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Published by ali.gator, 2019-11-24 05:26:22

Gott|lieb Ausgabe 2019/3

Gott|lieb Ausgabe 2019/3

Keywords: Gottlieb,Pfarrbrief,Magazin,Katholische Kirche Lohmar,St. Johannes Lohmar

Gott|lieb 3/2019

Ein christliches Magazin für Lohmar

Herz für Tiere Kindesmissbrauch

Letzte Zuflucht Was die Kirche
in Krawinkel unternimmt

Anzeige

...wussten Sie,

dass es im Hotel Schloss Auel bei Die Leiche des im Wasser treiben- Sei es anlässlich einer grünen, einer
Lohmar eine wunderschöne Ba- den Märtyrers soll, so die Legende, silbernen oder goldenen Hochzeit,
rockkapelle gibt, die dem Hl. Jo- von fünf Flammen umsäumt gewe- einer Taufe, 1. Hl. Kommunion, an-
hannes Nepomuk geweiht ist? Sie sen sei, weswegen Johannes Nepo- lässlich eines Geburtstages oder
wissen schon: der Heilige, der, der muk oft mit fünf Sternen um sein eines besonderen Jubiläums. Im An-
Legende nach vom böhmischen Haupt abgebildet wird. schluss an eine heilige Messe oder
König Wenzel IV. gefoltert und von eine Dankandacht, ob mittags oder
der Prager Karlsbrücke in die Donau Im Hotel und Restaurant Schloss abends hat man viel Hunger und
gestürzt wurde. Der Priester wollte Auel freuen wir uns immer beson- kann dann entspannt und köstlich in
dem König nicht preisgeben, was ders, wenn unsere Gäste die Kapelle einem Restaurant speisen oder im
dessen Ehefrau ihm im Beichtstuhl in ihre Feierlichkeiten mit einbezie- Hotel übernachten.
anvertraut hatte. hen möchten.

Das ausführliche Angebot finden Sie unter: www.schlossauel.de Haus Auel 1, 53797 Lohmar, T.: 02206-60030

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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser, Kontakt zu uns
Katholische Kirchengemeinde
wer derzeit durch die Straßen geht, wird mit Hinweisen auf das bevorstehende St. Johannes Lohmar
Weihnachtsfest geradezu überschüttet. Dekorationen in Schaufenstern wollen Pastoralbüro
uns deutlich machen, dass das Fest der Liebe doch bitteschön ein Fest des Kirchstr. 22
Schenkens sein soll. Und in mancher Familie wird sich schon Wochen vorher der 53797 Lohmar
Kopf darüber zerbrochen, was sich Weihnachten Besonderes auftischen lässt. Für Telefon 02246 915485-0
die Redaktion von Gottlieb war das alles Grund genug, sich einmal ganz andere Fax 02246 915485-22
Gedanken über das Weihnachtsfest zu machen. Zum Beispiel, welche Rolle heut- E-Mail pastoralbuero
zutage das Essen im Leben vieler Menschen einnimmt. Oder wie es Menschen @katholische-kirche-lohmar.de
ergeht, die von heute auf morgen Arbeit und Wohnung verlieren. Und schließlich
auch, dass Menschenliebe und Tierliebe oft ganz eng zusammengehören. All die- www.katholische-kirche-lohmar.de
se Geschichten spielen sich hier in Lohmar in unserer unmittelbaren Nachbar- www.facebook.com/
schaft ab. Sie alle haben unsere Aufmerksamkeit verdient. Denn vergessen wir KatholischeKircheLohmar
es bitte nicht: Weihnachten ist das Fest der Liebe. Aber Liebe ist an kein Datum
gebunden. Sie sollte uns vielmehr das ganze Jahr über Kraft und Hoffnung geben. Informationen über Aktivitäten,
Gruppierungen sowie über Mitarbei-
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine interessante Lektüre und ein frohes terinnen und Mitarbeiter erhalten Sie
Weihnachtsfest über diese Kontaktmöglichkeiten oder
durch „aktuell“, das wöchentlich neu
Leitender Pfarrer in den Kirchen ausliegt.

Inhalt Zum Titel:
Seit 300 v.Chr. bekannt und ge-
schätzt: die Christrose, deren Blüte
uns auch im Winter erfreut.

4 Ein Paradies für Tiere 16 Richtig essen für die Moral

Mehr als 50 Helfer machen es möglich: Der Tier- Noch nie schien die richtige Ernährung so wichtig
hof Tara ist für viele Tiere die letzte Rettung. zu sein wie heute. Dabei geht‘s nicht um Vitamine,
sondern um die Einstellung.
7 Lesenswerte Unterhaltung
19 Kindesmissbrauch verhindern
Lange Abende und ein gutes Buch: Mit diesen
Geschichten macht auch die dunkle Jahreszeit „Die Kinder müssen gestärkt werden“, sagt Agnes
richtig Spaß. Kreuzer, die Präventionsbeauftrage der Pfarrei St.
Johannes
8 Woher kommt die Weihnachtskrippe?
20 Bitte, lieber Gott, hilf!
Franz von Assisi hielt die erste Krippenfeier ab –
bis heute ist die Holzkrippe ein Symbol der Weih- In einem Gebet- und Erfahrungsbuch schreiben sich
nacht. Menschen ihre Sorgen von der Seele. Wer es liest,
wird tief berührt.
10 Wie lebt man auf der Straße?
22 Klare Worte vom Papst
Kein Dach über dem Kopf - Ministrant Johan-
nes unterhielt sich mit jemandem, der genau das Papst Franziskus nimmt Stellung – zu Gesellschaft,
durchmachte. Reichtum und Klimawandel.

14 Nächstes Jahr werd‘ ich 20 23 Treffen, beten, feiern

Millenniumskinder berichten, was sie mit dem Die Gottesdienst-Termine an Weihnachten und zur

Jahr 2020 verbinden – und was sie sich erhoffen. Jahreswende 3

Ohne uns würden viele Tiere

Die Tierretternicht mehr leben
von Lohmar

4 Hat schon manches Tier vor dem Abdecker gerettet: Ulla Fiebig

Großzügig und gepflegt: Auf dieser Anlage fühlen sich die unterschiedlichsten Tiere wohl

Den Anrufbeantworter von Ulla Fiebig abzuhören, ist eine Qual. Denn jeden Tag rufen bei ihr Menschen
mit einer großen Sorge an: Sie alle wollen ein Tier abgeben. Mal wegen eines Unfalls. Mal wegen fi-
nanzieller Probleme. Mal wegen Krankheit. Kurz: Weil die Besitzer selbst in Not geraten sind. Denn sie
wissen: Ulla Fiebig betreibt die Tara Tierhilfe in Lohmar. Und dort geht es den Tieren gut.

„Wir können längst nicht alle den. In die war sie schon als

Tiere aufnehmen, die die Leute Teenager vernarrt. Erst kaufte

loswerden wollen“, sagt die re- sie sich eigene, die sie auch

solute Tierschützerin. „Selbst selbst versorgte. Dann kamen

zehn Tierhilfen würden dafür fremde hinzu, um die sie „sich

nicht ausreichen.“ Sie weiß aus doch bitte mal kümmern“ sol-

eigener Erfahrung: „Aus viel le. „Tja“, sagt sie heute, „so

wird ganz leicht zu viel.“ Da wurden es immer mehr.“ Und:

müsse sie einfach sorgsam „So entstand die Tara Tierhil-

auswählen. „Und auch wenn fe.“ Den Namen hatte sie dem

es schwerfällt – ganz oft gibt’s Film „Vom Winde verweht“

dann eben eine Absage.“ entliehen: Darin war Tara das

Haus, das Heimat darstellte

Sie selbst bringt das kaum und Zuflucht bot.

übers Herz. Denn dem Tier-

schutz verschrieben hat sie Darum kann sie auch mit dem

sich vor mehr als 30 Jah- Begriff Gnadenhof nichts an-

ren. Wahrscheinlich lag das fangen. Es könne doch nicht

an ihrer Oma, sagt sie. Die von Gnade gesprochen wer-

hatte in den jugoslawischen den, wenn man Tiere ver-

Kriegswirren auf der Flucht sorgt, die durchaus noch le-

ein Schwein zurücklassen bensfähig, aber einfach nicht

müssen. „Darunter hat sie erwünscht seien, weil sie

jahrelang gelitten.“ eben nicht perfekt sind. „De-

nen zu helfen, müsste doch

Angefangen hatte es bei Ulla einfach eine ganz normale

Fiebig mit Hunden und Pfer- Sache sein.“ Diese ganz nor- Ziegen: neugierig und gut versorgt

5

male Sache hat inzwischen enor- Fiebig niemals alleine stemmen sollten. „Und das nur, weil sie sich
me Ausmaße angenommen. Auf können – trotz der vielen Unter- beim Reiten verweigerten.“
einem riesigen, äußerst gepflegten stützung aus ihrem Umfeld. Der Ab und an wird auch ein gesund-
ehemaligen Reiterhof in Krawinkel liebe Gott habe ihr da schon sehr gepflegtes Tier abgegeben. Aber
versorgen heute mehr als 50 eh- geholfen, sagt sie, nicht zuletzt, nur in zuverlässige Hände. „Denn
renamtliche Helfer Pferde, Esel, indem er ihr eine großzügige und wir schauen ganz genau hin, wer
Schweine, Enten, Vögel, Ziegen, tierliebe Gönnerin geschickt hat, dafür infrage kommt.“ Einfach ein
Hühner, Schildkröten und sogar die die Investition in den neuen Tier abholen? Bei Taras Tierhilfe
Chinchillas. Allesamt werden die Hof überhaupt erst ermöglichte. völlig unmöglich.
auf das Beste versorgt. Regelmäßig sieht diese nach dem
Rechten, und wenn es an irgend- Am Ende ihrer Pläne ist Ulla Fie-
Peinlich wird auf Sauberkeit ge- etwas fehlt, wird gemeinsam eine big aber noch längst nicht ange-
achtet, regelmäßig der Tierarzt Lösung gesucht. Ulla Fiebig: „Wir kommen. So will sie insbesonde-
konsultiert. „Jedes Tier bekommt alle sind ihr unendlich dankbar für re Kindern nahe bringen, wie man
hier fundierte, individuelle Pfle- das, was sie hier tut.“ vernünftig mit Tieren umgeht.
ge“, erklärt die gelernte Kranken- Dazu hat sie entsprechende Füh-
schwester, die hauptberuflich in Der Umzug nach Krawinkel vor rungen für Kinder aus Kindergär-
einer Einrichtung für mehrfach zwei Jahren war schon allein aus ten oder Grundschulen eingerich-
Behinderte arbeitet. Und selbst Platzgründen nötig. Denn Ulla Fie- tet. „Aber das will ich alles noch
die manchmal „doch sehr pinge- big hat den Eindruck, dass sich ausweiten.“
ligen Vorschriften“ von Aufsichts- Besitzer heutzutage immer leich-
behörden und Verwaltung werden ter von Tieren trennen: „Wenn’s Dass ihr das gelingt, daran hat sie
buchstabengetreu umgesetzt. mal nicht so läuft, wird sich schnell keinen Zweifel. Und dabei vertraut
„Beanstandungen können wir uns des Problems entledigt.“ sie auch ein bisschen auf Gottes
einfach nicht erlauben.“ Hilfe. Denn tief in ihrem Innern ist
Sie hat sogar schon erlebt – und sie überzeugt: „Gott hat mir schon
Doch die artgerechte und groß- man merkt, wie schwer es ihr fällt, so oft geholfen. Wahrscheinlich
zügige Unterbringung hat natür- davon zu erzählen - , dass „Pfer- weil er weiß, dass wir hier etwas
lich ihren Preis. Und den hätte Ulla de mit vier Jahren in die Wurst“ Gutes tun.“

Mehr als 50 Helferinnen und Helfer engagieren sich für das Wohl der Tiere

6 Spendenkonto: Tara Tierhilfe e.V. | VR Bank Rhein-Sieg eG | BLZ 370 69 520 | Kto 230 380 4016 Info: www.facebook.com/Taratierhilfe.ev

Drei Bücher drei Welten

Heute schon gelesen?

Was liest eigentlich ein Mensch, der tagtäglich mit Büchern umgeht? „Alles – Hauptsache, das Thema berührt mich“,
sagt Susanne Gaukel, Inhaberin der Buchhandlung LesArt in Lohmar. Hier ihre Buchtipps für den Winter.

Eine herzerwärmende Gute-Nacht-Geschichte

Der Sternenmann

Max von Thun

Auf einem weit entfernten Himmelskörper lebt der Planetenmann. Seine
Aufgabe es ist, alle Sterne zum Leuchten zu bringen. Aber eines Tages
ist plötzlich der kleinste seiner Sterne verschwunden. Er macht sich auf
die Suche nach dem kleinen Stern und findet heraus, dass manchmal die
Kleinsten die Wichtigsten sind und Jeder für Jemanden wichtig ist. Ein
zauberhaftes Buch mit Illustrationen von Martha Balmaseda, in dem auch
ein Lied enthalten ist, dass sich die Leser auch aus dem Internet down-
loaden können.
Bilderbuch für Menschen ab drei Jahre, Preis 15 €

Ein Buch, das Herzen bricht - und wieder heilt

Libellen Schwestern

Lisa Wingate

Die Begegnung mit der 90-jährigen May ist für Avery schicksalshaft. Wer
ist diese Frau, die ihr Libellenarmband kennt und sogar ein Foto ihrer
Großmutter besitzt. Averys Recherchen führen sie in das Memphis von
1939, wo die junge Rill mit Eltern und Geschwistern in großer Armut auf
einem Hausboot lebt. Als die Kinder alleine sind, werden sie mit Unter-
stützung der örtlichen Behörden ins Waisenhaus verschleppt und ihre
Odyssee beginnt. Spannend und ergreifend deckt Lisa Wingate ein dunk-
les Geheimnis der amerikanischen Geschichte auf. Wirklich lesenswert.

Taschenbuch, Preis 10,99 €

Am Ende wird alles gut

Radio Activity

Karin Kalisa

Wenn sie am Mikrofon sitzt, werden die Radios lauter gedreht und die Ge-
spräche stocken: Nora Tewes hat die perfekte Radiostimme – und einen
Plan. Denn ihre Mutter hat ihr auf dem Sterbebett etwas anvertraut, und
das Unrecht, dass ihr damals widerfahren ist, ist längst verjährt. Aber ei-
nes ist bei dieser Autorin gewiss: Jeder kann etwas bewegen. Man muss
es nur wollen und sich trauen. Und das tun die Protagonisten in diesem
wunderbaren, todtraurigen und dennoch witzigen Buch. Der Geruch nach
Küste und Meer, das Tuten der großen Schiffe und der norddeutsche
Slang wird die Leser durch dieses Buch begleiten, und so manche Träne
wird auch dabei fließen. Aber danach wird alles gut sein.
Gebundenes Buch, Preis 22 €

7

Gott wird Mensch

E in Baby in einer Holzkrippe –
mehr braucht es nicht, um
Menschen in eine weihnacht-
liche, besinnliche Stimmung zu
versetzen. Das Fest der Geburt
Christi, der Menschwerdung Got-
tes, ist zweifellos das beliebteste
Kirchenfest. Im Lukasevangelium
wird die Szene beschrieben: „Als
sie dort (in Betlehem) waren, kam
für Maria die Zeit ihrer Niederkunft,
und sie gebar ihren Sohn, den
Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in
Windeln und legte ihn in eine Krip-
pe, weil in der Herberge kein Platz
für sie war.“

Die Darstellung der Krippe geht
übrigens auf Franz von Assisi zu-
rück. Der hielt in der Christnacht
des Jahres 1223 in einer Höhle bei
Greccio eine Krippenfeier mit le-
benden Tieren ab – obgleich Ochs
und Esel in der biblischen Weih-
nachtsgeschichte gar nicht vor-
kommen. Allerdings tauchen diese
Tiere im Alten Testament (Jes 1,3)
und in späterer Überlieferung als
Symbole und Metaphern auf.



Ministrant Johannes Mühlens (10) im Gespräch mit Dietmar Offermann (58):

Wie lebt man auf der Straße?

Obdachlosigkeit – ein Problem, das in erster Linie Erwachsene be-
trifft? Ganz und gar nicht, meint Johannes Mühlens. Er ist zehn Jah-
re alt und Ministrant. Er wollte wissen: Was bedeutet Obdachlosig-
keit konkret für einen Menschen? Und wie gerät man in eine solche
Situation? Darüber unterhielt er sich mit Dietmar Offermann (58).
Eineinhalb Jahre lebte der Maler und Lackierer und später auch
Zerspanungsmechaniker auf der Straße. Nach einigen Schlagan-
fällen und Herzinfarkten war er arbeitsunfähig und vom Jobcenter
als unvermittelbar bezeichnet. Dann fand ihn Sonja Thomas (52),
eine Freundin aus Kindertagen, und Inzwischen läuft sein Renten-
antrag. Johannes unterhielt sich mit beiden.

10 Menschenunwürdig: ein Nachtlager für Obdachlose

Warum sind Sie obdachlos geworden? oder sich auch beraten lassen. Es gibt
auch ärztliche Hilfe.
Ich war alleinlebend und wohnte bei
einer 78-jährigen Dame. Als sie starb, Hatten Sie Angst?
hat eine Erbengemeinschaft die Woh- Man hat den ganzen Tag Angst, vor
nung anders verwendet. Wo sollte ich allem hatte ich abends Angst davor,
so plötzlich eine Wohnung finden? überfallen und beklaut zu werden.

Und wohin sind Sie gegangen? Gab es Unterkünfte?
Ja, aber ich bin nicht dorthin gegan-
Aus meiner dörflichen Gegend zog ich gen. Dass es sie gibt, finde ich gut.
mit meinem letzten Hab und Gut los. Aber für mich war das nichts. Für
Ganz ohne Ziel. Ich musste begreifen, die vielen verschiedenen Menschen
was passiert ist. Als Anfänger auf der aus fremden Ländern und aus ganz
Straße kannte ich niemanden, der mir Deutschland war Köln eine Durch-
hätte Tipps geben können. gangsstation. Und mit Hunger und
ohne Dach über dem Kopf es ist
Wie war die erste Nacht? schwer, miteinander klar zu kommen.
Mein Platz war meistens am Bahnhof
Nicht gut. Auf einer Bank habe ich - irgendwo in einer ruhigen Ecke. Da
sehr gefroren. Bloß nicht nass wer- kannte ich mich am besten aus.
den. Regen ist ganz schlimm. Wie
geht es weiter? Diese Frage quälte Wie wird in anderen Städten geholfen?
mich jeden Augenblick. Dann habe ich Ich war in verschiedenen großen Städ-
mich für die Straße entschieden. So ten. Da ist manches wie in Köln. In
kam ich nach Köln. kleinen Ortschaften ist die Hilfe nicht
so ausgebaut. Problem ist aber über-
Was haben Sie den ganzen Tag ge- all, dass viele alkoholisiert sind oder
Drogen nehmen. Das ist oft der Grund
macht? für Stress untereinander.

Morgens überlegst du, wie du den Tag Wer wird denn obdachlos?
rumkriegst. Manchmal war ich richtig Menschen von jung bis alt und aus
platt, wenn ich nicht geschlafen hatte. fast allen Schichten und Berufen sind
Und dann musste ich ja auch etwas mir begegnet. Die Ursachen sind sehr
zu essen besorgen. Ziemlich hungrig verschieden: familiäre Probleme, Un-
entdeckte ich die Tafel, die ja in Köln fälle, Arbeitslosigkeit, Burn out, Flucht
mobil ist. Es gab was zu essen und zu oder auch Rat durch falsche Freunde.
trinken. Mich reizte zu erfahren, wie
die Tafel funktioniert und wer dort ar- Waren Sie manchmal neidisch auf
beitet. So lernte ich 2017 „Ori Boller- die, die ein Zuhause haben?
wagen“ kennen. Das ist eine Initiative Das ist eine eigentümliche Erfahrung.
zur Unterstützung obdachloser und Bei anderen habe ich das festgestellt,
bedürftiger Menschen. Als Mitarbeiter aber bei mir war es nicht so. Ich habe
war ich sehr willkommen. Gemeinsam immer anderen Mut zugesprochen:
wollten wir dort erreichen, dass Men- „Wir müssen da durch.“
schen verbindlich aktiv werden.
Wie denken Sie heute über Men-
Wie läuft das an den Verteilstellen ab? schen auf der Straße?
Ich war immer schon sozial eingestellt
Draußen wird ein Tisch aufgestellt und und interessiert an Menschen. Wich-
darauf liegt was zu essen. Auch Schlaf- tig ist mir, mit ihnen auf Augenhöhe
säcke, Isomatten oder Kleidung sind zu zu sein, statt sie von oben herab als
bekommen. Die Verteilung läuft manch- Versager abzuwerten. Manchmal habe
mal nicht problemlos ab. Wer stark al- ich sie mitgenommen, um einen Kaffee
koholisiert kommt, wer betrügt oder mit ihnen zu trinken oder etwas zu es-
Randale macht, muss sofort gehen.
Konnten Sie sich irgendwo waschen?

Ja, da gibt es in Köln Gulliver. So
nennt sich eine Überlebensstation für
Obdachlose. Man kann duschen, Wä-
sche waschen, für wenig Geld essen

11

Wieder guten Mutes: Dietmar Offermann, befragt von Ministrant Johannes Mühlens

sen. Geld gab’s nie, weil ich Sorge hat- Was war denn das Schlimmste Haben Sie in der Zeit an Gott ge-
te, dass es in Alkohol umgesetzt wird. glaubt oder gebetet?
für Sie? Nee.
Warum werden Obdachlose so ab-
gewertet? Ganz schwer war für mich die geringe Haben Sie gehofft, von der Straße
Ja, das ist hart. Menschen können gegenseitige Wertschätzung. Gelogen zu kommen?
sehr grausam miteinander sein. Es und geklaut wird sowieso. Schreck- Daran habe ich immer geglaubt. Für
gibt Menschen, die Obdachlose be- lich ist inzwischen, dass Obdachlose mich als Hartz-IV-Empfänger war keine
handeln wie Dreck und sie bespucken. durch organisierte Banden beim Bet- bezahlbare Wohnung da. Oft habe ich
Ich habe auch gehört: „Ihr könnt doch teln, Flaschensammeln oder Stehlen gehört: „Du gehörst nicht auf die Stra-
froh sein, dass ihr unterstützt werdet.“ beherrscht werden. ße.“ Aber keiner hat was getan. Das war
Das tut sehr weh. grausam. Und dann kam die Lösung.
Und was war positiv?
Was haben Sie am meisten vermisst? Frau Thomas, wie haben Sie Herrn
Ein Dach über dem Kopf. Aber auch Das ist ganz schwer zu sagen. Man Offermann gefunden?
Geborgenheit und Sicherheit. ist ja in einer misslichen Lage. Leute Im Internet wurde ich auf die Seite von
interessieren sich nicht für Dich - und
dann positiv denken? Die meisten
wollen einfach nur überleben.

12

„Ori Bollerwagen“, eine private, ehrenamtliche Initiative Herr Offermann, wie geht es Ihnen mit der neuen Wohnung?
aufmerksam, da wurde ein Impfpate gesucht für den Hund Super gut. Ich bin von der Straße, habe ein Dach über dem
eines Obdachlosen. Im Video sah ich meinen alten Freund. Kopf und kann wieder ein geregeltes Leben führen. Was
Seit Jahren hatten wir uns aus den Augen verloren. Im Film will ich mehr. Da bin ich Sonja Thomas sehr dankbar.
sah ich, wie er Bedürftigen und Obdachlosen half. Dann
suchte ich ihn. Datenschutzgründe haben mich dabei ziem-
lich ausgebremst. Und dann musste ich geschockt erfah-
ren, dass er selbst obdachlos ist. Bei einer Tasse Kaffee
war klar: Er gehört nicht auf die Straße. Innerhalb von drei
Monaten war eine kleine Wohnung gefunden. Zwischen-
zeitlich war er mehrfach für ein Wochenende in unserer Fa-
milie. Er konnte duschen, mal vernünftig essen und schla-
fen oder Wäsche waschen.

Was hat denn Ihre Familie dazu gesagt? Sonja Thomas half dem Freund aus Kindertagen
Die steht hinter mir. Sie passen aber auf, dass ich mit meiner
Energie haushalte. Im Bekanntenkreis bin ich ohnehin Anlauf- Wovon träumen Sie nun?
stelle. So etwas spricht sich ja rum. Zwei Träume sind schon Alltag: Meine Mitarbeit bei der Ta-
fel in Köln. Und ich erzähle in Schulen vom Leben auf der
Helfen Sie auch anderen Obdachlosen, Frau Thomas? Straße. Und eines möchte ich noch sagen: Johannes, dei-
Ja, inzwischen sind wir einmal im Monat zusammen bei der ne guten Fragen haben mich sehr nachdenklich gemacht.
Tafel in Köln engagiert. Da ergibt sich, dass auch andere Danke. Es gibt noch viel zu erzählen. Vielleicht besuchst du
Hilfe suchen. Es machen zu viele Menschen die Augen zu. uns mal mit deinen Eltern bei der Tafel in Köln.
Das macht mich traurig.

2020 2020 – nur eine weitere Jahreszahl? Oder ein
Einschnitt, an den man sich lange erinnern wird?
Wie denken junge Leute über die doppelte 20?
Darum fragten wir diejenigen, die im kommenden
Jahr ihren 20. Geburtstag feiern: Was verbindet
ihr mit 2020?

20 Jahre nur in diesem Jahrtausend: das ist komisch für

mich. Wenn die Lebenserwartung so ansteigt wie in den

letzten Jahrzehnten, kann ich doch auch noch das nächste

Jahrhundert erleben. Dieser Gedanke ist abenteuerlich für

mich. Hoffentlich gibt es keine Einbrüche durch Krankheit, Millenniumskinder? Für mich

Tod, Kriege, Katastrophen. Eine diffuse Angst schleicht sich ist das nur ein Etikett. Ich

manchmal ein. habe auch nicht mal das Ge-

Jens Krieger fühl, dass die Jugendlichen

aus dem Jahr 2000 eine be-

sondere Gemeinschaft dar-

stellen. Vielleicht sind wir et-

Meine Eltern erzählten mir, dass es bei meiner Geburt nicht was weniger optimistisch als

mal Smartphones gab. Irre. Aber ich glaube, vieles von dem, früher. Aber das ist ja auch

was uns heute vollkommen selbstverständlich vorkommt, verständlich.

gibt es noch gar nicht so lange. Eigentlich toll, wenn man Lea Schmitz

erlebt, wie schnell sich alles verändert.

Philipp Lindlahr

Ich bin gespannt. Das kommende Jahr hat rein von der Zahl keine weitere Bedeutung für mich. Allerdings
Simon Frank sind die derzeitigen politischen Bewegungen für mich hochbrisant. Besonders fällt mir
auf, wie viele junge Menschen sich für Ihre Meinung einsetzen, seien es teils extreme oder
mehr liberale Stimmungen. Meine Erwartungen dahingehend sind, dass die Teilnahme der
jungen Menschen am Weltgeschehen weiter ausgeübt wird. Dabei habe ich die Hoffnung,
dass gerade ältere Menschen dieses Engagement wahrnehmen, akzeptieren und sich Alt
und Jung gemeinsam für gesellschaftliche Ziele stark machen.
Ronja Daniels

Ich habe große Hoffnung in das Jahr 2020. Ich glaube, dass Zu dem Jahr 2020 fällt mir
zukünftig immer mehr Menschen merken werden, dass das nichts Besonderes ein. Es ist
Volk eine gewichtige Stimme hat. Beispielhaft sind da im das zwanzigste Jahr, das ich
Moment „Fridays für Future“ oder die derzeitigen Demons- erleben werde und wie im Vor-
trationen in Hongkong. Ich glaube, die Menschen spüren, jahr werde ich mein Mathe-
dass sie ihre Ziele erreichen können, wenn sie gemein- matikstudium weiterführen.
schaftlich auftreten. Ich kann mir dabei gut vorstellen, dass Besondere Highlights oder
sich das Weltgeschehen durch diesen Trend nachhaltig Wünsche für die kommende
zum Positiven entwickeln wird. Den derzeit aufkeimenden Zeit habe ich dabei nicht.
Rechtspopulismus sehe ich eher als temporäre Entwick- Kilian
lung, die mit Zeit wieder abnehmen wird.
Lukas Eisenbach

Ich glaube nicht, dass das so einen großen Unterschied macht, in welchem Jahr man
geboren wurde. Die Probleme sind doch immer ähnlich. Meine ältere Schwester hatte
vielleicht nicht ganz so viele Freiheiten wie ich. Aber Angst vorm Studium hatten wir zum
Beispiel beide.
Tim Zieren

14

Ich weiß gar nicht, wie oft ich Wie sich unsere wichtigen Fragen politisch lösen lassen,

den Satz gehört habe: Die weiß ich nicht, aber ich wünsche mir, dass unsere Politiker

Kinder sollen es mal besser und Politikerinnen uns ernster nehmen, dass sie auch über

haben. Ich glaube sogar, dass das Leben aller Menschen mehr nachdenken, egal ob jung

das ernst gemeint ist. Aber oder alt, arm oder reich.

dann frage ich mich auch: Lydia Felsch

Warum haben es die Gene-

rationen vor uns nicht besser

gemacht? Viele der Prob- 2020? Ehrlich gesagt, wenn ich jetzt nicht darauf ange-

leme, die wir heute haben, sprochen worden wäre – ich hätte mir gar keine Gedanken

sind doch von Menschen ge- darüber gemacht. Wozu auch? Das sind doch nur Zahlen. 2020 möchte ich ger-

macht. Und vieles war auch Wichtig sind doch ganz andere Dinge. Umwelt. Der ganze ne mein Studium für das

schon lange erkennbar. Hätte Wahnsinn in der Welt. Da gibt es genug, worüber man ganz Lehramt an Grundschulen

man da nicht vieles besser ernsthaft und dringend nachdenken muss. beginnen und wenn mög-
lich in diesem Jahr auszie-
machen können? Jannik Küster

Sofia Jansen hen, um mehr auf eigenen

Beinen zu stehen. Mein

soziales Umfeld ist mir zu-

Vor einiger Zeit hatte ich bei meinen Eltern ein altes Buch aus den 60ern gefunden. Irgend- dem sehr wichtig und ich

was mit Universum. Es ging jedenfalls um Technik, um Zukunft, wie die Welt mal wird. Ganz wünsche mir, dass enge

ehrlich, ich empfinde das heute als einigermaßen naiv. Wohnungen unter Wasser und so Freundschaften weiterhin

ein Quatsch. Heute sehen wir doch, dass wir vor ganz anderen Herausforderungen stehen. Bestand haben. Insbeson-

Ich glaube, in den letzten 20 Jahren hat sich unsere Erde so stark verändert, wie sich das dere hoffe ich, dass meine

nur wenige haben vorstellen können. Familie gesund bleibt, was

Anna Mertens zuletzt nicht immer gege-

ben war.

Sebastian Jacobi

15

Fleischverzicht gilt als gesund und schick

Du bist, was du isst

Theologen, Ernährungswissenschaftler und Trendforscher – sie gewicht sterben bei gleichzeitig
alle untersuchen derzeit unser Essverhalten. Eat smarter. Schlauer neun Millionen Menschen, die
essen. Oder: sich jung, schlau und sexy essen. Alles scheint mög- dem Hunger und den damit ver-
lich durch die vermeintlich richtige Nahrungsaufnahme. Einfach nur ursachten Krankheiten zum Opfer
ausgewogen und frisch? Das reicht vielen schon lange nicht mehr, fallen.
um einigermaßen gesund durch das Leben zu kommen. Es soll bio
sein, regional, frisch, hipp und verantwortungsvoll. Und am bes- Auf der weltgrößten Ernährungs-
ten von glücklichen Bauern mit glücklichen Kühen, Schweinen und messe, der ANUGA in Köln, erfah-
Hühnern stammen, damit man sich auch moralisch gut fühlt. re ich mehr: Jeder von uns wirft im
Jahr rund 82 Kilogramm Lebens-
Du bist, was du isst. „Er nahm das ben, mit spezieller Ernährung die mittel weg – das entspricht un-
Brot, sagte Dank, brach es und Welt retten zu können, das Klima gefähr einem Drittel der Lebens-
reichte es seinen Jüngern...“ Es zu beeinflussen oder sogar Kriege mittelproduktion Deutschlands.
ist müßig zu überlegen, was wohl zu verhindern. Die ANUGA feierte im Oktober ihr
Jesus zu unserer heutigen Über- 100jähriges Jubiläum in Köln. Hier
flussgesellschaft gesagt hätte, in Ich frage mich: Geht es denn nicht präsentiert die Industrie, was wir
der das tägliche Essen quasi zur eigentlich darum, den Hunger auf künftig auf unseren Tellern und in
Weltanschauung geworden ist, bei der Welt abzuschaffen? Und das den Töpfen wieder finden. Da gibt
manchen zur Mission mit religiö- vor dem Hintergrund, dass jährlich es die Hallen der Fleischerzeuger
sen Zügen. Einige Menschen glau- 3,4 Millionen Menschen an Über- mit ihren doppelstöckigen impo-
santen Messeständen und kleinen

16

Vegetarisch, vegan oder doch lieber deftig? An der richtigen Ernährung scheiden sich die Geister

Präsentationsecken für den Veg- Fitnessbücher liebt Brot und Bröt- oder heimisches Wild sind vielleicht
gie-Burger, zahlreiche Stände mit chen: „ Mir geht es nicht darum, gerade noch tolerabel. Ansonsten
Mango und Kokoswasser, sowie 100 Jahre alt zu werden – aber ich gibt es vegetarische Kost, dem
tausenderlei Variationen von Ing- möchte die Zeit, die mir zur Ver- Klima zu liebe. Dieses Verspre-
wer neben bunten Geschmacks- fügung steht, so fit und aktiv wie chen verbunden mit dem eigenen
pülverchen in allen Farben und möglich verbringen und mich in Wohlverhalten und der Mission des
daneben wiederum Schinkenva- meiner Haut rundherum wohl füh- Guten hat in manchen Kreisen fast
riationen rosig sichtbar in Plastik len. Ich habe nur dieses eine Le- religiöse Züge angenommen. Der
verpackt. Gekocht und gekostet ben und nur diesen einen Körper. Theologe Kai Funkschmidt sieht
wird an allen Ecken und Tischen. Er ist mir das Wichtigste, was ich Essen als „Ersatzreligion“ oder
Sieht so das Schlaraffenland aus? besitze. Denn nur mit ihm kann ich „Scheinreligion“. Schließlich fehl-
mich bewegen, reden, lachen und ten die in der Religion enthaltenen
Ich strande im GenussGARTEN: lieben. Es lohnt sich also, ihn zu transzendentalen Züge. Allenfalls
ein Gemeinschaftsstand der Hack hegen und zu pflegen!“ die „Spaßreligion“ rund um das
AG aus dem Westerwald. Dort prä- fliegende Spaghetti-Monster habe
sentiert Matthias Steiner, Olympia- Sich selbst durch Nahrungsauf- eine Art „Essens-Gott“ gefunden“,
sieger im Gewichtheben, gemein- nahme zu optimieren ist Trend – so Funkschmidt in einem Interview
sam mit seiner Frau Inge eigene nicht nur bei Sportlern. Zahlreichen beim DOM Radio.
Brotkreationen: meine fitte Schnit- jungen Leuten geht es auch zuneh-
te, mein Kraftpaket oder mein mend um ihren ökologischen Fuß- Es ist offensichtlich, dass Fleisch-
Eiweißtraum. Der Autor zweier abdruck. Die Forelle aus der Agger verzicht in unserer Überflussge-

17

sellschaft zunehmend als schick innerung an das letzte Abendmahl forscher der Ernährungsbranche
und modern gilt. Mit Religion, da große Bedeutung. Und freitags bereits ziemlich genau.
sind sich die Theologen einig, hat isst man Fisch. Warum? Weil Fisch
das nichts zu tun. Im Islam ist es nicht Fleisch ist und der Freitag an Ernährungswissenschaftlerin Han-
klar geregelt: Bestimmte Speisen Karfreitag, den Todestag von Jesus, ni Rützler schreibt im renommier-
gelten als verboten, als „Haram“. erinnert, an dem traditionell gefastet ten FOOD Report 2020, dass wir
Andere sind erlaubt – „Halal“. Und – also kein Fleisch gegessen wird. langsam lernen, mit dem Lebens-
Halal ist alles, was nicht explizit mittel-Überfluss umzugehen. Sie
verboten ist oder mit verbotenen Je nach Region unterscheiden ist der Meinung, dass der Mensch
Dingen verunreinigt wurde. Haram sich die Traditionen rund um Speis nicht mehr nur das ist, was er isst,
ist zum Beispiel Schweinefleisch und Trank erheblich. So ist es im sondern auch immer mehr das,
oder Fleisch, das nicht im Namen Rheinland Brauch, am 11. No- was er bewusst nicht isst. Ihrer
Gottes geschlachtet wurde. vember eine Martinsgans auf den Ansicht nach spielt Gemüse die
Tisch zu bringen. Die Einen mei- Hauptrolle auf dem Teller, Gesund-
Die strengsten Speiseregeln hat nen, es läge an der Geschichte heit tritt in den Vordergrund; Con-
wohl das Judentum. Alle Speisen rund um den Heiligen Martin, der venience und Fast Food müssen
müssen „koscher“, rein und taug- sich vor seiner Weihe zum Bischof gesund sein. Und auch unser mo-
lich sein. Fleisch von Landtieren ist von Tours einst aus Bescheiden- biles und flexibles Leben zeichnet
nur dann koscher, wenn die Tiere heit in einem Gänsestall versteck- sich in unseren Essgewohnheiten
gespaltene Klauen oder Paarhu- te und dann durch das laute Geze- ab, wie der Trend zur sogenannten
fe haben und Wiederkäuer sind. ter der Tiere verraten wurde. Viele Snackification zeigt – Mini-Happen
Meeresfrüchte, Schnecken und denken, die Tradition stamme aus anstelle der üblichen Mahlzeiten.
Aale sind tabu. Milch und Fleisch dem Mittelalter, als die Bauern
sind immer getrennt zu lagern und ihrem Lehnherren die Pacht oft in Ob nun der Gänsebraten zu Weih-
zuzubereiten. Naturalien, sprich einer Gans, be- nachten, die Würstchen mit Kar-
zahlten. Schließlich meinen ande- toffelsalat am Heiligen Abend oder
Die Christen haben es demgegen- re, der Gänsebraten sei die letzte vegane Rote-Beete-Schnitzel mit
über leicht, wenn es darum geht, große Mahlzeit vor der 40tägigen Steckrüben-Wedges auf den Tisch
Religion und tägliches Essen zu Fastenzeit in Erwartung der Ge- kommen, spielt nicht die entschei-
vereinbaren. Es gibt keine Verbo- burt Jesu im Advent – wobei die Kir- dende Rolle. Hauptsache ist, dass
te oder Gebote. Es ist also jedem che nunmehr schon seit 100 Jahren das Essen Gemeinschaft stiftet,
selbst überlassen, wie er sich er- diese Fastenzeit aufgehoben hat. niemanden ausgrenzt und alle in
nährt. Brot und Wein haben in Er- Zukunft satt werden.
Unser Essen und dessen Zuberei- Pamela Runkel
tung haben sich seit Menschen-
gedenken stark veränderten. Das
hängt mit Werten, Traditionen,
Kulturen und geografischen Ge-
gebenheiten zusammen. Was
uns 2020 so alles auf den Tisch
kommt, das wissen die Zukunfts-

18

Präventionsbeauftrage der Pfarrei St. Johannes:

„Wir wollen etwas ändern.
Und wir werden etwas ändern.“

„Wer Kindesmissbrauch verhindern will“, sagt Agnes Kreuzer, „muss vor allem eines tun: Kinder
stärken.“ Denn gerade Kinder, die wenig Zuwendung erhalten und nie gelernt hätten, nein zu
sagen, würden nur allzu schnell das Opfer entsprechender Täter. Darum lautet ihr erster Rat:
Mit Kindern reden. Ihnen Zuwendung geben. Und ihnen das Gefühl geben, dass ihr Wort zählt.

Agnes Kreuzer weiß das nicht nur, weil sie selbst vier- intensiv geschult werden. Jeder muss sich verpflich-

fache Mutter ist. Oder weil sie für das Familiengericht ten, die strengen Bedingungen der Kirche zu erfüllen,

arbeitet. Seit Anfang des Jahres setzt sie sich mit und für viele ist in bestimmten sensiblen Bereichen

dem Thema auf anderer Ebene intensiv auseinander: die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses

als sogenannte Missbrauchsbeauftrage der katholi- auch Pflicht.

schen Kirche in Lohmar. Dazu arbeitet sie mit dem

Leitenden Pfarrer Markus Feggeler in einem Team, Auch als Verfahrensbeistand, der sich um die recht-

das insbesondere in der Prävention von Kindesmiss- lichen Interessen Minderjähriger zu kümmern hat,

brauch tätig ist. kennt Agnes Kreuzer viele Schicksale von Kindern,

die sie kaum mehr loslassen. Daher weiß sie auch,

Prävention heißt für sie dabei vor allem, Menschen zu dass Kinder auch bei Missbrauchsfällen ganz oft die

sensibilisieren. „Man darf nicht in jeder Begegnung Schuld bei sich suchen. „Und wenn man ihnen da das

zwischen Kind und Erwachsenen eine Gefährdung Gefühl gibt, dass sie sich öffnen können, wäre schon

sehen, aber man muss einen Blick für Situationen ha- viel gewonnen“, sagt sie.

ben, in denen sich Kinder nicht wohlfühlen.“

Um ihren Blick zu schärfen und auch die rechtlichen
Aspekte des Themas beurteilen zu können, hat Agnes
Kreuzer einen umfangreichen Kursus absolviert, der
ihr, wie sie sagt, enorm geholfen hat, mit entsprechen-
den Situationen umzugehen. Bislang habe es zwar in
Lohmar keinen Anlass gegeben, einzuschreiten, „aber
im Bedarfsfall stehen wir im Hintergrund bereit“: Zu
den Maßnahmen, die dann in Betracht kommen, zäh-
len etwa die Einschaltung des Erzbistums, der Polizei
und Staatsanwaltschaft sowie die Information der Öf-
fentlichkeit, erklärt die Präventionsfachkraft.

Entschlossen zu handeln: Agnes Kreuzer

Lobend hebt Agnes Kreuzer die Tatsache hervor, dass
das Erzbistum sehr viel Zeit und Geld investiert hat, Den Eltern empfiehlt sie jedenfalls, auch die zahlrei-
um den schlimmen Vorwürfen nachzugehen, „die es chen Beratungsangebote beim Jugendamt oder Er-
zu Recht gab“, wie sie betont. Es sei der Kirche wich- ziehungsberatungsstellen anzunehmen. „Und wer in
tig, dass tatsächlich etwas unternommen wird: „Wir unserer Gemeinde entsprechenden Rat sucht, kann
wollen etwas ändern, und wir werden etwas ändern.“ sich jederzeit vertrauensvoll an unser Team wenden.

Wir helfen wirklich von Herzen gern.“
Das zeige sich auch darin, dass von kirchlicher Seite
all diejenigen, die mit Kindern in Berührung kommen, E-Mail: [email protected]

19

Hier suchen Menschen Hilfe: St. Bartholomäus in Wahlscheid

Lieber Gott,
ich bitte
dich...

Es ist nur ein unscheinbares Buch. Schicksal, in jedem Satz wird deut-
Weißes Papier. DIN-A4. Spiral- lich, wie sehr die Menschen, die es
bindung. Eher so eine Art Kladde. geschrieben haben, auf Gottes Hil-
Nichts Tolles, was da in der Wahl- fe hoffen.
scheider Kirche St. Bartholomäus
im Tal gleich links hinter dem Ein- Gebet- und Erfahrungsbuch nennt
gang liegt. Doch wer darin blät- Pfarrer Bonifatius Müller diese
tert, wird kaum in der Lage sein, Sammlung von Sorgen, Wünschen
seine Tränen zurückzuhalten. Denn und Ängsten, die ständig weiter
auf jeder Seite offenbart sich ein wächst. Denn hier schreiben sich

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Menschen ihre geheimsten Nöte meine Schmerzen zu ertragen.“ Manche Einträge zeugen auch nur
von der Seele. Und manche wollen Oder: „Lieber Gott, bitte behüte von tiefer Verzweiflung. „Gott, bit-
sich auch einfach nur bedanken. die Menschen und lass den Krieg te, hilf. Lass ihn bei mir“, heißt es
„Danke, gütiger Gott“, heißt es da aufhören.“ da. „Er ist ein so guter Mensch,
zum Beispiel, „für den Fingerzeig, und ich liebe ihn so sehr. Nimm
der mir gerade noch rechtzeitig Psychologen sind sich einig: Es tut ihn mir nicht fort – oder nimm uns
meine Krebserkrankung aufge- gut, sich seinen Kummer von der beide. Gib uns Kraft. Bitte.“
zeigt hat.“ Oder: „Danke, dass Du Seele zu schreiben. Das Schreiben
meinem Mann die Kraft gibst, aus entlastet. Mehr noch: Es zwingt Ein anderes Paar wiederum
seiner Depression heraus zu kom- auch dazu, intensiver nachzuden- wünscht sich, „dass unsere Lie-
men.“ ken und sich der eigenen Gefühle be immer ehrlich bleibt und nie
bewusst zu werden. Kurz: Es hilft, vergeht“. Und ein Eintrag zeigt,
Manchmal finden sich auch Einträ- Lebenskrisen zu bewältigen. Weil dass mancher auch in schweren
ge mit Fortsetzung: „Bitte schütze sich die Sorgen nicht mehr im Stunden Sinn erkennt: „Danke,
H. auf dem langen Weg in den Kopf sammeln, sondern auf den Gott. Danke für all das Gute und
Himmel. Sie war doch so ein guter Seiten eines solchen Buches. Schwierige, das mir widerfährt.
Mensch. Gib ihr jetzt die Luft und Danke für all das Glück, die gute
nimm ihr Angst und Panik. Dan- Oft finden sich darin auch Wünsche Schwangerschaft, das Wunder
ke.“ Drei Wochen später heißt es: für andere Menschen. Zum Bei- des Lebens, die Menschen in mei-
„Die Traurigkeit bleibt.“ Danach: spiel für die „von Liebe getragene nem Leben. All das stärkt mich
„Jetzt ist sie schon zwei Monate syrische Familie“, die so dringend und gibt mir Kraft und Hoffnung.
fort.“ Und schließlich: „Danke, Du eine Wohnung braucht. Oder ein- Danke auch für die schwierigen
hast H. und mir inzwischen gut ge- fach nur für die „allerliebste Oma“, Dinge. Sie lassen mich wachsen
holfen. Die Trauer ist erträglicher die wieder gesund werden soll. und machen mich zu dem Men-
geworden.“ Solche Wünsche und Bitten werden schen, der ich bin. Ich vertraue auf
Oft wirken die Einträge wie ein dann in die Gottesdienste, auch in Dich und darauf, dass Du mich lei-
Stoßgebet: „Lieber Gott, hilf mir, Scheiderhöhe, aufgenommen. test und stützt. Amen.“

Der Altar zum Erntedankfest Voller Wünsche: das Gebet- und Erfahrungsbuch

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Ein Freund klarer Worte: Papst Franziskus

Meine Meinung

Die einen sehen ihn als dringend notwendigen Erneuerer, andere stehen seinen Reformvorschlägen
eher skeptisch gegenüber. Papst Franziskus nimmt jedenfalls kein Blatt vor den Mund, wenn es darum
geht, mehr Menschlichkeit im Umgang miteinander zu fordern. Hier einige seiner Gedanken - die oft
Bände sprechen.

Eine Geselschaft, die sich nicht um ZfrGüuoDresiedknDcinecedihriieehieneerrieetaaedwzUtbeiiÜöofsaWnnäksbnhvoeleeeeSlnierlnrglotntsarp-gcenehiairhmisrtbaßowbcauübnoehfnsenitrmeslsngtileccaiwKcnhhovceh?reehdriknrksedtse,oereti,AamtdnPni.vmdneodheaIesrerSalntnynatGs,etiateelasderbensntamieileeistwstwrsäiodanavtreostdidrziongeenzuenKrejeu.elenisimnmcDclehaahvatonwn,wizergädadieecenaijmhhmudsinenges,linenlgc,dn.seoheiinrserditeiret
ihre Kinder und alten Menschen
kümmert, sondern die den Wert eines aus „Das grüne Alphabet“ von Papst Franziskus“
Menschen nur an seiner Leistung be-
misst, ist eine Geselschaft ohne Gott.

Frühmesse in der Kapelle der Casa
Santa Marta im Vatikan
30. September 2019

MuLneRensdbuoseeAncinzcndhndhäeegtbhFnurerrlnmeielnnsuuigdsnnhiemgeddanjseebecmhebnnhnrieeigac,hteafhrdnt-ltesi,enw2ddRe2imerie.ejetieenSiicnaBgsehiltegseptehüenzteDnmeni,Feem.rhrdiün.buicegnIehmegrtveei2e,nl019

22

Orte der Begegnung

Gottesdienste an Weihnachten und zur Jahreswende

11:00 Uhr 24. Dezember – Heiligabend

15:30 Uhr Neuhonrath - St. Mariä Himmelfahrt:
16:00 Uhr Weihnachtlicher Gang zum Johannes Höver-Denkmal auf dem Kalvarienberg
16:00 Uhr mit weihnachtlichem Ansingen; mitgestaltet von den Baacher Bläsern
16:00 Uhr Birk - St. Mariä Geburt: Krippenfeier für Kinder
18:00 Uhr Lohmar - St. Johannes: Krippenfeier mitgestaltet vom Kindermesskreis
18:00 Uhr Wahlscheid - St. Bartholomäus: Krippenfeier mit Kindern
18:00 Uhr Scheiderhöhe - Kreuzerhöhung: Familienchristmette
22:00 Uhr Lohmar - St. Johannes: Christmette
30 Minuten vorher: Weihnachtliche Einstimmung mit dem Pfarrchor
9:00 Uhr Birk - St. Mariä Geburt: Christmette
9:30 Uhr Breidt - St. Joseph: Familienchristmette; mitgestaltet von den „Churchers“
10:30 Uhr Scheiderhöhe - Kreuzerhöhung: Christmette; mitgestaltet vom Kirchenchor Neuhonrath
11:00 Uhr
11:00 Uhr 25. Dezember - Weihnachten

9:00 Uhr Wahlscheid - St. Bartholomäus: Festmesse
9:30 Uhr Halberg - St. Isidor: Festmesse
10:30 Uhr Neuhonrath - St. Mariä Himmelfahrt: Festmesse
11:00 Uhr Lohmar - St. Johannes: Festmesse
17:00 Uhr Deesem - Elisabeth-Hospiz: WortGottesFeier und Krankenkommunion

16:30 Uhr 26. Dezember - Zweiter Weihnachtstag
17:00 Uhr
18:00 Uhr Scheiderhöhe - Kreuzerhöhung: Festmesse mit Kindersegnung
23:30 Uhr Birk - St. Mariä Himmelfahrt: Festmesse mit Kindersegnung
Neuhonrath - St. Mariä Himmelfahrt: Festmesse mit Kindersegnung;
10:00 Uhr mitgestaltet vom Kirchenchor
10:30 Uhr Lohmar - St. Johannes: Festmesse mit Kindersegnung
11:00 Uhr Halberg - St. Isidor: Kölsche Andacht zur Weihnachtszeit

31. Dezember - Silvester

Birk - St. Mariä Geburt: Jahresabschlussmesse mit sakramentalem Segen
Wahlscheid - St. Bartholomäus: Jahresabschlussmesse mit sakramentalem Segen
Lohmar - St. Johannes: Jahresabschlussmesse mit sakramentalem Segen
Halberg - St. Isidor: Besinnlicher Jahreswechsel (ökumenisch)

1. Januar - Neujahr

Wahlscheid - Altenheim: Ökumenischer Wortgottesdienst
im Altenheim mit Krankenkommunion
Neuhonrath - St. Mariä Himmelfahrt: Festmesse
Lohmar - St. Johannes: Festmesse

Weitere aktuelle Gottesdienstzeiten sowie kurzfristige Änderungen finden Sie auf unserer Homepage oder
im „aktuell“, das in den Kirchen ausliegt. Die meisten unserer Kirchen sind tagsüber geöffnet.

Impressum 23

Herausgeber: Pfarrgemeinderat der Katholischen Kirchengemeinde Sankt Johannes
Verantwortlich für den Inhalt: Pfarrer Markus Feggeler, Lohmar
Redaktion: Pamela Baltes, Jürgen Harbeke, Michael Mörser, Annegret Wetter,
Ingolf Zera, Steffen Otto, Bernhard Schmitz
Layout: Kathleen Möschler
Druck: Rautenberg Media KG, Troisdorf. Gedruckt auf PEFC zertifiziertem Papier. PEFC garantiert,
dass Holz- und Papierprodukte aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammen.
Redaktionsanschrift: Pastoralbüro, Kirchstraße 22, 53797 Lohmar

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