Kambodscha
Die Blüte des Königreichs Kambodscha ist schon etwas her. Es geht aus Kambuja dem Königreich der Khmer hervor, das vom 9. bis zum
15. Jahrhundert Tempelanlagen in Angkor, Roluos, Banteay Srei und Preah Vihear errichtet die heute als UNESCO-Weltkulturerbe gelten. Der
Bürgerkrieg nach der Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Frankreich im Jahr 1953, der Vietnamkrieg sowie das Terrorregime der Roten Khmer
von 1975 bis 1979 bringen Kambodscha massive Probleme. Heute leben in dem Land mit etwas mehr als der doppelten Fläche von Österreich
14 Millionen Menschen. Sie sind zum Großteil buddhistische Khmer die seit fast 2.000 Jahren hier ansässig und mit einem durchschnittlichen Alter
von 22 Jahre sehr jung sind. Obwohl die Vietnamesen Kambodscha von Pol Pot’s Terrorregime befreien, gibt es immer wieder starke Spannungen
zischen ihnen und den Khmer. Die Vietnamesen werden oftmals als Barbaren gesehen, auch weil sie zunächst das Mekong Delta annektieren und
dann nach dem Sturz von Pol Pot weitere zehn Jahre im Land bleiben.
Rote
Khmer
Bruder Nr. 1 war schon ein Jahr Ministerpräsident als er seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte. Als Arbeiter einer Kautschukplantage.
Währenddessen geht Pol Pot bereits seiner eigentlichen Arbeit nach. Jeden vierten seiner 8 Millionen Mitbrüder bringt er durch Exekution,
Zwangsarbeit, Unterernährung und mangelnde Medizinische Versorgung während seiner Herrschaft von 1975 bis 1979 um. Die von ihm
angeführten Roten Khmer gehen aus der Kommunistische Partei Kambodschas hervor, sehen die Verstädterung als Grundübel von allem und
verwandeln innerhalb weniger Tage durch die Vertreibung ihrer 2 Millionen Einwohner die Hauptstand Phnom Penh in eine Geisterstadt.
Bereits innerhalb weniger Monate machen sie aus dem ganzen Land ein gigantisches Arbeits- und Gefangenenlager. Im Sean, unser Guide, ist
in einem solchen Arbeitslager 1976 zur Welt gekommen. Seine Mutter musste ihn hinsetzen oder hinlegen, für alles andere war er zu schwach.
Heute führt er uns in das Foltergefängnis S-21 und zu den Killing Fields.
Tuol
Sleng
(S-21)
Die Roten Khmer bauen gleich nach der Eroberung von Phnom Penh das Gymnasium in der 103. Straße in das Foltergefängnis Tuol Sleng, kurz
S-21, um. Die Anlieferung neuer Gefangener erfolgt immer in Gruppen, da auch Ehepartner und Kinder mitkommen müssen. Als
Foltermethoden kommen im S-21 Elektroschocks, das Untertauchen in Wasserbottichen, das Aufhängen an den hinter dem Rücken
zusammengebundenen Händen bis zur Bewusstlosigkeit, Daumenschrauben und das Einführen von Säure oder Alkohol in die Nase zum
Einsatz. Kaing Guek Eav, der ehemalige Leiter von S-21, wird am am 26. Juli 2010 zu 35 Jahren Haft verurteilt. Ein kleiner Trost der Gerechtigkeit
für den Mechaniker Chum Mey, einem der sieben Überlebenden von S-21. Er überlebte, weil er lange seinen Peinigern nützlich sein konnten.
Heute sitzt er am Eingang zu Tuol Sleng und verkauft Bücher. Seine eigene Geschichte ebenso wie die anderer. Von irgendetwas muss er ja
leben.
Killing
Fields
17 km südlich von Phnom Penh befindet sich in Choeung Ek, ursprünglich nur ein chinesischer Friedhof. Die Roten Khmer machen daraus ein
schreckliches Vernichtungslager. Um Munition zu sparen werden über 17.000 Menschen aus dem Foltergefängnis S-21 mit Palmenästen und
Eisenstangen erschlagen oder, falls es Kinder sind, solange gegen einen Baum geschleudert, bis sie tot sind. Heute regnet es stark, deshalb
kommen wie immer Kleidungsstücke und Knochenreste durch die Oberfläche der Massengräber hervor. An ihren Rändern stehen Schilder,
dass man sie deshalb nicht betreten soll.
Religion
Der Großteil der kambodschanischen Bevölkerung glaubt an den Theravada-Buddhismus, die äteste noch existierende Form des Buddhismus. Sie
geht auf jene Mönchsgemeinde zurück, die zu den ersten Anhängern des Buddha gehörte. Unter den Roten Khmer wurden nahezu alle
buddhistischen Mönche getötet. Heute leben wieder rund 60.000 in den rund 4.000 neu aufgebauten Tempelanlagen, den Wats.
Leben
Kambodscha ist nach jahrelangem Bürgerkrieg heute eines der ärmsten Länder der Welt. Bis 1970 hat es noch einen hohen Lebensstandard
und gilt als die Schweiz Südostasiens. Nach dem Terrorregime der Roten Khmer und der Besatzung durch Vietnam muss es wieder von vorne
beginnen. Wirtschaftshilfe kommt nur aus dem Ostblock, bis auch dieser zusammenbricht. Ein Wirtschaftsaufschwung ist ab 1993 mit der
Einführung der Marktwirtschaft spürbar und zeigt sich in hohen einstelligen Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts. Das
Durchschnittseinkommen eines Haushalts liegt bei rund 200 US$ pro Monat, wobei eine Familie in der Stadt ein fünfmal höheres Einkommen
erzielt als eine am Land.
Und doch scheint der Zukunftsoptimismus geringer als im benachbarten Vietnam zu sein. Eher spürbar ist die Hoffnung auf Hilfe von außen
und der Blick zurück in die große Vergangenheit des Königreichs der Khmer das von den Thais und Vietnamesen beraubt wurde.
Siem
Reap
Siem Reap liegt nur 10 Kilometer vom Tonle-Sap-See entfernt, dem größten und fischreichsten Binnengewässer Südostasiens. Heute ist die
blühende Kleinstadt wieder von vielen Werkstätten und Künstlergruppen geprägt - und vom Tourismus. Sie ist der ideale Ausgangspunkt für
die Besichtigung von Angkor. 90% aller Besucher von Kambodscha sehen nur Siem Reap und Angkor. In den Garküchen gibt es Käfer,
Schlangen und Spinnen. Wir essen aber großartiges kambodschanisches Fondue, ohne Käfer und ohne Frosch, nur mit Krokodil und sechs
anderen Fleischarten. Der alte Markt wird am Abend zum Lignano Sabbiadoro unserer Kindheit. Hier dominiert dann eher die Pizza.
Angkor
Das Königreich der Khmer hat sein Zentrum vom 9.-15. Jahrhundert in Angkor. Auf einer Fläche von über 200 Quadratkilometern errichten die
Könige der Khmer nacheinander verschiedene Hauptstädte deren Mittelpunkt jeweils ein Haupttempel bildet. Am Höhepunkt seiner Ausdehnung
leben in Angkor mehr als eine Million Menschen und verehren ihre Götter in 1.000 hinduistischen und später buddhistischen Tempeln.
Suryavarman II., er regiert von 1113 bis ca. 1150, gelingt es das Reich zu einen und zu erweitern. Unter seiner Regentschaft wird in einer Bauzeit
von 37 Jahren mit Angkor Watt die größte Tempelanlage der Welt erbaut. Etwa hundert Jahre später beginnt in Österreich die erste große
Ketzerverfolgung durch die Inquisition in 40 Pfarren zwischen dem Salzkammergut und dem Wienerwald.
Aus der Blütezeit von Angkor sind keine unmittelbaren schriftlichen Aufzeichnungen erhalten. Die wichtigsten Quellen sind Säuleninschriften und
der Besuchsbericht des chinesischen Botschafters aus dem Jahr 1297. Heute sind die Tempelanlagen zum Großteil ziemlich verfallen und
geplündert. Bis vor 20 Jahren wurden meist von Einheimischen Statuen geraubt und verkauft. Im 15. Jahrhundert verlegen die Khmer-Könige ihre
Hauptstadt immer mehr südlich in die Umgebung von Phnom Penh um den Thai-Angriffen zu entkommen und handelspolitische Vorteile zu
nutzen.
Wir verbringen zwei Nächte in einem eigens für uns aufgebauten Hauszelt, gut versorgt von unseren Köchen, Boys und Kellnern, wie immer
auch von unserem Fahrer und unserem Guide. Diesmal haben wir es besonders nötig - das letzte kambodschanische Fondue hat uns nicht
wirklich gut getan. Doch auch im Halb-Delirium erkennen wir die Großartigkeit der im Dschungel versteckten Tempel.