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1. Grundideen der Alchemie
Die hermetischen Symbole sind Symbole der Individuation,
der schöpferischen Wandlung und Transformation.
Es geht darum, das Schöpferische, die schöpferische Energie,
die man überall in der Welt, der Natur und im Menschen findet,
zu verstehen, zu nutzen und die Welt und den Menschen zu
vervollkommnen.
„Was die Natur begonnen,
vollendet die (alchemistische) Kunst.“
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Die „prima materia“,
die „massa confusa“
mit ihren chaotischen Elementen soll im
„opus magnum“
in die
„quinta essentia“,
das Gold des
„lapis philosophorum“
gewandelt werden.
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Die Wirkung, auf die ich hinziele,
ist die Hervorbringung eines seelischen Zustandes,
in welchem mein Patient anfängt, mit seinem Wesen zu
experimentieren, wo nichts mehr für immer gegeben und
hoffnungslos versteinert ist,
eines Zustandes der Flüssigkeit,
der Veränderung und des Werdens.
C. G. Jung (1929, GW 16, §99)
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Sinn oder Unsinn?
Gelegentlich schaute ich die Bilder an, und jedesmal dachte ich bei mir:
Herrgott, was für ein Unsinn! Man kann das ja gar nicht verstehen. –
Aber es ließ mich nicht los, und ich nahm mir vor,
das Werk gründlich zu studieren ...
Schließlich erkannte ich, dass es sich um Symbole handelte,
die mir alte Bekannte waren.
Das ist ja phantastisch, dachte ich, das muss ich verstehen lernen ...
Sehr bald hatte ich gesehen, dass die Analytische Psychologie mit der
Alchemie merkwürdig übereinstimmt.
Die Erfahrungen der Alchemisten waren meine Erfahrungen,
und ihre Welt war in gewissem Sinn meine Welt.
C. G. Jung, Erinnerungen, S. 207
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Es ist ... eine ebenso schwierige wie undankbare Aufgabe,
das Wesen des Individuationsprozesses im einzelnen Falle darzustellen. ...
Kein individueller Fall meiner Erfahrung ist so allgemein,
dass er alle Aspekte aufwiese
und damit als übersichtlich gelten könnte ...
Die Alchemie hat mir darum
den unschätzbar großen Dienst geleistet, mir ihr Material,
in dessen Umfang meine Erfahrung genügend Raum findet,
anzubieten und hat es mir dadurch möglich gemacht,
den Individuationsprozess in seinen hauptsächlichen Aspekten zu
beschreiben.
C. G. Jung, Mysterium Conjunctionis, GW 14-2, P. 447
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Die Individuation
ist der schöpferische Prozess,
in dem sich das sich fortwährend entfaltende Universum
(Makrokosmos)
im Selbst
(Mikrokosmos)
des einmaligen Menschen
bestmöglich in seiner individuellen Ganzheit verwirklicht.
Das Universum erwacht im Menschen zu sich selbst.
Der Sinn unserer Existenz kann darin gesehen werden,
diesen Prozess der Bewusstwerdung und der Evolution
in Liebe und Freiheit zu fördern.
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Das Selbst
Das Selbst ist ein symbolischer Begriff
für die letztlich unerkennbare
komplexe,
polar-paradoxe,
unbewusst-bewusste,
licht-und schattenhafte,
weiblich-männliche,
physio-bio-psycho-soziale,
Ganzheit des individuellen Menschen
- dem Mikrokosmos –
in seiner unauflösbaren Verbundenheit und fortwährenden
Wechselwirkung mit seiner Mit- und Umwelt und dem Universum
- dem Makrokosmos -.
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Existenzielle Polaritäten
Sein Nicht-Sein
Materie Geist-Energie
Aktivität Passivität
Positivität Negativität
Anziehung Expansion
Stabilität Flexibilität
Bindung Freiheit
Konstruktion Destruktion
Wasser - Erde Feuer - Luft
Unten Oben
Innen Außen
Kollektivität Individualität
Fühlen Denken
Intuieren Wahrnehmen
Persona Schatten
Weiblichkeit Männlichkeit
Liebe ... Macht ...
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Werkzeuge und Methoden
Der Alchemist, die Alchemistin
Das hermetische Gefäß
(vas hermeticum)
Die Wandlungssubstanz
(Hermes Mercurius)
Phasen, Stufen, Aspekte des alchemistischen Prozesses
und seine kosmischen Bezüge
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Grundprozess
„Löse und verbinde“
(Solve et coagula)
Erkenntnisgewinnung
durch Analyse und Synthese (Integration)
der Dinge im Universum,
der Natur und im Menschen
„Wie oben, so unten“
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Operationen der Alchemie
Caltination = Zerstörung der äußeren Erscheinungsform
durch Verbrennen
Sublimation = Erhitzen, Verdampfen und Wiederverfestigen in
gereinigter Form
Solution = Auflösung im "mercurialen" Wasser;
Eintauchen in das Unbewußte
Putrefaction = Der Tod, die Verfaulung, Verwesung
Distillation = Herausziehen der Quintessenz, des Geistigen,
Göttlichen aus der Materie; siehe Solution
Coaculation = Verfestigung, Verdichtung
Tinctur = Der Stein der Weisen als Endprodukt
Multiplication = Vervielfältigung
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Stufen des Steins der Weisen
Rubedo
(Citrinitas)
Albedo
(Pfauenschwanz)
Nigredo
Prima materia
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Tabula Smaragdina
1. Es ist wahr, ohne Lüge und ganz gewiss:
2. Was unten ist, ist wie das, was oben ist,
und das, was oben ist, ist wie das, was unten ist,
um die Wunder des Einen zu offenbaren.
3. Und wie alle Dinge aus dem Einen gekommen sind
- durch die Meditation des Einen -,
so werden auch alle Dinge aus diesem Einen
durch Adaption (Angleichung) geboren.
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Tabula Smaragdina
4. Die Sonne ist sein Vater,
der Mond seine Mutter.
5. Der Wind hat es in seinem Bauch getragen.
6. Die Erde ist seine Amme.
7. Es ist die Ursache
aller Vollendung in dieser Welt.
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Tabula Smaragdina
8. Seine Kraft ist voll,
wenn es zur Erde wird.
9. Scheide die Erde vom Feuer,
das Feine vom Groben,
sanft und mit großem Verständnis.
10. Es steigt von der Erde zum Himmel
und wieder herab zur Erde
und empfängt die Kräfte
des Oberen und des Unteren.
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Tabula Smaragdina
11. So wird dir der Ruhm der Welt gehören.
Und alle Dunkelheit wird von dir weichen.
Es ist die Stärke aller Stärken,
denn es überwindet alle feinen Dinge,
durchdringt alles Grobe.
12. So wurde die Welt erschaffen.
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1.
Es ist wahr,
ohne Lüge
und ganz gewiss:
2.
Was unten ist,
ist wie das,
was oben ist,
und das,
was oben ist,
ist wie das,
was unten ist,
um die Wunder
des Einen
zu offenbaren.
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3.
Und wie alle Dinge
aus dem
Einen
gekommen sind
- durch die Meditation des
Einen -,
so werden auch alle Dinge aus
diesem
Einen
durch
Adoption
(Adaption, Anpassung)
geboren.
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4.
Die Sonne
ist sein Vater,
der Mond
seine Mutter.
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