extremen (warm-kalt, entzückt-depressiv etc.), was bereits ein
mystisches Ergebnis wäre. Hatha-Yoga ist ein uraltes System und ist in
seiner Gesamtkonzeption für die heutige Epoche der Menschen
ungeeignet. Hatha-Yoga verlangt gewisse Kriterien: wie z.B.
Abgeschiedenheit von der Zivilisation und strikte Einhaltung der Yamas
und Niyamas, welche die erste Stufe darstellen und von einem echten
Yoga-Lehrer überwacht und geprüft werden. Brahmacharya ist
mandatorisch. Erfüllt ein Schüler solche Kriterien nicht, wird er sich aus
sich selbst heraus abwenden und wieder in die gewohnte
materialistische Welt (Maya) zurückkehren. Das erklärt sich aus der
Wechselwirkung der Qualitäten im Umkreis eines wahren Gurus
(Lamas).
Die viel gepriesenen und schön abgebildeten Asanas mit jungen
Körpern in den zahlreichen Werbeprospekten oder Internet-Seiten
haben folgende Nachteile, wodurch sie sich vom echten Yoga klar
unterscheiden:
1. Erstens eine Asana kann man nicht beliebig lange halten und nicht
überall ausführen, also untauglich für den Alltag.
2. Zweitens eine noch so ausgeklügelte Asana erzeugt nach
Beendigung derselben niemals jene innere Freude, die durch das
Befolgen der Yamas und Niyamas erreicht werden kann und welche
anhaltend (dauerhaft) und nicht abhängig von externen Faktoren ist, ja
sogar noch gesteigert werden kann.
3. Drittens beenden Asanas mit oder ohne Atemübungen niemals die
Probleme des Menschen mit denen er konfrontiert wird wie Krankheit,
Schicksalsschläge, Tod, Bardo und Wiedergeburt oder andere widrige
Lebensumstände.
4. Viertens wird mit dieser Art von Yoga niemals das Ende des
Samsaro erreicht.
5. Fünftens erreicht man mit Asanas und einfachen Atemübungen
niemals die edlen Ziele des wahren Yoga (s.dazu auch geistige
Tapopa > 139 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Entwicklung), welche den Menschen zur Vollkommenheit und Allmacht
führen.
6. Sechstens kann mithilfe der Asanas oder Atemtechniken keine
Steigerung der Intelligenz oder des Intellekts festgestellt werden.
7. Siebtens kann der Kursteilnehmer nach Kursende immer noch nicht
seinen mehr oder weniger vorherrschenden sklavischen Bedingungen
entfliehen.
8. Achtens die Seele des Menschen ist nach wie vor schutzlos.
Der moderne Yoga (Fake-Yoga) behebt also nicht die Ursachen zu
den Defekten, die sich der Mensch im Leben im Materialismus und in
der technik-orientierten Zivilisation selbst geschaffen hat.
Echter Yoga ist Tiefenpsychologie par excellence, er berücksichtigt alle
Potentiale des Menschen und löst mithilfe seiner abgestuften Methoden
alle Probleme des Menschen, auch das Problem des Todes und der
Vergänglichkeit.
Damit der heutige Yoga lukrativ ist, läßt man die unbequemen und
widerlichen Vorschriften von Yama und Niyama weg. Erstens damit
man zahlende Kunden nicht verprellt und zweitens, weil der Lehrer
selbst den Yoga-Weg nicht bis zum Ende gegangen ist und nicht die
geistigen Fähigkeiten besitzt, den Schüler zu überwachen und
individuell zu leiten. Er müßte den Schüler „in sich integrieren“. Auch
bei Yoga können wir den Trend der heutigen Zeit erkennen, welcher
sich darin kundtut, daß man alles – gar alles – zu verkaufen versucht.
Wenn der Mensch die Luft zum Atmen oder das Sonnenlicht sich
aneignen und portionieren könnte, er würde auch das tun.
Mit Fake-Yoga (inkl. Ausbildung dazu) werden weltweit ca. € 80
Milliarden (2019) umgesetzt. Produkte, die einen sittlichen Standard
verlangen, sind unverkäuflich. Diese Yogas sind vergleichbar mit einer
Reise in einem schönem Auto ohne Getriebe und ohne Räder: man
sitzt gut, der Motor brummt, aber man kommt nicht voran. Die
abgewandelten Formen von Yoga profanieren, entwerten und
amputieren den echten Yoga.
Es gibt schon heute eine Unmenge an Yoga-Lehrer/-innen, aber wenig
Tulkus und noch viel weniger spirituelle Meister (Bodhisattva, Arahat)
bzw. echte Gurus. Also stellt sich die Frage, welchen Nutzen bringen
Tapopa > 140 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
die vielen Yoga-Schulen und Yoga-Zentren weltweit für die Menschheit,
außer für den Geldbeutel der Yoga-Lehrer und deren spirituellem Ego?
Wird das innere Wesen der Kursteilnehmer veredelt? Ist doch die
Diktatur, sogar in den Demokratien und Demokraturen in dieser
Zeitepoche (s.Kapitel "Yugas") unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Und
warum? Weil die Versittlichung ausgeklammert wird.
Es wird daher empfohlen, auf den Webseiten und Angeboten darauf
hinzuweisen, daß es sich um herausgelöste Entwicklungsstufen aus
dem Gesamtsystem des Yoga handelt. Eine solche Ehrlichkeit bewahrt
vor karmischen Folgen.
Tapopa > 141 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Tapopa > 142 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
ALLEINE ODER GEMEINSAM
Dies Frage behandelt 2 Aspekte, erstens ob man sich einer
Gemeinschaft anschließen soll und zweitens die eigene Lebensführung
(single, Stadtmönchen, n Familie oder mit Lebenspartner).
Eine geistige Gemeinde oder Gemeischaft wird auch Sangha genannt.
Gemeint ist damit eine Gemeinschaft der Laiengläubigen und von
Ordinierten (Mönch, Nonne), welche, sich gegenseitig unterstützend,
einer geistigen Lehre (Yoga, Buddhismus oder Christentum) folgen und
versuchen, die Ziele dieser Lehre zu verwirklichen. Also gemeinsame
Interessen haben und keinem Geschäftsmodell folgen. Es gibt in der
Praxis 3 Arten von Sanghas.
Da ist zum einem die lose Interessensgemeinschaft, die sich an
minimalen Praktiken und Handlungen orientiert und als Grundlage ein
Lehrbuch, eine Schrift einer Religion oder einer Tradition hat. Sie ist
hierarchielos organisiert und die Teilnahme ist unverbindlich.
Dann gibt es die vereinsorientierte Gemeinschaft, die bereits eine
Rechtsform hat und als Filiale oder Ableger einer größeren
Organisation fungiert. Sie ist bereits hierarchisch organisiert und hat
irgendwo ein geistiges und ein organisatorisches Oberhaupt. Die
Ordinierten tragen meist eine Ordenstracht. Das geistige Oberhaupt
wird gerne als Tulku eines spirituellen Meisters der Vergangenheit
vorgestellt. Dieser führt und lehrt die Sangha in der Tradition dieser
Lehre. In den Ablegern selbst ist kein spiritueller Meister als Redner
vorhanden, meistens ist es ein Kursabsolvent. Der Leser oder
Praktizierende sollte unterscheiden können, ob das
"Vereinsgeschehen" exoterisch oder esoterisch ausgereichtet ist.
Exoterisch sind Prozessionen, Zeremonien, Pujas, Tsoks,
gemeinsames Singen oder Meditieren mit sanfter Musik oder leisen
Worten usw. In der Exoterik ist man in sozialer Gemeinschaft und man
kann sich gut wohlfühlen. In der Esoterik ist alleine das innere
Wachstum das Ziel, die Gemeinschaft lauscht praktischen Vorträgen
und übt gemeinsam in Regungslosigkeit und Stille. Ist kein spiritueller
Meister anwesend, so hält man sich an Traditionen und Schriften,
Tapopa > 143 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
wodurch sichergestellt ist, man macht nichts falsch. Doch durch das
Festhalten an Buchstaben und Zeremonien entsteht Kontrollierbarkeit
und eine Systemhierarchie. Eine gewisse Erstarrung der Lehre selbst
ist die Folge. Zur Exoterik bemerkte mal ein Meister folgendes: Man
geht hinein (Kirche, Tempel) und die Sünden springen von der Schulter,
kommt man wieder heraus, springen sie wieder auf ihren gewohnten
Platz. Und mancherorts ist es Brauch, anschließend ins Gasthaus zu
gehen.
Und zuguterletzt haben wir die wahre Sangha, die wahre
Gemeinschaft. Das ist jene Gemeinschaft, die sich um einen
spirituellen Meister (Bodhisattva) gebildet hat. Es gibt keine öffentlichen
Hinweise, denn der Meister hat die karmisch reifen Menschen auf
geistigem Wege für sich interessiert. Die erfolgreich Praktizierenden
bilden den inneren Kern. Die Hierarchie in dieser Gemeinschaft ergibt
sich aus dem Stand des geistigen Fortschritts bzw. der Qualität des
Einzelnen. Eine spezielle Tracht (Kleidung) oder einen
Mitgliedsausweis gibt es hier nicht. Diese Gemeinschaft ist nach außen
hin unauffällig. Der spirituelle Meister verwendet eigene Lehrbücher
oder Schriften seines Lehrers oder aus der Überlieferungskette. Er
spricht mit und aus dem Licht und hat das Gelehrte selbst absolviert,
deshalb ist alles glaubhaft. Seine Kleidung und sein Verhalten
entspricht eher einer "grauen Maus", also unauffällig. Man erinnere
sich an Tilopa, der Naropa meist als alte, häßliche Frau mit tiefsinnigen
Bemerkungen gegenüber trat.
ALLEINE ODER MIT ANDEREN ?
Eine geistige Entwicklung ist ideal für eine alleinstehenden Person,
die keine konkreten Bindungen zu anderen Menschen (Familie,
Verwandtschaft etc.) hat und er sozusagen im Gefühl verpflichtungslos
leben kann. Das Anhaften an Dingen dieser Welt ist das größte
Hindernis im Aufstieg. Was bedeutet das konkret? Es bedeutet, daß es
zu keinem feinstofflichen Austausch zwischen lebendigen, toten oder
abstraktien Phänomenen kommt, wodurch wegen des
Qualitätsunterschiedes geistiges Potential beim Übenden abfließt und
er sich umsonst bemüht oder sogar angegriffen wird. Denn dieser
Prozeß des Abfießens findet unbewußt statt. Erst wenn der
Praktizernde die Konzentrationsfähigkeit erreicht hat, werden solche
Verbindungen von vorneherein neutralisiert.
Tapopa > 144 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Dasselbe gilt für Lebenspartnerschaften, wo der andere Teil nicht am
Geistigen interessiert ist. Hier wird der Zugriff auf das durch die Praxis
erworbenen Geistige (z.b. nach einer gelungenen Meditation) dem
anderen jederzeit ermöglicht, was durch die Akzeptanz der
gefühlsbezogenen Nähe gegeben ist. Das beste Beispiel besteht in
einer Mann-Frau-Beziehung, wo der Mann, der generell konform seiner
Gene keinen Kinderwunsch hat, dieser plötzlich einen solchen hat und
den Gedanken sympathisch findet. Hier ist die weibliche psychische
Komponente in den Mann eingedrungen und steuert jetzt seine
Gefühlsneigungen, ohne daß jener diese Veränderung bemerkt - ja
mehr noch, er verteidigt diese Veränderung. Ähnliche negative Effekte
treten ein, wenn Kinder oder die nahe Verwandschaft im Spiel sind
und Aufmerksamkeit verlangen. Ein solcher Austausch von
Eigenschaften findet auch in der Beziehung Mensch-Tier statt. Nur
wenn beide Partner derselben geistigen Bemühung in gleicher
Motivation und Intensität folgen, wird dies Früchte tragen. Ja mehr
noch, sie können sich auf geistiger Ebene sogar ausgleichend
unterstützen. Dieser Gesetzmäßigkeiten soll sich jeder bewußt
sein.
Nun zu den Alleinpraktizierenden und Alleinstehenden, den äußerlich
nicht erkennbaren "Stadtmönchen oder -nonnen". Das sind jene, die
eine geistige Entwicklung verfolgen aber in ihrer unmittelbaren Nähe
keine Sangha (Gemeinschaft) oder auch keine mit einer ihnen
sympathischen Geistesausrichtung gefunden haben. Wichtig dabei ist,
daß diese Personen ihren Hausverstand benutzen und sich auf
lupenreine klassische Schriften und Rezepte verlassen. Wie z.B. Raja-
Yoga von Patanjali oder auf das Maha-Satiphatthana-Sutra. Ebenso
wichtig ist, daß sie keine Ratschläge von anderen annehmen, sondern
sich auf die eigene Erfahrung aus der Selbstbeobachtung verlassen.
Für einen Schüler, der dem Weg des Gefühls (Bhakti) folgt, ist der
Vorbereitungsweg ohne echten Lehrer leichter möglich.
Übrigens, wer seinen Entwicklungsweg erfolgreich mitten unter der
Gesellschaft gehen kann, wird all den Versuchungen der Welt trotzen
können, was einem, der aus der Einsamkeit (Höhle, Ashram etc.) in die
Welt zurück kommt, höchstwahrscheinlich zum geistigen Sturz bringt.
Tapopa > 145 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Tapopa > 146 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
BUDDHA: DIE ACHTSAMKEIT
Wie es im großen Weltmeer, ihr Schüler, nur einen Geschmack gibt,
nämlich den Geschmack des Salzes, so gibt es, ihr Schüler, in der
Lehre, die ich euch lehre, nur eine Geschmack, den der Befreiung,
(Buddha Gautama)
Und so präsentierte Buddha die Schlüssel-Methode der Achtsamkeit
(durch Selbstbeobachtung) für das Erlangen der vollkommenen
Weisheit und Erlösung:
Der einzige Weg ist dies, o Mönche, zur Läuterung der Wesen, zur
Überwindung von Kummer und Klage, zum Schwinden von Schmerz
und Trübsal, zur Gewinnung der rechten Methode, zur Verwirklichung
des Nibbāna, nämlich die vier Grundlagen der Achtsamkeit. Welche
vier?
Da weilt, o Mönche, der Mönch beim Körper in Betrachtung des
Körpers, eifrig, wissensklar und achtsam, nach Verwindung von
Begierde und Trübsal hinsichtlich der Welt; er weilt bei den Gefühlen in
Betrachtung der Gefühle, eifrig, wissensklar und achtsam, nach
Verwindung von Begierde und Trübsal hinsichtlich der Welt; er weilt
beim Geist in Betrachtung des Geistes, eifrig, wissensklar und
achtsam, nach Verwindung von Begierde und Trübsal hinsichtlich der
Welt; er weilt bei den Geistobjekten in Betrachtung der Geistobjekte,
eifrig, wissensklar und achtsam, nach Verwindung von Begierde und
Trübsal hinsichtlich der Welt.
Wahrlich, ihr Mönche, wer auch immer diese vier Grundlagen der
Achtsamkeit derart für sieben Jahre übt, bei dem ist eines von zwei
Ergebnissen zu erwarten: entweder die (höchste) Erkenntnis bei
Lebzeiten oder, wenn noch ein Haftensrest da ist, die Nichtwiederkehr.
So hat es Buddha im Maha-Satipatthana-Sutra (Wissensklarheit
durch Achtsamkeit) klar formuliert. Und dies sind seine Worte am
Ende seiner Darlegung:
Der einzige Weg ist dies, o Mönche, zur Läuterung der Wesen, zur
Überwindung von Kummer und Klage, zum Schwinden von Schmerz
Tapopa > 147 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
und Trübsal*, zur Gewinnung der rechten Methode, zur Verwirklichung
des Nibbāna, nämlich die vier Grundlagen der Achtsamkeit. Was
derart gesagt wurde, in Bezug hierauf wurde es gesagt.
(* wegen Nichterlagung des Erwünschten, wegen Getrenntsein von
Geliebtem, wegen Verbundensein mit Unerwünschtem und wegen
Haftens an irdischen Dingen und Werten).
So sprach Buddha. Höchst erfreut lauschten die damaligen Schüler
den Worten des Erhabenen. Hier hat Buddha die zentrale Methode
zur geistigen Entwicklung und Erlösung dargelegt. Die Fortschritte
in den einzelnen Entwicklungsphase dieser Methode sind in den
buddhistischen Jhanas beschrieben. Die Praxis dieser Methode ist
höchst wirksam, falls sie entschlossen verfolgt wird. Alles weitere ergibt
sich dann. Mehr zur Beschreibung der Achtsamkeit für alle jene, die
darüber mehr auf akademische Art wissen wollen, im Unterkapitel „Die
Entfaltung der Achtsamkeit als einziger Weg“ ein paar Seiten weiter.
Als zweiter Baustein in der Lehre Buddhas gilt das Metta-Gebet (siehe
Metta-Sutra), welches zur Schaffung guten Karmas unentbehrlich ist
Die Achtsamkeit bzw. die Selbst-Beobachtung ist die Pforte zum Eintritt
in das erste buddhistische Jhana. Und wer von weltlichen Sorgen und
Ungerechtigkeiten geplagt ist, könnte damit in einen Zustand eintreten,
nach dem sich so viele unwissentlich sehnen aber nicht können, weil
sie der festen Überzeugung sind, dies ist nur mit materiellen Mitteln
erreichbar.
DAS GEHEIMNIS IN DER LEHRE BUDDHAS
Nur wenige haben das Geheimnis der Wirksamkeit dieser Lehre
entdeckt. Diese Entdeckung kann nur der machen, der diese Lehre
erfolgreich praktiziert und dabei Ergebnisse erzielt hat. Wie im Kapitel
„Struktur und Komponenten des Menschen“ dargelegt, ist das
Bewußtsein (übernatürlicher Intellekt) und der Beobachter von
transzendenter Qualität und ist materialistisch wie feinstofflich nicht
definierbar und nur „im eigenen Labor“ feststellbar. Durch die Praxis
der Achtsamkeit bzw. Selbst-Beobachtung wird durch die
umformende Strahlung des Beobachters dieser Intellekt
sukzessive in das Wesen Mensch hineingezogen. So sehen es die
spirituellen Meister. Der Schüler beginnt dadurch sich immer mehr
seiner wahren Natur und Fähigkeiten bewußt zu werden. Ein solch
Tapopa > 148 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
fortlaufend praktiziertes Bewußtwerden bewirkt, daß der Beobachter
(der Diamant) im Menschen immer mehr gereinigt und immer mehr mit
dem Wesen verbunden wird. Damit kann die Beobachtungs- und
Unterscheidungskraft bis zur Vollkommenheit entwickelt werden und
die analytische Konzentrationsfähigkeit ist ein Ergebnis dieser
Bemühung. Die Darlegung dieser Systematik zur vollen Entfaltung des
Beobachters und des übernatürlichen Intellekts durch die Achtsamkeit
ist das zeitlose Verdienst des Buddha Gautamo.
DIE PRAXIS DER ACHTSAMKEIT
Was ist das und wie realisiert man Achtsamkeit bzw.
Selbstbeobachtung? Man beginnt damit, wenn man alleine und
ungestört ist. Man beobachtet die Bewegungen des Wesens,
beginnend mit den Körperbewegungen, dann mit den Gedanken, dann
mit der Stimmung, mit der Rede und letztendlich mit dem Atem. Wenn
der Schüler anfängt, sich zu beobachten, wird er feststellen, daß ihm
das für einige Minuten gelingt, dann hat er schon vergessen oder er
denkt dabei schon an was anderes und ist in Gedanken weit weg oder
ein Impuls zwingt ihn zu einer anderen Aufmerksamkeit. Das muß
verhindert werden.
Die Übungspraxis der Achtsamkeit erfordert anfangs ein Alleinsein
bzw. eine Praxisumgebung, wo niemand oder nichts deine
Aufmerksamkeit ablenken kann. Das muß solange eingehalten werden,
bis diese Achtsamkeit eine stabile Beständigkeit erreicht hat bzw. diese
sich von selbst wiederherstellt, wenn sie unterbrochen wurde.
Du Leser, höre zu: Ich will dir das hier kurz praktisch an einem
einfachen Beispiel erläutern. Das Prinzip ist einfach: ich bin mir bewußt,
was ich tue, was ich denke, was ich fühle oder was ich rede. Also wenn
ich die Tasse in die Hand nehme, weiß ich, daß ich die Tasse in die
Hand nehme. Wenn ich die Tasse abstelle, weiß ich, daß ich die Tasse
abstelle, wenn ich meinen Schlüssel hinlege, weiß ich, daß ich ihn da
hinlege und am Schluß weiß ich, wo er ist und folglich finde ich ihn
wieder. Also immer verbunden mit dem ICH WEISS, DASS …
Dabei ist nicht unwichtig, nicht nur den Beginn der Handlung und den
Verlauf, sondern auch den Abschluß mit der Selbstbeobachtung
festzuhalten. Denn bei den meisten ist schon vor Abschluß der
Tapopa > 149 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen
Handlung das Denkprinzip mit der Aufmerksamkeit bei einer neuen
Handlung, einem vergangenen Eindruck oder neuem Wunsch. Läßt
man nicht nach mit dieser Tätigkeit, so wird sich die Beobachtung
verfeinern und scheinbar gleichzeitig wird man sich immer mehr Details
bewußt. Jede einzelne Tätigkeit mit dieser Selbstbeobachtung
kombiniert führt relativ schnell zur Erkenntnis, daß es einen mächtigen
und ablenkenden Störfaktor gibt, der etwas ganz anderes will: nämlich
nicht beobachtet bzw. nicht erkannt werden. Es ist wie bei einem
Kartenspieler: der mag es ganz und gar nicht, wenn man in seine
Karten sieht, folglich rebelliert er - wie ein Wildpferd, das plötzlich einen
Reiter verspürt. Dein innerer Gegner wird alles versuchen, dich als
Beobachter abzuschütteln. Täuschung und Verdrehen sind seine Mittel.
Er wird dich glauben machen, du beobachtest doch schon alles. Er will
die Unterscheidung aus der Beobachtung lahmlegen. Es wird einige
Zeit (Monate) dauern, bis die einfache Achtsamkeit im Alltag sich selbst
aktiviert. Also glaube ja nicht, daß die Selbstbeobachtung leicht ist. Am
Anfang vergißt man bereits nach wenigen Minuten, nur um sich abends
daran zu erinnern, was man eigentlich vorhatte. Bleib fest in deinem
Entschluß. Die konstante Selbstbeobachtung ist nebenbei das beste
Mittel gegen Demenz und steigert das Wachsein. Solltest du bald einen
Widerwillen spüren, dann wisse, du bist am richtigen Weg. Beginne
dein Training allein, ignoriere Telefon oder Smartphone
währenddessen. Mach alles langsam. Wer mit Chaos umgeben ist, wie
z.B. mit Kindern, Freunden oder Familienmitgliedern, Musik etc. (der
Lärm der Welt) kann dies schwerlich üben. Kann jemand trotz
Bemühung eine günstige Bedingung nicht herstellen, so bleibt ihm
leider nur der natürliche Entwicklungsweg, den alle gehen.
MEHR ZUR PRAXIS
Die Praxis der Achtsamkeit ist das Allerwichtigste und nicht die
wissenschaftlich-strukturierte Beschreibung dieser. Wer zuerst
praktiziert und die ersten positiven Erfahrungen erwirbt, wird die
Abhandlungen anschließend dazu viel besser verstehen, ebenso die
detaillierte Beschreibung der buddhistischen Jhanas. Diese ergänzen
und verbessern die Praxis, ermöglichen eine Fortschrittskontrolle und
motivieren. Übrigens die als „Sukkha“ erwähnte Freude in den Jhanas
ist die ursachlose Freude. Nun zur Praxis:
Gehe spazieren und beobachte deine Fuß- und Handbewegungen oder
dusche dich und beobachte dabei jede einzelne Bewegung. Oder
Tapopa > 150 / 214 < Geistige Entwicklung Grundlagen