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Published by storm, 2018-11-20 11:48:34

Ausgabe01-17

Ausgabe01-17

Ausgabe 1-2017 Schutzgebühr 1,80 €

…und vieles mehr

Aufnahme des Vereins
in den Paritätischen Wohlfahrtsverband

Für uns ist es eine Ehre und eine Auszeichnung in diesem großen Verband
aufgenommen worden zu sein. Es ist eine Anerkennung der Arbeit, welche
wir leisten. Das Projekt „Psypresse“ findet auch in dem Verband große
Beachtung. Mit der Mitgliedschaft dürfen wir das Logo

führen. Dadurch haben wir neue Möglichkeiten Im Netzwerk Hilfen und
Unterstützung zu suchen und zu vermitteln.

Spendenkonto:
Psychische-Selbsthilfe e.V
Kreissparkasse Lauenburg
IBAN : DE95 2305 2750 0081 3126 21 BIC NOLADE21RZB
der Verein ist als Gemeinnützig anerkannt.
Kontakt : [email protected]

Herausgeber:

Psychische-Selbsthilfe e.V.

Landstraße 3 21481 Buchhorst

Tel : 04153 5996531 Fax: 04153 5996532

Email: [email protected]

Web: www.psychische-selbsthilfe.de

Vereinsregister VR 3882 HL

Inhalt: 2
6
WIE und WOZU- die Idee unseres Vereins entstand 7
Ein Vereinsmitglied stellt sich vor 13
Gesetz zur Stärkung seelisch Erkrankter beschlossen 14
Bessere Anerkennung von Assistenzhunden 15
Siegfried Betge ist erster Behindertenbeauftragter 16
Als Opferanwältin ungeeignet 21
Hilfe für Opfer von Straftaten 22
Frau Brigitte antwortet 23
Maske 28
Positiv 29
Was erhält Menschen gesund? 31
Beispiel einer Patientenverfügung 33
Suizid von meinem Sohn Fred-Erik 35
Die anderen sind Scheiße! 37
Bipolar / Manische Störung (Fortsetzung aus 3-2016) 38
Als ich mich selbst zu lieben begann
Wohnraumberatung für Menschen mit Demenz

1

WIE und WOZU
die Idee unseres Vereins entstand

2010 wurde mir die Ich suchte meinen Hausarzt Ich suchte den Psychiater nach
auf, welcher feststellte, dass langer Wartezeit auf. Diagnose:
Motivation und das Leben organisch alles in Ordnung sei. Depression
Er riet mir, da mein Leben Ich bekam Medikamente
sehr schwer. Ich konnte mich derzeit sehr stressig war, ein verordnet und eine
paar Tage zur Ruhe zu Psychotherapie (unglaublich
auf meine Arbeiten nicht kommen. schnell bekam ich einen
Ich möchte nun nicht meine Termin). Während der
mehr konzentrieren und auch ganze Geschichte erzählen nur Therapie wurde festgestellt,
in Stichpunkten erwähnen: dass ich in eine Tagesklinik
die Dinge des täglichen solle, wo ich dann auch
Ich ging nach einigen Tagen hingegangen bin. Dort bekam
Lebens schienen mir wieder zur Arbeit nach 2 Tagen ich nach 2 Wochen einen
brach ich dann mit Herz- Nervenzusammenbruch und es
unausführbar zu werden. Kreislaufbeschwerden wurde beschlossen eine
zusammen. Ich wurde krank dreiwöchige Pause einzulegen.
Jeder Schritt war für mich geschrieben und sollte mich Ich beendete den Aufenthalt
ausruhen. Mein Hausarzt nach weiteren 4 Wochen mit
unglaublich schwer, auf schlug mir vor einen Psychiater dem Ergebnis: Ich muss etwas
aufzusuchen, da er vermutete, für mich tun. Ich begann einen
Menschen zu treffen war der ich würde psychosomatische zweiten Tagesklinikaufenthalt
Beschwerden haben. in einer anderen Klinik: Dauer
blanke Horror. Einkaufen 10 Monate. Man hat mich
davon überzeugt die
gehen nur Stress, schnell in Erwerbsminderungsrente
einzureichen, da ich nicht
das Geschäft und wieder mehr in der Lage war, einer
Tätigkeit nach zu gehen. Was
raus. Wenn der Lärmpegel zu dann auch geschah und
bestätigt wurde.
groß war, konnte ich es im

Geschäft nicht aushalten.

Kurz gesagt ich wusste nicht

was mit mir los war und war

am Ende meiner Kraft. Dazu

kamen unerträgliche

Schmerzen im Rücken und

den Beinen.

Aus den Klinikaufenthalten
lernte ich, dass ich Dinge neu
lernen muss und ständig am
Thema bleibe, auch dass ich
mit mir achtsamer umgehe.

2

Die IDEE

eines Netzwerkes

Um eine Chance zu nutzen Aus dem Gedanken der Ich dachte: Es müsste eine
Selbsthilfe ergaben sich Stelle geben, wo man alle
suchte ich mir eine nicht ganz dann noch einige Fragen Möglichkeiten der
mehr. Was ist mit den verschiedenen Hilfen
konventionelle Form von Leuten, die nicht so ein vermitteln könne, von
Glück haben wie ich? Was Menschen, die das
Therapie. Ich stellte mich in ist mit denen, die eine durchgemacht haben, was
gleiche bzw. ähnliche ich durchmachte.
einer Praxis für Ergotherapie Diagnose haben, aber Menschen helfen etwas zu
nicht wissen wohin sie erreichen, zu leben als nur
vor, da mir das in der Klinik gehen können? Wo gibt es zu existieren!
eigentlich noch Hilfen? Also entschloss ich mich,
sehr gut getan hatte. In dieser Was kann ich an Hilfen eine Homepage zu erstellen
erhalten ? um ein Netzwerk zur
Therapie stellte ich fest, ich Hilfsvermittlung für
psychisch Erkrankte zu
würde gerne in eine bieten.

Selbsthilfegruppe gehen,

zumindest es versuchen. Die

Suche ergab, es gab in meiner

Nähe keine Gruppe. Mit der

Hilfe meiner Ergotherapeutin

und KIBIS gründete ich 2013

meine eigene Gruppe, welche

bis heute existiert und von mir

betreut wird.

3

Gedacht, gesagt und getan

In der ersten Zeit Diese sollte gemeinnützig Man hat uns schief angesehen
und uns als Psychos betrachtet,
sammelte ich alle sein und mit anderen was uns anfangs erschreckte
jedoch nur den Mut gemacht
Informationen, welche ich gemeinsam, zugleich prüfbar hat, weiter an dem Verein zu
arbeiten. Wir sind mit dem
bekommen konnte. und kontrolliert. Ich stellte Verein gewachsen, durch unser
ständiges Durchhalten und
Selbsthilfegruppen, das Projekt in meiner unsere Öffentlichkeitsarbeit hat
man festgestellt: wir sind keine
Therapeuten, Ärzte, Selbsthilfegruppe vor. Die Eintagsfliege, wir wollen etwas
erreichen. Bis heute sind wir
Vereine und Verbände. Leute waren begeistert und knapp 30 Mitglieder und
eigentlich sollten wir
Doch Hilfe bei diesem einige waren bereit wesentlich mehr sein, da
Menschen, die an psychische
Projekt erhielt ich mitzumachen. Also wurde Erkrankungen leiden, einen
enorm schweren Stand haben.
aufgrund dessen, dass ich der Verein Psychische- Sie haben ihre Sorgen,
Probleme mit Schmerzen,
eine Privatperson bin Selbsthilfe e.V. am fühlen sich nutzlos und vor
allem einsam und alleine
nicht. Was nun tun? Auch 10.04.2015 gegründet; in der gelassen.

für ein privates Projekt Hoffnung anderen Menschen

Fördermittel oder Hilfen anbieten zu können.

Spenden zu bekommen Mit sieben Mitgliedern

war unmöglich. Es musste meldeten wir uns beim

also eine Rechtsform her. Registergericht an. Wir

begannen öffentlich

aufzutreten, auch auf

Flohmärkten um nebenbei

Als noch den einen oder
Betroffener
mitwirken anderen Euro zu verdienen,

um die Kosten zu decken.

Gemeinsam Anerkennung Selbstvertrauen
verändern holen! aufbauen

Dieses sind nur einige Gründe sich zu organisieren.

Es muss sich einiges ändern und da muss und will ich als Betroffener mitwirken, anders geht es nicht.
Im Verein habe ich die Möglichkeit mich zu finden, eine Aufgabe zu bekommen, etwas zu verändern,
den Nutzen aus dem ziehen was WIR erreichen. Der Einzelne bekommt die Möglichkeit sich selbst
weiter zu bringen, sein Selbstvertrauen aufzubauen und Anerkennung für seine Leistung zu
bekommen. Und selbst Menschen, welche nur wenig können, haben die Möglichkeit kleines zu tun,
evtl. durch eine Fördermitgliedschaft, um mit vielen uns einen Rahmen zu geben.

4

Liebe Betroffene!
Nur durch Zusammenhalt können wir gemeinsam etwas erreichen,
wir brauchen Stimmen , Hände und Beine welche uns unterstützen.

Das kann jeder.
Ich habe mich aus dem Sumpf gezogen, das könnt ihr auch!
Ich weiß heute wo ich hergekommen bin und lasse mich nicht klein kriegen, das müsst Ihr auch
nicht!
Das Konzept ist einfach kann überall angewendet werden:
Ich kenne jemanden der einen kennt der dir weiterhilft
dazu unsere technischen Möglichkeiten und schon erreichen wir nach einiger Zeit auch viel
mehr.
Ich habe es geschafft meinen Weg zu gehen und mein persönliches Ziel ist es: dir diesen Weg
zu zeigen, auch wenn der Anfang sehr schwer ist. Du hast die Unterstützung, welche ich nie
hatte.
Es liegt wirklich ganz an einem selbst was man aus seinem Leben macht und wohin man geht.
Es liegt an einem selbst, ob es einem gut oder schlecht geht. Ich muss nur aufhören Ausreden
zu suchen, etwas nicht zu tun. Tu es einfach für dich und für niemanden anders.
In diesem Sinne Toi Toi Toi
Andreas Holtermann

5

Ein Vereinsmitglied stellt sich vor

Nach vielen emotionalen Verletzungen endete meine Ehe 2008 mit
meiner Scheidung. Ich war psychisch sehr tief unten und hatte auch
große Minderwertigkeitskomplexe.

Um aus meinen Depressionen herauszukommen, riet man mir, unter
Menschen zu gehen. Ich begann ehrenamtlich zu arbeiten und half bei
der Tafel mit, was mir viel Spaß machte und mich wieder in Kontakt
mit anderen Menschen brachte. 2009 machte ich eine 5-wöchige
psychosomatische Kur. Danach ging es mir wesentlich besser.

Als ich wieder zu Hause war, ging ich in ein Seniorenheim um unter Menschen zu kommen und
auch um soziale Kontakte zu knüpfen. Dort habe ich den Senioren etwas vorgelesen und mit
ihnen gesungen. Auch bei der Essensausgabe habe ich gerne mitgeholfen. Es hat mir sehr viel
Spaß gemacht. Da es außerhalb meines Wohnortes war, beschloss ich schweren Herzens dort
aufzuhören. LEIDER, ...da es mir wirklich viel Spaß machte.

Als ich wieder zu Hause war, ging ich in ein Seniorenheim um unter Menschen
zu kommen und auch um soziale Kontakte zu knüpfen. Dort habe ich den
Senioren etwas vorgelesen und mit ihnen gesungen. Auch bei der
Essensausgabe habe ich gerne mitgeholfen. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Da es außerhalb meines Wohnortes war, beschloss ich schweren Herzens dort
aufzuhören. LEIDER, ...da es mir wirklich viel Spaß machte.

Um meine sozialen Kontakte zu fördern, ging ich zur AWO. Dort findet alle 14
Tage ein Nachmittag mit WII (Tele-Bowling) statt. Eines Tages sagte eine
Mitspielerin zu mir: „Gehe doch mal zu der Selbsthilfegruppe „Der Sonne
entgegen“. Das wird dir bestimmt helfen. Ich ging also hin und bin bis heute
dabei, weil es mir sehr gut tut. Ich wurde langsam wieder die „Alte“, die ich
mal war. Meine Selbstsicherheit kam zurück.

Als dann der Verein „PSYCHISCHE-SELBSTHILFE e.V.“ gegründet wurde, war ich
sofort dabei, denn dort sind Menschen, die dieselbe oder ähnliche Krankheiten
haben und mich dadurch verstehen und helfen.

Jetzt bin ich mit in der Redaktion der PSYPRESSE, die vier Mal im Jahr
erscheint, in der wir für Betroffene und deren Angehörige viele Erfahrungen
mitteilen können.

Ich muss sagen: heute geht es mir wieder gut.
Margret Warnecke

6

Gesetz

zur Stärkung seelisch Erkrankter

beschlossen

3. August 2016

Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines "Gesetzes zur Weiterentwicklung der
Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen"
(PsychVVG) beschlossen.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: "Seelisch kranke Menschen müssen sich
darauf verlassen können, dass sie die Hilfe erhalten, die sie benötigen. Wir haben
daher die Regelungen gezielt auf die Bedürfnisse psychisch kranker Menschen und die
Erfordernisse ihrer Behandlung zugeschnitten. Zudem stärken wir mit
Mindestpersonalvorgaben eine gute Versorgung und die menschliche Zuwendung.
Behandlungen mit hohem Aufwand sollen künftig besser vergütet werden als weniger
aufwändige Behandlungen.

Durch besondere Behandlungsteams im häuslichen Umfeld sorgen wir dafür, dass
Menschen mit seelischen Leiden und stationärer Behandlungsbedürftigkeit in akuten
Krankheitsphasen noch besser versorgt werden. So stellen wir die Weichen dafür, dass
seelisch kranke Menschen auch in Zukunft gut versorgt sind."

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird eine Neuausrichtung des
Vergütungssystems für psychiatrische und psychosomatische Leistungen
vorgenommen. Ziel ist eine leistungsorientierte Finanzierung, die die Transparenz über
die Versorgung verbessert. Ferner fördert der Entwurf die Verzahnung von
ambulanten und stationären Leistungen, um die Versorgung der Patienten weiter zu
stärken.

7

Die wichtigsten Regelungen im Einzelnen:

1 Die bisher vorgesehene Angleichung der krankenhausindividuellen Preise an ein
landeseinheitliches Preisniveau entfällt. Auch künftig können psychiatrische und

psychosomatische Kliniken ihr Budget weiterhin einzeln verhandeln. Damit können

regionale oder strukturelle Besonderheiten in der Leistungserbringung besser im

Krankenhausbudget berücksichtigt werden.

2 Die Kalkulation des Entgeltsystems erfolgt auf der Grundlage des Aufwands tatsächlich
erbrachter Leistungen unter der Bedingung, dass die Mindestvorgaben zur

Personalausstattung erfüllt werden.

3 Der Gemeinsame Bundesausschuss erhält einen gesetzlichen Auftrag für verbindliche
Mindestvorgaben zur Personalausstattung, die zu einer leitliniengerechten Behandlung

beitragen.

4 Die Möglichkeit zur Anwendung des Entgeltsystems auf freiwilliger Grundlage wird um ein

Jahr verlängert.

5 Die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Spitzenverband der Gesetzlichen
Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung werden verpflichtet,

einen leistungsbezogenen Krankenhausvergleich zu entwickeln.

6 Um die sektorenübergreifende Versorgung zum Nutzen der Patienten weiter zu stärken,
wird eine psychiatrische Akut-Behandlung im häuslichen Umfeld ("home treatment") als

Krankenhausleistung eingeführt. Auch ambulante Leistungserbringer können mit

einbezogen werden.

7 Auch psychiatrische Krankenhäuser mit psychosomatischen Fachabteilungen sollen
künftig Patienten, die der Behandlung in einer psychosomatischen Ambulanz bedürfen,

ambulant behandeln können.

8 Die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband der Gesetzlichen
Krankenkassen sollen anhand gemeinsam festzulegender Kriterien ein bundesweites

Verzeichnis von Krankenhäusern und ihren Ambulanzen erstellen, um u.  a. eine bessere

Grundlage für die Qualitätssicherung, Krankenhausplanung und Krankenhausstatistik zu

schaffen.

Zudem werden mit dem Gesetzentwurf den Einnahmen des Gesundheitsfonds im Jahr 2017
Mittel aus der Liquiditätsreserve in Höhe von 1,5 Mrd. € zugeführt, um einmalige Investitionen
in die telemedizinische Infrastruktur zu finanzieren und vorübergehende Mehrbelastungen der
gesetzlichen Krankenkassen im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Versorgung von
Asylberechtigten auszugleichen.

Die Regelungen sollen überwiegend zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.
Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit

8

Psychotherapie-Richtlinie ab dem 1. April 2017

Sinnvoll oder nicht sinnvoll?

Auszüge aus PSYCHOTHERAPIE-RICHTLINIE der Psychotherapeutenkammer in kursiv:

Die psychotherapeutische Sprechstunde ist ab dem 1. April 2017 eine Pflichtleistung für alle
Psychothera­ peutinnen und Psychotherapeuten. Dies gilt grundsätz­ lich für jede Vertrags-
psychotherapeutin, die über eine Abrechnungsgenehmigung für die Behandlung mit einem
Richtlinienverfahren verfügt.
Eine Patientin muss mindestens 50 Minuten in einer Sprechstunde gewesen sein, bevor ihr weitere
psychothe­ rapeutische Leistungen angeboten werden können.
Die Sprechstunde dient einer zeitnahen „orientierenden Abklärung“, ob eine krankheitswertige
psychische Störung vorliegt und welche spezifischen Hilfen in der weiteren Versorgung der Patientin
notwendig sind. Die Abklärung soll eine Diagnosestellung nach ICD-10 ermöglichen. Sie ist nicht
verfahrensbezogen orientiert.

Fragen:
● Kann eine Therapeutin in 50 Minuten eine sichere Diagnose stellen?
● Kann eine Therapeutin in 50 Minuten spezifische Hilfen anbieten?
● Können sich psychisch Kranke in 50 Minuten öffnen und mitteilen?

Psychotherapeutische Praxen müssen ab dem 1. April 2017 mindestens 200 Minuten in der Woche
telefonisch erreichbar sein. Diese Zeit ist in Einheiten von mindestens 25 Minuten anzubieten.

Fragen: Fällt dadurch die Wahl des Patienten der psychotherapeutischen Behandlung weg?Beispiel: Der
Patient ist traumatisiert, welches im Erstgespräch nicht sichtbar ist, wünscht jedoch eine
● Traumatherapie. Die Psychotherapeutin meint durch den ersten kurzen Kontakt; dass
Verhaltenstherapie angesagt ist. Hat der Patient Wahl?

Erwachsene können in der Sprechstunde bis zu 6 x 25-minütige Termine erhalten. Bei Kindern und
Jugend­ lichen können bis zu 10 x 25-minütige Termine durchge­ führt werden, davon können bis zu
100 Minuten nur mit den Eltern vereinbart werden.

Frage:
• Reicht die Zeit aus, eine Diagnose zu stellen um die Patienten zur einer geeigneten Therapie zu
empfehlen? was nützt es Patienten, wenn zu wenig geeignete Psychotherapeuten eine
Kassenzulassung haben?

Der Auftrag an die Psychotherapeutinnen beschränkt sich nicht nur auf die Diagnostik und
Indikationsstellung zur Psychotherapie, sondern umfasst gerade auch die Abklärung, ob und welche
andere Hilfen eine Patientin benötigt. Psychotherapeutinnen können damit künftig eine komplexere
Versorgung von Menschen mit psychischen Erkran­ kungen organisieren – nicht zuletzt, weil sie
inzwischen auch über die Befugnis verfügen, Soziotherapie, medizi­ nische Rehabilitation und eine
Krankenhausbehandlung zu verordnen. Die Psychotherapeutin kann und sollte bei Bedarf auch auf
Hilfsangebote verweisen, die nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehö­
ren, zum Beispiel Angebote der Selbsthilfe, von Beratungsstellen und der gemeindepsychiatrischen
Versorgung. All dies ist nunmehr ausdrücklich Bestandteil des Versorgungsauftrags von
Psychotherapeutinnen. Ihnen kommt damit eine wichtige Lotsenfunktion in der Versorgung von
Menschen mit psychischen Erkrankungen zu, die sich dabei an den regional unterschiedlichen
Versorgungsangeboten orientieren.

9

Fragen:
Werden das Einsparungen durch die Hintertür?
Wird das die schleichende Ausnutzung des Ehrenamtes?
Wird es Abschiebung von Patienten¸ da man ohnehin kaum Zeit für sie hat?

Patientinnen und Patienten können sich direkt an die Terminservicestellen wenden. Gesetzlich
Versicherte sollen dann innerhalb einer Woche einen Termin für eine Sprechstunde oder z. B. eine
Akutbehandlung bei einer Psycho­ therapeutin genannt bekommen. Der Termin muss jedoch nicht
innerhalb dieser Woche liegen. Die Kassenärztliche Vereinigung muss vielmehr innerhalb einer
Woche einen Termin vermitteln, der nicht später als vier Wochen nach der Anfrage durch die
Patientin liegt.
Gelingt es der Terminservicestelle nicht, der Versicherten innerhalb einer Woche einen Termin
innerhalb der vier Wochen-Frist zu vermitteln, muss sie ihr einen ambulanten Behandlungstermin
in einem Krankenhaus anbieten. Dafür hat sie dann eine weitere Woche Zeit. Die Versicherten
haben allerdings keinen Anspruch, eine bestimmte Psychotherapeutin vermittelt zu bekommen,
und der Termin muss ihnen auch nicht zeitlich passen. Den Versi­ cherten können dabei weitere
Wege zugemutet werden. Als Grenze gelten zusätzliche 30 Minuten Fahrtzeit mit öffentlichen
Bahnen und Bussen im Vergleich zur nächstgelegenen Praxis. Dies ist die maximale Entfernung,
die in der allgemeinen fachärztlichen Versorgung gilt, zu der auch die Psychotherapeutinnen
zählen.
Bemerkung:
● Eine wunderbare Idee, deren Umsetzung wir in Frage stellen. Es ist bekannt, dass in einem

Umkreis von 30 Minuten Fahrtweg, keine Therapeutin unter ½ Jahr Wartezeit hat.

Neue Indikationen
Seit 2011 ist bei Patientinnen und Patienten, die abhängig von Alkohol, Drogen oder
Medikamenten sind, auch dann eine ambulante Psychotherapie möglich, wenn noch keine
Suchtmittelfreiheit vorliegt. Sie ist jedoch nur dann zulässig, wenn die Suchtmittelfreiheit
bis zum Ende der zehnten Behandlungsstunde erreicht werden kann.
Die vollständigen Richtlinien sind hier nachlesbar: www.bptk.de

10

11

Wir kritisieren:

Das eigentliche Hauptproblem, welches gelöst werden sollte, nämlich die langen Wartezeiten der
Patienten, wird durch die Neuregelungen in keiner Weise verbessert, denn das Angebot an
Psychotherapie bleibt unverändert schlecht. Eine Verbesserung wäre nur möglich gewesen, wenn
neue Zulassungen für Psychotherapeuten ermöglicht worden wären, um den Bedarf nach
Psychotherapie bewältigen zu können.

Die Bedarfsplanung für Psychotherapeuten geht an der Wirklichkeit vorbei. Wie kann es sonst
angehen, dass es Wartezeiten von 6 bis 12 Monaten bei der Psychotherapie gibt? Wie hoch
der Bedarf an Psychotherapeuten in Deutschland ist, wurde allerdings 1999 das letzte Mal im
Zuge des Psychotherapeutengesetzes festgelegt. "Diese Zahlen sind längst überholt und
werden dem aktuellen Bedarf nicht mehr gerecht", kritisiert der Vorsitzende der DPtV
(Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung). "Außerdem gab es schon damals eine krasse
Unterversorgung."

Durch den Mehraufwand durch die Sprechstunde fehlen Zeiten, die als Behandlungszeiten
genutzt werden könnten. Die scheinbare Lösung des Problems verschärft also in Wirklichkeit
das Problem.

Die Sprechstunde, die der Zuordnung von Patienten zu verschiedenen Angeboten dienen soll,
müssten die Psychotherapeuten eigentlich über gründliche und aktuelle Kenntnisse
sämtlicher relevanter zur Verfügung stehender Angebote verfügen, was realistisch kaum
herzustellen ist. Die Vermittlung nicht-psychotherapeutischer Angebote wäre eigentlich eine
Aufgabe entsprechender Beratungsstellen. Wir fragen uns: soll durch die neuen Gesetze an
psychischer Gesundheit gespart werden, indem an „kostenlosen“ Selbsthilfegruppen oder
Vereinen verwiesen wird?

Eine wesentlich sinnvollere, zieldienlichere und einfachere Regelung wäre es gewesen, statt
zusätzlich Sprechstunde, Akutbehandlung und Rezidivprophylaxe einzuführen, die
Bedarfsplanung zu überprüfen und mehr Psychotherapeuten von den Krankenkassen
zuzulassen, denn es gibt genug ausgebildete Psychotherapeuten!

Wie im Allgemeinen bekannt ist, gibt es durch die immer engere Arbeitsdichte und dauernde
Erreichbarkeit, viele Menschen, die den Druck nicht aushalten und psychisch krank werden.
Auch haben wir immer mehr ältere Menschen, die aus Einsamkeit psychisch krank werden.
Nach Angaben des Berufsverbands der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und
Psychotherapie (BPM) leidet ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung in einem Jahr an
mindestens einer psychischen Erkrankung. Das sind 16,5 Millionen Betroffene. In einem
Gutachten spricht die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) von einer Volkskrankheit. Zu
den häufigsten psychischen Krankheiten gehören Depressionen und Angststörungen.

Schlussbemerkung: da in den Medien Attentäter oft einfach als „psychisch krank“ bezeichnet
werden, ist es wieder eine Abwertung an uns, die wirklich krank sind – und nicht dumm oder
aggressiv, die laufend Attentate verüben.

12

Bessere Anerkennung von Assistenzhunden

Veröffentlicht am  Mittwoch, 16. Dezember 2015  von  Ottmar Miles-Paul

Symbol für einen Führhund

Bild: domain public Da bisher einige Regelungen

Hannover (kobinet) Hunde können für viele ausschließlich für Blindenführhunde
Menschen von Nutzen sein. Besonders
profitieren zunehmend Menschen mit gelten, begrüßt Petra Wontorra, dass
Behinderungen von tierischer Unterstützung,
die mit Assistenzhunden selbstbestimmter die Landesregierung durch den diese
leben können. Für Blindenführhunde gibt es
bereits gesetzliche Regelungen, die bisher Woche gefassten Beschluss im Landtag
noch nicht durchgehend für andere
Assistenzhunde gelten. Im niedersächsischen aufgefordert wird, sich auf Landesebene
Landtag wurde nun ein Beschluss für die
Gleichstellung verschiedener Assistenzhunde wie auf Bundesebene für die rechtliche
verabschiedet.
Assistenzhunde können im Alltag bei Gleichstellung unterschiedlicher
sogenannten "Lebenspraktischen Fähigkeiten"
unterstützen. Sie heben  einen Schlüssel auf, Assistenzhunde einzusetzen. So soll
können eine Türklinke bedienen oder anders
helfen. Bei einigen Erkrankungen wie beim Mitführen von Assistenzhunden
Diabetes, Epilepsie und Asthma werden auch
Warn- oder Signalhunde zur Assistenz der Zugang zu allen Gebäuden sowie
eingesetzt. Sie warnen vor Unterzuckerung
oder holen Hilfe. "Durch die Festlegung in der Einrichtungen, die der Öffentlichkeit
UN-Behindertenrechtskonvention ist die
Festschreibung des Anerkennens der offen stehen, ermöglicht werden. Es
Notwendigkeit der rechtlichen Gleichstellung
verschiedener Assistenzhunde erforderlich", wird zudem empfohlen, sich dafür
hatte die niedersächsische Landesbeauftragte
für Menschen mit Behinderungen, Petra einzusetzen, dass Assistenzhunde wie
Wontorra, bei der Anhörung zum "Antrag zur
Gleichstellung verschiedener Assistenzhunde" Blindenführhunde in die Hilfsmittel-
im Landtag eingefordert.
verzeichnisse der Kostenträger

aufgenommen werden.

Petra Wontorra wird außerdem weiter
darauf hinwirken, dass ergänzend das
niedersächsische Gesetz über den Wald
und die Landschaftsordnung (NWaldLG)
bei den Regelungen zum Leinenzwang
von Hunden angepasst wird. Künftig soll
sichergestellt werden, dass neben
Blindenführhunden auch weitere
Assistenzhunde, die Menschen mit
Behinderungen unterstützen, auch
während der Brut-, Setz und Aufzuchtzeit
Waldwege ohne Leine nutzen können.
Angeregt wird in diesem Verfahren, die
Neuregelung grundsätzlich für alle
Hunde zu lockern.

13

Siegfried Betge ist erster Behindertenbeauftragter

Lauenburger Landeszeitung am 03.03.17

Lauenburg. Siegfried Betge ist erster 
Behindertenbeauftragter für Lauenburg. Der 57- Jährige
wurde in der Stadtvertretersitzung mit den Stimmen von
SPD, Grünen und Wählergemeinschaft gewählt und von
Bürgervorsteher Dittmer gleich ernannt. Zuvor hatte
Christoph Haase (CDU) die Schaffung des neuen Ehrenamtes
kritisiert. „Meiner Meinung nach können die Belange der

Behinderten in Lauenburg von Politik und Verwaltung gut

berücksichtigt werden, dafür brauchen wir nicht extra einen

Beauftragten“, so Haase.

Bisher habe die Politik die Interessen Behinderter nicht ausreichend wahrgenommen, hielt Betge

dagegen. Das habe ja auch die notwendige Arbeit der Interessengemeinschaft gezeigt, die sich

Ende 2016 aufgelöst hatte. Diese vermisste ein Rede- und Antragsrecht in den politischen

Gremien – das der offizielle Beauftragte nun bekommt. Ab sofort bietet Siegfried Betge

regelmäßige Sprechstunden im Schloss (Amtsplatz 6) an: jeden zweiten Donnerstag im Montag

von 16 bis 18 Uhr. (kl)

"Behinderte Menschen in Lauenburg"

Herr Siegfried Betge ist der Behindertenbeauftragte der Stadt
Lauenburg/Elbe.

Seine Sprechzeiten sind
jeden 1. Dienstag und jeden 1. Donnerstag im Monat von 16 - 18 Uhr
im Schlossnebengebäude, Amtsplatz 4 (Erdgeschoss).

Kontakt: Siegfried Betge

Amtsplatz 4
21481 Lauenburg/Elbe
Tel.: 04153 / 5909-104

[email protected]

14

Als Opferanwältin ungeeignet

Am Freitag, den 13. Januar saß Angelika Frau Storm beantragte auch beim Fonds
Storm als Beklagte im Gerichtssaal sexuellen Missbrauch die Fahrkosten und
Schwarzenbek. Als moralische Unterstützung bekam einen positiven Bescheid, den sie
kam Andreas Holtermann von dem Verein sofort zu Ihrer Anwältin sandte. Ohne ihre
Psychische-Selbsthilfe mit. „Ab heute ist Absicht mit Frau Storm zu besprechen,
Freitag, der 13. ein Glückstag für mich“, sagt verbot die Anwältin dem Fonds die
Angelika Storm, die heilfroh ist, in einem Fahrkosten auszuzahlen, da sie ein
Verein zu sein, der so starke Unterstützung Grundsatzurteil gegen das Jobcenter
bietet. erwirken wollte, und sandte dieses
Anschreiben mit einem fast beleidigten
Hintergrund: Frau Storm beantragte beim Anschreiben an Frau Storm. Diese wollte das
Jobcenter Fahrtkosten zu ihrer Therapeutin. nun mit der Anwältin klären, denn es war
Da diese Kosten versagt wurden, beschloss nicht im Interesse von Frau Storm, da sie
Frau Storm zu klagen. Da sie sowieso wegen aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen
Antrag auf Opferentschädigung bei einer Verhältnisse auf die Zahlung der Leistung
Bergedorfer Opferanwältin Klientin war, angewiesen war.
übernahm die die Klage.

Jedoch sie bekam nach vielen Versuchen per Telefon oder Mail wage bzw. keine Antworten.
Nach fast drei Monaten erhielt Frau Storm Rechnungen in Höhe von fast 800 € für geleistete
Dienste, für die ursprünglich eine Kostenzusage vom Weißen Ring vorlag.

Frau Storm bekam über den weißen Ring einen neuen Anwalt, der meinte, dass Frau Storm die
Rechnungen der Rechtsanwältin nicht zahlen müsse, da sie durch ihr Fehlverhalten Kosten für
den neuen Anwalt verursacht hat. Das Gericht gab ihr Recht und die Bergedorfer Anwältin trägt
nun die Kosten des Verfahrens und Frau Storm muss keine Rechnung zahlen.

Viele Opfer von sexueller und/oder häuslicher Gewalt
haben durch die daraus entstandenen Folgekrankheiten

nicht die Kraft eine Klage durchzustehen.

Eine Opferanwältin muss so etwas wissen und deshalb betrachten wir ihr Verhalten Frau Storm
gegenüber als einem Täter-Opferverhalten.

Wer Probleme mit einem Anwalt hat, kann sich gern an uns wenden.
Auch für Informationen über Anwälte, die gut arbeiten, sind wir sehr interessiert.

Wenden Sie sich gerne an: http://www.psychische-selbsthilfe.de/

Frau Storm: „Ohne diese tollen Menschen aus dem Verein,
hätte ich es psychisch nicht durchgehalten“

15

Hilfe für

Opfer von Straftaten

Weisser Ring

Vom weißen Ring haben schon viele gehört. Auszug aus der Broschüre „Standards für die
Opferhilfe im WEISSEN RING“:

Die Opferhilfe des WEISSEN RINGS wird getragen von der
Idee, uneigennützig Menschen zu helfen, die von
vorsätzlichen Straftaten betroffen sind. Diese Hilfe von
Mensch zu Mensch erbringen die Opferhelfer/innen
ehrenamtlich und professionell. Sie bringen Lebens- und
Berufserfahrung aus verschiedenen Bereichen mit und sind
ausgebildet als Ansprechpartner und als Lotse, um die
Situation eines Kriminalitätsopfers zu erkennen und
passende Hilfsangebote zu vermitteln. Unser
bürgerschaftliches Engagement unterstützt Opfer dabei, ihr
Leben nach der Straftat neu zu ordnen.

www.weisser-ring.de

Fonds sexueller Missbrauch

Der Fonds sexueller Missbrauch hat sich auf ein Thema – wie es der Name schon zeigt – spezialisiert.

Der Fonds Sexueller Missbrauch will Betroffenen helfen, die
in ihrer Kindheit oder Jugend sexuellen Missbrauch im
familiären Bereich erlitten haben und noch heute unter
dessen Folgewirkungen leiden. Betroffene, die in der
Familie im Rahmen eines Abhängigkeitsverhältnisses
sexuell missbraucht wurden, können Sachleistungen wie
z.B. Therapien beantragen. Leistungen aus dem Fonds sind
für Betroffene gegenüber den gesetzlichen Leistungen
nachrangig.

Das bedeutet, dass er sich nur an die Betroffenen richtet, die Leistungen nicht schon aus den
bestehenden Hilfesystemen (z.B. Gesetzliche und Private Krankenversicherung, Gesetzliche und Private
Unfallversicherung, Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz) gemäß ihren Bedürfnissen
erhalten. Auch zivilrechtliche Ansprüche gegen die verantwortliche Organisation, die Täterin oder den
Täter haben Vorrang vor den Leistungen aus dem Fonds Sexueller Missbrauch, sofern sie (noch)
gerichtlich durchgesetzt werden können und dies auch zumutbar ist. Aufgabe des Fonds ist es, noch
andauernde Belastungen als Folgewirkung des Missbrauchs auszugleichen bzw. zu mildern. Ein
Rechtsanspruch besteht nicht.

www.fonds-missbrauch.de

16

Der Kinderschutzbund e.V.

Das Kinder- und Jugendtelefon

Kennst Du das?
Etwas bedrückt Dich, aber niemand hört Dir zu.
Etwas beschäftigt Dich, aber es ist Dir peinlich, jemanden danach zu fragen.
Du weißt nicht, wie Du Dich in einer wichtigen Sache entscheiden sollst und vor allem nicht,
wie’s danach weitergehen soll…

Dann ruf einfach beim Kinder- und Jugendtelefon an!

Montags bis freitags von 14 bis 20 Uhr
samstags beraten euch Jugendliche von 14 bis 20 Uhr

Die Nummer ist immer dieselbe: 116 111
 
Vertraulich
Die Berater und Beraterinnen können Deine Telefonnummer nicht sehen und Du musst ihnen
Deinen Namen nicht nennen. Alles, was Ihr in Eurem Telefonat besprecht, bleibt unter Euch. Die
Berater dürfen nichts von den Anrufen an andere Personen weitererzählen. Deine Eltern erfahren
nicht, dass Du beim Kinder- und Jugendtelefon angerufen hast, denn die Nummer erscheint nicht
auf ihrer Telefonrechnung.
Kostenlos
Ganz gleich, ob Du über das Handy, das Festnetz oder aus einer Telefonzelle anrufst, die Anrufe
beim Kinder- und Jugendtelefone sind für Dich kostenlos.
Das Kinder- und Jugendtelefon ist ein Angebot von Nummer gegen Kummer e.V. -
Mitglied im Deutschen Kinderschutzbund (http://www.nummergegenkummer.de/)

17

Die Landesstiftung Opferschutz Schleswig-Holstein

Die Landesstiftung Opferschutz Schleswig-Holstein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Opfern von
Straftaten zu helfen. Angesichts nicht zuletzt der finanziellen Nöte, denen sich Opfer nach einer
Straftat oft gegenüber sehen, wurde in Schleswig-Holstein 2009 eine Stiftung aus Landesmitteln
errichtet, um bestehende Lücken beim Opferschutz durch die Leistungen einer solchen Stiftung zu
schließen. Die Stiftung ist insoweit eine bedeutsame Komponente, die Fürsorge für Opfer von
Straftaten in Schleswig-Holstein weiter zu verbessern.
Die Stiftung hilft insbesondere durch unmittelbare
finanzielle Zuwendungen an Opfer von Gewaltstraftaten
oder deren Angehörige, die erlittene Schäden vom Täter
oder vom Sozialsystem häufig nicht oder nur teilweise
ausgeglichen erhalten. Darüber hinaus kann die Stiftung
andere Opferschutz- und Opferhilfeorganisationen des
Landes Schleswig-Holstein finanziell fördern und deren
Hilfsangebote auf diesem Weg sinnvoll unterstützen.
http://stiftung-opferschutz-sh.de/

Opfer – Notruf- Tel : 0800 11 2112

Jedes Opfer – ob Kind, Mann oder Frau, kann sich an den Notruf wenden.
18

Das HILFETELEFON

Gewalt gegen Frauen –

Unterstützung für Frauen in Not

ist 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr kostenfrei erreichbar: Das Hilfetelefon "Gewalt
gegen Frauen" bietet Betroffenen erstmals die Möglichkeit, sich zu jeder Zeit anonym,
kompetent, sicher und barrierefrei beraten zu lassen. Qualifizierte Beraterinnen stehen
den Hilfesuchenden vertraulich zur Seite und vermitteln sie bei Bedarf an
Unterstützungsangebote vor Ort, etwa an eine Frauenberatungsstelle oder ein
Frauenhaus in der Nähe. Barrierefreiheit und Mehrsprachigkeit sichern den Zugang für
Frauen mit Behinderung und geringen Deutschkenntnissen. Auch Angehörigen,
Freundinnen und Freunden sowie  Fachkräften steht das Hilfetelefon für Fragen und
Informationen zur Verfügung.
Mit Hilfe von Dolmetscherinnen kann die Telefon-Beratung beim Hilfetelefon rund-um-
die-Uhr in 17 Fremdsprachen stattfinden.  Im interkulturellen Beraterinnen-Team
arbeiten viele mehrsprachige Fachkräfte, die auch direkt in einer  Fremdsprache beraten
können. 
www.hilfetelefon.de

19

Gewalt gegen Männer

In den letzten Jahrzehnten hat sich ein öffentliches Bewusstsein für die Notwendigkeit
entwickelt, Gewalt gegen Frauen entgegenzutreten und Kindern das Recht auf eine
gewaltfreie Erziehung zu sichern.

Qualitative und quantitative Forschung hat viele Dimensionen dieser Probleme und
ihrer Folgen erkennen lassen; deren Ergebnisse sind in eine verbesserte Praxis, auch auf
kriminalpolitischer Ebene, ebenso in vermehrte Kooperation eingeflossen und haben zu
einer Sensibilisierung im Umgang mit den Opfern beigetragen. Um eine solide
Datenbasis zu gewinnen, hat das Bundesministeri­ um für Familie, Senioren, Frauen und
Jugendliche eine große repräsentative Studie zu Gewalt an Frauen in Auftrag gegeben,
deren Ergebnisse inzwischen vorliegen.

Demgegenüber blieben Männer als Opfer Umso erfreulicher ist es, dass inzwischen eine
bislang weitgehend unberücksichtigt. Zu
sehr wurde ihnen die Täterrolle Pilotstudie zu Gewalt an Männern in die
zugeschrieben, was es oft schwer machte,
auch die „andere Seite“, den Mann als Opfer Wege geleitet wurde. Da man hier
von Gewalt und Missbrauch zu sehen. Hinzu
kam, dass die Diskussion über Gewalt an weitgehend Neuland betrat, das Thema auf
Männern sehr schnell und oft einseitig auf
„Partnerschaftsgewalt“ reduziert wurde. Die Grund vorherrschender „Mythen“ und
„normale“ Erwartung, dass Männer sich zur
Not mit den Fäusten verteidigen können, falscher Vorstellungen nur schwer objektiv zu
dass sie also Schläge austeilen und (klaglos)
einstecken, wurde bislang nicht in Frage erfassen ist, war es wichtig, eine solche
gestellt; andere Formen wie psychische und
sexuelle Gewalt werden kaum Studie inhaltlich und vor allem auch
wahrgenommen.
methodisch gut vorzubereiten, um

aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Neu

an dieser Studie war aber auch, dass das

Thema aus verschiedenen, auch häufig

kontrovers zueinander stehenden

Perspektiven diskutiert wurde.

Quelle: Bundesministerium für Familie,
Senioren und Jugend

20

Liebe Frau Brigitte,
ich habe das Problem, dass ich Angst habe, meine Wohnung zu verlassen. Es geht nur mit
äußerster Willensanstrengung und oft bringe ich die Kraft nicht auf. Auch große Plätze
überqueren oder Menschenansammlungen erzeugen in mir eine unlogische Angst. Deswegen
vermeide ich solche Situationen und gehe lieber Umwege. Es schränkt mein Leben sehr ein. Was
kann ich dagegen tun?

Anonym
Ich vermute, dass bei Ihnen eine Agoraphobie besteht. Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt
darüber und bitten um eine Überweisung zur Psychotherapie. Wichtig ist eine Therapieform
anzuschlagen, deren Kernpunkt es sein sollte, dass Sie verstehen, was mit Ihnen geschieht. In
der Therapie können Sie die erlernten "Angst-Gedankenstrukturen" verstehen, aber sich auch
über Ihr eigenes Verhalten klar werden. Das ist mit Hilfe einer Therapie auf jeden Fall zu
schaffen und kann Sie von Ihrer Angst befreien.
Bei http://www.bptk.de/ können Sie auf Therapeutensuche gehen.

Fragen an:

[email protected]
21

Maske © Angelika Storm

Geschminkt das Gesicht,
setz ich mich ins rechte Licht.
Die Beine übereinander geschwungen,
ein Lächeln, keiner merkt's, es ist erzwungen.

Wir reden von Kunst und Politik,
es stimmen die Gesten und die Mimik.
Ist der gemütliche Plausch vorbei,
bin ich endlich wieder frei.

Gehe nach Hause in mein Zimmer,
flegle mich in die Ecke, wie immer.
Kann grübeln, weinen oder lachen,
was ich will, kann ich machen.

Habe mein eigenes Gesicht zurück,
die Maske ist ab, ein Glück.
Und morgen, ach wie schade,
geht sie wieder los, die Maskerade.

22

Positiv

„Wo warst Du letzte Nacht?“ Resigniert und auch wissend kam die Frage von Kurts Lippen Michael
strahlte ihn an. „Du kennst mich doch. So ab und zu versacke ich mal. Aber Du weißt doch, dass ich
nur Dich liebe. Komm, maule nicht herum.“ Michael wollte Kurt in den Arm nehmen. Kurt wich
zurück. „Nein, ich will nicht mehr. Suche dir eine Wohnung, sonst gehe ich hier mit dir kaputt.“
„Nun sei doch nicht so theatralisch. Du benimmst Dich, wie eine Tunte.“ Müde wandte Kurt sich ab
und ging ins Nebenzimmer. Die Tränen sollte Michael nicht sehen. Er war traurig. Aber er wollte
keinen Freund, der mit anderen loszog. Das tat zu weh, das konnte er nicht verkraften. Er liebte ihn,
jedoch immer wieder verletzt zu werden, nein, das war nicht auszuhalten.

Die Haustür fiel ins Schloss. Kurt rannte Durch die Wohnung, schaute in die Schränke und liest sich
dann fassungslos auf das Bett fallen. Michael war wirklich gegangen. Soviel lag ihm an mir, dass er
nicht einmal versucht hat sich zu entschuldigen. Kurt drehte sich auf den Bauch und weinte. Nach
einiger Zeit lag er stumm auf dem Rücken und dachte: warum weine ich eigentlich? Es ist doch
richtig, so wie es gelaufen ist. Ich halte dieses Leben mit Michael nicht aus, also habe ich mich von
ihm getrennt. Er sprang auf. Es ist alles in Ordnung; ich brauche nicht traurig zu sein.

Kurt war unruhig und rannte hin und her. Warum fühle ich mich nur so schlecht? Und dann fiel es
ihm ein. Verlassen. Er fühlte sich verlassen. Das war ein bekanntes Gefühl. Damals als sein Vater die
Familie verließ, hatte er nicht geweint. Er war ein starker Junge. Jedenfalls hatte das seine Mutter
gesagt. Auch als der neue Vater kam, hatte er so getan, als wäre alles in Ordnung. Dabei hatte er
Angst vor ihm. Er sah ihn vor sich, wie er mit satanischem Lächeln seinen Gürtel aus der Hose zog
um ihn damit zu strafen. Mit Schaudern setzte Kurt seine Wanderung Durch die Wohnung fort.
Ganz schlimm war es, als er, 11 Jahre alt, von seiner Mutter weggeschickt wurde. Die Kinder waren
dem neuen Vater lästig. Er erinnerte sich, wie er mit seinen beiden Schwestern bei seinem
leiblichen Vater vor der Tür stand. Das Entsetzen in dem Gesicht! Und dann die Frau seines Vaters,
die die Kinder nicht haben wollte.

Verlassen. Er wurde sein Leben lang verlassen. Gerade darum war dieser Schmerz so schlimm. Kurt
weinte, weinte, wie noch nie in seinem Leben. Leer und ausgelaugt saß er später in seinem Sessel
vor dem Fernseher. Es ging ihm etwas besser. Er hatte endlich seinen Kummer richtig heraus
gelassen.

Das Leben ging weiter. Und da Kurt von Natur aus ein fröhlicher Mensch war, saß er bald wieder im
Kreis seiner Freunde und riss Witze.

Kurt saß vor dem älteren grauhaarigen Arzt, der sich unbehaglich räusperte. „Ja, Ihre Blutwerte sind
dieses mal nicht so gut ausgefallen. Ich würde vorschlagen, dass wir noch einen Test machen;
vorsichtshalber, verstehen Sie?“ Kurt saß da und ahnte Schlimmes. „Was ist denn mit meinem Blut?“
Er hatte immer Angst vor der Blutuntersuchung, die er vorsichtshalber jedes Jahr machen ließ. Der
Arzt stand auf und schaute aus dem Fenster, dabei sagte er: „Sie sind HIV positiv.“ Kurts Herz setzte
aus. „Ich möchte vorsichtshalber noch einen Test bei ihnen machen.“ Geschäftig setzte der Arzt sich
vor Kurt hin und wühlte in seinen Papieren. Aus, dachte Kurt. Ein Scheißleben und nun das! Warum?
Warum gerade ich? „Michael“, sagte er. Der Arzt schaute irritiert und fragend auf. „Michael war mein
Freund. Er war öfters mit anderen zusammen. Ich sollte ihn auch zum Arzt schicken.“ „Ich habe mir
fast gedacht, dass sie homosexuell sind. Scheint ein ziemlich verantwortungsloser Freund gewesen
zu sein.“ Bitter lachte Kurt auf. „Solche Menschen sollte man erschießen, die bringen nur Unheil über
andere.“

23

„Na na, nun man nicht so hitzig, junger Mann. In Euren Kreisen ist der häufige Wechsel doch
üblich.“ Kurt stand auf und grinste sarkastisch. „Vielen Dank für ihre tröstenden Worte. Ich
wünsche noch einen schönen Tag.“ Damit ging Kurt. Er wollte nicht über die Vorurteile mit
anderen Menschen diskutieren. Das hatte er sich abgewöhnt, da er keinen Sinn darin sah. Viele
Menschen stempelten ihn seiner Neigung wegen ab. Zuerst tat es weh aber nun hatte er seinen
Freundeskreis, der ihn stärkte. Er wollte nicht die Welt verändern; er wollte nur leben.

Wie erstarrt ging Kurt durch den strahlenden Wintertag. Was nun? Wie sollte es weitergehen?
Kurt schloss seine Wohnungstür auf. Er war allein; im Herzen und in der Wohnung allein. Er starrte
auf das Foto seiner Schwestern. Die etwas melancholisch blickende Susanne, links auf dem Foto,
schaffte auf St. Pauli an. Auch ein verkorktes Leben, dachte Kurt. Auf der rechten Seite des Fotos,
Marion. Marion war das zweite Mal verheiratet und hatte ihr Leben ziemlich im Griff. Aber so ganz
genau wusste Kurt das auch nicht, da sie sich seit einiger Zeit aus den Augen verloren hatten.
Plötzlich wurde er geschäftig, riss seine Kommodenschublade auf und suchte. Da war sie. Er hielt
einen Zettel mit der Telefonnummer, wie ein kostbares Juwel in der Hand.

„Hallo, hier ist Kurt.“ „Mensch, lebst Du auch noch?“ Marion freute sich, die Stimme ihres Bruders
zu hören. „Ja, mal sehen, wie lange noch.“ So hart wollte er seine Schwester nun doch nicht
überfallen, aber er musste einfach mit einem Menschen reden. „Nun rede keinen Unsinn,“ lachte
Marion. „Du bist 35 Jahre alt, Du junger Spund!“ „Ja und wenn ich ganz viel Glück habe, werde ich
noch 40.“ Nun hörte Marion die Bitterkeit in seiner Stimme. „Kurt, was ist los?“ „Ich bin HIV
positiv.“ Marion holte tief Luft. „Warst Du leichtsinnig? Erzähl.“ Und Kurt erzählte ihr die letzten
Jahre mit Michael. Er redete sich alles vom Herzen. Fast eine halbe Stunde hörte Marion zu, warf
nur ab und zu ein „ja“ oder „oh“ ein. Sie überlegte, wie sie darauf reagieren sollte. „Weißt Du Kurt,
das Schicksal war schon oft grausam zu uns und irgendwie haben wir das immer geschafft.
Kämpfe! Lebe dein Leben intensiv und tu alles was dir Spaß macht. Man sollte sowieso so leben,
als wäre jeder Tag der letzte. Gehe noch mal zu einem anderen Arzt und lasse dein Blut noch
einmal testen ob es auch wirklich stimmt. Wie Du bestimmt gehört hast, arbeitet die
Aidsforschung auf Hochtouren. Dass Du HIV positiv bist, muss noch nicht heißen, dass jetzt alles zu
Ende ist.“ „Ach Marion, ich danke dir. Es tut gut deine Stimme zu hören. Du hast mir sehr
geholfen.“ Wieder vertraut, wie in alten Zeiten verabschiedeten sich die Geschwister. Nach dem
Gespräch ging es Kurt besser, die Angst steckte ihm jedoch in den Knochen.

Nachdenklich stand er vor dem Haus, in dem sein Vater und seine Stiefmutter wohnten. Heute war
der 70. Geburtstag des Vaters und irgendwie hatte er, nach Jahren des Schweigens, das Bedürfnis
ihn wiederzusehen.

Kurt erinnerte sich, als vor Jahren das Gespräch auf Heiraten und Familie gründen kam. Die
Stiefmutter, der Vater und Kurt saßen in der gemütlichen Küche und tranken Kaffee. „Na Kurt, hast
Du schon eine kleine Freundin?“ fragte der Vater. „Nein“, sagte Kurt, „ich werde auch nie eine
haben.“ Die Eltern lachten. „Man sollte nie im Leben nie sagen, dafür ist das Leben zu
veränderlich“. „Im Allgemeinen habt ihr ja Recht aber in diesem Punkt kann ich das Wörtchen ´nie´
benutzen.“ Verständnislos und fragend waren die Blicke der Eltern. Kurt druckste herum. „Na ja,
ich stehe eben nicht auf Frauen.“ „Was?“ Zwei entsetzte Augenpaare schauten ihn an. „Willst Du
damit sagen, dass Du homosexuell bist?“ „Ja.“

24

„Kurt“, sagte der Vater und beugte sich dabei vor, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. „Du
hast uns schon viel Sorgen bereitet. Werde nun endlich mal erwachsen! Mensch Junge, reiß Dich
zusammen und tue endlich mal, was sich gehört!“ Die Stimme des Vaters wurde laut. Die
Stiefmutter legte die Hand auf den Arm des Vaters. „Beruhige Dich, Kurt ist eben etwas länger als
andere in der Phase des Aufbegehrens. Er wird schon noch vernünftig werden, nicht wahr Kurt?“
Fragend schaute sie ihn an. Kurt seufzte. „Ihr versteht mich einfach nicht. Aber das muss auch
nicht sein. Lasst mich einfach so leben, wie ich will. Ich wünsche mir nur Akzeptanz, kein
Verstehen.“ Resigniert setzte er seine Kaffeetasse an die Lippen. „So ein Schweinkram!“ sagte der
Vater aus seinen Gedanken heraus. Kurt stand auf. „Lassen wir das Thema. Es ist wohl besser,
wenn ich jetzt gehe.“ „Ja,“ sagte der Vater, „wie immer, wenn es Dir nicht passte bist Du
gegangen. Du hast mir soviel Schwierigkeiten gemacht und nun das!“ Er reichte seinem Sohn
nicht einmal die Hand zu Abschied.

Wie würde es heute sein, nach so vielen Jahren? Zögernd ging Kurt die Stufen zur Wohnung
hinauf. Seine Stiefmutter öffnete die Tür. „Du? Na dann komm herein.“ Kurt ging auf seinen Vater
zu, der in der Stube saß, reichte ihm die Hand und sagte: „Herzlichen Glückwunsch, Vater.“ Der
Vater schaute auf, jedoch nahm nicht dargebotene Hand. „Tag Kurt, nett, dass Du Dich mal an
mich erinnerst.“ Kurt setzte sich unaufgefordert. Ihm war nicht wohl in seiner Haut. „Der 70.
Geburtstag ist auch etwas Besonderes. Ich wollte Dir eine Freude machen.“ Bitter lachte der
Vater auf. „Ein paar Jahre vielleicht noch, dann bin ich tot. Kannst Du mir jetzt sagen, dass Du ein
ordentliches Leben führst oder muss ich die Schande mit ins Grab nehmen?“ „Vater, verstehe
doch, es ist keine Schande homosexuell zu sein. Was meinst Du, wie viel Menschen darunter
leiden, weil sie einfach nicht anerkannt werden. Außerdem, vielleicht bin ich eher tot als Du.“ Das
war ihm nun so herausgerutscht. Der Vater sah auf. „Wie meinst Du das.“ Schwer seufzte Kurt auf.
„Ich bin HIV positiv.“ „Was? Ist das die Schwulenkrankheit, wovon man im Fernsehen hört? Hast
Du etwa Aids?“ „Ja.“ „Raus!“ Der Vater stand schwer atmend auf. „Du wagst es uns die Krankheit
hier einzuschleppen! Ich will Dich nie wieder sehen!“ Erschrocken sprang Kurt auf und verließ
fluchtartig die Wohnung. Hier würde er nie wieder herkommen.

Einige Wochen später saß er bei einem anderen Arzt, der ihm den bösen Virus in seinem Körper
bestätigte. Kurt, der normalerweise eine Frohnatur war, hatte in letzter Zeit intensiv über sein
Leben nachgedacht. Depressionen, die ihn quälten, hielten manchmal so lange an, dass er nicht
fähig war zur Arbeit oder unter Freunden zu gehen.

Sein Chef rief ihn zu sich. „Was ist in letzter Zeit mit ihnen los?“ Kurt hatte Vertrauen zu seinem
Chef und erzählte ihm von seinem Virus und den Depressionen. „Dann müssen Sie sich
behandeln lassen“, riet der Chef. „Wegen der Depressionen bin ich bei einer Therapeutin und
mein Arzt sagte, dass ich ab und zu zur Kontrolle kommen soll. Außerdem muss ich aufpassen,
dass ich mich nicht erkälte, da mein Immunsystem Durch den Virus nicht richtig funktioniert.
Ansonsten kann ich ganz normal leben.“ Bitter lachte Kurt dabei auf. Loyal klopfte ihm der Chef
auf die Schulter. „Sie schaffen es! Und ich werde Ihnen dabei helfen. So eine verlässliche
Arbeitskraft, wie Sie möchte ich noch länger erhalten.“

25

Nun hatte er, außer seinen Eltern, schon zwei Menschen von seinem Virus erzählt. Weder seine
Schwester noch sein Chef hatten ihn verurteilt. Aber er hatte panische Angst, mit seinen
Freunden darüber zu reden. Sollte er eine neue Partnerschaft eingehen, war ihm klar, dass er
ehrlich sein musste. Konnte man als HIV Positiver noch einen Partner finden oder liefen alle vor
ihm weg? Vorbei, dachte Kurt; das Leben ist für mich vorbei. Depressiv sinnierte er über sein
Leben nach. Er dachte an seine Kindheit zurück. Mit 12 Jahren war er das erste mal von zu
Hause ausgerissen. Hunger hatte er gehabt und sogenannte Freunde, die ihm zeigten, wie man
zu Geld kam. Er sah sich zitternd am Hauptbahnhof stehen, sah die vielen Männer, die um den
Preis feilschten. Zuerst kam er fast um vor Ekel. Bald aber stumpfte er ab und nahm jeden
Freier, den er kriegen konnte. Mal eine schnelle Nummer im Auto, mal im Park oder im Wald.
Selten hatte er das zweifelhafte Glück, dass ihn ein Freier mit in sein warmes Zuhause nahm.
Oft wurde er von der Polizei oder von einem Mitarbeiter des Jugendamtes aufgegriffen und
nach wohlmeinenden Predigten wieder zu seinem Vater gebracht, der ihn sowieso nicht wollte.
Ihm wurde mit dem Heim gedroht aber der Drang von zu Hause wegzukommen war größer als
die Angst in ein Heim zu kommen.

Ein Jahr war inzwischen vergangen. Kurts Leben hatte sich unmerklich verändert. In den ersten
Wochen schaute er jeden Morgen in den Spiegel, voller Angst ob sich schon Läsionen, eine
Form von Hautkrebs, der bei Aidskranken häufig ist, zeigten. Damit quälte er sich nun nicht
mehr.

Er hatte neue Freunde, Frauen sowie auch Männer, kennengelernt, die nicht aus der
Schwulenszene waren. Menschen ohne Vorurteile. Seine Gespräche änderten sich. Sie wurden
tiefsinniger und gaben ihm viel mehr, als seine Abende unter Freunden in der Szene. Er wurde
mit zu Familienfeiern eingeladen, obwohl die neuen Freunde wussten, dass er infiziert war. Wie
sehr genoss er es im Kreise einer Familie zu sein. Es machte ihm zwar bewusst, was er im Leben
vermisste, aber er wusste sich geliebt und akzeptiert als der Mensch, der er war und war damit
sehr glücklich.

Der Winter nahte. Drei Jahre bin ich schon infiziert; mein dritter Geburtstag, dachte Kurt. Er
stand auf der Waage und sah mit Besorgnis, dass er schon wieder abgenommen hatte. In den
letzten drei Monaten schon sechs Kilo. Zur Zeit war er auch sehr erkältet. Er machte sich auf
den Weg zum Arzt. Lungenentzündung! Der Arzt unterschrieb die Einweisung für die Klinik.
„Packen Sie das Nötigste zusammen und fahren Sie dann unverzüglich zur Klinik.“ Kurt hatte
das schon geahnt. Aber er geriet nicht in Panik, sondern fühlte sich aufgehoben. Er wusste,
man würde ihm helfen.

Vier Wochen lag er nun schon im Krankenhaus. Seine Freunde kamen ihn abwechselnd oder
auch mal alle zusammen besuchen. Er genoss diese Zeiten der Besuche. Es wurde geredet,
gescherzt und gelacht. Aber wenn alle wieder weg waren, lag er im Bett und weinte. Er spürte,
dass er nicht mehr viel Zeit hatte. Inzwischen hatte er 17 kg abgenommen und sah aus, wie ein
Skelett. Da er sehr schwach war, bekam er einen Rollstuhl, um wenigstens ab und zu mal aus
dem Zimmer zu kommen.

26

Alle Freunde standen um sein Bett. Sogar Marion, seine Schwester war gekommen. Sie stupste
ihn an und sagte: “Na, großer Bahnhof heute, das magst Du, was?“ Kurt grinste schwach. Gisela
streichelte seine knochige Hand; Bernd saß auf dem Bettrand. Rasselnd holte Kurt Luft. „Lasst
uns auch heute ehrlich zueinander sein. Ihr seid gekommen um Abschied zu nehmen. Verstellt
Euch nicht. Ich will kein falsches Lächeln oder dumme Witze. Lasst uns einfach reden, so wie
uns danach ist. Ich fange einfach an. Marion, als ich hier in die Klinik ging dachte ich noch nicht
ans Sterben. Hier im Nachtschrank findest Du mein Testament. Viel habe ich ja nicht. Aber das
was da ist, sollst Du haben.“ Marion beugte sich über das Bett und küsste ihren Bruder auf die
Wange. Dabei fiel ihm eine Träne von ihr ins Gesicht. „Danke Kurt, ich liebe Dich.“ „Ich liebe
Dich auch, große Schwester.“

Gisela holte tief Luft. „Weißt Du noch, wie wir zusammen einkaufen waren? Du hattest nur
Blödsinn im Kopf.“ Kurt musste lachen. „Ja, die Verkäuferin war ganz fertig.“ Ein Hustenanfall
schüttelte ihn. „Marion, ob die Eltern immer noch so verbohrt sind?“ „Weißt Du, es sind alte
Leute. Verzeih ihnen, sie wissen es nicht anders.“ „Nein,“ sagte Kurt. „Es sind nicht nur die alten
Leute. Was meinst Du wie viele junge Menschen mich verurteilt haben. Soll ich all denen
verzeihen?“ Marion schaute ihn nachdenklich an. „Willst Du mit Hass im Herzen sterben?“
Lange lag Kurt still im Bett und dachte nach. „Danke Marion, ich denke, dass Du etwas weiser
bist als ich.“

„Scheisse,“ sagte Bernd. Alle schauten ihn fragend an. „Ich fühle mich so machtlos. Am liebsten
würde ich weinen.“ „Warum reißt Du Dich denn zusammen?“ fragte Kurt. „Was meinst Du wie
oft ich im Leben geweint habe. Meistens ging es mir hinterher besser. Dir steckt die falsche
Erziehung in den Knochen. Immer stark sein, was?“ Bernd war nicht mehr fähig zu antworten.
Leise weinte er in sein Taschentuch. Kurt röchelte. „Kann mal jemand für mich klingeln?“ Die
Schwester war sofort da, als hätte sie vor der Tür gestanden. Sie legte ihm das Atemgerät an.
„Nein,“ sagte Kurt. „Ich will keinen Apparat mehr. Es tut mir leid Schwester, dass ich Sie
belästigt habe.“ Die Schwester lächelte. „Ist schon in Ordnung. Ich bin doch für Sie da.“

Ganz nah hatte Kurt seine Schwester und seine Freunde. Marion hielt seine Hand. Gisela
streichelte ihm über die Wange und Bernd saß am Fußende des Bettes und strich Kurt über das
Bein.

Entspannt, mit einem Lächeln schlief Kurt ein.

© Angelika Storm

27

WAS ERHÄLT MENSCHEN GESUND?

Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert

Buchvorschlag
Salutogenese und Bewältigung psychischer Erkrankung
Einsatz des Kohärenzgefühls in der Sozialen Arbeit

In diesem Buch wird psychische Erkrankung aus der Sicht der
Salutogenese dargestellt und die Rolle des Kohärenzgefühls
diskutiert. Im Mittelpunkt steht eine Untersuchung zur Perspektive
Betroffener zum Thema „Kohärenzgefühl und Bewältigung chronisch
psychischer Erkrankung„. Daraus werden Konsequenzen für den
Praxiseinsatz in der Sozialen Arbeit aufgezeigt.

Salutogenese als Stressbewältigungsmodell Lage 2008, 110 S.
Die Salutogenese lässt sich in die Tradition der Stress- und ISBN 978-3-89918-165-4, 21 Euro
Bewältigungstheorien einordnen. Sie entstand in der
Auseinandersetzung mit bestehenden Theorien, insbesondere mit
der transaktionalen Konzeption von Stress nach Lazarus und
Folkmann (1984).

Antonovsky stimmt mit der Auffassung der Stressforschung darin
überein, dass ein zu großes Maß an anhaltendem oder wiederholtem
Erleben von Stresszuständen zusammen mit körperlichen Schwächen
eine Gefährdung des Gesundheits-zustandes mit sich bringt.
Für sein Modell präzisiert er die Definition von „Stress“. Für
Antonovsky unterteilt sich dieser Begriff in Stressoren, Spannungs-
und Stresszustände.

Buchvorschlag
Früher oder später wird jeder Mensch direkt oder indirekt mit
chronischer Erkrankung und deren Auswirkungen konfrontiert.
Warum nehmen manche Krankheitsverläufe dramatische Formen an
und warum scheinen wiederum andere Menschen mit den Folgen
einer Erkrankung relativ gut zurecht zu kommen? Dieses Buch
versucht einen Einblick in die Bewältigungsanforderungen schwerer
Erkrankung zu geben und ist entstanden vor dem Hintergrund und
den Erfahrungen mit mittlerweile 30 Jahren Aids-Epidemie.
Unabhängig der Schuldfrage versucht der Autor hier Einblicke in
verschiedene Bewältigungsstrategien zu geben ohne den Anspruch
zu haben, das Thema umfassend und erschöpfend abzuarbeiten.
Betroffene, aber auch professionelle Gesundheits- und
Sozialarbeiter können jedoch hier für sich Ansatzpunkte zur
kritischen Betrachtung eigener und fremder Bewältigungsstrategien
heraus-kristallisieren und vielleicht ihren Deutungungsansätzen zur
Bewältigung und Erschließung von Ressourcen das eine oder andere
Puzzleteilchen hinzufügen.

28

Beispiel einer

Patientenverfügung

Ich, Lieselotte Beispiel, geboren am: 18.06.1926, wohnhaft in: Zechenstraße 623, 44581
Castrop­ Rauxel, bestimme hiermit für den Fall, dass ich meinen Willen nicht mehr bilden
oder verständlich äußern kann:

Wenn infolge einer Gehirnschädigung meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen,
Entscheidungen zu treffen und mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, nach
Einschätzung zweier erfahrener Ärzte (Dr. med. Hausarzt und Dr. med. Neurologe) aller
Wahrscheinlichkeit nach unwiederbringlich erloschen ist, selbst wenn der Todeszeitpunkt
noch nicht absehbar ist, oder wenn ich bereits infolge eines weit fortgeschrittenen
Hirnabbauprozesses (z.B. bei Demenzerkrankung) auch mit ausdauernder Hilfestellung nicht
mehr in der Lage bin, Nahrung und Flüssigkeit auf natürliche Weise zu mir zu nehmen, oder
wenn ich mich im Endstadium einer unheilbaren Erkrankung befinde, so treffe ich folgende
Festlegungen:

Es sollen alle lebenserhaltenden Maßnahmen unterlassen werden. Hunger und Durst sollen
auf natürliche Weise gestillt werden, gegebenenfalls mit Hilfe bei der Nahrungs-­ und
Flüssigkeitsaufnahme. Ich wünsche fachgerechte Pflege von Mund und Schleimhäuten sowie
menschenwürdige Unterbringung, Zuwendung, Körperpflege und das Lindern von Schmerzen,
Atemnot, Übelkeit, Angst, Unruhe und anderer belastender Symptome. Ich erwarte eine
fachgerechte Schmerz und Symptombehandlung.

Wenn alle sonstigen medizinischen Möglichkeiten zur Schmerz­ und Symptomkontrolle
versagen, sollen bewusstseinsdämpfende Mittel zur Beschwerdelinderung eingesetzt werden.
Dabei nehme ich die unwahrscheinliche Möglichkeit einer ungewollten Verkürzung meiner
Lebenszeit durch schmerz­ und symptomlindernde Maßnahmen in Kauf.

Ich wünsche, dass eine künstliche Ernährung und/oder eine künstliche Flüssigkeitszufuhr nur
bei palliativmedizinischer Indikation zur Beschwerdelinderung erfolgen. Nicht nur in den oben
beschriebenen Situationen sondern in allen Fällen eines Kreislaufstillstandes oder
Atemversagens lehne ich Maßnahmen der Wieder­ belebung ab.

Künstliche Beatmung lehne ich ab und eine schon eingeleitete Beatmung soll eingestellt
werden, unter der Voraussetzung, dass ich Medikamente zur Linderung der Luftnot erhalte.
Die Möglichkeit einer Bewusstseinsdämpfung oder einer ungewollten Verkürzung meiner
Lebenszeit durch diese Medikamente nehme ich in Kauf. Ich lehne eine Dialyse ab und möchte
auch keine fremden Gewebe oder Organe empfangen. Ich wünsche Blut oder Blutersatzstoffe
nur zur Beschwerdelinderung. Zu einer Entnahme von Organen zu Transplantationszwecken
bin ich nicht bereit.

29

Ich möchte, wenn möglich, in einem Hospiz sterben und dort geistlichen Beistand meines
Heimatpfarrers oder, wenn dies nicht möglich ist, den Beistand durch einen Pfarrer der evangelisch­
reformierten Kirche.
Ich erwarte, dass der in meiner Patientenverfügung geäußerte Wille zu bestimmten ärztlichen und
pflegerischen Maßnahmen von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten und dem
Behandlungsteam befolgt wird. Mein Bevollmächtigter soll dafür Sorge tragen, dass mein Wille
durchgesetzt wird.

Sollte ein Arzt oder das Behandlungsteam nicht bereit sein, meinen in dieser Patientenverfügung
geäußerten Willen zu befolgen, erwarte ich, dass für eine anderweitige medizinische und/oder
pflegerische Behandlung gesorgt wird. Von meinem Bevollmächtigten erwarte ich, dass er die
weitere Behandlung so organisiert, dass meinem Willen entsprochen wird. In Situationen, die in
dieser Patientenverfügung nicht konkret geregelt sind, ist mein mutmaßlicher Wille möglichst im
Konsens aller Beteiligten zu ermitteln. Dafür soll diese Patientenverfügung als Richtschnur
maßgeblich sein. Bei unterschiedlichen Meinungen über anzuwendende oder zu unterlassende
ärztliche/­ pflegerische Maßnahmen soll der Auffassung meines Bevollmächtigten besondere
Bedeutung zukommen. Wenn ich meine Patientenverfügung nicht widerrufen habe, wünsche ich
nicht, dass mir in der konkreten Anwendungssituation eine Änderung meines Willens unterstellt
wird. Wenn aber die behandelnden Ärzte oder das Behandlungsteam aufgrund meiner Gesten,
Blicke oder anderen Äußerungen die Auffassung vertreten, dass ich entgegen den Festlegungen in
meiner Patientenverfügung doch behandelt oder nicht behandelt werden möchte, dann ist
möglichst im Konsens aller Beteiligten zu ermitteln, ob die Festlegungen in meiner
Patientenverfügung noch meinem aktuellen Willen entsprechen. Auch in diesen Fällen soll bei
unterschiedlichen Meinungen der Auffassung meines Bevollmächtigten besondere Bedeutung
zukommen.

Ich habe zusätzlich zur Patientenverfügung eine Vorsorgevollmacht für
Gesundheitsangelegenheiten erteilt und den Inhalt dieser Patientenverfügung mit der von mir
bevollmächtigten Person besprochen:

Bevollmächtigter:
Name: Max Rührig
Anschrift: Zum Rosenblick 12, 98765 Musterstadt
Telefon: 0123 /456789

Als Interpretationshilfe zu meiner Patientenverfügung habe ich eine Darstellung meiner
allgemeinen Wertvorstellungen beigelegt. Soweit ich in dieser Verfügung bestimmte Behandlungen
wünsche oder ablehne, verzichte ich ausdrücklich auf eine (weitere) ärztliche Aufklärung.

Ich bin mir des Inhalts und der Konsequenzen meiner darin getroffenen Entscheidungen bewusst.
Ich habe die Patientenverfügung in eigener Verantwortung und ohne äußeren Druck erstellt. Mir ist
die Möglichkeit der Änderung und des Widerrufs einer Patientenverfügung bekannt. Diese
Patientenverfügung gilt solange, bis ich sie widerrufe.

Quelle: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

Die vollständige Info:

30 www.bmjv.de

Sui z i d

von meinem Sohn Fred-Erik

Am 28. Februar 2015 feierten wir den 19. Aus seinen Abschiedsbriefen und aus seinen
Geburtstag von unserem Sohn. An dem vielen Aufzeichnungen ist ersichtlich, dass er
Abend ist er zu einer Party von Freunden starke Depressionen hatte. Warum habe ich
gegangen. Vorher wurde bei uns mit als seine Mutter das nicht gemerkt? Das war
seinen Freunden vorgeglüht. die Frage, die mir immer und immer wieder
im Kopf rumschwirrte. Ich habe mir schwere
Gut gelaunt und etwas beschwipst Vorwürfe gemacht und mir die Schuld an
verlassen die Jugendlichen unser Haus. seinem Tod gegeben. Durch verschiedene
Ein kleines „Tschüss“ von unserem Sohn Therapien und durch viele
ist das letzte Wort, welches wir von ihm Gruppengesprächen konnte ich mich davon
hörten. befreien – verstehe aber immer noch nicht
Es war eine Vollmondnacht und ich richtig, warum das passiert ist. Es tut so weh.
konnte sehr schlecht schlafen und war
oft wach. Unser Sohn hat bewusst immer ein Lächeln
Als unser Sohn vor den Zug ging, wurde und ein fröhliches Pfeifen aufgesetzt, um uns
ich abrupt wach, ich hatte das Telefon alle zu täuschen. Er war im Schülerparlament,
klingeln gehört, obwohl es nicht Klassensprecher und von allen
klingelte. Klassenkameraden der „Problemlöser“.
Parties und Freunde hat er immer öfter
Die restliche Nacht verbrachte ich mal gemieden, die Begründung war, dass nichts
schlafend, mal wach. Ich schrieb ihn auf los war und keiner seiner Freunde Zeit hatte.
dem Handy an, keine Antwort. In der
Morgendämmerung fuhr ich los und Dabei waren die Parties für ihn die Hölle. Erst
habe ihn gesucht. Irgendwie wusste ich war alles gut und lustig, aber zum Schluss
schon, dass er nicht mehr hier war… einer Party kam dieses miese Gefühl, dass ihn
keiner mag und er alleine ist. Er schreibt, dass
Dann war die Polizei bei uns und hat er dann in ein schwarzes Loch gefallen ist und
gesagt, dass unser Sohn vor einen Zug diese Schmerzen von Party zu Party immer
gegangen ist und er sofort tot war… schlimmer wurden. Darum wollte er nicht
warum??? Warum hat er das getan? Was mehr dorthin.
habe ich falsch gemacht? Welche Sorgen
quälten ihn? Warum hat er mir nichts
davon erzählt?

Wenn die Depressionen zu schlimm waren und er das Bett nicht verlassen konnte, hat er
gesagt, dass er Kopfschmerzen hat. Perfekte Tarnung. Die Migräne begleitete ihn seit kurz
nach der Geburt. Ich bin nicht auf die Idee gekommen, dass er Depressionen hat.

31

Seine Hobbies hatte er seit Er beschrieb den Zeitpunkt Leider konnte ich ihm nicht
Jahren aufgegeben. Er und die Stelle, an der er
schafft es zeitlich nicht seinen Leben beenden helfen, weil er sich nicht
mehr, Schach und Fußball zu wollte. Das hat er alleine
spielen. Schließlich möchte geplant und sich alleine geöffnet hat. Leider kann ich
er ein gutes Abi machen, ausgesucht – ohne mit
darum hat er nach und nach jemandem darüber zu alles nicht mehr rückgängig
Beides aufgegeben. sprechen, aus Scham und
Minderwertigkeit. machen. ABER ich kann Ihnen
Für meinen Sohn war der Tod
eine bessere Welt als unsere helfen, dass Sie
Welt hier.
aufmerksamer werden.
Die Krankheit Depression ist
so schlimm und schwer, dass Depressionen sieht keiner,
es für ihn eine (Er-)Lösung
war zu sterben…. nur der Betroffene merkt,

Er ging zur Schule und Ich habe sehr viel über die dass etwas nicht stimmt.
Krankheit Depression und
trainierte die Bambinis vom viele Bücher von Betroffenen Depression ist anders als
gelesen. Heute erst weiß ich,
Fußballverein. Die was in meinem Sohn andere Krankheiten, die jeder
vorgegangen sein muss und
schulischen Leistungen welche Schmerzen er hatte. sieht und über die jeder

ließen nach und er bekam spricht. Über Depressionen

Nachhilfeunterricht. Ein wird immer noch nicht

zusätzlicher Zeitfaktor, den gesprochen und es gibt kaum

er ausnutze, um sich noch Informationen bei

weniger mit Freunden zu Hausärzten, Apotheken und

treffen. Schulen. Dabei sind

Der erste Satz in seinem Depressionen weit verbreitet

Abschiedsbrief lautet: und es gibt in Deutschland

„Wenn Ihr diesen Brief lest, jedes Jahr mehr als 10.000

Suizide.

bin ich bereits in einer

besseren Welt, in der ich

endlich meinen Frieden

finden werde.“ bTeyipKisincdhDeeerpnAr/Jneuszgseeioincndheliecnhnenvosnind:

- das Kind möchte nicht erwachsen werden und sagt es auch

- Das Kind hat oft Rücken-, Muskel- oder Kopfschmerzen und der Arzt findet keine
Ursache

Ihr Kind spricht plötzlich gelegentlich Kauderwelsch die Schulnoten verschlechtern sich
es kann sich nicht mehr lange konzentrieren

-und ist sehr oft müde es zieht sich zurück und meidet Freunde und Verabredungen

- es gibt seine Hobbies auf es weiß nicht, was es anziehen soll, obwohl der
Kleiderschrank voll ist

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Die Anderen sind Scheiße!

Wenn man nicht Aber es gibt Wege gut Die Gesellschaft akzeptiert

funktioniert wie die manchmal sind es nur deine Krankheit nicht.

Gesellschaft es gewohnt Trampelpfade, aber Damit grenzt du dich

ist, dann steht man schnell erinnern wir uns an ungewollt schon ein Stück

im Abseits. Alleine und als unsere Kindheit weit aus, bekommst einen

Sonderling, von den zurück..waren es nicht die Stempel aufgedrückt und

anderen macht sich dabei Trampelpfade, die uns an das wars. Die anderen

kaum jemand die Mühe, die spannensten Orte verstehen den Unterschied

hinter die Fassade zu führten? Manchmal z.B. zwischen „Einsam“ sein und

schauen. Und warum auch hilft es das Chaos in den „alleine“ sein nicht. Es kann

leben wir heute doch eigenen vier Wänden zu gut sein das ich einen

längst in einer Gesellschaft, beseitigen und man großen Freundeskreis habe

in der sich jeder selbst der bekommt ein klein wenig, und einen Partner der mich

nächste ist. Wie schwer ein das Gefühl man hätte das liebt und dennoch fühle ich

Leben mit Chaos in seinem Leben mich einsam. Weil sie es

Stimmungsschwankungen auch gleich etwas nicht verstehen

und Depressionen sein beseitigt. können..diese Gefühle und

kann, das können sich die Beschäftigung aus eigenem Gedanken, die einen
Antrieb kann hilfreich sein.
anderen gar nicht Es bringt oft wenig wenn Nachts wach halten. Die
einem jemand anderes in
vorstellen. Als wenn man den Hintern tritt. einem dem Tag trüben..
Woher soll der schließlich
auf zu dünnem Eis steht, wissen, was einem gut tut.
Der eine hört Musik wenn
immer kurz davor es ihm schlecht geht, ein
anderer malt oder geht
einzubrechen. raus in die Natur. Wichtig
ist einfach das ihr wisst..ihr
Die Gesellschaft hat noch seit nicht allein, es gibt so
immer nicht gelernt, viele von uns! Und die
jeden Menschen so zu Ratschläge der anderen wie
akzeptieren wie er ist. : Schaff dir bloß ein
Bei vielen Depressiven lief dickeres Fell an, du mußt
in der Kindheit schon mehr raus, du brauchst
einiges nicht ideal. So eine Beschäftigung etc.
müssen sie klar kommen sind NICHT hilfreich. Im
mit Gewalt,Ängsten und Gegenteil es hat den
Verlust. Einsam,isoliert Anschein als wenn diese
und auf´s Leben schlecht Worte, die eigentlichen
vorbereitet. Probleme nur runter
So sollen sie dann Beruf, spielen sollen.
Partnerschaft und Familie
meistern. Es liegt auf der
Hand das dies nicht bei
allen von Erfolg gekrönt
ist. Was aber tun wenn
man so leben muß, ein
Allheilmittel gibt es nicht.

33

Mir ihre Geschichte Neulich habe ich im Leider haben nicht alle
erzählten, einfach Ballast Internet einen Text Menschen das Glück, in
abwerfen wollten. entdeckt, inhaltlich war er ihrem Leben jemanden
Sie wollen einfach nur in etwa so: Meine Tür ist zu haben der immer ein
reden, jemanden haben der immer offen, meine offenes Ohr für sie hat.
sich Zeit für sie nimmt. Kaffeemaschine Doch genau das ist es
Der Schritt aus dem funktioniert und mein was viele brauchen, es ist
Schatten ist schwer, ist er Heim ist ein Ort der so einfach und kostet
doch Jahre lang das einzige Zuflucht. Wenn meine nicht viel, nur ein wenig
gewesen dessen man sich Freunde ein offenes Ohr Zeit und Verständnis.
sicher sein konnte. brauchen, werde ich ihnen Ich habe es schon ganz
Aber es lohnt sich jeder Tag zuhören. Denn sie sind oft erlebt, das sich mir
im Licht, ist ein Stück nicht allein! Menschen anvertrauten
Lebensqualität das man sich
zurück erkämpft. d  ie mich kaum kannten.
Vielleicht wird man nie ganz
wie die anderen, aber man Nina
lernt besser damit zu leben.
Und mal ehrlich.. wer will
schon wie die anderen
sein ;-)

34

Fortsetzung aus 3-2016

Bipolar / Manische Störung

Ich kannte keine Liebe. Kaum zu verstehen, je Sie haben ganz andere Einfälle, Ideen die
mehr ich von außen Freude bekam, je mehr anderen können das meistens nicht
drehte ich auf. Es gab keine Beruhigung mehr. nachzuvollziehen. Ich habe das heute noch,
Es gab auch viele Ereignisse, nicht alle so trotz meiner medizinischen Einstellung. Zum
wichtig , für mich scheinbar waren.Ursache Schluss zeigt sich das dann oft ist alles
sind die Nervenbahnen die blank liegen. Also Blödsinn, aber man muss erst mal auf
sie sind nicht geschützt. Es würde bedeuten , Blödsinn kommen. Ich denke öfters viele
du bekommst 5000 Informationen stündlich. Menschen sind zu langweilig und nicht frei
Bei einen gesunden Menschen wird dies genug. Für solche Leute wie ich wird es nie
gebremst, abgeschirmt. Nach sehr langer Zeit langweilig. Ich suche einfach immer nach
hat man es mir gefunden, es fehlte Licium . interessanten Dingen oder erforsche etwas
Dazu braust du noch zwei Stabilisatoren die aber am liebsten rede ich mit Menschen. Ich
ständig geprüft werden müssen. Die kann mich nicht zwei Stunden anschauen und
Einstellung dauert sehr lange. Zu viele Mittel, nichts sagen, wenig Regung zeigen oder keine
Verträglichkeiten und unbedingt keinen Gefühlsregungen haben. Lieber mache ich
Alkohol trinken. Kein Alkohol ist sehr wichtig, sinnlosen Spaß über mich oder andere Leute.
sonst funktioniert das System Tabletten nicht. Ich glaube nun, wenn du solange krank gelebt
Licium schützt die Nervenbahnen, wie bei hast wie ich es zum Teil beschrieben habe,
jeden anderen Menschen. Im Leben wirst du willst du immer Spaß haben und etwas im
gefordert, musst entscheiden, Stress, Arbeit Mittelpunkt stehen. Mir liegt doch die Rolle
nun das ganze Leben. Manchmal ist es besser ,ich habe genug Übung und allen meinen
für Dich, einer entscheidet mit für Dich. Du Bekannten würde etwas fehlen.
kannst Dich sehr leicht verrennen. Das Gefühl
habe ich zu oft. Gut es kann jeden passieren
sich zu verrennen, ich weiß nicht bei wem das
öfters passiert. Wie gesagt ,du müsstest wie
ein Uhrwerk ticken und so leben das du stabil
bleibst. In anderen Ländern ist das vielleicht
besser für solche Menschen. Ich denke auch
an wärmere Länder oder Länder mit weniger
Stress und Konsum. Noch was komisches mit
dieser Krankheit ist, es als hättest du keine
Meinung. Du stehst halt immer zwischen zwei
Polen. Das bedeutet auch man ist sehr
beinflussbar. Ein sehr gefährlicher Punkt. Es
hat aber auch positive Seiten, bei einen
Umgang mit guten Leuten. Ständig offenen
Bahnen zu haben ist sehr schwer. Aber das ist
eine normale Stoffwechsel Krankheit, du bist
nicht verrückt. Menschen mit
Bipolarenstörungen waren oft schon Genies.

35

Auf Grund meiner jetzigen Medizin kann ich Später lernte ich viele Liebe Menschen
mich dann doch bremsen. Viele Leute haben kennen. Ich habe oft darüber gestaunt, wie
zu mir schon gesagt du hast bestimmt viel nett sie waren. Wahrscheinlich war das
Spaß in deinen Leben gehabt. Dieser Zustand manchmal auch zu viel für mich. Die Frage
ist so nicht schlecht, aber etwas gefährlich. Z.B. war, wieviel Liebe vertrage ich. Wenn du im
Fehleinschätzungen, zu hohes Risiko in vielen seelischen Kummer groß geworden bist, dann
Bereichen und andere Sachen. Das gefällt den kann man mit Liebe und Freude später
meisten Menschen wenn du dich so zeigst, schlecht umgehen. Welche Freude auch
aber du musst immer Obacht geben, dass du immer, es ist schwer und nicht greifbar mit
wieder runterkommst. Ein gesündere Mensch Ihr umzugehen. Egal was jetzt kommt oder
fährt eher runter, er hat das Problem sowieso gewesen ist, ich hatte viel Glück. Es könnte
nicht. Das Problem ist es, dies wirklich zu auch sein ich wäre heute ganz woanders.
erkennen. Mit der Freude versuch ich Genau gesehen bin ich fröhlich, selten mit
nochmals zu erklären. Du kennst keine Liebe, Vorurteilen behaftet im allgemein neutral
wirst unterdrückt erzogen, es herrscht ständig und andere Eigenschaften.
Ungerechtigkeit, Streit und sonstiges, was soll
dann werden. Dazu kommt, ich sollte immer
der beste, schnellste und fleißigste und alles
sein. Und alles ohne Anerkennung und Liebe?

36

Als ich mich selbst zu lieben begann

Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich verstanden, dass ich immer und bei jeder Gelegenheit,
zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin
und dass alles, was geschieht, richtig ist
von da an konnte ich ruhig sein.
Heute weiß ich: Das nennt man VERTRAUEN.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
konnte ich erkennen, dass emotionaler Schmerz und Leid
nur Warnungen für mich sind, gegen meine eigene Wahrheit zu leben.
Heute weiß ich: Das nennt man AUTHENTISCH SEIN.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört, mich nach einem anderen Leben zu sehnen
und konnte sehen, dass alles um mich herum eine Aufforderung zum Wachsen war.
Heute weiß ich, das nennt man REIFE.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört, mich meiner freien Zeit zu berauben,
und ich habe aufgehört, weiter grandiose Projekte für die Zukunft zu entwerfen.
Heute mache ich nur das, was mir Spaß und Freude macht,
was ich liebe und was mein Herz zum Lachen bringt,
auf meine eigene Art und Weise und in meinem Tempo.
Heute weiß ich, das nennt man EHRLICHKEIT.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich mich von allem befreit, was nicht gesund für mich war,
von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen
und von Allem, das mich immer wieder hinunterzog, weg von mir selbst.
Anfangs nannte ich das ‘Gesunden Egoismus’,
aber heute weiß ich, das ist SELBSTLIEBE.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich aufgehört, immer recht haben zu wollen,
so habe ich mich weniger geirrt.
Heute habe ich erkannt: das nennt man DEMUT.
Als ich mich selbst zu lieben begann,
habe ich mich geweigert, weiter in der Vergangenheit zu leben
und mich um meine Zukunft zu sorgen.
Jetzt lebe ich nur noch in diesem Augenblick, wo ALLES stattfindet,
so lebe ich heute jeden Tag und nenne es BEWUSSTHEIT.
Als ich mich zu lieben begann,
da erkannte ich, dass mich mein Denken
armselig und krank machen kann.
Als ich jedoch meine Herzenskräfte anforderte,
bekam der Verstand einen wichtigen Partner.
Diese Verbindung nenne ich heute HERZENSWEISHEIT.
Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen,
Konflikten und Problemen mit uns selbst und anderen fürchten,
denn sogar Sterne knallen manchmal aufeinander
und es entstehen neue Welten.
Heute weiß ich: DAS IST DAS LEBEN !

Charlie Chaplin`s Rede zu seinem 70. Geburtstag

37

„Einen alten Baum verpflanz man nicht“-
Wohnraumberatung für Menschen mit Demenz

Die eigenen vier Wände sind den meisten von uns das Wichtigste im Leben. Kommt es zu
körperlichen, seelischen oder geistigen Einschränkungen wird das zu Hause sein und bleiben
umso schwerer.
Auch bei einer Demenz können enorme Schwierigkeiten oder Gefährdungen im ganz normalen
Alltag entstehen. Vielleicht beginnt es mit dem Vergessen des Schlüssels, später des Herdes…!
Bei einer dementiellen Erkrankung ist es wichtig frühzeitig Quellen der Eigen-/ Fremdgefährdung
zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Dazu gehören neben dem Abklemmen des Herdes
und Anbringen von Rauchmeldern auch Maßnahmen zur Sturzvermeidung.

Nicht vergessen werden sollte bei Veränderungen im Wohnumfeld, das Wohlbefinden, sinnhafte
Betätigung, sowie Teilhabe in den alltäglichen Abläufen ein Zuhause ausmachen. Dies ist in
hohem Maße durch die individuelle Biografie geprägt.
Schon kleine Umgestaltungs-und Anpassungsmaßnahmen , Orientierungshilfen, gewohnte
Beschäftigungen und Rituale können sinnvoll sein. Sie geben dem Betroffenen Struktur und
Sicherheit im alltäglichen Geschehen und wirken sich auch positiv auf Unruhe oder einen
gestörten Tag-Nacht-Rhythmus aus.
Der Pflegebedarf verändert sich im Verlauf der Erkrankung zunehmend. Deshalb kann es später
auch notwendig werden, größere Umbaumaßnahmen vornehmen zu lassen oder eine andere
Wohnform zu finden.

Was die Wohnraumberatung tun kann zeigt folgendes Praxisbeispiel:

Die Ausgangssituation
Frau D. Menz ist 84 Jahre alt. Durch eine primäre Parkinsonerkrankung ist sie in ihrer Mobilität
beeinträchtigt, kann nicht sicher frei stehen und nur in Begleitung am Rollator gehen. Die
Diagnose Demenz wurde vor 4 Jahren gestellt. Sie hat Schwierigkeiten in der Orientierung und
zeigt phasenweise eine deutliche Unruhe. Frau Menz lebt in einer voll eingerichteten kleinen
Wohnung im Obergeschoss eines großen Einfamilienhauses. Ihre Tochter und ihr Schwiegersohn
bewohnen die untere Etage. Die Angehörigen haben in der Küche die Elektrogeräte entfernt und
den Herd abgeschaltet. Es gibt in allen Räumen Rauchmelder. Frau Menz fällt seit längerem das
Treppensteigen schwerer. Zudem muss sie morgens und abends in der Grundpflege und zeitweise
auch bei den Toilettengängen unterstützt werden. Da ihre Angehörigen noch berufstätig sind,
besucht Frau Menz täglich von 8-16 Uhr eine Tagespflege. In den Abendstunden und an den
Wochenenden übernehmen die Angehörigen die Pflege. Frau Menz hat den Pflegegrad 4 und die
Familie erhält Geldleistungen von der Pflegekasse.

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Biografisches
Frau Menz hat 3 Kinder, die sie größtenteils allein erzogen hat, sowie 2 Enkel-/ Urenkel. Sie hat
immer körperlich gearbeitet, ihren Haushalt selbständig versorgt. Sie ist eine sehr zurückhaltende
Person, spricht wenig. Mit Handarbeiten und ihrem Garten hat sie sich immer gerne beschäftigt.
Der erste Kontakt zur Wohnraumberaterin
Die Angehörigen sehen den Verbleib in der oberen Etage als immer schwieriger an und haben
über die Empfehlung einer Bekannten Kontakt zur Wohnraumberaterin aufgenommen. Diese
bestätigt den Eindruck der Angehörigen und informiert in mehreren Einzelterminen im
Hausbesuch zu Möglichkeiten der Wohnraumoptimierung.

Die Treppe
Alternativen zum Treppensteigen bietet der Einbau eines
Treppenliftes oder der Bezug eines noch vorhandenen
großen Zimmers in der unteren Etage. Im ersten Schritt
haben sich die Angehörigen auf Vorschlag der
Wohnraumberaterin zu einem Treppenlift durch eine
Fachfirma informiert. Dieser sprengt, trotz Möglichkeit eines
Pflegekassenzuschusses von 4000 Euro (Voraussetzung
Einstufung in einen Pflegegrad), deutlich den finanziellen
Rahmen. Deshalb hat die Familie beschlossen, Frau Menz
das Zimmer im Erdgeschoss einzurichten. Hier finden ein
Pflegebett und Toilettenstuhl, neben persönlichen Möbeln,
wie ihrem Lieblingssessel, Platz. Die sogenannten
technischen und Pflege-Hilfsmittel werden durch den
Hausarzt verordnet. Eine Wand wird mit Bildern der ganzen
Familie bestückt und laden zu Gesprächen und Erinnerungen
ein. Frau Menz hat den Umzug ins Erdgeschoss ohne
Schwierigkeiten bewältigt.

39

Schwellen

Im Erdgeschoss gibt es je eine Schwelle im Eingangsbereich und zu einem kleinen Flur über
den man das Badezimmer erreicht. Die Angehörigen haben diese mit einer einfachen
Holzrampe eigentätig überbrückt. Dies ist eine gute und kreative Alternative zu den recht
teuren und nicht verordnungsfähigen Rampen aus dem Fachhandel, sollten aber als
Holzrampe nur im Innenbereich angebracht werden. Frau Menz kann jetzt im Erdgeschoss
alle Räume mit einem sog. Stubenrollator begehen. Auch das Bad.

Das Badezimmer

Dieses ist mit ca. 20qm sehr groß, verfügt

aber nur über eine Dusche mit einem hohen

Einstieg und eine Badewanne. Die

Wohnraumberaterin erläutert

Möglichkeiten des Umbaus und deren

Finanzierung. Die Angehörigen entschließen

sich zu einem bodengleichen Umbau der

Dusche mit Hilfe des Pflegekassenzuschuss

von 4000 Euro. Dieser wird durch einen

Fachbetrieb realisiert. Desweiteren werden

zur Erleichterung des Duschens ein

Duschstuhl und der Toilettengänge eine

Sitzerhöhung mit Haltegriffen über ein

Hausarztrezept organisiert.

Im Verlauf der Anpassungs- und Umbaumaßnahmen entschließt sich die Familie auch
Sachleistungen aus der Pflegeversicherung zur Grundpflege in Anspruch zu nehmen.

Orientierung
Zur besseren Orientierung gibt es in Frau Menz Zimmer
eine große Wanduhr und einen Tageskalender. Am Bett
hat sie einen Beistelltisch mit einer einfach zu
bedienenden Lampe für die Nacht. An den Türen sind
Hinweisschilder mit eindeutigen Piktogrammen
angebracht.

40

Pflege und Aktivitäten

Frau Menz besucht von Montag-Freitag eine Tagespflege, in der sie vielfältige
Beschäftigungsangebote erhält. Am Abend nimmt sie das Abendbrot gemeinsam mit ihren
Angehörigen ein. Ein Pflegedienst unterstützt sie morgens beim Waschen, Ankleiden und
Frühstück, sowie abends bei der Vorbereitung zur Nacht und zweimal wöchentlich beim
Duschen.
Am Wochenende hilft Frau Menz ihrer Tochter z.B. beim Kochen. Sie kann noch sehr gut beim
Schneiden der Zutaten helfen. Alle Mahlzeiten werden gemeinsam eingenommen. Der
Schwiegersohn unternimmt kleine Spaziergänge am Rollator mit ihr. Bei schönem Wetter
genießt Frau Menz den schön angelegten Bauerngarten des Hauses auf „ihrer kleinen Bank“.
Auch freut sie sich über die Besuche ihrer Enkel-und Urenkelkinder.

Das Beispiel zeigt eine Betroffene in
hochbetagtem Alter, die durch ihre Familie
sehr gut eingebunden ist. Ein Hilfenetzwerk
ist aktiv an der Versorgung zu Hause beteiligt.
Über die baulichen und kleinen
Anpassungsmaßnahmen werden die
körperlichen und kognitiven Einschränkungen
positiv beeinflusst. Weiterhin sorgen
Tagespflege, Beschäftigung und Rituale
zuhause für aktive Teilhabe und
Wohlbefinden. Die Wohnraumberaterin
agiert immer individuell und zeigt
Möglichkeiten auf, die zur jeweiligen
Situationen passen könnten. Das ist ein
dynamischer Prozess, der sich fortwährend
anpasst und Zeit braucht.

Die Wohnraumberatung gehört zum umfassenden Beratungsangebot des Demenznetz
Herzogtum-Lauenburg. Weiterhin gibt es eine allgemeine Beratung zum Thema Demenz, eine
Sozialberatung und eine nicht-medizinische Gedächntissprechstunde.

Möchten Sie Kontakt zu uns aufnehmen?
Wir freuen uns auf Sie !

Pia Lüneberg-Kleinschmidt
Demenznetz Herzogtum-Lauenburg
Schmilauer Straße 108
23909 Ratzeburg

Fon: 04541 13 39 39
E-Mail: [email protected]

41

Psychische-Selbsthilfe e.V. Landstraße 3 , 21481 Buchhorst

Aufnahmeantrag

Hiermit beantrage ich,

Mitglied – Nr. ______________

wird vom Verein eingetragen

Name, Vorname __________________________________________________

Geburtsdatum __________________________________________________

Straße __________________________________________________

PLZ / Wohnort __________________________________________________

Telefon __________________________________________________

Email __________________________________________________

die Aufnahme in den Verein Psychische-Selbsthilfe e.V. Lauenburg

ab dem: 1.1._________ (Die Mitgliedschaft richtet sich nach dem vollem Kalenderjahr)

Aufnahmegebühr einmalig 10 €
Jahresbeiträge (zutreffendes bitte ankreuzen)

( ) Erwachsene aktive Mitglieder 12,00 €
( ) Erwachsene inaktive und fördernde Mitglieder 24,00 €
( ) Erwachsene Familienangehörige
( ) Schüler, Studenten und Auszubildende über 16 Jahre 6,00 €
6,00 €
Rentner, sozial Ermäßigte (aktives Mitglied)

Optional:

Einzug erfolgt jährlich zum 2. Januar (keine Vorab-Info mehr nötig)

Ort, Datum Unterschrift

……………………………………………………………..
(bei Minderjährigen Unterschrift eines gesetzlichen Vertreters)

Psychische-Selbsthilfe e.V.
Landstraße 3

21481 Buchhorst

42

Reg Nr.: VR 3882 HL

Mitglied Nr. __________________ Name :___________________

wird vom Verein vergeben

SEPA-Lastschriftmandat

(wiederkehrende Zahlungen)

Gläubiger-Identifikationsnummer: DE41ZZZ00001714967

Mandatsreferenz: Jahresbeitrag Psychische-Selbsthilfe e.V.

Ich ermächtige den Psychische Selbsthilfe e.V. Lauenburg, Zahlungen von meinem
Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich meine Kreditinstitut an,
die vom Psychische-Selbsthilfe e.V. Lauenburg auf mein Konto gezogenen Lastschriften
einzulösen.

Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum,
die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem
Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.

Kreditinstitut: ……………………………………………………. BLZ: …………………………
BIC: ………………………………
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Konto-Inhaber: …………………………………………
Konto-Nr.: ……………… IBAN: D E _ _ I _ _ _ _ I _ _ _ _ I _ _ _ _ I _ _ _ _ I _ _

Die Daten werden zur Vereinsverwaltung auf elektronischen Datenträgern während der
Mitgliedschaft gespeichert.

………………………………………… , den ……………………..

………………………………………………………………………………….
(Ort) (Datum) Unterschrift (bei Minderjährigen die Erziehungsberechtigten)

(Bei Minderjährigen ist die Unterschrift des/r Erziehungsberechtigten zwingend
erforderlich. Mit der Unterschrift erklärt/en sich der/die Erziehungsberechtigte/n bereit,
die Beitragszahlung bis zu Volljährigkeit des Kindes zu übernehmen.)

Psychische-Selbsthilfe e.V.
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21481 Buchhorst
Reg Nr.: VR 3882 HL

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Sponsorenvertrag

zwischen

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Strasse: ______________________________________________

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Telefon: ______________________________________________

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und

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Die Vertragspartner vereinbaren zum Zwecke des Sponsorings nachfolgende Leistung/en auf
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Schaltung von Werbung in der Zeitschrift Psypresse in folgender Größe:
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Zuzüglich Onlineausgabe www.psypresse.de von ca. 1000 Aufrufe pro Auflage.
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Dauer ca 5 Min Onlinezeit der Sendung 2 Monate Spende hierfür min. 50 € pro Sendung. Auf Wunsch
auch gerne als Werbespot Preis auf Anfrage

Der o.g. Vertragspartner stellt zur Förderung des Vereins Psychische-Selbsthilfe e.V.
zweckgebundene finanzielle Mittel zur Verfügung. Im Gegenzug verpflichtet sich die Psychische-
Selbsthilfe e.V die Werbung in der Zeitschrift Psypresse an geeigneter Stelle gut sichtbar zu

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An dieser Ausgabe haben
mitgewirkt:

Elif Gündogan
Angelika Storm
Andreas Holtermann
Margret Warnecke
Birgit Vietz
Demenznetz Ratzeburg

und weitere


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