Vorwort zur überarbeiteten, 7. Auflage
Bisherige Aktualisierungen dieses praktischen Leitfadens bestanden im we
sentlichen darin, neue Testverfahren aufzunehmen und zu ihnen passende
Befundmuster anzubieten. Dabei beschränkten wir uns - mit Ausnahme des
bereits 1990 neu aufgenommenen Seeno-Tests - auf den Bereich der Lei
stungs- und Fähigkeitstests. Die Bedeutung des diagnostischen Gesprächs
wurde zwar betont, einschlägige Arbeiten blieben aber Desiderat.
Dies hat sich in der Zwischenzeit geändert. Unter verschiedenen Titeln -
»Klinisches Interview«, »Flexible Interviewing«, »Qualitative Diagnostik«
oder »Förderdiagnostik« - hat eine Bewegung eingesetzt und mittlerweile
die psychologischen Praxen beispielsweise im Bereich der Lerntherapie er
reicht, die sich bewußt absetzt von der ergebnisorientierten, im Prinzip ver
gleichenden klassischen Testdiagnostik. Ausgehend von Piagets Methode
des Klinischen Interviews wird hier der Anspruch verfolgt, nicht nur (richti
ge oder falsche) Ergebnissedes Probanden zu ermitteln, sondern die Dmkprr
zesse aufzuklären, die ihn zu diesen Ergebnissen geführt haben. Auf diese
Weise sollen möglichst präzise Hinweise dafür gewonnen werden, wie bei
spielsweise im Falle von gestörten Lernprozessen effektiv interveniert wer
den kann.
Besonders erfreulich ist, daß diese modernen Diagnostikrichtungen sich
auch der Notwendigkeit einer Evaluation stellen (vgl. z. B. Ginsburg 1997,
Wehrmann 2003) . Daß dabei die »heilige Dreieinigkeit« der klassischen
standardisierten Testverfahren von Objektivität, Reliabilität und Validität
sich eine kritische Revision gefallen lassen muß, kann nicht verwundern.
Entsprechend diesem Trend zu einer interaktions- und prozeßorientierten
Diagnostik haben wir sowohl in die Befundmuster einen Teil »Förderdia
gnostik« eingefügt als auch im Teil A, der sich mit dem Aufbau des Gutach
tens insgesamt befaßt, ein entsprechendes Kapitel eingefügt.
Bochum, im März 2004
9