Unternehmer- und Gründertrainings
für Zugewanderte
Ein Handbuch erprobter Methoden und Übungen
"The European Commission support for the production of this publi-
cation does not constitute an endorsement of the contents which
reflects the views only of the authors, and the Commission cannot
be held responsible for any use which may be made of the infor-
mation contained therein."
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INHALTSVERZEICHNIS
DER EUROPÄISCHE KONTEXT .................................................................................................................5
DER POLITISCHE KONTEXT IN DER EUROPÄISCHEN UNION .........................................................6
Die Situation in Europa ...............................................................................................................................6
Kurze Zusammenfassung der Situation in den Projektländern ............................................................7
BEDRAFSANALYSE.....................................................................................................................................13
Welche Bedürfnisse haben zugewanderte Unternehmer*innen? ......................................................13
Welche Bedürfnisse haben die Trainer*innen?.....................................................................................14
Motivation zum Lernen schaffen und Barrieren für die Teilnahme überwinden!..............................14
Lernen aktiv und effektiv gestalten! ........................................................................................................15
Bedarf an Netzwerk und Unterstützung .................................................................................................16
BEISPIELE FÜR REGIONALE TRAININGSPROGRAMME...................................................................17
Unternehmertum Workshop .....................................................................................................................17
Unternehmertum-Training als Teil der Sprachausbildung für Jugendliche.......................................19
Unternehmertum-Training und Sprachausbildung für Erwachsene...................................................21
Training zur Arbeitsintegration in einer sozialen Modefabrik (Social Fashion Factory - SOFFA) .24
Startups für Zugewanderte - F.A.S.I Project..........................................................................................26
Selbstständigkeit um Zugewanderte zu integrieren .............................................................................28
WORKSHOPMODULE DES PROJEKTES MIGRATION AND ENTREPRENEURSHIP...................30
Persönliche Analyse & Karriereplanung.................................................................................................30
Veranstaltungsorganisation (Eventmanagement) ................................................................................32
Von der Idee zum Handeln.......................................................................................................................34
Bildungsbereich besonderer Priorität (ΖΕΠ)..........................................................................................36
Design Thinking .........................................................................................................................................38
Value Proposition Canvas – VPC (Leistungsversprechen)..................................................................40
MVP Test: Minimal Viable Product (Minimal überlebensfähiges Produkt) .......................................42
Videoproduktion .........................................................................................................................................46
EVALUATION UND ZERTIFIZIERUNG.....................................................................................................48
FAZIT...............................................................................................................................................................49
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Warum sind Kompetenzen heutzutage so wichtig?
Globalisierung und Modernisierung schaffen eine zu-
nehmend vielfältige und vernetzte Welt. Um sich in die-
ser Welt zurechtzufinden und gut zu funktionieren,
müssen Einzelpersonen z.B. die sich verändernden
Technologien beherrschen sowie lernen, mit den gro-
ßen Mengen an verfügbaren Informationen umzuge-
hen. Auch die Gesellschaft stellt sich kollektiven Her-
ausforderungen - wie dem Ausgleich zwischen Wirt-
schaftswachstum und ökologischer Nachhaltigkeit so-
wie Wohlstand und sozialer Gerechtigkeit. In diesen
Kontexten sind die Kompetenzen, die Einzelpersonen
benötigen um ihre Ziele zu erreichen, komplexer ge-
worden und erfordern mehr als nur die Beherrschung
bestimmter eng definierter Fähigkeiten. „Nachhaltige
Entwicklung und sozialer Zusammenhalt hängen ent-
scheidend von den Kompetenzen unserer gesamten
Bevölkerung ab – Kompetenzen sind Wissen, Fähigkei-
ten, Einstellungen und Werte.“
Die OECD Bildungsminister
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Warum ein Handbuch?
Der europäische Auftrag der OECD Bildungsminister wird von uns als Weiterbildungsinstitutionen
ernst genommen. Deshalb haben wir das Projekt „Migration and Entrepreneurship“ entwickelt und
von Oktober 2018 bis September 2020 durchgeführt.
All die Erfahrungen und Ergebnisse unserer fruchtbaren Zusammenarbeit möchten wir gerne weiter-
geben. Dieses Handbuch ist eines der vielen erarbeiteten Ergebnisse.
Darüber hinaus gibt es ausgearbeitete digitale Lerneinheiten (Lektionen) und Workshop-Module auf
der Internetseite des Projekts. Das Handbuch wurde neben Informationen zur Unternehmensgrün-
dung mit Ansätzen zum Spracherwerb und der Sprachanwendung erweitert. Hauptziel des Projekts
ist es, Strategien und Trainingsmodule zu entwickeln, um das Unternehmertum bei Menschen mit
und ohne Migrationshintergrund sowie Neuzugewanderten zu fördern.
Die Partnerorganisationen aus Dänemark, Griechenland, Italien, Norwegen, Spanien und Deutsch-
land haben sich zusammengeschlossen, um gute Beispiele und Lösungen zusammenzubringen und
gemeinsam einen innovativen Ansatz zur Förderung des Unternehmertums von Menschen mit un-
terschiedlichen Fähigkeiten zu entwickeln.
In diesem Handbuch finden Sie die Rahmenbedingungen und Situationsbeschreibungen der jewei-
ligen Partnerländer sowie die Bedarfsanalysen der zugewanderten Unternehmer*innen und Ausbil-
der*innen.
Sie finden auch erprobte Lektionen und Trainingsmodule, die von den Akteur*innen und Teilneh-
mer*innen getestet und reflektiert wurden.
Viel Spaß beim Erstellen Ihres eigenen Workshop-Konzepts, angepasst an Ihre Herausforderungen
und Zielgruppen!
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DER EUROPÄISCHE KONTEXT
Unternehmer*innen mit Migrationshintergrund
Unternehmertum ist eine starke Triebkraft für Wirtschaftswachstum und die Schaffung von
Arbeitsplätzen: Es bringt neue Unternehmen und Arbeitsplätze hervor, erschließt neue
Märkte und fördert neue Fähigkeiten und Fertigkeiten.
Die Europäische Kommission ist bestrebt ein Umfeld zu schaffen, dass für alle Unterneh-
mensformen attraktiv ist. Dabei sollen die geplanten Unterstützungen alle potenziellen Un-
ternehmer*innen erreichen, auch die Menschen, die besondere Unterstützung bedürfen
(z.B. vulnerable Personengruppen, Menschen mit Migrationshintergrund etc.) So kann die
EU in ihrer Gesamtheit stärker und kohärenter werden.
Innerhalb der EU stellen Zugewanderte ein wichtiges Reservoir potenzieller Unterneh-
mer*innen dar, können aber, wie auch andere vulnerable Personengruppen, mit spezifi-
schen rechtlichen, kulturellen und sprachlichen Herausforderungen konfrontiert sein. Diese
Probleme müssen in vollem Umfang angegangen werden, damit eine gleichberechtigte Un-
terstützung gewährleistet werden kann.
Der EU-Aktionsplan zur Integration von Drittstaatsangehörigen
Der Aktionsplan bietet einen gemeinsamen politischen Rahmen und unterstützende Maß-
nahmen, die den EU-Ländern bei der Weiterentwicklung und Stärkung ihrer nationalen In-
tegrationspolitik für Drittstaatsangehörige helfen sollen. Erhalten Drittstaatsangehörige die
Möglichkeit einen wirtschaftlichen und sozialen Beitrag für ihre Gastgebergemeinschaften
zu leisten, so ist dies der Schlüssel für das künftige Wohlergehen, den Wohlstand und den
Zusammenhalt der europäischen Gesellschaften. Die Unterstützung von Unternehmen, z.B.
über einen Zugang zu bestehenden Mikrokredit-Hilfsprogrammen, ist notwendig, um den
Beitrag von Drittstaatsangehörigen zur Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt zu fördern.
Dieser Aktionsplan ermutigt daher die EU-Länder, das Unternehmertum durch maßge-
schneiderte Unternehmensschulungen und Mentorings sowie durch die Öffnung der übli-
chen Strukturen zur Unterstützung des Unternehmertums für Drittstaatsangehörige zu för-
dern. Er informierte auch darüber, dass die Kommission bewährte Praktiken zur Förderung
und Unterstützung des Unternehmertums von Zugewanderten ermittelt und Pilotprojekte für
deren Verbreitung finanzieren wird.
Der EU-Aktionsplan für die Integration von Drittstaatsangehörigen
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DER POLITISCHE KONTEXT IN DER EUROPÄISCHEN
UNION
Die Situation in Europa
Das Statistische Amt der Europäischen Union Eurostat hat im Jahr 2016 festgestellt, das in
der EU geborene Migrant*innen stärker auf dem Arbeitsmarkt vertreten sind als Migrant*in-
nen, die außerhalb der EU geboren wurden. In ganz Europa, sowie in den an diesem Projekt
beteiligten Ländern, gibt es ernstzunehmende Themen, wie z.B. die Inklusion der Geflüch-
teten und Migrant*innen, die in der EU eintreffen sowie eine Akzeptanz von Vielfalt. Die
deutsche Regierung weist darauf hin, dass drei Viertel der sich in Deutschland befindenden
Geflüchteten Gefahr laufen, langzeitarbeitslos zu werden und für die nächsten fünf bis zehn
Jahre Leistungen zu beanspruchen.
Die Europäische Union ist ein diverses Gebiet und viele ihrer Mitgliedstaaten sind traditionell
ein Ziel für Neuzuwanderung, sei es aus anderen Teilen der EU oder aus anderen Teilen
der Welt. Der Zustrom von Neuzugewanderten hat dazu geführt, dass eine Reihe neuer
Arbeiter*innen mit unterschiedlichsten Kompetenzen in die lokalen Arbeitsmärkte eingeführt
wurde, während gleichzeitig die kulturelle Vielfalt zunahm. Die Integration von Geflüchteten
und Migrant*innen ist in den letzten Jahren zunehmend zu einem Schlüsselbereich gewor-
den, auf den sich die Politik konzentriert. Es werden vermehrt Maßnahmen ergriffen, um
Neuzugewanderte und ihren Nachkommen aktiv in die Gesellschaft zu integrieren z.B. durch
Arbeitsmarkt- und Bürgerinitiativen.
Mangelnde Qualifikationen und Sprachkenntnisse gelten als Hauptgrund für die niedrige
Beschäftigungsquote unter Neuzugewanderten, vor allem, weil derzeit der Integrations-
schwerpunkt lediglich auf Hilfe bei der Arbeitssuche liegt. Unter den Neuzugewanderten fin-
den sich Menschen mit unternehmerischen Fähigkeiten. Für einige von ihnen ist nicht die
schulische Bildung oder ein Arbeitnehmer*innenverhältnis die beste Option, sondern die ei-
gene Selbständigkeit. Diese birgt ein großes ungenutztes Potenzial zur Integration von Neu-
zugewanderten.
Eine Möglichkeit um die vorhandenen Potenziale derer zu nutzen, die sich bereits in Europa
aufhalten, ist die Förderung des Unternehmertums. Diese Lösung als arbeitsplatzschaffen-
des Instrument ist weitgehend übersehen worden. Doch Arbeitslosigkeit und unsichere wirt-
schaftliche Verhältnisse sind einer der Hauptgründe dafür, dass Menschen, die durch Krieg
oder lokale Probleme destabilisiert sind, sich zur Flucht entschließen. Wenn sie in ihrer
neuen Heimat ankommen, sind Arbeitsplätze das Erste was sie brauchen.
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Das Unternehmertum ist ein bewährter Arbeitgeber in großen und kleinen Volkswirtschaften.
Laut der Ewing Marion Kauffman Foundation, Amerikas führendem Think-Tank für Unter-
nehmertum, sind junge Unternehmen (einschließlich Neugründungen) das, was für die
Schaffung von Arbeitsplätzen wichtig ist. Kauffman Untersuchungen haben gezeigt, dass in
den Jahren 1985-2005 junge Unternehmen für bis zu zwei Drittel der neuen amerikanischen
Arbeitsplätze verantwortlich waren.
Unternehmertum und Selbständigkeit helfen:
• Arbeitsplätze zu schaffen
• Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kompetenzen zu entwickeln
• Arbeitslosen und schutzbedürftigen Menschen die Möglichkeit zu geben, uneinge-
schränkt an der Gesellschaft und Wirtschaft teilzuhaben
Kurze Zusammenfassung der Situation in den Projektländern
Die in Italien ansässige ausländische Bevölkerung belief sich am 1. Januar 2017 auf 5,047
Millionen Menschen, was 8,3 % der Gesamtbevölkerung entspricht. Die größten Gemein-
schaften ausländischer Herkunft, die am 1. Januar 2017 ihren Wohnsitz in Italien hatten,
kamen aus Marokko (455.000 Bürger*innen), Albanien (442.000), China (319.000), der Uk-
raine (234.000), den Philippinen (162.000) und Indien (158.000). Die Zahl der Geflüchteten
in Italien lag 2016 bei 147.370, in den Abruzzen bei etwa 3.500. Nur zwei Prozent der Mig-
rant*innen (18 Personen) hatten zum Zeitpunkt der Befragung einen festen Arbeitsplatz in
Italien, während weitere 13 Prozent gelegentlich arbeiteten. 55,8 Prozent der Migrant*innen,
die sich seit drei oder mehr Jahren in Italien aufhalten, sind erwerbstätig. Laut dem Bericht
Rapporto Immigrazione e Imprenditoria 2017 beläuft sich die Zahl der Einzelunternehmen
unter den Einwander*innen auf 571.255.
Wenn Neuzuwander*innen in Italien ankommen, durchlaufen sie zwei Aufnahmesysteme.
Das erste wird als Hotspot bzw. erstes Aufnahmezentrum bezeichnet, das weitere als zwei-
tes Aufnahmezentrum. Im Ersten erhalten die Ankommenden eine erste medizinische Ver-
sorgung, werden einem Gesundheitsscreening unterzogen, identifiziert und registriert und
können internationalen Schutz beantragen. Im Zweiten müssen die lokalen Institutionen die
Unterkünfte bestimmen, in denen die Neuzugewanderten untergebracht werden sollen. Da-
bei handelt es sich um kleine Wohnungen oder unterschiedlich große Kollektivzentren, in
denen 15, 30 oder mehr Personen leben können.
Zusätzlich werden eine Reihe an Diensten zur sozialen Eingliederung angeboten, die dabei
unterstützen sollen, die Menschen ganzheitlich aufzunehmen und zu integrieren: Anmel-
dung beim Einwohnermeldeamt der Gemeinde; Erhaltung einer Steuernummer; Anmeldung
bei einer gesetzlichen Krankenkasse; schulische Eingliederung aller Minderjährigen; recht-
liche Unterstützung; Durchführung von Italienisch-Sprachkursen oder Unterstützung bei der
Anmeldung und Begleitung zu lokalen Kursen; Orientierung und Begleitung bei der Arbeits-
suche, der Wohnungssuche und zu soziokulturellen und sportlichen Aktivitäten.
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In Spanien ist die Selbstständigkeit unter den Migrant*innen sehr präsent. Tatsächlich gibt
es in Spanien nach den jüngsten Zahlen des Ministerio de Trabajo, Migraciones y Seguridad
Social, 326.529 ausländische Selbständige, was etwa 10% der gesamten Selbständigen
ausmacht (Ende 2017 waren es noch 9,7%). Unter ihnen sind Nicht-EU-Bürger*innen am
meisten vertreten, darunter mit der größten Präsenz Menschen aus Rumänien und China.
Die autonome Gemeinschaft Katalonien zählt die meisten selbständigen Einwander*innen,
gefolgt von Madrid. Die Bereiche Handel, Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Bauge-
werbe führen die Rangliste an (1).
Weitere Informationen: Link zum Bericht Affiliation of foreigners to Social Security" of the
MiTraMiSS Communication Office - August 2019
Um ein Unternehmen in Spanien gründen zu können, ist ein gesetzliches verordnetes Visum
für Nicht-EU Bürger*innen erforderlich.
Um dies zu erreichen ist es notwendig eine innovative Idee vorzuschlagen, die dem Minis-
terium für Wirtschaft und Unternehmen vorgelegt wird. Das Ministerium ist für die Genehmi-
gung zuständig. Dazu ist es wichtig, dass das Projekt eine Abrechnungsvision oder einen
Marketing- oder Personalplan für die Schaffung von Arbeitsplätzen hat.
Eine weitere Einwanderungsmöglichkeit für Unternehmer*innen ist mit dem Non-Profit-Auf-
enthaltsvisum gegeben. Dies ist vor allem bei Inhaber*innen kleiner Unternehmen weit ver-
breitet. Die Anforderungen für dieses Visum sind jedoch sehr anspruchsvoll: Die Unterneh-
mer*innen müssen nachweisen, dass sie über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, um
sich ein Jahr lang in Spanien aufhalten zu können (etwa 26.000 €). Zu diesem Zeitpunkt
können Sie noch nicht arbeiten, sondern nur den Markt erkunden. Nach einem Jahr kann
selbstständig eine Arbeitserlaubnis beantragt werden.
Zudem kann man sich für eine Aufenthaltsgenehmigung und Selbständigkeitserlaubnis qua-
lifizieren.
Auf der Ebene der autonomen Gemeinschaften hat z.B. Soria einen Orientierungsleitfaden
für Migrant*innen herausgegeben, die ein Unternehmen gründen wollen. Dabei handelt es
sich um relevante rechtliche Orientierungshilfen und Unternehmensschulungen. Andere Ge-
meinschaften wie Zamora und Zaragoza bieten ebenfalls solche Orientierungshilfen an.
(1) García Moreno, A. 28/12/2018. Los negocios lanzados por inmigrantes tienen más éxito porque se les exige más.
elPeriódico. Recuperado [08/10/2019) en línea de [https://byzness.elperiodico.com/es/emprendedo-
res/20181218/negocios-lanzados-inmigrantes-tienen-exito-7207383 ]
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In Norwegen sind nur 4,2 Prozent der Migrant*innen und Geflüchteten selbstständig. Für
diese Zielgruppe gibt es noch kein nationales System, jedoch laufen verschiedene, von der
Regierung finanzierte Projekte, um gute Lösungen zur Verbesserung der Selbständigen-
quote zu finden. Die Neuzugewanderten, die nach Norwegen kommen, erhalten von ihrer
Kommune ein ca. zweijähriges Bildungsangebot. Der Schwerpunkt liegt in der Vermittlung
der norwegischen Sprache, Sozialkunde und beruflichen oder pädagogischen Tätigkeiten.
Die Teilnehmer*innen erhalten finanzielle Mittel um am Bildungsangebot teilnehmen zu kön-
nen.
Um einen Beruf ausüben zu können, ist fast immer eine abgeschlossene Berufsausbildung
oder ein Studium Voraussetzung. Nur 4% der Arbeitsplätze sind für Ungelernte verfügbar,
und die Zahl der Arbeitslosen steigt. Dies stellt für Zugewanderte eine zunehmende Heraus-
forderung dar und ist ein Grund dafür, warum das Land mehr Selbständigkeit in dieser Ziel-
gruppe benötigt.
In den letzten Jahren ist Griechenland für Migrant*innen und Geflüchtete aus Afrika und
Asien ein wichtiger Eintrittspunkt in die Europäische Union (EU) geworden. Griechenland ist
eines der homogensten europäischen Länder. Die Religion - hauptsächlich das christlich-
orthodoxe Dogma - spielt auf sozialer sowie politischer Ebene eine bedeutende Rolle und
die Einwanderung aus muslimischen Ländern wird oft als Bedrohung der ethnischen Homo-
genität und der griechischen nationalen Identität angesehen. Aus diesem Grund ist die
Mehrheit der Neuzugewanderten mehrfacher Diskriminierung und Ausgrenzung ausgesetzt.
Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung Griechenlands ist die Arbeitslosigkeit bei den Einwan-
derer*innen erhöht. Darüber hinaus weist Griechenland im Verhältnis zur Gesamtbevölke-
rung der EU eine höhere Diskrepanz zwischen formalen Qualifikationen und einem Arbeits-
verhältnis auf (das heißt: 21% der 20- bis 64-Jährigen Arbeiter*innen in der EU sind gering-
qualifiziert. Bei Einwander*innen sind es 33% und bei Einwander*innen in Griechenland
66%). Darüber hinaus besteht ein enormes Einkommensgefälle zwischen der Migrant*in-
nenbevölkerung und der Gesamtbevölkerung der EU (die größten Unterschiede sind in Grie-
chenland, Italien und Österreich zu verzeichnen, wo das durchschnittlich verfügbare Ein-
kommen von Zugewanderten im Alter von 25 bis 54 Jahren 75% unter der Gesamtbevölke-
rung liegt).
All dies führt zu enormen Problemen für Zugewanderte, auch für die, die mit Hilfe des Un-
ternehmertums einen Berufseinstieg finden wollen. Sie sind mit zunehmenden Komplikatio-
nen konfrontiert, die mit einem begrenzten Wissen über eine Geschäftstätigkeit in Griechen-
land zusammenhängen. Zudem ist es schwer für sie die eigenen Produkte bei griechischen
Zielgruppen zu bewerben, daher beschränken sie sich nur auf spezifische kommerzielle Ak-
tivitäten.
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Aufgrund dieser Schwierigkeiten liegt die Quote der selbständigen Zugewanderten bei etwa
9%, während fast 30% der Einheimischen selbständig erwerbstätig sind. Der Arbeitskräf-
teerhebung zufolge sind selbständige Zugewanderte hauptsächlich im Baugewerbe, im
Handel und im Tourismus tätig. Wie aus den Statistiken hervorgeht, handelt es sich jedoch
bei der überwiegenden Mehrheit der Zugewanderten um spezialisierte Arbeitskräfte oder
um Fachkräfte aus wissenschaftlichen Berufen im eigenen Land.
Ein wichtiger Faktor in diesem Zusammenhang ist die Stärkung des Unternehmertums.
Dazu gehört die Wirtschaftsausbildung in Schulen, Berufsbildungseinrichtungen, Universi-
täten, Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen auszubauen. Dies wird sich positiv
auf die Wirtschaft auswirken. Neben der Gründung von Sozial- und Start-up-Unternehmen
wird auch eine wirtschaftliche Ausbildung die Arbeitsmarktfähigkeit von Zugewanderten för-
dern. Mit anderen Worten, diese Art der Ausbildung wird ihren Unternehmer- und Innovati-
onsgeist in sozialen, öffentlichen und privaten Sektoren stärken.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Integration von Zugewanderten in den
Arbeitsmarkt ein wichtiges Thema ist, dem sich gestellt werden muss. Es ist von großer
Bedeutung ein angepasstes Lernangebot für Unternehmertum und lebenslanges Lernen be-
reitzustellen. Viele europäische Länder haben verschiedene Lerndienste wie Validierung
des Lernens2, Berufsberatung sowie maßgeschneiderte Ausbildungsprogramme für Auszu-
bildende eingerichtet. Eine maßgeschneiderte interaktive Ausbildung für das Unternehmer-
tum und Berufsberatung für Zugewanderte auf dem europäischen Arbeitsmarkt könnte das
Wirtschaftswachstum ankurbeln und die Wettbewerbsfähigkeit in vielen Mitgliedstaaten ver-
bessern.
In Deutschland gründen Zugewanderte überdurchschnittlich oft ein eigenes Unternehmen.
Ihre Gründungstendenz ist höher als die von allgemein arbeitsfähigen Menschen. Darüber
hinaus schaffen sie häufiger und mehr Arbeitsplätze. Diese Gründungstätigkeit setzt ver-
stärkt positive Impulse für die deutsche Wirtschaft. Die Selbständigkeitsentscheidung von
Zugewanderten hängt stärker vom Arbeitsmarkt ab, als bei den Erwerbstätigen im Allgemei-
nen. Sie starten häufiger aus der Arbeitslosigkeit heraus und nennen das Fehlen von Be-
schäftigungsalternativen oft als Gründungsmotiv.
Die meisten Unternehmensgründer*innen sind Dienstleister. Dies ist auch in der Gruppe der
Zugewanderten vorzufinden. Der Hauptunterschied besteht darin, dass Zugewanderte häu-
figer im Handel ihr Unternehmen gründen.
2Validierung bezeichnet ein Verfahren, bei dem eine zugelassene Stelle bestätigt, dass eine Person die an-
hand eines relevanten Standards gemessenen Lernergebnisse erzielt hat.
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Bildung ist ein Schlüsselfaktor, der die Größe und den Erfolg des Unternehmertums insge-
samt, insbesondere aber für Unternehmer*innen mit Zuwanderungshintergrund, beeinflusst.
Während 15% der Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland hoch qualifiziert
sind, liegt der Anteil der Hochqualifizierten unter den Personen ohne Migrationshintergrund
in Deutschland bei 22%.
Zum Thema Unternehmertum von Zugewanderten in Deutschland ist in den letzten Jahren
viel Forschung betrieben worden. Die Ergebnisse zeigen, dass die größten Herausforderun-
gen die Anerkennung von Qualifikationen, eine finanzielle Unterstützung, Sprachbarrieren,
die Buchhaltung und die Unterstützung nach der Unternehmensgründung sind.
Die bestehenden Angebote an Gründungsinformationen sowie Beratungs- und Netzwerk-
angeboten für Menschen mit Zuwanderungshintergrund unterscheiden sich in den Bundes-
ländern in Reichweite und Art zum Teil erheblich. In den meisten Bundesländern übersteigt
die Nachfrage nach diesen Dienstleistungen das Angebot. Dies gilt insbesondere im Hin-
blick auf die persönliche berufliche Beratung, die über die anfängliche Anlaufphase hinaus-
geht. Darüber hinaus sind Beratungsdienste, die sich an Zugewanderte und andere, die ein
Unternehmen gründen wollen, richten, selten miteinander koordiniert oder abgestimmt, was
bedeutet, dass die vorhandenen Beratungs- und Kapitalressourcen nicht effizient und pro-
aktiv genutzt werden. Um das Wirtschafts- und Integrationspotential von Unternehmer*innen
mit Zuwanderungshintergrund freizusetzen, müssen umfassende Strategien entwickelt und
umgesetzt werden, die sich über eine Vielzahl von Aktionsbereichen erstrecken.
Die Beschäftigungsquote in Dänemark lag 2018 bei Menschen mit dänischer Herkunft bei
77,3 %, bei Zugewanderten mit westlicher Herkunft bei 67,8 % und bei Zugewanderten mit
nicht-westlichem Hintergrund bei 55,6 %.
Im Vergleich zu den Zahlen von 2008 ist die Beschäftigungsquote bei Menschen aus west-
lichen Ländern gestiegen, während die Beschäftigungsquote bei Zugewanderten mit nicht-
westlichem Hintergrund leicht gesunken ist.
In Branchen wie Reinigung, Landschaftsgärtnerei, Schlachthofarbeit, Restaurantarbeit und
Transportberufe (Busfahrer*in, Taxifahrer*in und Zugpersonal) sind mehr als 25 % der Ar-
beitskräfte Zugewanderte.
In Dänemark gründen mehr Zugewanderte ein eigenes Unternehmen, als Menschen däni-
scher Herkunft. Nach Angaben des Statistischen Amtes Dänemark gibt es eine spezielle
Branche, in der Zugewanderte mit nicht-westlicher Herkunft ihr eigenes Unternehmen füh-
ren - das Hotel- und Gaststättengewerbe. In dieser Branche führen 38% der Zugewanderten
mit "nicht-westlichem Hintergrund" ihr eigenes Unternehmen. Unter vielen Erklärungen, wa-
rum das Hotel- und Gaststättengewerbe der Spitzenreiter unter den "nicht-westlichen Zuge-
wanderten" ist, ist, dass es in dieser Branche an speziellen Bildungsabschlüssen fehlt, die
zugleich auch nicht gefordert werden.
Nach Angaben des Statistischen Amtes Dänemark gibt es leider eine Überrepräsentation
von Unternehmen, die von Personen mit "nicht-westlicher Herkunft" gegründet wurden und
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in Konkurs gehen. Sowohl nationale als auch kommunale Institutionen sind sich dieser ne-
gativen Erfahrung bewusst.
Wie können Zuwander*innengemeinschaften aktuellen und potenziellen Unternehmer*in-
nen helfen und sie dabei unterstützen ein Unternehmen zu gründen, das auf lange Sicht
überlebensfähig ist? Zu diesem Thema werden derzeit mehrere Untersuchungen durchge-
führt und bereits Initiativen umgesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass potenzielle Unterneh-
mer*innen aus "nicht-westlichen Ländern" mehr Bildung und Wissen über die Gesetzge-
bung, die Erstellung eines Geschäftsplans usw. benötigen. So kann vermieden werden,
dass ihre Initiative im Keim erstickt wird, bevor sie überhaupt begonnen hat.
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BEDARFSANALYSE
In dem Projekt zeigten sich immer wieder unterschiedliche Sachlagen bzgl. der Rahmenbe-
dingungen auf, insbesondere regionale Unterschiede. Doch auch Gemeinsamkeiten konn-
ten entdeckt werden. Die folgende Bedarfsanalyse konzentriert sich auf die spezifischen
Bedürfnisse der zugewanderten Unternehmer*innen und der (offiziellen) Trainer*innen so-
wie auf die Notwendigkeit von individuellen Ausbildungsformen und angenehmen Lernat-
mosphären.
Welche Bedürfnisse haben zugewanderte Unternehmer*innen?
Untersuchungen in vielen Ländern haben ergeben, dass Unternehmen, die im Besitz von
Zugewanderten sind eher in die Insolvenz pleitegehen, als Unternehmen im Besitz Einhei-
mischer. Zudem werden die Unternehmen siedeln sie sich tendenziell eher in wenig rentab-
len Sektoren ohne Wachstumsmöglichkeiten angesiedelt. Daher müssen sie durch politi-
sche Maßnahmen und Initiativen eine angemessene Unterstützung erfahren.
Zuwander*innen stellen einen wichtigen Pool an potenzieller Unternehmer*innen dar, kön-
nen aber, wie auch andere Gruppen mit Unterstützungsbedarf, mit spezifischen rechtlichen,
kulturellen und sprachlichen Hindernissen konfrontiert sein. Diese Probleme müssen in vol-
lem Umfang angegangen werden, damit eine Unterstützung gewährleistet werden kann, die
allen Unternehmer*innen die gleichen Chancen bietet.
Typische Herausforderungen sind:
• Ein erschwerter Zugang zu Krediten, insbesondere bei Finanzinstituten.
• Die Bürokratie des Gastlandes verstehen und anzuwenden.
• Keine Vertrautheit mit dem (Geschäfts-)Umfeld und dem Markt, in dem das Unterneh-
men gründet werden soll.
• Ein begrenztes persönliches Netzwerk, das oft aus anderen Zugewanderten besteht.
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Welche Bedürfnisse haben die Trainer*innen?
Die Bedürfnisse der Trainer*innen von Qualifizierungs- und Weiterbildungsveranstaltungen
hängen natürlich von den eigenen Erfahrungen und dem eigenen Wissen als Unterneh-
mer*in als auch der Zielgruppe ab.
Es liegt auf der Hand, dass Trainer*innen Kenntnisse über alle relevanten Themen des Un-
ternehmertums benötigen, einschließlich der Frage, wie Gründer*innen gecoacht und moti-
viert werden können. Dabei reichen Erfahrungen und Expertise im Bereich des Unterneh-
mertums alleine nicht aus, um bei der Zielgruppe der zugewanderten Unternehmer*innen
erfolgreich zu sein. Um den Kontext des Trainings zu verstehen, müssen Trainer*innen die
spezifischen Situationen jedes*r einzelnen Unternehmer*in verstehen, da sich die Bedürf-
nisse von Zugewanderten von denen der Einheimischen unterscheiden können.
Ein Einblick in die verschiedenen Trainingsprogramme anderer ist nützliche, um Anregun-
gen und Erfahrungen von ähnlichen Trainings an anderen Orten zu erhalten.
Zusammenfassend wird empfohlen:
Motivation zum Lernen schaffen und Barrieren für die Teilnahme über-
winden!
Zugewanderte Unternehmer*innen werden sowohl durch Push- als auch durch Pull-Fakto-
ren zum Unternehmertum motiviert. Unzufriedenheit am Arbeitsplatz ist der wichtigste Push-
Faktor. Pull-Faktoren sind Unabhängigkeit und Autonomie, die Leidenschaft und der Traum
Unternehmer*in zu werden, die Chancen von Nischenmärkten und der Einfluss einer Fami-
lienunternehmenskultur. Herausforderungen denen sie sich stellen sind Kapital, neue
Sprachkenntnisse, Wettbewerb, Misstrauen seitens der Einheimischen sowie mangelndes
Verständnis der Unternehmensgesetzgebung. Insgesamt scheint es, dass Pull-Faktoren ei-
nen stärkeren Einfluss auf das Unternehmertum haben als Push-Faktoren.
Meistens kommt die Unterstützung der Unternehmer*innen aus ihrem eigenen sozialen Ka-
pital. Denn die meisten von ihnen sind sich der von der Regierung bereitgestellten Unter-
stützungssysteme nicht bewusst.
Es wird zugewanderten Unternehmer*innen empfohlen:
• Kostenlose Beratungen in Anspruch zu nehmen,
• bereitgestellte Geschäftsinformationen zu nutzen,
• an Schulungen teilzunehmen, die von professionellen Unternehmerdienstleister*innen
angeboten werden,
• sich auf die Entwicklung von Sprachkenntnissen auf ein professionelles Niveau zu kon-
zentrieren,
• sich dem Netzwerk einheimischer Unternehmer*innen anzuschließen und nicht nur im
Netzwerk der eigenen ethnischen Unternehmer*innen zu bleiben
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• sowie nach innovativen Ideen und Nischenmärkten zu suchen.
Lernen aktiv und effektiv gestalten!
Bei der Schulung von Zugewanderten zu unternehmerischem Denken und Handeln ist zu
berücksichtigen, dass erwachsene Lernende zwar bereit und motiviert sind zu lernen, den-
noch sollte das zu Erlernende einen konkreten Bezug zum eigenen Leben aufweisen.
Die Schulungsstrategien, Ansätze und Methoden, die bei einer Unternehmer*innenschulung
angewendet werden, sind ebenso wichtig wie der Inhalt und die Themen. Die Qualifizierung
von Unternehmer*innen besteht aus einem gemischten kognitiven Prozess des experimen-
tellen Lernens – Lernen beim und vom Tun - und der Informationsverarbeitung. Zudem ist es
notwendig zu erlernen, wie komplexe Probleme gelöst und unternehmerische Entscheidun-
gen getroffen werden können. Dies erfordert eine starke Interaktion von implizitem und ex-
plizitem Wissen. In dieser Hinsicht ist ein Lerner*innen-zentrierter-Ansatz in einem für er-
wachsene Lernende konzipiertes Unternehmertum-Training unerlässlich.
Die Lernumgebung sollte anregend und freundlich gestaltet sein, damit sich Lernende sicher
und willkommen fühlen. Wissen aufzunehmen und zu verstehen kann anstrengend sein,
doch sich der Herausforderung zu stellen, bietet nur Vorteile. Um dies so angenehm wie
möglich zu gestalten, ist es hilfreich Beteiligung, Interaktion und Sozialisierung mit den zu
bearbeitenden Aufgaben zu kombinieren.
Lernende sollten die Gelegenheit erhalten, die neuen Informationen und Erfahrungen für
sich auf Sinnhaftigkeit und Verständnis zu überprüfen und zu verarbeiten. Dies sollte nicht
in einer passiv-rezeptiven Form geschehen, sondern durch aktive Teilnahme.
Angesichts dieser Bedingungen und Lernprofilen Erwachsener, müssen sich Trainer*innen
der Schlüsseldimensionen und der relevanten Konzepte/Theorien geeigneter Lernprozesse
bewusst sein.
Relevante Lernprozesse in unternehmerischen Kontexten:
• Lernen, ein unternehmerisch denkender Mensch zu werden
• Lernen, ein*e Unternehmer*in (oder ein*e Expert*in auf dem Gebiet des Unternehmer-
tums) zu werden
• Lernen, ein*e Akademiker*in zu werden (Lehrer*in oder Forscher*in auf dem Gebiet des
Unternehmertums)
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Bedarf an Netzwerk und Unterstützung
Es gibt verschiedene Arten von Unterstützung, die Unternehmer*innen mit Zuwanderungs-
hintergrund in frühen Phasen der Unternehmensentwicklung und des Wachstums benöti-
gen. Es gibt sechs Haupttypen von Unterstützung, die angeboten werden können: (Europä-
ische Kommission, 2016)
• Unternehmenstraining, das aus Gruppentraining zu allgemeinen Themen im Zusam-
menhang mit der Gründung und Führung eines Unternehmens besteht (z.B. wie man
einen Businessplan schreibt).
• Rechts- und Verwaltungsberatung, um den Umgang mit den administrativen Anforderun-
gen zur Führung eines Unternehmens zu erleichtern.
• Individuelle Unternehmensunterstützung (Coaching und Mentoring). Individuelle, maß-
geschneiderte Unterstützung, um den Unternehmer*innen bei der Bewältigung spezifi-
scher sektoraler oder individueller Herausforderungen zu helfen.
• Vernetzung. Unterstützung beim Aufbau von Unternehmensnetzwerken, Erreichen von
Unternehmensverbänden, etc.
• Konkrete Unterstützung, die aus der direkten Bereitstellung von Krediten und anderen
(Mikro-)Kreditinstrumenten besteht, der Bereitstellung von Räumlichkeiten und Ausstat-
tungen bei der Unternehmensgründung sowie der Unterstützung bei der Beantragung
eines Kredits bei anderen Institutionen.
• Transversale Fähigkeiten, d.h. Fähigkeiten, die nicht spezifisch mit einer bestimmten Ar-
beit oder Aufgabe verbunden sind und die normalerweise in einer Vielzahl von Arbeits-
situationen angewendet werden. Bei Unternehmer*innen mit Migrationshintergrund sind
dies zum Beispiel interkulturelle und kommunikative Fähigkeiten sowie Sprachkennt-
nisse.
Im Folgenden sind Beispiele und bewährte Praktiken möglicher Unterstützungen aufgeführt.
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BEISPIELE FÜR REGIONALE TRAININGSPROGRAMME
Unternehmertum Workshop
Ausführende Organisation, Land
IQ Netzwerk, Germany
Kurzbeschreibung
Unternehmertum-Trainings für Geflüchtete, Asylsuchende und Neuzugewanderte. Das Un-
ternehmertum-Training zielt nicht in erster Linie auf die Gründung eines Unternehmens
(Start-ups) ab. Es geht mehr um eine Befähigung (Empowerment). Die Teilnehmenden wer-
den sich ihrer Stärken bewusst, definieren ihre persönlichen und beruflichen Ziele und ent-
wickeln Ideen und Arbeitsstrategien, Zeitpläne und Konzepte.
Grundangebot:
- Eigene Ziele und Ideen finden
- Stärken-Schwächen-Analyse
- Strategieplanung/ Entwicklung eines Zeitplans
- Grundlegende Informationen über berufliche Wege
- Karriere-/ Marktchancen
- Tipps für die Suche nach weiteren Informationen
Erweitertes Angebot:
- Chancen und Risiken des Unternehmertums
- Wie man dorthin gelangt
- Entwicklung einer Geschäftsidee
- Erstellung eines Geschäftsplans (Business Plan)
Wie geht man mit Sprachbarrieren um?
- Im Idealfall: ein mehrsprachiges Team
- Mehrsprachiges Informationsmaterial verwenden
- Ausgebildete Sprach- und Integrationsvermittler*innen einbeziehen
Zielgruppe
Geflüchtete, Neuzugewanderte, Asylbewerber*innen
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Produkte/Ergebnisse
Methoden:
- regelmäßige (informelle) Treffen oder Kreativ-Workshops
- tägliche Workshops, Seminare/ Schulungen
- Einzelcoaching
- Ausflüge
- externer Input durch Expert*innen
Übertragbarkeit
Die Methode ist ein Vorschlag für eine Grundausbildung, die sehr flexibel ist. Sie lässt sich
leicht anpassen und übertragen.
Kontakt
Arbeit und Leben NRW
[email protected] ; [email protected]
oder direkt bei
CHANCENGLEICH in Europa e.V.
+49 (0) 231 286 766 40
[email protected]
www.ch-e.eu
19
Unternehmertum-Training als Teil der Sprachausbildung für Jugendliche
Ausführende Organisation, Land
Holbæk municipality, Dänemark
Kurzbeschreibung
Geflüchtete und Zugewanderte, die nach Dänemark kommen, müssen eine Grundausbil-
dung erhalten. Die Jugendlichen folgen einem Lehrplan mit Fächern wie Mathematik, Dä-
nisch, Englisch, Geschichte, Sport, Gesellschaft und Lebenskunde. Als Teil der Gesell-
schafts- und Lebenskompetenzen werden die Jugendlichen in unternehmerischem Denken
und Handeln unterrichtet und geschult, damit sie sich den Weg der Gründung als Teil des
Integrationsprozesses offenhalten können.
Zielgruppe
Geflüchtete und Zugewanderte im Alter von 15-18 Jahren, die vor kurzem nach Dänemark
gekommen sind.
Produkte/Ergebnisse
Die Schüler*innen kommen aus verschiedenen Ländern und die Hauptsprache in der Klasse
ist Dänisch. In einer normalen Klasse findet man verschiedene Schüler*innen, einige sind
Migrant*innen und einige zudem Geflüchtete. In dieser Gruppe leiden nicht selten einige
unter Traumata, was wiederum zu Schlafstörungen und Schwierigkeiten beim Erlernen der
Schriftsprache führt.
Lebenskompetenzen – Unternehmertum:
Das Thema Lebenskompetenzen ist ein Teil des Ausbildungsprogramms fürs Unternehmer-
tum. Jeden Dienstag haben die Schüler*innen sechs Stunden Unterricht in dem Unterneh-
mer*innentum kombiniert mit Dänisch unterrichtet wird. Es sind immer zwei Lehrende in der
Klasse anwesend.
Im Unterricht wird an verschiedenen Projekten gearbeitet. Dazu erfahren die Schüler*innen,
wie man ein kleines Unternehmen gründen kann. Dabei geben die Lehrenden den Schü-
ler*innen Werkzeuge und Ideen an die Hand, die sie später in ihrem Berufsleben verwenden
können.
Die Schüler*innen erlernen anders zu denken und selbständig zu arbeiten. Die Schlüssel-
wörter und Ziele für den Unterricht sind: Verantwortung, Arbeit in Gruppen, die Geschäftsi-
dee, Zeitplan, Präsentation von Produkt und Projekt.
20
Beispiele für den Unterricht: ▪ Exkursion
▪ Präsentation sowohl in schriftlicher
▪ Logos erstellen
▪ Kommerzialisierung als auch in gesprochener Sprache
▪ Storyboard ▪ Mind Map und Brainstorming
▪ Geschäftsplan ▪ Beispiele aus der Region, dem
▪ Die Geschäftsidee
▪ Veranstaltungsorganisation Land und der Welt
▪ Präsentation ▪ Beispiele von anderen jungen ge-
▪ Zeitplan
▪ Praktika und Praxis flüchteten oder immigrierten Men-
▪ Vortragstechniken und Präsentatio- schen
▪ Mini-Geschäftsplan
nen für andere ▪ Einfache und greifbare Gestaltung
erlernen
Vernetzung (Networking)
In den Workshops wird auch ein Netzwerk mit Start-ups aufgebaut. Zum Beispiel: "Orienten
Grill" ist ein kleines Restaurant in Holbæk das Lebensmittel aus Syrien herstellt. Der Besit-
zer, ein Geflüchteter aus Syrien, hat seinen Grill vor drei Jahren gegründet und teilte ande-
ren mit, was für ihn bei der Gründung seines Unternehmens wichtig war: Hart arbeiten, ein
gutes Netzwerk aufbauen, das System in Dänemark verstehen und Schritt für Schritt begin-
nen.
Die Schüler*innen vernetzen sich mit:
• Holbæk 10. Klasse Center - Sportaktivitäten und Integration
• Ung Holbæk - Veranstaltungen und Gesellschaft
• EUC - Umstellungsprogramm
• Lokale Firmen und Unternehmen - Arbeitserfahrung und Praktikum
Übertragbarkeit
Dieses Programm ist in den Lehrplan integriert und bietet auch andere Themen an. Die Idee,
jungen Geflüchteten und Zuwanderten im Rahmen ihrer Sprachausbildung unternehmeri-
sches Denken und Handeln zu vermitteln, ist für alle Schulen und Institutionen umsetzbar.
Kontakt
[email protected]
21
Unternehmertum-Training und Sprachausbildung für Erwachsene
Ausführende Organisation, Land
Trondheim municipality and Prios Kompetanse AS, Norwegen
Kurzbeschreibung
Dabei handelt es sich um ein Konzept für einen 5-monatigen Workshop, der Unternehmer-
tum-Training und Sprachausbildung kombiniert. Die Teilnehmer*innen haben eine richtige
Geschäftsidee, die sie erforschen und entwickeln möchten. Die Hauptelemente dieser Aus-
bildung sind:
Norwegische Sprachausbildung
Die Teilnehmer*innen erhalten eine intensive Norwegisch-Sprachausbildung (mindestens
bis B-1), die auf ihre eigene Branche oder ihr eigenes Untersuchungsgebiet zugeschnitten
ist.
Zivilgesellschaftliche Bildung
Verständnis für Gemeinschaft, Unternehmenskultur usw., 50 Stunden.
Praxis
Als Teil des eigenen Lernprozesses verbringen die Teilnehmer*innen Zeit in der Praxis. Dies
ist sowohl für das Sprachtraining, das soziale Verständnis als auch für das Geschäftsver-
ständnis innerhalb der eigenen Branche wichtig. Die Teilnehmer*innen erhalten während
der Praxiszeit eine enge Betreuung sowie eine*n Mentor*in vom Praxisstandort. Es gibt zwei
Praxis-Perioden, beide dauern jeweils 4 Wochen.
Unternehmer*innenschulung
Umfassende und maßgeschneiderte Trainings und Praxiseinheiten mit dem Ziel, ein eige-
nes Unternehmen zu etablieren, schrittweise in einen Inkubator/eine Gründungswerkstatt
für die Weiterentwicklung zu planen oder um die eigene Expertise/Idee in einem etablierten
Unternehmen einzubringen.
Schlüsselthemen sind:
▪ Betriebswirtschaftliche Kenntnisse nach dem norwegischen Modell
▪ Gesetze und Vorschriften, Strukturen, Kenntnisse der lokalen und regionalen Wirtschaft
▪ Wirtschaft, Steuern, Buchhaltung und Buchhaltungsverständnis, die Regeln des Arbeits-
lebens
▪ Marktverständnis und -mechanismen
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▪ Verständnis des Unterschieds zwischen dem norwegischen Modell und dem "Modell"
des eigenen Heimatlandes.
▪ Gründungstraining - von der Idee zur Gründung.
▪ Business modeling - Gestaltung der eigenen Idee. Business Model Canvas für Kund*in-
nen und das Unternehmen, SWOT-Analyse, LEAN-Startup, Pitch-Training, Geschäfts-
plan entwickeln.
▪ Informationen für Möglichkeiten der Mikrofinanzierung.
▪ Exportmöglichkeiten und deren Bewertung.
▪ Kann das norwegische Modell in das Heimatland exportiert werden? Z.B. über Social
Media, Artikel, etc.
▪ Kann etwas in Norwegen hergestellt und in dem Heimatland verkauft werden?
▪ Kompetenzen über das norwegische Modell können für Unternehmen im Heimatland ge-
nutzt werden.
Zielgruppe
Erwachsene Geflüchtete oder Migrant*innen mit einer Geschäftsidee, aber fehlenden
Sprach- und/oder Unternehmerfähigkeiten.
Produkte/Ergebnisse
Es gibt drei Hauptergebnisse dieser Workshops. Die bisherigen Zahlen zeigen, dass mehr
als 70% der Teilnehmer*innen entweder Ergebnis 1 oder 2 erreichen.
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1. Erfolgreich bei der Gründung eines eigenen Unternehmens. Selbständigkeit.
2. Praxisarbeit führt zu einer Beschäftigung im Unternehmen.
3. Nicht erfolgreich bei der Unternehmensgründung und immer noch arbeitslos.
Übertragbarkeit
Dieses Konzept ist auf andere ähnliche Zielgruppen in allen europäischen Ländern über-
tragbar. Der akademische Inhalt muss an die rechtlichen, praktischen und lokalen Gegeben-
heiten des jeweiligen Landes angepasst werden.
Kontakt
[email protected]
24
Training zur Arbeitsintegration in einer sozialen Modefabrik (Social
Fashion Factory - SOFFA)
Ausführende Organisation, Land
Sustainable Fashion Factory, Griechenland, Athen
Kurzbeschreibung
SOFFA wurde ins Leben gerufen, um Zugewanderten (und anderen Minderheiten) eine Ar-
beitsintegration zu ermöglichen, indem sie darin geschult werden, wie man ein*e ethische*r
und nachhaltige*r Modeunternehmer*in, Mitarbeiter*in und Mitschöpfer*in in der griechi-
schen Modeindustrie wird. Es werden natürliche, künstlich hergestellte oder recycelte biolo-
gisch abbaubare Materialien verwendet. Auf diese Weise wird ein Beitrag für die Gemein-
schaft und Umwelt geleistet.
Das Programm richtet sich an Modedesigner*innen, Künstler*innen, Textilproduzent*innen,
Modeblogger*innen, Forscher*innen und an alle anderen an der Modeindustrie interessierte
Personen.
Der Lernansatz baut auf drei verschiedene Säulen auf: Aktion, Reflexion und Planung. Der
aktivierende Projektansatz ermöglicht es den Teilnehmenden ein Live-Projekt über ein so-
ziales oder nachhaltiges Modeunternehmertum durchzuführen. Handbücher, e-Module,
Workshops und ein aktives Mentoring fördern das Erlernen spezieller Fähigkeiten und Kom-
petenzen.
Der Integrationsprozess ist in 2 Teile und verschiedene Phasen unterteilt:
Eingliederung ins Erwerbsleben:
1. Ausbildung, in gezielten modetechnischen Fertigkeiten
2. Beschäftigung, in der SOFFA-Produktionslinie
3. Vollzeitbeschäftigung
Einstieg in das Unternehmertum
1. Ausbildung, über die pädagogische Action-Learning-Plattform zum Thema "Wie werde
ich ein*e nachhaltige*r und soziale*r Modeunternehmer*in".
2. Zugang zu Maschinen und nachhaltigen Materialien, damit die Auszubildenden ihre ei-
gene Kollektion herstellen können.
3. Zugang zu Vertriebskanälen, damit die eigenen Produkte verkauft werden können.
4. Die Jungunternehmer*innen können auch als Designer für SOFFA-Kunden arbeiten, in-
dem sie ihre Designs lizenzieren.
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Zielgruppe
Zugewanderte und andere Minderheiten
Produkte/Ergebnisse
• Es sollen zwei weitere zugewanderte nachhaltige Modeunternehmer*innen einge-
stellt werden.
• Es wird mindestens zwei arbeitslosen griechischen Modedesigner*innen eine Prakti-
kumsstelle und ein Einkommen bereitgestellt.
• Es soll ein*e weiterer*e arbeitsloser*e Modedesigner*in eingearbeitet werden.
• Es werden 20 Personen in Griechenland und weitere 80 Personen in London, Ams-
terdam, Barcelona und Lodz (Polen) darin geschult, wie man ein*e soziale*r und
nachhaltige*r Modeunternehmer*in werden kann.
Die sozialen Auswirkungen von SOFFA werden systematisch anhand spezifischer quantifi-
zierbarer Metriken gemessen.
Übertragbarkeit
Dieses Konzept ist auf andere ähnliche Zielgruppen in allen europäischen Ländern über-
tragbar. Der akademische Inhalt muss an die rechtlichen, praktischen und lokalen Gegeben-
heiten des jeweiligen Landes angepasst werden.
Kontakt
http://soffa.gr and http://sofehub.eu
26
Startups für Zugewanderte - F.A.S.I Project
Ausführende Organisation, Land
Mikrokredit-Agentur für das Innenministerium, Italien
Kurzbeschreibung
Das Konzept wurde entwickelt, um den vielen Zugewanderten in den 5 südlichen Provinzen
Italiens eine Ausbildung im Unternehmertum zu ermöglichen.
Zielgruppe
Zugewanderte, Asylsuchende und Menschen, die internationalen Schutz bedürfen.
Produkte/Ergebnisse
Das Projekt wurde von einer fachspezifischen Mikrokredit-Agentur beantragt, die in diesem
Bereich kompetent ist. Die Maßnahme wird von einem großen Netzwerk von Verbänden und
Interessenvertreter*innen unterstützt.
Die bisherigen Ergebnisse sind:
• 10.000 Zugewanderte erhielten ein Profil
• 3.000 Zugewanderte nehmen an der Schulung teil
• 2.500 Unternehmerschulungspakete für Zugewanderte
• 50 Geschäftsmodelle
• 5 gegründete Unternehmen
Die Schulung befasst sich mit unternehmerischem, zivilgesellschaftlichem und wirtschaftli-
chem Handeln. Dies geschieht über Frontalunterricht, e-Learning-Lektionen und einem
Toolkit. Die Schulung richtet sich an 3.000 in Süditalien ansässige zugewanderte Menschen.
Etwa 2.500 Zugewanderte nehmen an der Schulung für selbstständige Unternehmer*innen
teil. Allen Teilnehmer*innen wird ein Geschäftsmodell und individuelle Unterstützung ange-
boten.
Das Projekt hat eine Dauer von 39 Monaten.
Die Zugewanderten durchlaufen folgenden Prozess:
1. Profilerstellung von Zugewanderten
Erster Schritt: Kartierung der Gesamtzahl der Zugewanderten in Süditalien 423.939.
Auswahl von 10.000 Zugewanderten über persönliche Daten, diese sind: Ausbil-
dung/Studium, berufliche Erfahrungen, persönliche Einstellung zur Selbständigkeit und
Risikobereitschaft.
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2. Ausbildung in Unternehmertum und Zivilgesellschaft
3. Bereitstellung eines Unternehmerpakets mit Tutor*in und Mentor*in
Bei der Schulung geht es um Unternehmertum, Zivilgesellschaft und Wirtschaft. Die
Schulung erfolgt im Frontalunterricht, in e-Learning-Lektionen und in Form von Toolkits.
4. Durchführung eines Innovationsworkshops für fünf, von Zugewanderten gegründete, Un-
ternehmen.
Übertragbarkeit
Dieses Programm ist eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen staatlichen und priva-
ten Organisationen, die sich aber in jedem europäischen Land ebenfalls finden lassen.
Kontakt
www.microcredito.gov.it
28
Selbstständigkeit um Zugewanderte zu integrieren
Ausführende Organisation, Land
UATAE - Unión de Asociaciones de Trabajadores Autónomos y Emprendedores, Spanien
(Unter der Schirmherrschaft des Ministeriums für Gesundheit, Verbrauch und Sozialhilfe)
Kurzbeschreibung
Das Projekt soll innerhalb von 30 Stunden Zuge-
wanderte darauf vorbereiten eine selbstständige
Tätigkeit aufzunehmen. Über eine persönliche
und fachkundige Beratung sowie der Unterstüt-
zung mehrerer Expert*innen, die sie während
des gesamten Prozesses begleiten, werden die
Teilnehmer*innen von der ersten Idee, über den
Geschäftsplan, bis hin zur Aufnahme ihrer eige-
nen Tätigkeit begleitet. Sie werden bei der Su-
che nach einer geeigneten Finanzierung durch
soziale Mikrokredite (Einrichtungen, mit denen
Kooperationsvereinbarungen bestehen) beglei-
tet.
Die arbeitstechnische und soziale Eingliederung der Zugewanderten soll erleichtert werden,
indem ihre persönlichen, beruflichen und bildungsbezogenen Fähigkeiten über eine selb-
ständige Tätigkeit gefördert werden. Es geht darum Menschen zu sensibilisieren, auszubil-
den, zu beraten und zu begleiten, um durch die Schaffung einer eigenen Beschäftigung eine
Lebensalternative zu finden. Zugleich werden sie auf eine soziale Arbeitswelt vorbereitet,
damit auch sie ggf. in Zukunft Arbeitsplätze für andere schaffen.
Produkte/Ergebnisse
Kursinhalte (30 Stunden)
• Motivation zum Unternehmertum
• Unternehmerische Fähigkeiten
• Ideenauswahl: Möglichkeiten und Visionen
• Soziales Unternehmertum
• Markt- und Kundenanalyse
• Umweltschutz, soziale und kollektive Verantwortung
• Definition von Produkten und Dienstleistungen
• Personalmanagement, Zusammenarbeit und Einstellungsverfahren
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• Rechtliche und steuerliche Verpflichtungen
• Finanzplan und Finanzierbarkeit
• Prävention von Berufsrisiken und Umwelt, grüne Selbständigkeit
• Kollektives Unternehmertum
• Genossenschaften und Arbeitgeber*innen- bzw. Arbeitnehmer*innenvereinigungen
• Rechtsformen und Verwaltungsverfahren
Individuelle Betreuung und Beratung
Parallel zum Kurs entwickeln alle Teilnehmer*innen eigene Geschäftspläne. Jede*r Teilneh-
mer*in hat zusätzlich zu den Gruppenkursen mindestens 3 individuelle Orientierungsbera-
tungen.
Begleitung (Mentoring)
Die Projekte, die abgeschlossen sind und nach der Betreuungsphase als durchführbar er-
achtet werden, werden mit einem entsprechenden Realisierbarkeitszertifikat ausgezeichnet.
Dieses ermöglicht den Beginn von Verwaltungsverfahren und so kann z.B. eine Arbeitser-
laubnis selbstständig beantragt werden. Darüber hinaus wird denjenigen, die schließlich ihr
Unternehmen gründen, ein für die Art des Unternehmens geeignete*r Mentor*in zur Seite
gestellt, die*der die*den Gründer*in begleitet und unterstützt.
Finanzierung
• Untersuchung von Delinquenz, Verschuldung und Familienlasten
• Unterstützung bei der Antragstellung und Planung des gemeinsamen Gespräches
von Finanzinstitut, Unternehmer*in und Fachkraft vom UATAE
• Begleitung bei der Konstituierung des Mikrokredits
Nachbereitung
• Bewertung des gesamten Prozesses, einschließlich der Korrektur von Abweichungen
im festgelegten Plan sowie Neuorientierung der geplanten Strategie nachdem das
Unternehmen mit der Produktion gestartet hat.
Zielgruppe
Zugewanderte mit Wohnsitz in Spanien
Kontakt:
UATAE Murcia, [email protected]
30
DIE WORKSHOPMODULE DES PROJEKTES MIGRA-
TION AND ENTREPRENEURSHIP
Die Workshopmodule sind Beispiele von erprobten Lektionen/Prozessen, die für verschie-
dene Arten von Programmen, verschiedene Arten von Unternehmer*innen und verschie-
dene Altersgruppen nützlich sind. Wenn Sie auf die eine oder andere Weise mit Unterneh-
mer*innentrainings arbeiten, zögern Sie bitte nicht, sich von unseren Vorschlägen inspirie-
ren zu lassen und die Methoden individuell an Ihre Bedürfnisse anzupassen. Es muss keine
Reihenfolge von Methoden eingehalten werden, sie hängt mehr oder weniger von Ihren zeit-
lichen Möglichkeiten, dem Ausgangspunkt oder den Zielen ab. Eine Kombination von Me-
thoden wird empfohlen.
Persönliche Analyse & Karriereplanung
Was/Warum
Die Wahl eines Studienfachs oder eines Ausbildungsberufes während der Schulzeit und ei-
nes anschließenden Berufsweges ist ein sehr langer und wichtiger Prozess. Während die-
ses Prozesses sollte jeder Mensch von seiner Familie und seinen Lehrer*innen unterstützt
werden, doch die persönliche Entscheidung, welcher Weg eingeschlagen wird, sollte für sich
selber getroffen werden.
Dieser Kurs wurde entwickelt, damit die Teilnehmer*innen so viel wie möglich über sich
selbst entdecken und lernen können. Auf diese Weise werden sie in der Lage sein, eine gute
Entscheidung über ihr Berufsleben zu treffen. Es wird empfohlen den Kurs zu Beginn anzu-
bieten und ihn von Zeit zu Zeit zu wiederholen, um möglicherweise individuelle Anpassun-
gen vorzunehmen.
Gruppengröße
Zu Beginn wird mit einer Gruppe von 20 Teilnehmer*innen gearbeitet. Während des Prozes-
ses nimmt die Teilnehmer*innenzahl ab, da immer kleinere Gruppen gebildet werden. Am
Ende wird mit Einzelpersonen zusammengearbeitet (individuelles Training).
Zeitaufwand
Individuell
Anleitung
Es wird mit einer persönlichen Analyse gestartet, daraufhin erfolgt die Planung. Einzelne
erwerben eine solide Selbstkenntnis, wobei auch alle Teilnehmer*innen die Gelegenheit
31
zum Teambildung erhalten. Zwischen jedem der folgenden Schritte gibt es Diskussionsrun-
den, um über eigene Erfahrungen zu sprechen und um Hinweise zu erhalten, wie der Pro-
zess korrekt weitergeführt werden kann.
Als Beispiel eine typische Aufgabenstellung:
• Aus einer Liste von Aussagen, die Berufsgruppen beschreiben, sollen die
Teilnehmer*innen diejenigen auswählen, die sie am besten beschreiben (realistisch,
investigativ, künstlerisch, sozial, unternehmerisch, konventionell).
• Daraufhin erfolgt ein Test, der die Ziele der Teilnehmer*innen definieren soll. Die Fragen
sollen ehrlich beantworten werden. Z.B. Ist Erfolg für Sie sehr wichtig?
• Als Nächstes wird ein RIASEC-Interessen-Fragebogen beantwortet. Auf diese Weise
eröffnen sich ihnen verschiedene Karriereoptionen, die ihren beruflichen Interessen am
besten entsprechen.
• Nachdem sie Informationen über sich selbst erhalten haben, müssen sie nun ihre
nächsten Schritte selbstständig planen. Sie füllen ein Arbeitsblatt zur Karriereplanung
aus, indem sie die für sie interessanten Berufe/Karrieremöglichkeiten recherchieren und
vergleichen.
• Der Plan wird durch eine Checkliste zur Karriereplanung vervollständigt.
• Zeit: 180 Minuten
Vorbereitungen und notwenige Materialien
Tests, Papier, Stifte und PCs.
Links zu Lernmaterialien
me-project.org/training
32
Veranstaltungsorganisation (Eventmanagement)
Was
Die Methode ist ein Basistraining für die Durchführung von Veranstaltungen.
Warum
In einer Schulklasse mit Zugewanderten im Alter von 14 bis 18 Jahren kann es schwierig
sein, die Schüler*innen zu motivieren, langfristigen an einer Unternehmensplanung zu ar-
beiten.
Es ist leichter Veranstaltungen mit einem klaren Start- und Endpunkt zu organisieren.
Viele der Qualitäten, die sie benötigen, um als Unternehmer*in zu fungieren, werden sie
durch die Durchführung einer Veranstaltung erlernen und trainieren. Es ist äußerst hilfreich,
ein Thema zu wählen, das die Teilnehmer*innen gut kennen (z.B. Fußballturnier), um die
Energie hoch zu halten und die Organisation so einfach wie möglich zu gestalten.
Gruppengröße
10 – 25 Teilnehmer*innen
Gruppe oder Einzelperson
In Kleingruppen werden bessere Ergebnisse erzielt als durch Einzelarbeit. Zugleich hilft die
Gruppe beim Sprachtraining und bildet Fähigkeiten zur Zusammenarbeit.
Zeitaufwand
2 Stunden bis zwei oder drei Tage
Ein sehr kurzer Workshop motiviert - kann aber manchmal mit einem zu einfachen Prozess
enden.
Anleitung
Eine kurze Einführung: Was kann eine Veranstaltung/ein Event sein? - z.B. ein Konzert, ein
Fußballturnier, ein Flashmob, eine Geburtstagsfeier.
Es muss bei einem Event immer einen Anfangs- und einen Endpunkt geben. Es wird von
Beginn an geplant: die Entscheidung, welche Art von Veranstaltung die Gruppe durchführen
wird, über die Verteilung der Rollen in der Gruppe bis hin zur Zeitplanung usw.
Wenn die Zeit für die Planung vorbei ist, folgt die Durchführung. Die einzelnen Kleingruppen
führen die Veranstaltung mit dem Rest der Gruppe (Teilnehmer*innen) durch.
Danach folgt das Feedback von Teilnehmer*in zu Teilnehmer*in und von Lehrer*in zu Teil-
nehmer*in.
Das Feedback muss konstruktiv sein – Kritik sollte so geäußert werden, dass die Teilneh-
mer*innen diese aufnehmen und beim nächsten Mal anwenden können.
33
Vorbereitungen und notwendige Materialien
Es müssen Räumlichkeiten, Orte und die nötigen Instrumente verfügbar sein, die man für
die Durchführung von Veranstaltungen benötigt.
Zudem sollte sich vorab entschieden werden, wie die Kleingruppen gebildet werden. Sollen
Teilnehmer*innen mit gleichen Interessen und Kompetenzen in einer Gruppe sein, oder sol-
len die Gruppen heterogen zusammengestellt werden?
Links zu Lernmaterialien
me-project.org/training
34
Von der Idee zum Handeln
Was
Wenn man sich als Unternehmer*in selbständig macht, ist es wichtig kreativ zu sein und
gute Ideen zu haben. Im Workshop zum Unternehmertum ist es daher notwendig sich auf
die Idee zu konzentrieren und darauf, wie die Idee in die Tat umgesetzt werden kann.
Warum
Die Methode, die im Folgenden beschrieben wird, wurde mit Zugewanderten im Alter von
15-18 Jahren durchgeführt, kann aber auch von Erwachsenen und anderen Gruppen, die
ein Unternehmen gründen wollen, angewendet werden. Sie ist eine soziale und aktive Me-
thode, bei der alle Teilnehmer*innen sowohl in der gesprochenen als auch in der geschrie-
benen Sprache teilnehmen. Nebenbei ist sie gut für das Geschäftstraining und Sprachtrai-
ning, da alle Teilnehmer*innen aktiv sein müssen.
Gruppengröße
8 bis 26 Teilnehmer*innen arbeiten in Zweiergruppen. Danach diskutieren sie und geben
sich gegenseitig Feedback.
Zeitaufwand
Die Aktivitäten können sich über einen oder auch über mehrere Tage erstrecken und in je-
weils einer Workshopstunde durchgeführt werden. Die Aktivitäten können mehr als einmal
und über einen längeren Zeitraum genutzt werden.
Anleitung
Erste Lektion: Idee
• Die Teilnehmer*innen müssen 5 Minuten lang in Stille während eines Brainstormings
Ideen aufschreiben.
• Der*die Workshopleiter*in stellt den Teilnehmer*innen folgende Fragen:
Was sind Ihre Leidenschaften und Interessen?
Zu was fühlen Sie sich angezogen?
Fähigkeiten – Was können Sie?
Netzwerk - Wen kennen Sie, der Ihnen helfen kann?
• Nach dem Brainstorming sprechen die Teilnehmer*innen 10 Minuten lang zu zweit über
ihre Ideen. Sie geben sich gegenseitig Zeit, zum Reden und Zuhören.
Zweite Lektion: Feedback-Loop
• Der*die Workshopleiter*in teilt die Zweiergruppen ein. Es ist wichtig, dass der*die Work-
shopleiter*in die Gruppe so zusammenstellt, sodass sich die Teilnehmer*innen auf die
Übungen konzentrieren können, und nicht auf die Suche einer*s geeigneten Partner*in.
35
• Person A gibt Person B einen 1-minütigen Vortrag über die eigene Geschäftsidee. Da-
nach gibt Person B ein 2-minütiges Feedback. Das Feedback sollte folgende Fragen
beinhalten:
Was gefällt Ihnen an der Geschäftsidee?
Was müsste für Sie noch verändert werden?
• Sehr wichtig ist, dass die Teilnehmer*innen mindestens eine positive und eine "negative"
Rückmeldung geben, die bei der weiteren Entwicklung der Geschäftsidee helfen kann.
Dritte Lektion: Wie Sie Ihre Idee testen können
• Die Teilnehmer*innen machen ein 5-minütiges Brainstorming im Stillen. Dabei sollen sie
über folgende Frage nachdenken:
Wie werden Sie Ihre Idee testen? - Was, Wie und Warum?
• Die Teilnehmer*innen sollen darüber nachdenken, wie sie mit ihrer Idee weitermachen
können und wie sie ihre Idee in der Praxis testen können (z.B. Prototypen bauen oder
Aktivitäten durchführen). Dies könnten Videos, Veranstaltungen, Flyer, Facebook-Seiten
usw. sein.
• Anschließend stellen sie ihre Ideen den anderen Teilnehmer*innen vor. Die Vorschläge
können an der Tafel festgehalten werden.
Vierte Lektion: Nächster Schritt
• Die Teilnehmer*innen schreiben nun einen Brief oder eine Postkarte an eine*n sehr
gute*n Freund*in. In dem Brief oder der Postkarte fragen sich die Teilnehmer*innen:
Was kann ich ab morgen tun und wie werde ich es tun?
• 20 Minuten lang wird geschrieben. Danach liest jede Person den Brief den anderen Teil-
nehmer*innen laut vor. Es ist wichtig nach jedem Vortrag zu applaudieren, und ein kon-
struktives Feedback zu geben.
• Am Ende sollten die Workshopleiter*innen den Teilnehmer*innen sagen, dass sie schon
morgen mit ihrer Idee anfangen können, um etwas aus der Idee zu machen.
Vorbereitungen und notwenige Materialien
Papier, Stifte, Tafel oder Smartboard
Links zu Lernmaterialien
me-project.org/training
36
Bildungsbereich besonderer Priorität (ΖΕΠ)
Was/Warum
ΖΕΠ wurde geschaffen, um die Integration von Schüler*innen, die aus sozial schwachen
und benachteiligten Familien stammen, zu unterstützen. Das Hauptziel ist, ihnen die Spra-
che ihrer neuen Heimat zu vermitteln und sie beim erlernen anderer Fächer zu unterstützen.
Auf diese Weise kann ihnen der Zugang zum Bildungssystem erleichtert werden und ein
Verbleib in diesem sichern.
Gruppengröße
Kleingruppen mit max. 10 Personen.
Zeitaufwand
ΖΕΠ sollte langfristig angesetzt werden, da es sich um das Erlernen einer Fremdsprache
handelt. Die entsprechenden Schulbücher werden in einem akademischen Jahr behandelt.
Jedes Kapitel sollte um Themen aus dem Schulalltag oder dem wirklichen Leben herum
aufgebaut werden. Die Zeit, die für jedes Kapitel benötigt wird, variiert von +/- zwei Stunden.
Während des Lernprozesses wird ein umfassendes Feedback gegeben.
Anleitung
Zunächst findet ein allgemeiner Überblick über das zu unterrichtende Fach statt. Die Schü-
ler*innen sollen unter Anleitung ihrer Lehrer*innen das Material durchgehen, dann selbst-
ständig Übungen und Hausaufgaben lösen/bearbeiten und schließlich an vertiefenden Akti-
vitäten teilnehmen.
Beispielaufgabe:
• Es wird eine bestimmte Passage gelesen, verstanden und über seine Bedeutung disku-
tiert.
• Danach werden Richtig/Falsch- oder Multiple-Choice-Fragen beantwortet.
• Lesen und Zuhören: Die Schüler*innen lesen einen Text, während sie parallel Mutter-
sprachler*innen zuhören, die den Text vorlesen. Gibt es Unterschiede zwischen dem
geschriebenen Text und dem, was man hört?
• Das Gegenteil finden: Es wird eine Liste mit den Hauptwörtern der gelesenen Passage
ausgeteilt. Die Schüler*innen müssen sich Wörter (oder Sätze) ausdenken, die die ge-
genteilige Bedeutung haben.
• Schließlich schreiben sie einen kleinen Aufsatz über ein verwandtes Thema. Inspiratio-
nen können Bilder sein, die im Buch abgebildet sind oder zusätzlich von der Lehrperson
zur Verfügung gestellt werden.
• Dauer: 60-120 Minuten
37
Vorbereitungen und notwenige Materialien
Bücher, Tafel, Papier, Stifte, ggf. PC
Links zu Lernmaterialien
http://repository.edulll.gr/edulll/simple-search?query=ΓΕΙΑ+ΣΑΣ
https://www.minedu.gov.gr/tothema-prosfigiko-m
38
Design Thinking
Was/ Warum
“Design thinking is a human-centered approach to innovation that draws from the designer's
toolkit to integrate the needs of people, the possibilities of technology, and the requirements
for business success.”
— Tim Brown, CEO of IDEO
Design Thinking ist eine Methode, die Menschen aus verschiedenen Disziplinen in einem
gemeinsamen kreativen Prozess vereint,um durch Teamarbeit eine gemeinsame Lösung zu
entwickeln. Design Thinking bietet einen lösungsorientierten Ansatz zur Herausforderung.
Es ist eine Sammlung aus Denkaufgaben und praktischen Methoden. Zum Design Thinking
gehört auch das ständige Experimentieren: Skizzieren, Prototyping, Testen und Ausprobie-
ren von Konzepten und Ideen.
Gruppengröße
Bis zu 15 Personen
Zeitaufwand
Der Zeitaufwand hängt von der Komplexität der Idee ab. Der Prozess kann in 4 Stunden
abgeschlossen sein oder sich auf mehrere Tage bzw. Wochen ausdehnen.
Anleitung
Die Design Thinking Methode umfasst verschiedene Schritte, die das Team durchlaufen
kann. Die einzelnen Schritte können auf die zur Verfügung stehende Gesamtzeit angepasst
werden. Es kann sich auch auf einzelne Schritte konzentriert werden.
Zu Beginn sollte die Workshopleitung eine Einführung in die Methode geben. Es gibt viele
Möglichkeiten, die verschiedenen Schritte durchzuführen. Siehe dazu die unten aufgeführ-
ten links.
Formulieren Sie eine Frage/Herausforderung, z.B. eine anreizende Frage, die andere dazu
inspiriert, nach kreativen Lösungen zu suchen.
Verstehen: Das Team bespricht die vorliegende Herausforderung, sodass alle ein gemein-
sames Verständnis haben; es sucht nach unterschiedlichen Fähigkeiten innerhalb des
Teams und recherchiert relevante externe Informationen.
Entdecken: Bei diesem Schritt dreht sich alles um die*den Kund*in. Das Team findet und
entscheidet sich für eine Zielgruppe. Danach berät das Team über relevante Interviewfragen
und interviewt eine oder mehrere Personen der Zielgruppe.
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Definieren: Die Ergebnisse der Interviews werden vom Team ausgewertet und gruppiert. Es
können auch Personas gebildet werden. Personas repräsentieren Ziele und Bedürfnisse von
möglichen Kund*innengruppen.
Vorstellen: Das Team macht ein Brainstorming zu möglichen Lösungsideen, gruppiert sie
(unter Verwendung von Post-ist, je eine Idee pro Klebezettel) und entscheidet sich für eine.
Prototyp: Das Team baut grobe Prototypen aus den vorliegenden Materialien (Pappen, Bau-
klötze, Knete, …). Das Prototyping kann auch durch das Zeichnen eines Storyboards oder
die Produktion eines kleinen Videoclips erfolgen.
Lerntest: Das Team erzählt den anderen die Geschäfts-/ Lösungsidee (Storytelling) ihres
Prototyps. Dabei sammelt es Feedback und neue Ideen.
Design Thinking-Prozess (Quelle: Design Thinking 101, Nielson Norman Group)
Vorbereitungen und notwenige Materialien
Papier, Stifte, ggf. PC. Viele Kleinigkeiten zum Bau eines Prototyps wie Lego oder Knete.
40
Links zu Lernmaterialien
www.designkit.org/methods
www.ideou.com/blogs/inspiration/what-is-design-thinking
www.interaction-design.org/literature/article/5-stages-in-the-design-thinking-process
Value Proposition Canvas – VPC (Leistungsversprechen)
Was/Warum
Das Value Proposition Canvas ein Instrument, mit dem sichergestellt werden kann, dass ein
Produkt oder eine Dienstleistung um das herum positioniert wird, was die*der Kund*in
schätzt und benötigt. Dies ist eine einfache Möglichkeit, die Bedürfnisse der*des Kund*in zu
verstehen und Produkte sowie Dienstleistungen zu entwerfen, die sie*er sich wünscht. Es
arbeitet in Verbindung mit dem Business Model Canvas und anderen strategischen Manage-
ment- und Ausführungsinstrumenten/ -prozessen.
Das VPC kann verwendet werden, wenn ein bestehendes Produkt- oder Dienstleistungsan-
gebot verfeinert werden muss, oder wenn ein neues Angebot von Grund auf neu entwickelt
werden soll.
Nachdem Sie mit diesem Canvas gearbeitet haben, verfügen Sie über Annahmen, Kunden
als auch über Produkte, die Sie später an der Zielgruppe testen können.
Gruppengröße
10-15 Personen. Arbeiten Sie in Kleingruppen (2-3 Personen), damit diskutiert und sich ge-
genseitig geholfen werden kann.
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Zeitaufwand
Diese Aktivität können Sie mehrmals durchführen. Die benötigte Zeit hängt von der Komple-
xität der Ideen, der Motivation und der Kompetenz der Teilnehmer*innen ab. Wenn alle Teil-
nehmer*innen eine eigene Idee haben, sollte der Prozess für alle Ideen durchgeführt wer-
den.
Ca. 40-60 Minuten pro Idee.
Während der Präsentation sollte der Fokus daraufliegen, Positives aus der Gruppenarbeit
hervorzuheben, damit andere von dem Prozess lernen können.
Anleitung
Zunächst wird in einer Theorieeinheit das Modell, Begrifflichkeiten und die zu unternehmen-
den Schritte erklärt. Es ist sehr wichtig, dass jede*r versteht, warum das VPC angewendet
wird.
Daraufhin werden 2-3 Personengruppen gebildet. Alle Gruppen müssen eine konkrete Idee
haben, an der sie arbeiten können. Es können reale Ideen oder vorgegebene Anwendungs-
beispiele sein.
Die Aufgabe:
• Beschreiben Sie die Berufsgruppe der Kund*innen. Verwenden Sie Post-Its oder
schreiben Sie auf das ausgedruckte Modell (Canvas).
• Daraufhin folgt die gleiche Übung mit „pains and gains“ (Schmerzen und Nutzen).
• Als Workshopleiter*in coachen Sie die Gruppe und stellen reflektierende Fragen zu
der bisherigen Arbeit. Wird jeder Aspekt der Idee sowie der*die Kund*in berücksich-
tigt?
• Beschreiben Sie die „pain relivers and gain creators“ (Schmerzkiller und Nutzenstif-
ter)
• Beschreiben Sie abschließend das Produkt/die Dienstleistung, das/die logisch aus
den Antworten der Gruppe hervorgeht.
• Jede Gruppe präsentiert ihr Modell im Plenum und ihre Überlegungen zur Lösung.
Vorbereitungen und notwenige Materialien
Papier, Stifte, Modell des VPC (A4/A3 - eins pro Gruppe), ggf. PC
Links zu Lernmaterialien
me-project.org/training
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MVP Test: Minimal Viable Product (Minimal überlebensfähiges Produkt)
Was/Warum
Wenn Sie eine Analyse Ihrer Kund*innen und deren Bedürfnisse durchgeführt haben, schaf-
fen Sie anschließend Lösungen, um diese zu erfüllen. Diese Lösung ist Ihre Geschäftsidee.
Aber sind Ihre Analyse, Ihre Annahmen und Theorien richtig? Um diese Fragen beantworten
zu können, sollten Sie einen Prototyp herstellen. Ein Prototyp ist eine Entwurfsversion eines
Produkts, das Ihnen ermöglicht Ihre Ideen zu erforschen und den Nutzer*innen die Absicht
hinter einer Funktion oder dem gesamten Designkonzept zu zeigen, bevor Sie Zeit und Geld
in die Entwicklung investieren.
Es ist viel günstiger, ein Produkt in einem frühen Stadium des Entwicklungsprozesses zu
ändern, als Änderungen vorzunehmen, nachdem Sie die Website/Dienstleistung/das Pro-
dukt entwickelt haben.
Daher sollten Sie den Bau von Prototypen in einem frühen Stadium des Prozesses in Be-
tracht ziehen.
Durch den Bau von Prototypen können Sie bereits bei der Planung und dem Entwurf Ihres
Geschäftsmodells Feedback von den Nutzer*innen einholen.
Gruppengröße
10-15 Personen. Arbeiten Sie in Kleingruppen (2-3 Personen), damit diskutiert und sich ge-
genseitig geholfen werden kann.
Zeitaufwand
Diese Aktivität können Sie mehrmals durchführen. Die benötigte Zeit hängt von der Komple-
xität der Ideen, der Motivation und der Kompetenz der Teilnehmer*innen ab. Um einen gro-
ben Plan zu erstellen, sollten aber zunächst 1-2 Stunden ausreichen. Für den Aufbau oder
die Erstellung und Durchführung der Tests benötigen Sie ggf. mehrere Tage.
Wenn Sie viele Rückmeldungen erhalten, müssen Sie diesen Prozess vielleicht wiederho-
len, um Ihre neue Theorie zu überprüfen.
Ca. 40-60 Minuten.
Während der Präsentation soll der Fokus daraufgelegt werden, Positives aus der Gruppen-
arbeit hervorzuheben, damit andere von dem Prozess lernen können.
Anleitung
Zunächst wird in einer Theorieeinheit das Modell, Begrifflichkeiten und die zu unternehmen-
den Schritte erklärt. Es ist sehr wichtig, dass jede*r versteht, warum das MVP erstellt wird.
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Daraufhin werden 3-5 Personengruppen gebildet. Alle Gruppen müssen eine konkrete Idee
haben, an der sie arbeiten können. Es können reale Ideen oder vorgegebene Anwendungs-
beispiele sein.
Die Aufgabe:
• Beschreiben Sie, wie Sie am besten einen MVP für Ihre Idee erstellen können, damit
Sie Ihren Prototyp testen können.
• Erstellen Sie einen Plan für Ihre Tests. Was soll gemessen werden? - Warum? -
Wie? – Wann?
• Präsentieren Sie allen anderen Gruppen Ihren Durchführungsplan.
Vorbereitungen und notwenige Materialien
Papier, Stifte, ggf. PC
Links zu Lernmaterialien
me-project.org/training
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Web-Marketing-Tools für Ihre Geschäftsidee
Was/Warum
Webmarketing ist der Prozess der Nutzung des Internets zur Vermarktung Ihres Unterneh-
mens. Es umfasst die Nutzung von Sozialen Medien, Suchmaschinen, Blogging, Videos und
E-Mail.
Die Vermarktung eines Unternehmens ist aufwendig. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkei-
ten dies zu tun. Zum einen die traditionelle Werbung in Zeitungen, im Radio, im Fernsehen
und Direktwerbung. Zum anderen das Internet und Web-Marketing. Angesichts der vielen
Menschen, die das Internet täglich nutzen, gibt es riesige Möglichkeiten, Ihr Produkt oder
Ihre Dienstleistung den Menschen anzubieten, die es brauchen bzw. wollen.
Web-Marketing kann viele Formen annehmen. Werbebanner, E-Mail-Werbung und Social-
Media-Posts sind drei Formen, von denen Sie wahrscheinlich schon gehört haben.
Was sind die verschiedenen Arten des Web-Marketings?
Das Internet zu nutzen, um mit Käufer*innen in Kontakt zu treten und sie zu gewinnen, ist
ein kluger Schachzug. Aber wo und wie fängt man an? Die Möglichkeiten sind überwälti-
gend, und nur wenige Unternehmen nutzen alle auf einmal.
Möglichkeiten:
E-Mail-Marketing - Das Erstellen von E-Mails über Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung und
das anschließende Versenden an einen Interessentenkreis ist eine der am weitesten ver-
breiteten Formen des Web-Marketings. E-Mail-Marketing ist kostengünstig und kann sehr
gezielt eingesetzt werden.
Social-Media-Marketing - Das Erstellen eines Firmenprofils und das Engagement in Sozia-
len Medien hat viele kleine Firmen zu florierenden Unternehmen wachsen lassen. Wie das
E-Mail-Marketing ist auch diese Form des Web-Marketings kostengünstig und der Einstieg
ist einfach. Wenn Sie jedoch nur ab und zu posten, werden Sie nicht für einen nennenswer-
ten Erfolg sorgen.
Gruppengröße
Bis zu 12 Personen, aufgeteilt in zwei bis vier Gruppen.
Zeitaufwand
Ca. 1,5 Stunden
Anleitung
60 Minuten werden benötigt, um die Werkzeuge der Web-Marketing-Strategie zu erklären.
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30 Minuten werden für eine praktische Übung benötigt (z.B. zu E-Mail-Marketing).
Vorbereitungen und notwenige Materialien
Papier, Stifte, ggf. PC
Links zu Lernmaterialien
https://marketingplatform.google.com/intl/it/about/analytics/
https://www.udemy.com/course/learn-digital-marketing-course/
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Videoproduktion
Was/Warum
Wenn Sie eine gute Idee für Ihr Unternehmen haben, besteht der erste Schritt darin Ihre
Idee mit einem Video zu präsentieren, damit Sie dieses Ihrem Publikum erfolgreich vorstel-
len können.
Was Sie dazu brauchen: Eine gute Botschaft für Ihre Geschäftsidee und Ihr Storyboard. Es
ist wichtig, dass Ihr Video erstklassig aussieht. Ohne qualitativ hochwertige Grafiken und
Produktionen kann Ihre Botschaft auf der Strecke bleiben. Denken Sie über die Gefühle
nach, die Sie bei Ihrem Publikum hervorrufen wollen. Eine der besten Möglichkeiten, um die
Aufmerksamkeit Ihres Publikums zu erregen, ist eine Geschichte zu erzählen. Das Video
sollte nicht länger als 1 Minute dauern.
Gruppengröße
Ab 4-5 Personen.
Jede Gruppe sollte sich mit folgenden Themen beschäftigen:
1) Storyboard und Botschaft
2) Filmregie
Zeitaufwand
Der Zeitaufwand hängt von der Komplexität Ihrer Idee ab, aber Sie benötigen mindestens
eine Stunde für die Erstellung Ihres Storyboards und mindestens jeweils eine Stunde für das
Filmen sowie für das Schneiden.
Anleitung
Teilen Sie die Gruppe in Kleingruppen von 4-5 Personen auf. Machen Sie deutlich, dass alle
Gruppen eine konkrete Idee haben, die sie in dieser Sitzung anwenden können.
Die Aufgabe:
• Teilen Sie sich unterschiedliche Aufgaben zu: Filmregisseur*in, Storyboard-Mana-
ger*in, Cutter*in, ...
• Realisieren Sie das Storyboard in maximal einer Stunde
• Identifizieren Sie die Kernaussage
• Wählen Sie Musik und Texte aus
• Filmen
• Schnitt
• Präsentation
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Vorbereitungen und notwenige Materialien
Kamera, Papier, Stifte, PC, Bearbeitungsprogramme und WLan
Links zu Lernmaterialien
https://biteable.com/blog/tips/video-presentation-ideas/
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EVALUATION UND ZERTIFIZIERUNG
Es ist hilfreich, Ihren selbst gestalteten Workshop/das Weiterbildungsprogramm regelmäßig
auf seinen Erfolg zu prüfen und zu evaluieren. Die Evaluierung kann wichtige Informationen
darüber geben, ob z.B. Ihr Workshop die Personengruppen erreicht, die Sie erreichen möch-
ten und ob die Ziele, die sie sich gesetzt haben, erreicht werden. Sie kann ein Beitrag zum
lebenslangen Lernen leisten, auch für Sie persönlich.
Haben Sie Interesse ein/en, auf Basis der Module in diesem Handbuch und auf Basis ei-
gener Module, Workshop/ein Ausbildungsprogramm anzubieten, so besteht für Sie die
Möglichkeit diesen/s in Zusammenarbeit zu gestalten und auf die Ziele des Projektes Migra-
tion and Entrepreneurship anzupassen. Die Projektpartner erlauben sich Zertifikate für die
Teilnehmer*innen Ihrer Weiterbildungsveranstaltung auszustellen.
Sprechen Sie uns an!
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FAZIT
Bericht der Autor*innen
Abschließend soll gesagt werden, dass dieses Handbuch erprobter Methoden bei der Qua-
lifizierung von Zugewanderten in ihren unternehmerischen Fähigkeiten nicht das Ende un-
serer Arbeit ist.
Tatsächlich ist dies ein andauernder Prozess, denn die Ressourcen, Anweisungen, Techni-
ken und Methoden der Weiterbildung, die wir durch Erfahrung und Forschung eingesetzt
haben, haben sich für die Zielgruppe der Migrant*innen und Geflüchteten, die an unseren
Workshops teilnahmen, als effizient erwiesen. Aber innerhalb der definierten Zielgruppe in
diesem Projekt gibt es eine ständige Veränderung und Entwicklung, abhängig von den
Ideen, Situationen und Menschen, mit denen wir bei jedem Workshop arbeiten. Mit diesem
Handbuch möchten wir die aktuell bewährten und verwendeten Praktiken zusammenfassen.
Das europäische Projekt Migration and Entrepreneurship hat seit seinem Beginn das Ziel,
eine Vielzahl von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten aufzuzeigen, die nützlich sind, um
verschiedene Zielgruppen von unternehmerischen Zugewanderten zu erreichen.
Dementsprechend soll dieses Handbuch Beispiele für die Strukturierung und Durchführung
von Weiterbildungskursen aufzeigen, sodass es als Rahmen für die Planung von zielgerich-
teten Workshops, nicht nur für Zugewanderte Unternehmer*innen, dienen kann.
August 2020