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Katalog zur Ausstellung "Zeitsprünge" von Brunhild Eichheim in der RealismusGalerie des Künstlersonderbundes und in Deutschland 1990 - Realismus der Gegenwart e.V.<br>20.05.2023 - 21.07.2023

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Burghild Eichheim - Zeitsprünge / Arbeiten auf Papier

Katalog zur Ausstellung "Zeitsprünge" von Brunhild Eichheim in der RealismusGalerie des Künstlersonderbundes und in Deutschland 1990 - Realismus der Gegenwart e.V.<br>20.05.2023 - 21.07.2023

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Burghild Eichheim ZEIT S P R Ü N G E


RealismusGalerie Künstlersonderbund in Deutschland 1990 - Realismus der Gegenwart e.V. Burghild Eichheim ZEIT S P R Ü N G E Arbeiten auf Papier


Ich suche Motive, in denen sich meine Seele spiegelt. Burghild Eichheim


Nina Koch Zeitsprünge 7 Vorsitzende Künstlersonderbund Exponate 10 Ulrike Prasse Gedicht zu „Meinungsverschiedenheiten“ 38 Burghild Eichheim Mein Credo 58 Vita 88 Filme zu den bisherigen Ausstellungen 98 Mitgliedschaft Künstlersonderbund 100 Impressum 103


9 ZEIT S P R Ü N G E Z E I T S P R Ü N G E Burghild Eichheim sagt von sich selber, sie könne nicht sagen, wie ihr eigener Stil aussieht. Vielleicht lohnt hier „der Blick von außen“. Wer sie kennenlernt, ist von ihrer Lebhaftigkeit beeindruckt, von ihrer erstaunlichen Behändigkeit und ihrem assoziativen Denken. So erleben wir sie, die 87jährige heute. Nicht auszudenken, wieviel Temperament sie im Alter von 25 Jahren hatte! Der Titel „Zeitsprünge“ gefällt ihr als Titel „weil sie mutig alles durcheinander hängen darf“, er passt zu ihrem künstlerischen Denken. Zeitsprünge, so erklärt sie, kennzeichnen ihr Werk, nicht nur, weil sie zu unterschiedlichen Zeiten zwischen künstlerischen Stilen wechselte, sondern sich im Ringen um die Entwicklung des eigenen Ausdruckes stets selbst neu finde und ausprobiere. Existenznöte drängen sie zuweilen dazu, auch eine Auflage zu produzieren, zum Beispiel Grafiken, die mit vermeintlich wenig Aufwand herzustellen sind. So die Idee, aber oft genug bleibt sie an dieser hängen, entwickelt sie weiter und es entstehen zum Beispiel komplexe Siebdrucke, die mit zahlreichen Papierschablonen gedruckt dann doch zu Unikaten werden. Diese Ausstellung zeigt Werke aus den sechziger Jahren bis heute. Die jüngste Arbeit stammt aus diesem Jahr: „Die Kronen“, und zeigt einen Kentaur, dessen Verlängerung ein abgetrennter Stierkopf ist, von dem soeben eine Frau herunterfällt. Diese Bildelemente fügen sich zu einer Tier-Mensch Gestalt, zu einem Doppelwesen aus einem Stier und einem Kentaur zusammen. In den fünf Jahren, die sie in Bilbao gelebt hat, hat sie auch einen Stierkampf besucht. Es war heiß, brutal, grausam und hinterließ Eindrücke, die sie nicht vergisst. Ihr Kentaur ist kraftvoll und beunruhigend. Eine Art ornamentales Muster am unteren und oberen Bildrand wird durchbrochen und aufgelöst. Zackige Formen ähneln einer Krone. Im Hintergrund schweben aus gezeichneten Strichlagen unkenntliche Gebilde. Ich meine, Figuratives zu entdecken. Mein Auge springt hin und her, der Blick wandert vor und zurück, die Komposition hält das Ganze, hat einen stabile Kern, und doch gelingt es ihr, ihn zu durchbrechen. Die griechische Mythologie des Tier-Menschwesens ist hier alles


10 ZEIT S P R Ü N G E andere als eine harmlose Illustration, ja geradezu beklemmend. Ich assoziiere den Sturz der Europa, die aggressiv vom kriegerischen Kentaur zu Fall gebracht wird. Beide greifen nach der Krone. Ist die Strichornamentik in Gelb und Cyanblau eine Anspielung auf den Ukraine-Krieg? Burghild Eichheim sagt, das Bild handelt von „Unterdrückung, Unterdrückung der Frau sowieso“. Ich assoziiere „vermutlich auch von dem Gefangensein im eigenen Körper“. Ja, sagt sie, „das ist vielleicht das große Rätsel“. Mir fällt auf, dass ich mir beim Betrachten ihrer Bilder eine Bildgeschichte erzähle. Mir ist so, als würde die Künstlerin mich dahinführen, ihren Weg zum Bild nachzugehen. Und der ist holprig, nicht geradlinig. Das Ziel ändert ständig seine Position. Aufgewachsen als Drittgeborene mit vier Geschwistern erlebte sie eine Mutter, die hart arbeiten musste, um ihre Kinder während des Krieges und danach durchzubringen. Ihr Vater war mit 39 Jahren im Krieg 1944 gefallen. Behütet und geradlinig ist ihr Leben auch danach nicht verlaufen. Mit Provisorischem zu leben, kreativ den Alltag mit wenig Besitz zu meistern, ist eine Fähigkeit, die sie sich bis heute bewahrt hat. Couragiert folgte sie als junge Kunststudentin an der Akademie der Künste in Stuttgart dem Ratschlag ihres Jugendfreundes Robert Gernhard, nach Berlin an die Hochschule der Künste zu gehen, unterstützt durch das letzte Stipendium der „Studienstiftung des deutschen Volkes“. Ein Abenteuer war das für sie, sagt sie. Quirlig ging es weiter, es entstand ein umfangreiches Werk. Mit vielen Collagen und Assemblagen. Eine Kunstform, die zu ihrem Wesen ausnehmend gut passt. Selbst ihre gezeichneten und gemalten Werke bestehen häufig aus collagenähnlich zusammengestellten Bildelementen. Kühn setzt sie Texte hinein, die manchmal Hinweise zur Deutung sind oder einfach nur interessante Begriffe. „Kulturspalte“ ist so einer. Ausgerechnet das Wort „Brücken schlagen“ fällt ihr zum Thema Balance ein. Manchmal montiert sie in ihren Assemblagen Gegenstände: Bleistiftstummel, Löffel, Verpackungsreste, Alltägliches. An ihren Zeichnungen fasziniert der lockere Strich, der von einer Unbefangenheit kündet, er ist direkt und ungefiltert. Aussortiert, wegradiert und übermalt wird später. So gelingt es ihr, die Frische und den Schwung im Bild zu halten. Ruhige Gemütlichkeit ist selbst in den stillsten ihrer Kompositionen


11 ZEIT S P R Ü N G E nicht zu finden. Der Titel Zeitsprünge passt auch insofern, als sie sich nicht davor scheut, auch ältere Arbeiten als Untergrund für neue Arbeiten zu verwenden und zu verändern. Burghild Eichheim liebt Schönheit. Ein Begriff, den nur wenige KünstlerInnen noch in den Mund zu nehmen wagen. Ein schön gemaltes Bild gilt schnell als zu leicht konsumierbar, zu wenig herausfordernd. Es wird gesagt, Schönheit sei kein Kriterium für die Beurteilung von Kunstwerken. Das Schöne zu sehen, in der Welt und auf dem Blatt, beschäftigt dennoch alle Kunstschaffenden. Auch Burghild Eichheim blickt skeptisch auf die Schönheit, für sie bedeutet sie nicht zwangsläufig Harmonie. „Ich sehe immer auch die Hässlichkeit. Sie ist wichtig, ohne sie kann ich das Schöne nicht sehen“. Unausgewogenheit bringt Spannungen ins Bild. Aber Schönheit ist für sie mehr als Ästhetik. Sie geht in die Museen, um das Ebenmaß in den Meisterwerken der Renaissance und der flämischen Meister zu studieren, zeichnet dort. Bilder auf goldenen Grund, die Klageweiber am Grabe Christi. Es geht ihr vor allem um die Haltung und Achtung der Menschenwürde im Bild. Sie betrachtet die Welt mit staunenden Augen. Sie beobachtet die Menschen, findet schöne Menschen in der U-Bahn und zeichnet sie. Schult den Blick, achtet auf die Proportionen, und ist verwundert über die Kleidermode der Jugend. Sie sagt, sie habe sich immer mit den Modellen, die sie gezeichnet hat, identifiziert. Obwohl diese jünger und schöner als sie selbst waren. „Weil es ein Mensch ist“, sagt sie. Das Frausein ist eines ihrer wiederkehrenden Themen, es zieht sich als roter Faden durch ihr Werk. Oft sind es füllige und sinnliche Frauen. Zum Beispiel in der Zeichnung „Leidende Frau“ mit zarter Farbigkeit. Die auf dem Rücken liegende kräftige Frau im erdigen violett-bräunlichen Farbton hebt sich plastisch vom Untergrund ab, landschafts-, gebirgsähnlich. Die Verkürzung des liegenden weiblichen Körpers und die dadurch entstehende Verlängerung in den Raum, so erklärt sie, steht für die vielen Frauen dieser Erde. Auf ihren so spontan und authentisch wirkenden Blättern wird dann letztendlich doch nichts dem Zufall überlassen, der wirkt nur als Muse und Inspiration. Nina Koch, April 2023


Balance - 2022 - Acryl - 60 x 50 12 ZEIT S P R Ü N G E


13 ZEIT S P R Ü N G E


Collagen-Idee - 1963 - Siebdruck - 70 x 80 14 ZEIT S P R Ü N G E


15 ZEIT S P R Ü N G E


Herbst - 1963 - Siebdruck - 80 x 60 16 ZEIT S P R Ü N G E


17 ZEIT S P R Ü N G E


18 ZEIT S P R Ü N G E Studie nach Matisse - 2020 - Gouache - 70 x 50


19 ZEIT S P R Ü N G E


20 ZEIT S P R Ü N G E Artistin - 1962 - Bleistift - 70 x 60


21 ZEIT S P R Ü N G E


22 ZEIT S P R Ü N G E Adorno - 1995 - Filzstift - 70 x 60


23 ZEIT S P R Ü N G E


24 ZEIT S P R Ü N G E Vignetten - 1963 - Radierung - 70 x 50


25 ZEIT S P R Ü N G E


Eleonore b - 1963 - Radierung - 8,3 x 6 26 ZEIT S P R Ü N G E


27 ZEIT S P R Ü N G E


Agate - 1963 - Radierung - 8,3 x 6 28 ZEIT S P R Ü N G E


29 ZEIT S P R Ü N G E


Anastasia - 1963 - Radierung - 8,3 x 6 30 ZEIT S P R Ü N G E


31 ZEIT S P R Ü N G E


Susi - 1963 - Radierung - 8,3 x 6 32 ZEIT S P R Ü N G E


33 ZEIT S P R Ü N G E


Essende Spanierinnen - 1960 - Radierung - 70 x 50 34 ZEIT S P R Ü N G E


35 ZEIT S P R Ü N G E


36 ZEIT S P R Ü N G E Essende Trümmerfrauen - 1988 - Radierung - 35 x 50


37 ZEIT S P R Ü N G E


Szempansky’s Alp - 1988 - Radierung - 40 x 50 38 ZEIT S P R Ü N G E


39 ZEIT S P R Ü N G E


40 ZEIT S P R Ü N G E Meinungsverschiedenheit - 2019 - Mischtechnik - 50 x 34 ! !!: ,….,….. hallo! also sag mal,…. nee oder? doch oder! sowas! Unmöglich………… doch möglich! neinja? kein jein nun, mach mal 'n Punkt und hör mal: gar nichts (………..) war das eben mit uns. Ulrike Prasse


41 ZEIT S P R Ü N G E


Kerne in Schale - 1999 - Acryl auf Papier - 50 x 70 42 ZEIT S P R Ü N G E


43 ZEIT S P R Ü N G E


Burgermeister - 2022 - Zeichnung - 50 x 40 44 ZEIT S P R Ü N G E


45 ZEIT S P R Ü N G E


46 ZEIT S P R Ü N G E Löffelfrau - 1995 - Radierung, handcoloriert - 40 x 27


47 ZEIT S P R Ü N G E


48 ZEIT S P R Ü N G E Die Kronen - 2023 - Radierung überarbeitet - 40 x 50


49 ZEIT S P R Ü N G E


3 Frauen - 1962 - Lithografie - 82 x 62 50 ZEIT S P R Ü N G E


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