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Theaterstück
© Das Verdammte Volkstheater (2018)

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Published by spamerondiaz, 2020-11-03 20:01:45

Wild ist der Westen

Theaterstück
© Das Verdammte Volkstheater (2018)

Keywords: theater,stageplay

WILD ist
der WESTEN

ein dorf hat ein geheimnis

Erzähler Marko Cinquanta
U.S. Marshal Tex Marker Martin Weilbächer
Sheriff Dick Bush Uwe Kern
Susan Bush, seine Tochter Anne-Kathrine Bucur
Valerie Oaksfield Miriam Römheld
Jebediah Kingstontown David Seitz
Racooney Bluelake Robert Winkelmann
Hank Winebarrel Manuel Schmidt
Raven Bunnybottom Birgit Beck
Pinky Bunnybottom Nastassja Knöss
Violet Bunnybottom Diete Härtig
Lucky Steven Hatehole Stefan Luck
Flüsterndes Reh Peggy LeBel
Kleine Natter Karlotta Kracht
Medizinmann Gesine Biedert
Butch the Butcher Michael Willam

-2-

♫ Der erste Sound (fängt sehr laut an) ♫

♫ Dann: Mischung aus / Folge von traditionellen Songs, Indianerrufen, ♫

♫ Tierlaute (Kojote etc.). Etwa 2 Minuten lang. ♫

Es ertönt ein brachialer Indianerschrei (Morgengruß)

ERZÄHLER
Haben sie gehört? Das ist der Morgengruß. Tja, meine Damen und Herren, wir
befinden uns hier und jetzt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Kurz nach
dem Sezessionskrieg. Irgendwo in Iowa oder Missouri. In Nebraska, Wyoming
oder Colorado. Was weiß denn ich. Es ist ein kleines gemütliches Dorf. Sehr
liebenswert und sehr überschaubar. Schauen sie mal, da kommt gerade der
Sheriff.

AUFTRITT SHERIFF

♫ Sheriff-Sound ♫

Dick kommt aus seinem Haus, reckt sich, streckt sich, gähnt, lächelt glückselig in den

blauen Himmel

AUFTRITT SUSAN

♫ Susan-Sound ♫

Susan kommt aus gleicher Tür, umschlingt die Taille ihres Vaters und legt ihren Kopf an

seine Brust

ERZÄHLER

Und da haben wir Susan. Seine wunderschöne Tochter. Ach, und wer kommt
denn da?

AUFTRITT VALERIE und JEBEDIAH (beladen mit Körben und Utensilien)

♫ Valerie-Sound ♫

♫ Jebediah-Sound ♫

In den nächsten Minuten schlendern alle zum Dorftreffpunkt (kleine Bühne) hin, werden

mit Kaffee, Brot und Eiern versorgt

ERZÄHLER

Valerie und Jebediah! Sie bewirtschaftet die einzige Farm des Dorfes, er ist
Wissenschaftler, Arzt, Erfinder, Mathematiker, Philosoph und noch einiges mehr.
Sie baut an, er erfindet Schädlingsbekämpfungsmittel. Sie kocht, er schient
Brüche. Und so weiter und so fort.
Und dort streckt den Arm in eine Richtung aus kommt auch schon Hank Winebarrel,
der hübsche, junge Schmied mit den kräftigen Oberarmen.

AUFTRITT HANK

♫ Hank-Sound ♫

Grüßt freundlich in die Runde, winkt Susan überschwänglich und wirft ihr Kusshände zu

-3-

ERZÄHLER

Und dort der nächste Augenschmaus. Die drei schönen Schwestern aus dem
Saloon.

AUFTRITT DIE 3 SCHWESTERN ♫
♫ Die3Schwestern-Sound

ERZÄHLER

Pinky, die Jüngste, Violet, die Lustigste und Raven. Madam Raven ist tätowiert,
vom Halse bis zur Spann. Und jeder, der sie engagiert, sieht sich die Bilder an!
Pinky und Violet sind stumm! mit noch theatralischer Geste: Fragen sie nicht
warum!!! fängt an zu lachen während von weit hinten, wild mit den Armen rudernd,
Lucky auf die drei Schwestern zurast, seltsame Geräusche machend

AUFTRITT LUCKY

ERZÄHLER
Lucky Stevens! Der Mann, in dessen Oberstübchen gravierende, seltsame Dinge
passiert sind.

Die drei Schwestern und Lucky umarmen sich wild und freudig, Pinky springt Lucky auf
den Rücken, er nimmt die beiden anderen links und rechts in den Arm und alle gehen zum
Dorftreffpunkt

LUCKY
Der Tag erwacht,
die Sonne lacht,
ein jeder hat sein Bett gemacht!
Das Käuzchen aber geht zur Ruh,
Der Uhu macht die Augen zu.
Jedoch das Reh, das kleine, flinke -

VALERIE
Lucky, es reicht! gibt ihm einen Becher Trinkt euern Kaffee und haltet das Maul!
Dick lehnt an einem Pfosten und schält gedankenverloren ein Ei
Hank versucht sehr bemüht Susan zu füttern, die eher etwas verstimmt ist
Jebediah sitzt am Tisch und schreibt wichtige Dinge
Lucky hat auf seinen Knien Pinky und Violet
Raven zündet sich zum Kaffee eine Pfeife an
Valerie schenkt Kaffee aus
Auf der gegenüberliegenden Seite gehen Hand in Hand Flüsterndes Reh und Kleine
Natter vorbei

-4-

AUFTRITT FLÜSTERNDES REH und KLEINE NATTER

ERZÄHLER

Und um die Idylle perfekt zu machen, schlendert jetzt noch eine Indianermutter
mit ihrer Tochter durch das hübsche, kleine Dorf

♫ Indianerfrauen-Sound ♫

RAVEN ruft rüber
Hey Flüsterndes Reh, Kleine Natter! Wartet mal! Was ist mit dem Schmuck und
den Gürteln? Ich hatte gestern zwei Kunden, die ihren Ehefrauen gerne
Indianerketten mitgebracht hätten! Für gutes Geld!

Flüsterndes Reh beugt sich zu Kleine Natter runter und flüstert ihr etwas ins Ohr
Kleine Natter flüstert etwas zurück

KLEINE NATTER
Mutter sagt: bald fertig. Morgen. Fünf Ketten, drei Gürtel. Sehr schön.

RAVEN
Gut! Ich warte.

Indianer ziehen weiter

RAVEN
Kommt Mädels. Die Betten müssen frisch bezogen werden.

Lucky versucht Pinky und Violet festzuhalten

LUCKY
Verweilt doch noch,
es war so schön,
ihr dürft noch nicht von dannen geh'n.
Ach Mädchen, kommt
und bleibt noch sitzen,
wie wär' es mit zwei neuen Witzen?

Lucky wird von Pinky und Valerie abgeküsst und durchgestrubbelt. Beide ab

LUCKY

Dann geht dahin, geht endlich heim!
Ihr seid durchtrieben und gemein!
Lucky ab (klettert hoch?)

Der Sheriff geht auf sein Haus zu. Jebediah, immer mit Papier und Stift in der Hand, geht
auch ab. Valerie fängt den Sheriff kurz vor seiner Tür ab und wird eindeutig zudringlich.
Währenddessen putzt Susan den Tisch und packt den Korb während Hank auf sie einredet.

-5-

HANK
Susan! Susannchen! Susilein! Warum redet ihr nicht mit mir? Habt ihr keine Lust
dazu?

SUSAN
Nein!

HANK
Aber warum denn? Habt ihr schlechte Laune?

SUSAN
Nein!

HANK
Habt ihr nicht gut geschlafen?

SUSAN
Nein!

HANK
Habt ihr was schreckliches geträumt

SUSAN
Nein!

HANK
Seid ihr krank?

SUSAN
Nein!

HANK
Habt ihr mich nicht mehr lieb?

SUSAN
Geht mal da weg, ich muss da wischen.

HANK
Warum seid ihr so zu mir?

SUSAN
Ich hab schlechte Laune. Lasst mich einfach nur in Frieden.

HANK
Ich muss euch doch beschützen. Stellt euch vor: ihr seid allein. Ich bin nicht da.
Plötzlich springt Butch the Butcher aus dem Gebüsch, rammt euch seinen

-6-

Fleischerhaken in die Schulter und hängt euch zum ausbluten and die höchste
Eiche.

SUSAN
Und? Wenn er jetzt käme? Was würdet ihr machen?

HANK
Ah... ja... ich... wird von einem schreienden Lucky, oben im Baum, unterbrochen

LUCKY

Achtung und aufgepasst ihr Leute,
Racooney naht mit fetter Beute.
Heiliges Lieschen, Mann, ich seh
dem tut beim Laufen alles weh!
Dem rinnt der Schweiß, der kann nicht mehr.
Der bringt uns eine Nachricht her
und die ist ganz bestimmt nicht gut
Ich spür jetzt schon Zorn, Hass und Wut!

♫ Racooney-Sound ♫

Racooney schleppt sich völlig erschöpft mit seinen Tierfellen bepackt durchs Dorftor.
Völlig außer Atem. Alle anderen eilen herbei. Sheriff und Valerie verlassen das Haus und
knöpfen sich noch die letzten Kleidungsstücke zu. Alle stehen erwartungsvoll vor
Racooney. Der schleppt sich die Treppen zum Sheriffhaus hoch. Alle anderen stehen unten
und warten

RACOONEY
Es ist soweit! Der Fünfte naht!

Große Unruhe und Gemurmel in der Menge

RACOONEY
Er muss gleich da sein. Wir haben keine Zeit mehr irgend etwas vorzubereiten.

Weiteres Gemurmel

RAVEN
Wie sieht er aus, Racooney?

RACOONEY
Groß und breit. Und er trägt einen Stern.

VALERIE
Ich seh es euch an. Ihr wisst wer er ist! Sagt es uns. Es hilft ja nichts.

Alle hängen gebannt an Racooneys Lippen. Racooney blickt bedeutungsvoll drein.

-7-

RACOONEY
Tex Marker!!!

Unglaubliche Reaktion von allen. Entsetzen! Pinky und Violet fallen sich weinend in die
Arme. Valerie sucht Trost bei Jebediah. Kleine Natter umschlingt ihre Mutter. Sheriff
stützt sich mit sorgenzerfurchter Miene am Geländer ab. Lucky rast mit rudernden Armen
hin und her [usw. usw.]

ERZÄHLER
Tja, meine Damen und Herren, falls sie sich jetzt verwirrt wundern, hier ein kurzer
Bericht zur Lage:
In den letzten zwei Jahren hat die Eisenbahngesellschaft vier Unterhändler nach
New Snouthome geschickt. Da das kleine Dorf die einzige Möglichkeit bietet ihre
Eisenbahnlinie direkt, ohne Umwege, zu verlegen, hat man den Einwohnern
angeboten das Dorf umzusiedeln. Viel Geld wurde geboten und jeder neue
Unterhändler lockte mit einer höheren Summe. Die Union Pacific ließ sich nicht
lumpen allein... die Dorfbewohner schüttelten die Köpfe und lehnten immer
wieder freundlich ab.

DICK
Tex Marker! Jetzt machen sie Nägel mit Köpfen! Marshal Marker! Es geht ein Ruf
wie Donnerhall!

RAVEN
Hat der nicht Billy the Kid Pat Garret vor der Nase weggeschnappt und ihn an der
kanadischen Grenze ausgesetzt?

VALERIE
Genau! Und hat der nicht Wild Bill Hickock mit seinen eigenen Socken gefesselt
und 2 zwei Wochen in einer Schwitzhütte der Navajo-Indianer versteckt?

RACOONEY
Ja. Ja! Und hat der nicht Jesse James mit dessen eigener Winchester '73 bei
gleißender Hitze 50 Löcher in seinen Hut geschossen?

JEBEDIAH
Exakt! Zwölf Uhr mittags!

HANK
Hat der nicht auch Django die Ketten gesprengt und ihn in einem Sarg den Rio
Bravo runtergeschickt? Für eine handvoll Dollar?

SUSAN
Für ein paar Dollar mehr hat er dann den Häuptling Intschu Tschuma überredet in
der Wildwestshow von Buffallo Bill aufzutreten!

Alle sind total aufgeregt und wollen immer mehr Geschichten von Tex Marker hören
DICK
Was für ein glorreicher Halunke!

-8-

RAVEN

Und war da nicht auch diese Geschichte mit Butch the Butcher und seinen
eigenen Fleischerhaken...?

SUSAN
Was für eine Geschichte?

RAVEN
Nix genaues weiß man. Die einen sagen so, die anderen so.

♫ Tex Marker-Sound ♫

Während der Erzähler die Eisenbahngeschichte erzählt hat, sind alle langsam zum

Dorftreffpunkt gegangen. Während Tex Marker durch das Tor tritt, rücken alle dicht

zusammen

TEX
Gott zum Gruße. Habt ihr einen Schluck Wasser für mich?

VALERIE
Aber selbstverständlich!

Valerie gießt ihm einen Becher Wasser ein. Dick bewegt sich langsam auf Tex zu

DICK
Ich bin Dick Bush. Der Sheriff von New Snouthome. Streckt Tex die Hand entgegen

TEX

Tex Marker. U.S.-Marshal. Und hier in meiner Funktion als untersuchender
polizeilicher Beamter mit eingeschränkten Befugnissen und eingetragener
Unterhändler der Union Pacific Railroad.

Sehr gedrückte, peinliche Stimmung

TEX
Mr. Bush!

DICK
Für euch "Dick"!

TEX
Gut. Dick. Ich bin aus zwei Gründen hier. Der erste Grund ist die im Bau
befindliche Eisenbahn. Die Schienen liegen praktisch schon vor eurer Haustür. Ihr
haltet die Entwicklung Amerikas auf. Die Kosten explodieren, die Arbeiter murren
und der Vorstand wetzt die Messer. Durch die schreckliche Pferdepest, die
mittlerweile in acht Bundesstaaten alle Gäule dahingerafft hat und die einfach
nicht in den Griff zu kriegen ist, wird die Eisenbahn immer wichtiger.

-9-

Auf der anderen Seite erscheint der Medizinmann und fängt an um das Publikum zu

tanzen.

Die drei Indianer schleichen sich vom Dorftreffpunkt runter und beginnen daneben eine

Zeremonie.

♫ Trommeln ♫

Es entsteht eine sehr eigenartige Stimmung. Tex ist durcheinander.

TEX
Himmel! Was ist das?

DICK
Das sind unsere Indianer.

TEX
Gefährlich?

DICK
Nein.

Durch den Tanz und die Zeremonie wird die Stimmung extrem mystisch und eigenartig.
Irgendetwas passiert mit Tex (?) Alle anderen Dorfbewohner sollten irgendetwas (kleines)
machen. Sich vielleicht an den Händen fassen, Augen schließen, oder...oder !?
Dann ist der Medizinmann weg und alle anderen wieder normal.

TEX

Ich muss mich setzen. Mir ist übel.
Er setzt sich völlig fertig in einen Stuhl. Raven bringt ihm ein Kissen. Valerie eine Tasse
Kaffee. Violet massiert ihm die Schläfen, Pinky zieht ihm die Schuhe aus und massiert
seine Füße
Es ist so als ob sich eine unsichtbare warme Decke über ihn legt

TEX

Danke. Tex richtet sich auf Machen wir weiter. In den letzten zwei Jahren sind
nacheinander vier Unterhändler der Union Pacific zu euch aufgebrochen um
Angebote zu unterbreiten.
Tex holt etwas mühsam ein Heft aus seinem Mantel. Alle schauen ihn freundlich und
erwartungsvoll an.
Vor 23 Monaten war das George Cave. Ein 35-jähriger Familienvater mit zwei
Kindern. War er hier?
Alle nicken bestätigend. Es fallen Worte wie: Ja natürlich, selbstverständlich, usw.

SUSAN

Er war so ein wun-der-ba-rer Mann! Wir haben ihn so sehr gemocht. Und er uns!
Er hat sofort verstanden warum eine Umsiedelung für uns nicht in Frage kommt.

TEX
Was ist passiert?
Alle fangen an auf den Boden zu starren, große Traurigkeit im Blick

- 10 -

SUSAN
George hatte einen Kasten dabei. Eine... eine...

JEBEDIAH
Kamera.

SUSAN
Er hat damit Bilder machen können. Ganz wundervolle Bilder.

JEBEDIAH
Fotos.

SUSAN
Genau. Viele Bilder von unseren Indianern. Aber hauptsächlich von den vielen
Tieren, die hier leben. Und dann... dann hat er erfahren... und glaubt uns bitte,
Mr. Marker, wir haben wirklich versucht es zu verheimlichen, weil es natürlich viel,
viel, viel zu gefährlich ist. Aber unser guter Lucky...

Alle schauen vorwurfsvoll zu Lucky

LUCKY mit wiegenden, hospitalistischen Körperbewegungen
Oooooooh!!! Lucky, der ist manchmal dumm,
redet viel zu viel herum...

SUSAN
Ist ja gut, Lucky. Ist ja gut. Er hat ihm von der Bärenhöhle erzählt. Vor zwei
Jahren lebte da eine große Grizzlybärin mit ihren Jungen und George hat gesagt,
wenn er es schaffen könnte davon Abbildungen zu machen...

JEBEDIAH
Fotos.

SUSAN
Sag ich doch. Also wenn er da schaffen könnte, dann würde er einen großen
Wettbewerb gewinnen und viel Geld bekommen und seine beiden Söhne würden
furchtbar stolz auf ihn sein. Wir haben wirklich alles versucht, ihn davon
abzuhalten.
Aber eines morgens hat er sich ganz früh mit seinem Kasten...

JEBEDIAH
Kamera.

SUSAN
...davongeschlichen.

Einige Frauen schluchzen los. Große Trauer weit und breit

- 11 -

SUSAN
Das was die Bärin, die Aasgeier und die Kojoten von ihm übrig gelassen haben,
haben wir hinterm Farmhaus begraben, war ja nicht mehr viel. Hank hat ihm ein
wunderbares eisernes Kreuz geschmiedet. Es war eine großartige Beerdigung.

Tex erhebt sich sehr aufgewühlt

TEX
Eine Bärin! Mein Gott!!
Tex nimmt den Stift und streicht den Namen durch

TEX
Also gut. Machen wir weiter. Vor 17 Monaten brach Paul Champion auf. 26 Jahre,
ledig.

VALERIE
Er war so ein wunderbarer Mann. Wir haben ihn so sehr gemocht. Und er uns. Er
hat sofort verstanden, warum eine Umsiedlung für uns nicht in Frage kommt.

TEX
Ich - bin - gespannt !

VALERIE
Paul war ein guter Koch und ein leidenschaftlicher Pilzesammler. Er hat mir
erzählt, wie er in seiner Jugend mit seiner Großmutter in New Hampshire durch
die Wälder gestreift ist und von ihr alles über Pilze gelernt hat was es zu lernen
gibt.

JEBEDIAH
Ha! New Hampshire und Pilze. Lächerlich! Hier in unserer Gegend gibt es 163
Sorten. Nur zwölf davon sind essbar, 99 genießbar und 52 giftig. Sieben davon
hochgiftig.

VALERIE
Der einzige der sich hundertprozentig damit auskennt ist Jebediah und niemals
würde einer von uns ohne ihn Pilze suchen gehen. Valerie atmet schwer Der
dumme, dumme Paul aber hat nicht hören wollen und sich in aller Herrgottsfrühe
weggeschlichen. Drei Tage lang haben wir nichts von ihm gehört - Racooney hat
ihn dann gefunden. Eine kleine Freuerstelle - sein kleines Töpfchen, das er mir
aus der Küche stibitzt hat, Messer, Holzlöffel, getrocknete Kräuter,
Zwiebelschalen... so lag er da...

JEBEDIAH
Grüner, eingetrockneter Schaum um Mund und Nase, gelbe Blasen im Hals- und
Nackenbereich, rote Augäpfel, ein stark geblähter Unterleib. Alles untrügliche
Zeichen für den Verzehr vom braungefleckten Eichelröhrling.

- 12 -

TEX
ziemlich fassungslos Ein schmerzhafter Tod?

JEBEDIAH
Sehr! Der Todeskampf dauert, je nach Körpergewicht, zwischen sechs und
sieben Stunden. Es beginnt mit stechenden Krämpfen im Genitalbereich...

TEX
aufgewühlt Genug!!! Es reicht.

VALERIE
Wir haben ihn hinterm Farmhaus begraben. Hank hat ihm ein wunderbares
eisernes Kreuz geschmiedet. Es war eine großartige Beerdigung.

TEX
Was für ein Drama... ein entsetzliches.

Tex nimmt ein Päckchen aus seiner Manteltasche. Alle schauen neugierig

TEX
Seine Mutter hat mir selbstgestrickte Socken für ihn mitgegeben.

Trauer, Aufschluchzen, Stöhnen. Valerie nimmt das Päckchen.

VALERIE
Ich leg sie ihm aufs Grab.

Große Betroffenheit

DICK räuspert sich
Machen wir weiter.

TEX reißt sich zusammen. Schaut in sein Buch, streicht den Namen durch und blättert
Gut. Nummer drei: Ringo Fall. 42 Jahre alt, verwitwet, brav vor elf Monaten auf.

Wieder die gleiche Reaktion

RAVEN
Ringo war so ein wunderbarer Mann. Wir haben ihn so sehr gemocht. Und er uns.
Er hat sofort verstanden, warum eine Umsiedlung für uns nicht in Frage kommt.

Pinky und Valerie machen Raven Handzeichen. Raven übersetzt.
(Alles was Raven erzählt wird vorher von Pinky und Violet in Zeichensprache gestikuliert)

RAVEN
Ringo Fall hatte sich in meine beiden Schwestern verliebt. Er war schließlich
schon elf Jahre Witwer. Er war sehr lange hier. Fast zwei Wochen.

Pinky und Violet gestikulieren

- 13 -

Die drei waren unzertrennlich. Sie haben alles gemeinsam gemacht. Ich hatte
große Probleme die Arbeit im Saloon alleine zu meistern.

Pinky und Violet gestikulieren

Dann haben sie einen Tagesausflug zur großen Schlucht gemacht. Wir alle
haben Ringo gewarnt sehr vorsichtig zu sein und den beiden Frauen nicht von
der Seite zu weichen. bei der großen Schlucht gab es Probesprengungen und an
einigen Stellen sind die Kanten porös und bröckelig. Aber an allen gefährlichen
Stellen stehen große Warnschilder.

Pinky und Violet gestikulieren dramatisch und romantisch

Dann ging die Sonne unter und tauchte alles in gleißendes, blutrotes Licht.

Pinky und Violet gestikulieren

Ringo war überwältigt.

Pinky und Violet gestikulieren

Er raste los, auf einen Felsvorsprung zu und ein Jauchzer verließ seine Lippen.

Pinky und Violet gestikulieren

In diesem Moment sahen wir das Warnschild.

Pinky und Violet gestikulieren

Er hörte uns nicht.

Pinky und Violet gestikulieren

Wir rannten so schnell wir konnten hin, um das schlimmste zu verhüten aber
bevor wir ihn erreicht hatten senkte sich die Felsplatte... er fiel...

Pinky und Violet gestikulieren

50 Meter tief.

Pinky und Violet fallen sich weinend in die Arme

DICK
Die Schlucht ist unbegehbar. Wir hatten keine Möglichkeit ihn zu beerdigen.

HANK
Aber habe ich ihm nicht trotzdem ein wunderbares eisernes Kreuz geschmiedet?
Alle nicken bestätigend.

- 14 -

RAVEN
Es steht hinter der Farm... neben den anderen Gräbern.

Tex steht bewegungslos und starrt mit großen Augen in die Ferne

TEX
sehr langsam redend Eine Bärin... Giftpilze... eine Schlucht...
Das Leben ist grausam, überraschend und unberechenbar.

Tex nimmt seine Tasche und schreitet langsam in Richtung Sheriffhaus. Die
Dorfbewohnerschauen sich an und schleichen ihm langsam nach. Tex lehnt sich gegen
das Haus und schaut wieder in die Ferne. Alle anderen stehen unten.

DICK
Und was ist mit John Snakey? Dem Vierten? Interessiert euch das nicht mehr?

TEX
Doch, doch. Natürlich. Johnny... ein Ire... Sommersprossen und Haare wie
überreife Tomaten... und Flöte konnte der spielen...
Alle nicken begeistert
Was war es denn? Ein Büffel? Ein Marterpfahl? Blitz? Windhose oder ein
reißender Fluss?
Dick winkt Kleine Natter zu sich, nimmt sie an die Hand und steigt die Treppen zu Tex
hoch

DICK
John kam und gleich am ersten Abend saßen wir alle ums Lagerfeuer. Er spielte
auf seiner Flöte und hat uns sofort verzaubert. Kleine Natter saß neben ihm.
Erzähl mal.
Tex klopft Kleine Natter aufmunternd auf die Schulter

KLEINE NATTER
Mann spielt Lied. Sehr schön. Deckel geht hoch. Schlange kommt raus.

DICK
entschuldigend Das trägt immer diese Schlange mit sich rum. Eine Mulchbäuchige
Streifenotter. Klein und zart... aber ein Biss... und man ist im Himmel.

KLEINE NATTER
streichelt über den Korb Meine Freundin. Tut mir nix. Anderen schon. Keiner darf
anfassen. Ist erstes Mal Schlange hört Musik. Schlange glücklich. Schlange
schlängelt über Bein, Bauch, Arm, Hand, will zu Flöte. Mann staunt. Macht keine
Musik mehr. Schlange traurig. Schlange beißt Mann. Mann kippt um. Schlange
keine Schuld.

Tex starrt Kleine Natter fassungslos an

- 15 -

JEBEDIAH

Flüsterndes Reh und ich haben in monatelanger, intensiver Forschungsarbeit ein
Gegengift entwickelt. Uraltes Indianerwissen gepaart mit moderner Wissenschaft.
Da bleiben keine Fragen offen. Das Mittel ist hochwirksam, muss allerdings zügig
verabreicht werden. Bis maximal eine halbe Stunde nach dem Biss.

TEX
Ja, aber dann war doch Hilfe da!

JEBEDIAH

Ich habe das letzte Fläschchen Serum geholt... es eilte sehr... ich bin gerannt...
ich renne nicht oft... eigentlich nie. Er atmet schwer .... Dann bin ich über eine
Baumwurzel gestolpert und hingefallen... das Fläschchen fiel auf den Boden,
zerbrach und das Serum sickerte in den Boden. So war das und nicht anders.

Lucky fängt an auf Trommeln rumzutrommeln und ziemlich laut zu rufen

LUCKY

Tot bleibt tot!
Neue Not!
Beim Abendbrot!

Böse Schlange,
fackelt nicht lange,
beißt John in die Wange.

Lucky trommelt wild, Tex hält sich die Ohren zu, Violet und Pinky gehen zu Lucky und
stoppen ihn
Tex zieht seinen Colt

TEX
Das erste, was ich hier an diesem Ort tun werde, ist: Diese Bestie zu vernichten!

Tex geht auf Kleine Natter zu und will ihr den Korb wegreißen.
Kleine Natter schreit auf. Flüsterndes Reh stellt sich schützend vor Kleine Natter. Alle
Männer ziehen eine Waffe.

Dick zieht: Revolver

Racooney zieht: Gewehr

Hank zieht:

Jebediah zieht: Messer

Lucky zieht:

- 16 -

Medizinmann taucht auf und tanzt

DICK

Legt sofort die Waffe weg. Ihr ahnt ja nicht, was ihr ausrichten würdet. Die
Freundschaft zwischen einem Indianerkind und einem Tier, egal ob Hase, Geier,
Büffel, Ratte oder Schlange... diese Freundschaft ist heilig.

TEX Tex wird von allen unterbrochen.
Aber ein Mann ist...

Alle machen "Pschschhh" und halten den Zeigefinger vor den Mund.
Flüsterndes Reh geht auf Tex zu, stellt sich vor ihn hin und legt ihre Hände auf seine
Brust und schaut ihm in die Augen. Tex ist wie hypnotisiert.

TEX
Ich bin müde.

Alle ziehen sich langsam zurück an verschiedene Orte und gehen einer Beschäftigung
nach. Tex setzt sich neben den Erzähler.
(Der Erzähler wird von den Schauspielern nicht gesehen)

TEX

Wo bin ich hier? Was mach ich hier? Was für ein seltsamer Ort! Vier
unbescholtene Männer sterben vier grausame Tode. Was für ein Zufall, indes, der
Westen ist wild und was passiert, passiert. Die Menschen hier sind sonderbar und
gleichzeitig so... er sucht nach Worten ... Vertrauen erweckend, so liebevoll...
... ich muss schlafen.

RAVEN ruft vom Saloon herüber
Mr. Marker! Ich habe ein Bett für Sie!

TEX
Ich komm! Tex geht zum Saloon

ERZÄHLER

Und, meine Damen und Herren! Haben sie sich schon eine Meinung gebildet?
Vier unbescholtene Männer sterben vier grausame Tode. Was für ein Zufall!
Oder? Diese mitfühlende Trauer der Dorfbewohner zerreißt einem das Herz.
Finde ich. Was für eine Anteilnahme, was für eine Moral! Erzähler grinst breit

Dick ist zum Treffpunkt zurückgegangen, lehnt irgendwo dagegen und denkt nach.

Jebediah sitzt an einem Tisch und schreibt ununterbrochen.

Hank ist zu seiner Schmiede zurück.

Racooney sitzt irgendwo und sortiert seine Felle. Lucky macht irgendetwas seltsames.

- 17 -

Wenn Tex verschwunden ist, pfeift Dick. Die vier Männer schauen auf und scharen sich
um Dick.

♫ Geheimer Männer-Sound ♫

geht über in

♫ Geheimer Frauen-Sound ♫

Währenddessen kommen Valerie und Susan hinter dem Sheriffhaus hervor, gehen zum
Saloon und rufen die drei "Saloonies" (Pinky, Violet & Raven).
Die fünf Frauen sitzen nebeneinander am Boden.
Die fünf Männer stehen nebeneinander mit ziemlich gleicher Körperhaltung.

DICK
Guter Mann!

JEBEDIAH
Hmmmm!

RACOONEY
Aus dem richtigen Holz geschnitzt!

Alle Männer nicken zustimmend. Schauen dann nachdenklich in die Luft.

---

VALERIE
Ich werde ihm ein wunderbares Essen kochen.

RAVEN
Ich habe ihm ein sehr weiches Bett gemacht.

SUSAN
Und ich werde seinen Revolver reinigen. Gründlich.

Alle Frauen seufzen auf.

---

RACOONEY
Ich habe gestern zwei neue Wolfsgruben ausgehoben. Ziemlich tief.

HANK
Hat Flüsterndes Reh nicht noch viele vergiftete Pfeilspitzen?

Alle Männer nicken bedächtig

- 18 -

RACOONEY
Hmm... die Viecher wären dann sofort tot.

DICK
Keiner müsste leiden.

RACOONEY
Die Gruben sind gut getarnt.

HANK
Sollten wir das nicht Mr. Marker sagen?

JEBEDIAH
Unbedingt.

DICK
Er könnte sonst reinfallen!

RACOONEY
Schreckliche Vorstellung!

---

RAVEN
Vorgestern waren wir am Wasserfall.

SUSAN
Oh, wie schön!

VALERIE
Bei diesem Wetter sicher sehr erfrischend.

RAVEN
Ja! Wir hatten viel Spaß. Pinky und Violet lieben das Wasser.

Pinky und Violet fangen an zu planschen, spritzen sich nass, drücken sich unter Wasser
usw.
Die anderen drei Frauen lachen.

RAVEN
Kommt doch mit, das nächste Mal.

VALERIE
Nein danke. Die Strudel sind einfach zu gefährlich. Ein falscher Schritt und man
wird in die Tiefe gerissen.

- 19 -

RAVEN
Ich bin doch dabei. Ich kenn mich aus.

VALERIE schüttelt den Kopf
Bin da zu ängstlich! Aber... frag doch mal Mr. Marker.

SUSAN
Ja, wo der so verschwitzt ist.

Alle schauen sich lächelnd an

RAVEN
Was für eine schöne Idee!

---

RACOONEY
In der Scheune liegt eine Bergziege. Ich hab das Fell schon abgezogen. Ein
kräftiges Tier. Noch ziemlich jung. Valerie kann einen guten Braten daraus
machen.

HANK
Wo und woran ist sie gestorben?

RACOONEY
Auf dem Höhenweg am Mount Goatstone ist sie von einem Felsbrocken erwischt
worden.

Alle Männer verziehen schmerzhaft das Gesicht

DICK
Immer dieser verflixte Steinschlag! Und sicher wieder an der gleichen Stelle!

Racooney nickt bestätigend

DICK
Irgendwann erwischt es noch einen Menschen.

Alle nicken sorgenvoll

RACOONEY
Wir müssen Mr. Marker warnen.

JEBEDIAH
Unbedingt.

---

- 20 -

VALERIE reicht ein Körbchen zu Pinky und Violet
Wollt ihr auch ein paar Blaubeeren?

Pinky und Violet nicken bestätigend

SUSAN
Die sind so lecker!

Alle nehmen sich und futtern

VALERIE
Dieses Jahr gibt es reichlich. Ich hab schon 20 Gläser Marmelade eingekocht.
RAVEN
Komisch! Wir finden kaum welche, nicht wahr, Mädels?

Pinky und Violet reden mit den Händen

RAVEN übersetzt
Pinky hat nur 21 Blaubeeren gefunden und Violet nur 19. Davon waren die Hälfte
noch sauer.

VALERIE grinst
Man muss nur wissen wo.

RAVEN + SUSAN
Wo?

Violet und Pinky malen Fragezeichen in die Luft

VALERIE
And der Flussbiegung über die kleine Krummlichtung, dann am steinernen Grab
vorbei durch die gelbe Schlucht und dann liegt etwa 100 Meter hinter dem Kreuz
des ewigen Cowboys ein kleines Mooswäldchen. Da gibt es dann Unmengen.
Man muss nur höllisch aufpassen, dass man sich nicht vergreift. Zwischen den
Büschen, den niedrigen Blaubeerbüschen, wächst die hochgiftige
Himmelskirsche. Kaum zu unterschieden. Ihr dürft da niemals ohne mich oder
Jebediah hingehen!

SUSAN
Da müssen wir aber unbedingt Mr. Marker warnen. Es kann ja sein, dass er dort
zufällig vorbeikommt. Bei einem Spaziergang!

RAVEN grinst
Und er sieht ganz so aus, als ob er sich ab und zu gern mal was Süßes in den
Mund stopft.

Alle nicken

- 21 -

RAVEN
(zu Violet und Pinky) Kommt Mädels! Wir müssen dringend unsere Corsagen
reparieren.

Alle drei Saloonies ab
Valerie und Susan hinter der Hütte ab, während Valerie leiser werdend spricht.

VALERIE
Racooney hat eine Ziege in die Scheune gelegt...

♫ Erzähler[?]-Sound ♫

ERZÄHLER

Eieieieieieiei! Da kann man doch nur staunen! Oder finden sie nicht? So viele
Ideen, so viele Vorschläge... man hat doch den Eindruck, dass alle Mr. Marker so
richtig ins Herz geschlossen haben. Dass sie sich so um ihn sorgen... mitfühlend
und liebevoll. Ich finde ja, man kann diesen Mann nur beneiden!

♫ Tex Marker-Sound ♫

Tex erscheint, gähnt und streckt sich.

TEX

Ahh! Wie wunderbar! So ein Schläfchen erfrischt den Körper und weckt den
Geist! Frisch auf!!

Tex erblickt auf der gegenüberliegenden Seite Dick. Jebediah sitzt wieder am Tisch und
schreibt, Racooney sortiert seine Felle, Lucky schläft auf dem Boden, Hank ist weg.
Tex winkt Dick

TEX
Dick Bush!

Tex läuft zu Dick herüber

DICK
Und? Gut geruht?

TEX
Sehr! Ich fühle mich wie ein frisch geschlüpftes Adlerküken.

DICK
Schön, dass es euch bei uns so gut geht.

Tex legt Dick vertraulich den Arm um die Schulter

TEX
Mein lieber Dick! Unter uns Männern!

- 22 -

Die anderen vier Männer schauen hoch

TEX
Wir sollten uns in Ruhe unterhalten. Ganz ruhig abwägen, die Vor- und Nachteile,
das neue, noch viel großzügigere Angebot betrachten, nicht stur und verbohrt,
sondern klug und weise!

Dick schaut ihn lauernd an

TEX
Wenn ihr nicht verkauft, dann muss die Union Pacific einen Umweg von fast 200
Meilen machen.

DICK
Ich weiß.

TEX
Wisst ihr auch wieviel das zusätzlich kosten würde?

DICK
Ja, weiß ich!

TEX
Und ihr wisst auch wieviel Zeit man zusätzlich bräuchte?

DICK
Ich kanns mir so ungefähr denken.

TEX
So! Da muss doch ein Mann wie sie, ein Sheriff wie er großartiger nicht sein
kann... Klug, gerecht, seriös, einfühlsam... der muss doch... Tex holt ein Papier aus
seiner Jacke wenn er diesen Vertrag hier sieht, mit dem neuen Angebot...
Tex zeigt aufs Angebot und Dick pfeift durch die Zähne. Tex lächelt und denkt, er hat ihn
... ja, dann muss der doch voller Glück und Begeisterung seine Unterschrift
darunter setzen!

DICK
Nein.

TEX
Nein?

DICK
Nein.

Tex schmeißt den Kopf in den Nacken und macht komische Geräusche

- 23 -

TEX
Lieber Dick. Ich weiß, dass ihr das nicht alleine entscheiden könnt. Redet mit den
Dorfbewohnern...

Dick unterbricht ihn

DICK
Ich mach euch einen Vorschlag. Valerie ist gerade dabei eine junge Bergziege
mit Kastanien und Äpfeln zu füllen. Sie wird euch mit Ahornsirup einreiben und
mit Wildkräutern umwickeln! Dazu gibts Süßkartoffelauflauf. Eigene Ernte! Ich
lade euch von ganzem Herzen ein, mit uns zu speisen... und... wenn ihr mich
schön bittet dann könnte ich aus meinem Keller noch eine sehr, sehr alte Flasche
Whiskey raufholen.

TEX
... also ich weiß ja...

Dick unterbricht ihn

DICK
Schon gut! Überlegt es euch. Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss.
Dick gibt Tex die Hand Und ich muss jetzt auch was tun.

RACOONEY geht zu Tex
Na, Mr. Marker! Alles in Ordnung?

TEX schaut Dick hinterher, kopfschüttelnd
Dieser Sheriff?! Ich weiß ja nicht... kommt er von der Ostküste, Mr. Racooney?
Aus New York?

RACOONEY schüttelt den Kopf
Mm-Mmh

TEX
Kalifornien?

RACOONEY
Nein

TEX
Mexiko?

RACOONEY lacht

TEX
Woher?

RACOONEY
Er kommt aus Hessen.

- 24 -

TEX
Aus was?

RACOONEY
Aus Hessen.

TEX
Nie gehört. Was ist das? Schon wieder ein neuer Staat in Amerika?

RACOONEY
Nein. Hessen liegt in Deutschland. In der alten Welt, in Europa.

TEX
Ach du meine Güte! So weit. Tex nickt bedächtig mit dem Kopf
... Deutschland... das hab ich schon mal gehört... und wie ist er hierher
gekommen?

RACOONEY
Geschwommen.

TEX reißt Mund und Augen auf
Wie bitte? mein Gott!

RACOONEY
Ja. Mit dem Schiff. Wie denn wohl sonst. Er kann ja nicht fliegen.

TEX ziemlich fassungslos
... und... und... war er in diesem... Tex sucht nach dem Wort

RACOONEY
Hessen.

TEX
Hessen, also war er da auch schon Sheriff?

RACOONEY
In dem kleinen Städtchen in Hessen, in dem er gewohnt hat, war er kein Sheriff.
Er war Schuster.

TEX
Du liebes bisschen... Schuster... er... naja...

RACOONEY
Sogar ein guter! Ich hab mir in seinen Schuhen nie Blasen gelaufen.

- 25 -

TEX
Interessant Tex überlegt kurz Moment mal! Heißt das... ihr seid auch... aus
diesem... diesem...

RACOONEY
Hessen. Genau. Dasselbe Land, dasselbe Städtchen.

TEX
Und warum ist er dann da weg?

RACOONEY
Schlimme Geschichte. Seine Tochter...

TEX zeigt fragend zur Hütte
Susan?

RACOONEY nickt
Ja. Sein einziges Kind. Und weil es den beiden, wie den meisten im Ort, nicht gut
ging, jede Kartoffel musste hart erarbeitet werden, und er keinen Sohn hatte, da
ist sie zu ihrem Vater in die Lehre gegangen.

TEX
In die Schuhmacherlehre? Ein Mädchen?

RACOONEY
Ja, so war das. Sie hat sich gut gemacht. Von Anfang an. Flinke Finger, schnell
im Begreifen...

TEX
Ja warum auch nicht?!

RACOONEY
Die Leute haben sich trotzdem das Maul zerrissen. Dann, eines Tages, sie war
grad allein in der Werkstatt, da kam ein Mann vorbei. Ein sehr, sehr reicher alter
Geschäftsmann aus Frankfurt, der größten Stadt der ganzen Umgebung. Und der
hatte einen kaputten Schuh.

TEX
Ich kann mir denken was passiert ist.

RACOONEY nickt
Genau! Sie war allein, er ging ihr an die Wäsche und da hat sie ihm ihre
Schusterahle mehrmals in den Bauch gestoßen. Und ins Herz, damit er zu
schreien aufhört. Er war sofort tot.

In diesem Moment erscheint Susan am Sheriffhaus und winkt freundlich zu den beiden
rüber

- 26 -

SUSAN
Hallo! Mr. Marker! Gehts euch gut?

TEX etwas verstört
(zu Susan) Jaaa!
(zu Racooney) Kann man ja verstehen.

RACOONEY
Natürlich. Dann kam ihr Vater und beide haben schnell das Nötigste
zusammengepackt und sind zur Festung.

TEX
Wohin?

RACOONEY
In dem kleinen Städtchen gab es eine Festung. Die war zerstört und man konnte
sich sehr gut dort verstecken. Als die beiden ankamen, war ich schon da.

TEX
Wie bitte?

RACOONEY nimmt seine Felle
So! Jetzt muss ich aber.

TEX maßlos empört
Mr. Racooney! Ihr könnt mich doch hier nicht so stehen lassen! Was heißt denn:
ich war schon da?

RACOONEY
Ein andermal Mr. Marker. Ein andermal. Die Arbeit ruft!
Racooney ab

TEX
Ich will jetzt aber wissen...

Jebediah hat seine Sachen zusammengepackt, steht hinter Tex und tippt ihm auf die
Schulter.
Tex fährt erschrocken herum.

JEBEDIAH
Ihr dürft die Leute nicht an ihrer Arbeit hindern, Mr. Marker. Das geht nicht!

TEX schreit
Mr. Kingstontown! Was sind das alles für Geschichten? Was seid ihr für
Menschen? Was wollt ihr? Was habt ihr erlebt? Warum seid ihr hier? Und warum
um alles in der Welt wollt ihr hier nicht weg?

JEBEDIAH
Lust auf einen kleinen Spaziergang?

- 27 -

TEX
Himmel! Und immer diese Ablenkungen! Tex stöhnt Also gut. gehen wir ein
Stück. Aber ihr erzählt mir dabei Racooneys Geschichte!

JEBEDIAH
Gern. Aber nur wenn ihr mir eine Geschichte erzählt. Und zwar die von euch und
Butch the Butcher.

TEX sieht Jebediah wortlos an, mit einem Blick, der unmissverständlich sagt, dass dies
keine Frage ist, die man Tex stellt { biet' mal was an, Martin }

JEBEDIAH
Ähem, nun gut... Racooney erbte in dem kleinen Städtchen am "Main River" die
Schneiderei seines Vaters. Er liebte das Pelzhandwerk.
Die Kürschnerei. Und er hatte Zauberhände. Er konnte mit den Pelzen und Fellen
umgehen wie kein Zweiter. Bald fing er an zu züchten. Erst nur Nutrias, dann
Nerze, Hermeline und Chinchillas. Er wurde berühmt und reich. Fürsten, Grafen
und Barone, Geschäftsleute und sogar die Kirche ließen sich von ihm
prunkvollste Mäntel und Capes anfertigen. Indes gab es zwei andere Kürschner,
flussabwärts in einer Stadt namens Mainz. Und denen nahm er die Butter vom
Brot. Sie kamen mit dem Schiff den Main River hinauf und kurz danach brannte
dann alles. Sein Wohnhaus und seine Kürschnerei, sein Lager und vor allem
seine Zuchtstallungen. Hunderte, ach was sag ich, tausende von kleinen
brennenden Tieren rannten durch den Ort. Ein unglaubliches Bild. Und wisst ihr
was, Mr. Marker? Die Menschen dort haben sich gefreut. Die meisten. Der Neid
saß so tief und die Schadenfreude tat so gut... er nahm dann seinen letzten
lebenden Chinchilla und packte die wenigen Dinge zusammen, die nicht vom
Feuer verschlungen wurden und ging zur Festung.

TEX
Und jetzt ist er hier Fallensteller und schleppt Berge von Fellen durch die
Gegend!

JEBEDIAH
Der Kürschner des wilden Westens!!! Gut, nicht? Jebediah klopft auf seine
Fellweste Er näht auch noch. Wenn ihr eine Waschbärmütze möchtet, mit einem
großen dicken Schwanz daran, fragt ihn nur. Wenn wir gerade schon so nett
plaudern...
Jebediah ab

Flüsterndes Reh und Kleine Natter kommen zu Tex.
Es knistert!!!

Flüsterndes Reh flüstert Kleine Natter etwas ins Ohr

KLEINE NATTER
Mutter sagt: Gefahr droht. Sie will warnen.

- 28 -

Flüsterndes Reh verbeugt sich leicht vor Tex und legt die Hände aneinander. Dann auf
Tex' Brust. Tex läuft ein Schauer durch den Körper. Flüsterndes Reh flüstert erneut etwas
ins Ohr von Kleine Natter

KLEINE NATTER
Mutter sagt: Geh weg. Ganz schnell! Sonst großes Unglück.

TEX lacht
Ich bin Tex Marker! sehr laut Billy the Kid habe ich Pat Garret vor der Nase
weggeschnappt und habe Jesse James mit dessen eigener Winchester '73 bei
gleißender Hitze um Zwölf Uhr Mittags 50 Löcher in seinen Hut geschossen!
Tex atmet lang durch
Und dann hab ich Django die Ketten gesprengt und ihn in einem Sarg den Rio
Bravo runtergeschickt. Für eine Handvoll Dollar... und für ein paar Dollar mehr
den Häuptling Intschu Tschuma überredet in der Wildwestshow von Buffalo Bill
aufzutreten! Was ich will, das erreiche ich. Nichts und niemand macht mir Angst
und ich laufe vor nichts und niemandem weg!

KLEINE NATTER
Worte zuviel. Mein Kopf zu klein zum merken.
Flüsterndes Reh schaut Kleine Natter fragend an

KLEINE NATTER
Er geht nicht weg!
Kleine Natter flüstert ins Ohr von Flüsterndes Reh
Flüsterndes Reh flüstert zurück. Wirkt verzweifelt.

KLEINE NATTER
Mutter sagt: Bitte! Ihr müsst! Sie will helfen. Bitte. Sonst Unglück kommt
bestimmt.

TEX lächelt nachsichtig und streckt Fl. Reh beide Hände entgegen. Fl. Reh ergreift sie
Flüsterndes Reh! Ihr seid so eine wunderschöne Frau. So bezaubernd. Und wenn
ich diese ganzen Rätsel und Geschichten and diesem seltsamen Ort entwirrt und
gelöst habe, dann hoffe ich, dass wir beide gemeinsam ein Friedenspfeifchen
rauchen und es uns in einer warmen Schwitzhütte gutgehen lassen.

Kleine Natter dreht sich augenrollend empört weg.
Flüsterndes Reh und Tex schauen Kleine Natter an und warten auf die Übersetzung.
Kleine Natter schüttelt bockig den Kopf. Flüsterndes Reh flüstert ihr ins Ohr

KLEINE NATTER
Mutter sagt: Morgen Gewitter. Viel Regen. Keine Zeit. Wir gehen.

Tex und Flüsterndes Reh schauen sich tief in die Augen

TEX
Wisst ihr wie ihr heißen solltet? - Die nach dem Herzen greift -

- 29 -

Flüsterndes Reh legt ihre rechte Hand auf Tex' Herz.
Kleine Natter wird immer wütender.

TEX
Bis bald. Und möge der große Manitou Euch beschützen.

Tex geht.
Flüsterndes Reh schaut ihm nach. Kleine Natter zieht an der Hand ihrer Mutter.
Tex dreht sich nochmal um.
Beide (Tex & Fl. Reh) heben die Hand.

♫ Indianer-Sound [soft] ♫

ERZÄHLER

Was bahnt sich da für eine Geschichte an? Ob das gut ausgeht? Ich weiß ja
nicht?! Was meinen sie? Will sie wirklich was von ihm und will er wirklich was von
ihr? Und welche Macht hat dieses Kind? Haben sie diesen Trotz bemerkt? Man
kann ja nur hoffen, dass es den Schlangenkorb zulässt. naja, Mütter und Töchter!
Was für ein ewiges Drama!

Lucky, der auf seinem Lager erwacht ist, hat - halb versteckt - der ganzen Unterhaltung
von Flüsterndes Reh und Tex zugehört

LUCKY

Mannomann, Mannomann
Mann, jetzt fängt das Unglück an!
Diese Frau mit langen Zöpfen
sollte man sich mal vorknöpfen.
Alle will sie uns verraten
Mann, was ham wir schlechte Karten
und was ham wir ihr vertraut,
dieser Indianerbraut!
Kommt ein Kerl
hergestampft,
ohne Skrupel,
ohne Angst,
setzt sich fest
hier ins Nest.
Gibt uns allen bald den Rest.
Aber:

♫ Luckys Trommel-Solo ♫

LUCKY

Lucky hält die Augen offen,
die Entscheidung ist getroffen.

Hank kommt

- 30 -

LUCKY
Hanky - Hanky - Hankyman!
Komm mal her zu mir, los renn!

Hank steht vor Lucky

LUCKY
Katastrophe, Mist und Übel!
vollgekotzter Schweinekübel.
Aas, Gestank und Wurmgewimmel,
widerlicher Schimmelpimmel!
Monsterschleim und Kleckerkacke,
durchgefaulte Schweinebacke!

HANK
Lucky! Willst du dich nicht mal beruhigen?

LUCKY rast weiter total überdreht im Kreis
Mein Gehirn
voller Gewürm.
Schleimige Schnecken
wollen sich verstecken
Lucky schlägt sich dauernd gegen den Kopf
Molche und Asseln
Lucky hält Hank seinen Kopf hin
Da! Hörst du es rasseln?
Lucky spielt wildestes Schlagzeug, rast herum, flippt aus, schreit

HANK pfeift laut, schreit dann in Richtung Saloon
Violet, Pinky - schnell die Decke!

Violet und Pinky kommen mit einer Decke gerannt, halten sie hoch, gespannt, Lucky rennt
rein, wird von Pinky und Violet eingewickelt, ganz fest wie in ein Steck-Kissen.
Violet und Pinky umklammern Lucky und die drei wiegen langsam beruhigend hin und her
[vielleicht summt Hank dazu ein Lied?]
Die restlichen sechs Dorfbewohner kommen dazu, beunruhigt durch den Lärm

RAVEN
Ein Anfall?

Hank nickt

DICK
Warum? Lucky braucht doch immer einen Auslöser!

HANK
Keine Ahnung. Er muss irgendwas gehört haben.

- 31 -

SUSAN
Was schlimmes!
VALERIE
Was ganz schlimmes.
SUSAN
Wo ist Mr. Marker?
RAVEN
Er schläft tief und fest.
DICK
Wir haben ein Problem. Nur, was für eins?

BLACK!

PAUSE

- 32 -

2. TEIL

ERZÄHLER

Im Westen nichts neues? - Von wegen! Die außerordentlich netten
Dorfbewohner von New Snouthome befinden sich in heller Aufregung;
Flüsterndes Reh ist eine Verräterin! Eijeijeijeijei! Was die Liebe doch so alles
zuwege bringt! Man kann nur staunen. Und der gute Tex Marker? Dieser
herausragende Marshal und Schrecken aller Halunken? Ist er zu naiv? Zu
gutgläubig? Dieser Mann des Rechts, dem niemals ein Bösewicht durch die
Lappen ging ... halt! Das stimmt nicht ganz! Butch the Butcher ist ihm entwischt
und hat seine Unterschrift hinterlassen.
Nun gut. Ich glaube ja, Tex Marker hat in seinem ganzen Leben noch nie mit so
speziellen, eigenartigen Menschen zu tun gehabt. Mit Hessen! Nachdem Lucky
Steven Hatehole in der gemütlichen Kuscheldecke von Pinky und Violet beruhigt
und entdramatisiert wurde, konnte er tatsächlich etwas genauer beschreiben, was
er beobachtet hatte. Verrat! Verrat am ganzen Dorf! Aber die fünf Männer und
fünf Frauen sind gut im Pläne schmieden. Verdammt gut!

♫ Sound [unheimlich & geheimnisvoll] ♫

Flüsterndes Reh und Kleine Natterschleichen sich langsam an. Sehr ängstlich und
vorsichtig.

KLEINE NATTER
Mr. Marker!? Mr. Marker!?

Flüsterndes Reh flüstert Kleine Natter etwas ins Ohr. Kleine Natter trennt sich von ihrer
Mutter, auf der Suche nach Tex.

Wenn sie weit genug weg ist:

♫ Sound [Gefahr, Gefahr, Gefahr!] ♫

Alle fünf Dorffrauen kommen aus verschiedenen Richtungen auf Flüsterndes Reh zu. Sie
kann nicht weg. Große Bedrohung. Flüsterndes Reh schreit so laut sie kann voller Angst
und Entsetzen

FLÜSTERNDES REH

Pima Mohave !!!

Yuma Maricopa !!!

Yakima Arikara !!!

Kutanai !!!

- 33 -

VALERIE

Frauen! Wie lautet unser Schwur?

Wenn die Flüsse sind versiegt
jeder Baum sich erdwärts biegt
Wenn der Himmel Blitze sendet
und manch Leben wird beendet
Selbst wenn diese Erde reißt
und uns in den Abgrund schmeißt
Selbst wenn Pech und Schwefel fällt
und es nichts gibt was uns hält
wenn zerstört wird die Natur
Ja, selbst dann gilt unser Schwur:
Wir schwören bei der Einigkeit unserer Gemeinschaft, dass wir unser Geheimnis
nicht verraten werden. Wir schwören auch, dass wir alle Dinge, die wir tun
mussten um unser Geheimnis zu wahren, fest in unseren Herzen verschließen.

Tod oder Leben

Flüsterndes Reh wird geknebelt und gefesselt, dann wird sie weggeführt.
Susan hat während der Aktion ihre Schultertasche auf den Boden gestellt und vergessen.

♫ Tex Marker-Sound ♫

Tex kommt

Kleine Natter hat alles beobachtet was mit ihrer Mutter passiert ist; hält sich versteckt.

Text ist entspannt und verliebt, geht zum Dorftreffpunkt, sieht dort Susans Schultertasche
und hebt sie auf, will sie dann öffnen.

Da steht plötzlich Hank neben ihm.

HANK
Halt! Was macht ihr da?

TEX
Ich hab grad diese Tasche gefunden...

HANK
Die gehört Susan. Gebt sie her, ich bring sie ihr.

TEX hält die Tasche hoch in die Luft
Nicht nötig. Das kann ich auch machen.

Hank ist sichtlich nervös und versucht die Tasche zu bekommen. Plötzlich rast Lucky aus
dem Saloon und rennt fröhlich ums Publikum rum

- 34 -

LUCKY
Lucky ist jetzt wieder froh!
Eben war er auf dem Klo,
eben hat er Brei gegessen,
hat zu schmatzen nicht vergessen,
hat die Milch schnell weggeschlabbert,
hat den Kuchen weggeknabbert,
hat die Pinky durchgerubbelt,
Violet den Kopf verstrubbelt,
Raven in den Bauch gebissen,
just auf dem Paradekissen,
heissa, hopsa, trallala,
Lucky ist jetzt wieder da,
lustig und voll Übermut,
Übermut tut immer gut!
Uffta, uffta, peng und bumm!
Lucky rennt hier quietschend rum.

Wenn Lucky einmal ums Publikum gerannt ist verschwindet er wieder im Saloon.
Tex sieht ihm staunend zu.

TEX
Wie um alles in der Welt haltet ihr es mit diesem Mann aus?

HANK
Er gehört zu uns. Wir lieben ihn!

TEX
Was ist los mit ihm?

HANK
Er hat was schlimmes erlebt.

TEX
Lasst mich raten: Eine Geschichte aus einem kleinen Städtchen in ähäh...?

HANK
Hessen.

TEX
Genau.
Tex setzt sich hin, legt die Beine hoch
Ich höre.

HANK stellt sich in Position und erzählt:
Es waren einmal drei wunderschöne Schwestern. Nach dem frühen Tod der
Eltern mussten alle drei harte Arbeit auf einem runtergekommenen Bauernhof
verrichten. Der Bauer schlug sie und die Bäuerin gab ihnen verdorbene Reste zu
essen. Der einzige Mensch, der zu ihnen hielt war ein Stallknecht, der ihnen Mut

- 35 -

zusprach und ab und zu eine Rübe oder eine Kartoffel zusteckte. Eines Tages
war das Maß für sie voll. Die älteste Schwester hatte einen Plan. Mit viel Mut
hatte sie es geschafft dem Bauern etwas Geld zu entwenden und so verließen sie
bei Nacht und Nebel gemeinsam mit dem Stallknecht den Ort des Grauens.

TEX
Raven, Pinky, Violet und Lucky!

HANK
Ihr sagt es. Pinky und Violet hatten Engelsstimmen. Wenn sie sangen ging einem
das Herz auf und man musste lachen oder weinen. Und Raven konnte dichten.
Sie schrieb Verse für ihre Schwestern, die... wie soll ich sagen... also... die
waren...
Hank flüstert Tex ins Ohr

TEX
Ich werde rot!

HANK
Oh ja! Rot sind da viele geworden. Sie sangen auf Marktplätzen, bei der
Kirchweih und in Schenken. Die Männer lagen ihnen zu Füßen und wenn mal
einer zu kess wurde, dann jagte ihn der starke Knecht mit seinem Dreschflegel
zum Teufel.

TEX
Man bekommt sofort Lust auf so ein Lied!

HANK
Ich hab die beiden oft gehört. An verschiedenen Orten. Ich kenne alle ihre Lieder.
Hank schnappt sich ein Tischtuch oder Geschirrtuch,
schlingt es sich um die Hüften und nimmt eine aufreizende Frauenposition ein.

HANK singt
Ich heb mein Röckchen hoch
und zeige meine Beine,
schaut doch mal her,
sie sind so weiß wie keine.
Ich knöpf mein Blüschen auf
zeig was von meinem Busen,
wenn ihr den seht,
dann wollt ihr schmusen.
Schenkel spreizen,
Brüste heben,
mit den Nasenflügeln beben.
Hintern in die Sonne recken,
alles and're nicht verstecken
Lala lalala
Tralalala tralala

- 36 -

Tex applaudiert

HANK
Wie ihr euch denken könnt, haben die Frauen geflucht und wollten ihre Männer
nicht mehr in die Schenken lassen. Dann gab es einen Verein: "Gemeinschaft für
Moral und Sitte". Alles Frauen mit strengem Blick und heruntergezogenen
Mundwinkeln. Und eines Abends, als die Schwestern einen Wald durchqueren
mussten, da hockten zehn von diesen schrecklichen Weibern hinter den
Büschen, sprangen hervor, schmissen ein Fischernetz über die drei und zerrten
sie in einen Keller. Lucky lag betrunken in irgendeiner Schenke und konnte ihnen
nicht helfen.
Hank kämpft mit den Tränen

HANK
Was dann in diesem Keller geschah war so grauenvoll, so entsetzlich.... also...
also... die Frauen sagten: "Ihr singt schreckliche Lieder! Und wir wollen sicher
sein, dass ihr das nie, nie mehr tun könnt."

TEX schreit auf und schlägt sich die Hand vor den Mund
Sie haben ihnen die Zungen rausgeschnitten!!!

Hank nickt

HANK
Und dann haben sie zur ältesten gesagt: "Und du schreibst diese ekelerregenden
Texte und damit du weißt wie schmerzhaft es ist diesen widerwärtigen Schmutz
zu ertragen, werden wir sie dir auf den Körper schreiben!"

TEX
Nein!!!

HANK
Dann haben sie Rasiermesser genommen und haben es vollbracht.

TEX
Aber Raven hat doch diese wunderschönen Bilder überall...

HANK
Jaaa!! Das war Flüsterndes Reh. Sie hat alle Narben übertätowiert. Sie ist eine
große Künstlerin.

TEX
Und was war dann mit Lucky?

HANK
Der ist ein paar Stunden später aufgewacht und hat einen Tipp bekommen.
Damals war er noch in der Lage kluge Entscheidungen zu treffen und deswegen
hat er Hermann gebeten mitzukommen.

- 37 -

TEX
Hermann?

HANK
Pardon, Jebediah meine ich. Die beiden haben Raven, die kurz vorm verbluten
war, das Leben gerettet. Sie haben eine Bahre gebastelt und als sie dann mit den
drei schwerverletzten Frauen den Ort verlassen wollten, geschah folgendes:
Eines dieser schlimmen Weiber von der Gemeinschaft für Moral und Sitte war
zurückgekommen um nach den Frauen zu sehen. Als sie die kleine Gruppe
flüchten sah, ergriff sie die Axt, die vor dem Haus in einem Hackklotz steckte und
schleuderte sie mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, den Fünfen hinterher.
Lucky hatte was gehört und sich kurz vorher umgedreht.

TEX
...und ist getroffen worden!!!

HANK
Jawoll! Linkes Auge, linke Schädelseite. Maria hat sich...

TEX
Maria?

HANK
Pinky. Die hat sich dann in den Ort geschleppt und Hilfe geholt. Mich und
Katarina.. äh.. Valerie. Wir sieben sind dann auch in die Festung. Zu den
anderen. Ich war damals schon total verliebt in Minna.

Tex schaut fragend

HANK
Susan. Ich wusste wo die drei waren. Meine älteren Brüder betrieben unsere
Schmiede und behandelten mich wie den allerletzten Knecht. Ich hatte auch
keinen Grund zu bleiben. Und Katarina... Valerie... war die Ehefrau eines Bauern,
der sie grün und blau schlug. Immer wieder weil sie keine Kinder bekam. Wenn
sie konnte lief sie zu Hermann.

TEX
Jebediah...

HANK
...um sich ihre Platzwunden und Blutergüsse behandeln zu lassen. Der wiederum
hatte den Ruf eines verrückten Quacksalbers. Eines Spinners, der verhungert
wäre, wenn Katarina ihn nicht versorgt hätte. Wir wollten weg. Alle. Unbedingt.
Der, der uns alle gerettet hat, der diese Flucht möglich gemacht hat, war Richard.
Racooney. Als das Feuer bei ihm gewütet hat, da hat er außer seinem
Lieblingschinchilla, noch eine Geldkassette gerettet. Mit ziemlich viel Geld. Wir
haben dann eines Nachts zwei kleine Ruderboote gestohlen und sind damit den
Main runter. Bis Mainz. Große Stadt. Dort hat Richard ein größeres Boot gekauft..
Damit sind wir dann den Rhein runter. Großer Fluss! Sehr berühmt. Und sehr

- 38 -

gefährlich. Wisst ihr am Rhein gibt es einen Felsen. Die Lorelei! Da sitzt auf dem
Felsen eine wunderschöne...

TEX
Aufhören! Das will ich alles gar nicht wissen. Ich bin Amerikaner! Ich will nur
wissen, wie ihr nach Amerika gekommen seid.

HANK ist schwer beleidigt
Rhein runter.
Holland.
Rotterdam.
Hafen.
Schiff.
Atlantik.
New York.

TEX
Na bitte, geht doch!

Hank geht beleidigt ab, dreht sich auf halber Strecke nochmal um und ruft:

HANK
Ich bin der beste Geschichtenerzähler weit und breit! Es würde euch nicht
schaden, wenn ihr euch etwas über deutsche Geografie und Kultur anhören
würdet!
Hank geht ab

TEX schaut ihm Hank kopfschüttelnd hinterher
Diese deutschen Hessen sind schon sehr eigenartig.

Tex setzt sich hin, nimmt die Tasche auf den Schoß

TEX
Schon komisch, dass dieser Schmied die Tasche unbedingt haben wollte.
Tex fängt an die Tasche zu durchsuchen
Ein Kamm! Ein Taschentuch, Bindfaden... was ist das denn? Ah! Ich glaube das
ist eine Schusterahle! Vielleicht sogar die, mit der sie damals... ein Bleistift, ein
Zettel... nein, ein Brief.

TEX beginnt den Brief laut vorzulesen
6. 7. 1863... vor etwa zwei Jahren.
"Meine Liebste, meine schönste, meine wunderbare Susan!
Endlich ist es soweit! Ich werde alles tun was du gesagt hast. Morgen früh um
vier Uhr dreißig werde ich dich überglücklich in der verlassenen Bärenhöhle
erwarten. Ich find den Weg. Du hast ihn gut beschrieben. Wenn das Dorf erwacht,
sind wir schon über alle Berge. Und an der Westküste wird uns auch meine Frau
nicht finden.
Meine Allerliebste! Für immer Dein.
Dein George Cave"

- 39 -

TEX starrt fassungslos auf den Brief
Was ist denn das!!! Moment mal... George Cave wollte doch... mit seiner
Kamera... aber er sollte doch nicht... die anderen haben doch...
Tex schlägt sich vor den Kopf
Himmel!!! Natürlich!!! Eine Falle!! Susan hat ihn direkt zur Bärenhöhle geschickt!
Er ist ermordet worden! Wowh!
Tex starrt mit offenem Mund

Kleine Natter schaut aus ihrem Versteck heraus

KLEINE NATTER völlig aufgelöst
Mr. Marker!!! Mr. Marker!!!

TEX
Was machst du denn hier?

KLEINE NATTER läuft zu ihm und umklammert seine Knie
Mutter! Mr. Marker! Mutter!!!

TEX
Was ist mit deiner Mutter?

KLEINE NATTER
Frauen kommen, fesseln Mutter, bringen weg! Ihr müsst helfen! Bitte, bitte!

TEX
Aber warum haben sie das gemacht?

KLEINE NATTER
Mutter hat gewarnt! Euch! Mutter brach Schwur!

TEX
Welchen Schwur?

KLEINE NATTER mit erhobener Schwurhand
Wenn die Flüsse sind versiegt
jeder Baum sich erdwärts biegt
Wenn der Himmel Blitze sendet
und manch Leben wird beendet
Selbst wenn diese Erde reißt
und uns in den Abgrund schmeißt
Selbst wenn Pech und Schwefel fällt
und es nichts gibt was uns hält
wenn zerstört wird die Natur
Ja, selbst dann gilt unser Schwur:
Wir schwören bei der Einigkeit unserer Gemeinschaft, dass wir unser Geheimnis
nicht verraten werden. Wir schwören auch, dass wir alle Dinge, die wir tun
mussten um unser Geheimnis zu wahren, fest in unseren Herzen verschließen.

Tod oder Leben

- 40 -

TEX hat immer noch den Brief in der Hand
So, so! Ein Schwur! - Alle Dinge, die wir tun mussten? Was musstest du denn
tun, Kleine Natter? War die Schlangengeschichte anders, als du sie mir erzählt
hast?

Kleine Natter schaut trotzig zu Boden und schüttelt den Kopf.

TEX
Na komm! Erzähl schon!

KLEINE NATTER
Ich hab geschworen!

TEX
Na gut. Du willst den Schwur nicht brechen. Das verstehe ich!

Tex greift nach einem herumliegenden Stock und drückt ihn Kleine Natter in die Hand

TEX
Schau mal, hier hast du einen dicken Stock! Jetzt gehst du zu den fünf Frauen,
verhaust alle damit und befreist deine Mutter. Ich leg mich inzwischen etwas auf's
Ohr.

Tex beginnt wegzugehen

KLEINE NATTER schreit
Mr. Marker! Mr. Marker!

Tex dreht sich um

KLEINE NATTER
Ich allein??

TEX
Ja! Du allein!

KLEINE NATTER
Kann ich nicht!

Tex kommt zurück

TEX grinst
Wenn du mir die wahre Schlangengeschichte erzählst, helfe ich dir.

KLEINE NATTER
Ganz einfach. Ich hab Schlange in der Hand. John kommt, fragt: Schlange giftig?
- Ich sag nein. Er streckt Hand aus, fragt: Darf ich? - Ich geb ihm Schlange.
Schlange beißt. John fällt um.

- 41 -

TEX
Tot.

Kleine Natter nickt

TEX
Und Paul? Der Mann, der sich mitten im Wald ein Pilzgericht gekocht hat?

KLEINE NATTER schüttelt den Kopf
Hat er nicht. Valerie kocht Pilzsuppe für ihn.

TEX
Was war mit Ringo und den beiden sprachlosen Ladies?

KLEINE NATTER
Ganz einfach. Pinky, Violet und Ringo stehen am Felsrand. Pinky und Violet
machen so:
Kleine Natter macht Schubs-Bewegung

TEX
Ganz einfach! Wäre ja interessant zu wissen, was man sich für mich ausdenkt!
Gut, Kleine Natter. Dann wollen wir mal deine Mutter retten.

Tex gibt Kleine Natter die Hand

KLEINE NATTER
Au ja!!!

ERZÄHLER
Mann, Mann, Mann! Endlich hat er kapiert was los ist. Glauben sie, dass er das
schafft? Fünf wild entschlossene Frauen gegen einen Mann und ein Kind? Aber
andererseits ist er Tex Marker und hat Billy the Kid Pat Ga-...
aber das wissen sie ja alles schon. Hank hat auf jeden Fall alles mitbekommen
und wird die Männer zusammentrommeln.

Tex und Kleine Natter gehen ab.

Hank, der nach seiner Unterhaltung mit Tex nochmal zurückgekommen ist, hat das
Brieflesen und das Gespräch mit Kleine Natter mitbekommen und rennt jetzt panisch zum
Sheriffhaus. Donnert dagegen.

HANK
Dick!!! Diiiiiick!!!!

DICK kommt raus
Was is'?

HANK
Er weiß alles.

- 42 -

DICK
Wer?

HANK
Tex Marker!

DICK
Tex Marker weiß alles?

HANK
Ja.

DICK
Woher?

HANK
Kleine Natter.

DICK
Wiesooooo? Wieso haben die Frauen sie nicht zusammen mit ihrer Mutter
weggebracht?

HANK
Weil sie sich versteckt hat. Dann hat sie Tex Marker alles erzählt und die beiden
sind los, die Frauen suchen.

DICK
Und warum hast du Idiot das nicht verhindert?

HANK
Weil ich mich nicht allein mit Tex Marker anlege und weil ich von Euch die Order
hatte nur zu hören, was gesprochen wird!!!

Dick pfeift schrill. Jebediah, Racooney und Lucky kommen aus verschiedenen Richtungen
angerannt

RACOONEY
Was ist los?

DICK
Tex Marker weiß alles. Die Frauen haben Flüsterndes Reh weggebracht und
Kleine Natter hat ihm alles verraten. Jetzt sucht er sie.

Lucky fängt an hospitalistisch rumzujammern

RACOONEY
Was haben die Frauen gemacht? Wohin haben sie Flüsterndes Reh gebracht?
Was machen sie mit ihr? Und wieso weiß ich nichts davon?

- 43 -

DICK
Weil ihr es verhindert hättet!!!

RACOONEY
Allerdings! Sie ist eine von uns!

HANK
Sie hat den Schwur gebrochen. Und Kleine Natter auch.

RACOONEY
Kleine Natter ist ein Kind!

Lucky jammert auf Höchststufe

DICK
Jetzt reiß dich endlich mal zusammen! Das ist ja entsetzlich!

Lucky wimmert leiser
Alle denken verzweifelt nach

RACOONEY hoch aufgebracht
Ich kann das nicht glauben. Was ist los mit euch? Flüsterndes Reh hat mit
ansehen müssen wie ihr Stamm von weißen Männern dahingemetzelt wurde und
sie hat geschworen, beim Leben ihres Kindes, dass sie niemals die Sprache des
weißen Mannes sprechen wird und nur des...

DICK
Ach ja?! Den Schwur hat sie ja tatsächlich gehalten.

HANK
Unseren Schwur hingegen hat sie gebrochen.

RACOONEY
Sie hat sich verliebt, mein Gott!!! Und vielleicht kann sie auch dieses Morden
einfach nicht mehr ertragen...... ich übrigens auch nicht.

HANK
Aber wir machen das doch nicht zum Spaß!

RACOONEY
Dooooch!!! Wir machen das zu unserem Vergnügen! Wenn es uns NUR darum
gegangen wäre, die Männer aus dem Weg zu schaffen, dann hätten wir sie kurz
und schmerzlos erschossen oder vergiftet. Und dem nächsten hätten wir erzählt,
nie wäre vor ihm einer dagewesen. Aber nein!
Racooney brüllt Hank an
Du und deine saublöäden Geschichten!
Racooney ahmt Hank nach
- Wir spielen Thater! Wir konstruieren elegante Unfälle, fantasievolle
Zufallsgeschichten und wir spielen sie so gut, dass es jeder glaubt! -

- 44 -

Jebediah hat die ganze Zeit nachdenklich in die Ferne geschaut

JEBEDIAH
Das stimmt, Hank. Ihr habt euch alles ausgedacht.

HANK
Ja, hab ich! Weil ich der einzige bin, der sowas kann!

JEBEDIAH
Ist euch eigentlich aufgefallen, dass nach Hanks Drehbüchern immer nur die
Frauen gemordet haben? Susan, eure eigene Freundin, musste eine
Liebesbeziehung zu diesem unappetitlichen george aufbauen. Valerie musste
Paul die vergiftete Suppe kochen und ihn überreden sie zu essen. Kleine Natter,
ein Kind, musste John eine Giftschlange in die Hand drücken. Und Pinky und
Violet mussten Ringo Fall in die Tiefe stoßen. Von uns Männern hätte sich das
keiner getraut, oder?

Alle schauen betreten auf ihre Füße

JEBEDIAH
Tja. So ist das und nicht anders.

HANK
Aber das spielt doch gar keine Rolle! Wir müssen überlegen was wir mit Tex
Marker machen. Wenn er überhaupt zurückkommt.

RACOONEY
Und WIE er zurückkommt.

DICK
Was soll das denn heißen? Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass er diese fünf
Frauen überwältigen kann. Wenn er sie überhaupt findet, werden die aber ganz
locker mit ihm fertig.

Alle außer Racooney nicken
Lucky löst sich aus seinem Hospitalismus

LUCKY
Die hau'n auf seinen Kopf mit Keulen,
die tun ihm sein Gehirn verbeulen.
Die stoßen Messer ihm ins Herz
und freu'n sich über seinen Schmerz.
Die Pinky beißt ihm ab ein Ohr
und Raven schlägt mit Eisenrohr
auf seine Beine, dass sie brechen.
Sie werden sich so schrecklich rächen...

- 45 -

RACOONEY
Wofür werden sie sich rächen, Lucky? Tex Marker hat ihnen nichts getan! Denkt
doch erst mal nach, bevor ihr uns eure wilden Gedichte um die Ohren haut!

LUCKY baut sich vor Racooney auf
Ihr seid ein dummer, blöder Mann,
der überhaupt nicht denken kann!
In eurem Hirn da leben Läuse...

DICK
Aufhörn!!! Verdammt!!! Halt jetzt deinen Mund Lucky, wir haben wirklich andere
Sorgen.

HANK
Also, wenn er kommt, dann müssen wir sofort handeln. Vielleicht haben wir ja
Glück und die Frauen haben das schon erledigt!

RACOONEY schreit
Wisst ihr Idioten eigentlich was passiert, wenn Tex Marker auch nicht
zurückkommt? Na?? Was denkt ihr?

HANK
Dann schicken sie den nächsten!

RACOONEY
Nein, das tun sie nicht!!! Dann, mein Lieber, schicken sie Soldaten. Viele
Soldaten. Es geht um Tex Marker! Glaubt ihr Blödmänner, es wäre ewig so
weitergegangen?!?!?!

Alle zucken mit den Schultern

JEBEDIAH
Wir brauchen einen Plan.

RACOONEY
Es gibt keinen Plan. Wir müssen hier weg. Ganz schnell.

wüste Proteste !

DICK
Seid ihr wahnsinnig? Dann ist alles vorbei. Dann hat es ein Ende! Dann war's
das! Schluss! Aus! Für immer!

HANK
Wir wollen das nicht! Wir wollen das, was wir hier haben, nicht aufgeben. Für kein
Geld der Welt!

♫ Tex Marker-Sound ♫
- 46 -

Tex kommt, ein dickes Seil um seinen Körper geschlungen, mit dem nacheinander die fünf
Frauen gefesselt sind. Ebenso geknebelt. Flüsterndes Reh und Kleine Natter laufen
nebenher. Tex richtet seine Waffe auf die erste Frau

TEX
Hallo!!! Wie geht's?!

Alle sind vor Erstaunen fassungslos

DICK
Wie um alles in der Welt habt ihr das geschafft?

TEX
Ich bin Tex Marker! Ich hab Billy the Kid Pat Garret vor der Nase weggeschnappt
und Jesse James mit seiner eigenen Winchester '73 50 Löcher in den Hut
geschossen...

KLEINE NATTER sehr laut
Aber Mutter und Medizinmann hatten doch schon alle Frauen mit Dämpfen
betäubt, und ihr musstet nur...!!

TEX
Still! Kleine Natter! Die Einzelheiten interessieren hier niemanden. Flüsterndes
Reh, den Waffenbeutel bitte.

Kleine Natter flüstert Flüsterndes Reh in Ohr, Flüsterndes Reh legt einen Beutel auf den
Boden.
Der einzige, der ihm Folge leistet, ist Racooney. Alle anderen schütteln trotzig den Kopf.
Tex schießt in die Luft. Zeigt dann mit seinem Revolver auf die Füße von Susan.

TEX
Fuß - Beine - Bauch usw. usw. Habt ihr dafür eure Tochter über den Atlantik
geschifft, dass sie hier in Amerika von einem Marshal abgeknallt wird? Glaubt
mir, ich hasse das! Ich hasse es aus tiefster Seele, aber wenn es nicht anders
geht...

Dick schmeißt seine Waffe weg.
Die anderen ebenso.
Flüsterndes Reh entfesselt und entknebelt die Frauen.

TEX
Also gut. Die spannenden Mordgeschichten kenne ich ja schon. Ich kann mir
auch denken, wer sie sich ausgedacht hat. Der beste Geschichtenerzähler weit
und breit! Hank Winebarrel!

HANK
Moment!!! Ich hab da vielleicht ein wenig rumgesponnen, ein wenig meine
Fantasie spielen lassen... aber... ausgeführt wurden alle Taten nur von den
Frauen!

- 47 -

Alle Frauen höchst entsetzt

SUSAN
Du Dreckschwein! Du blöder widerlicher Affe!!!
Susan geht auf Hank los, er versucht sich zu schützen
Tex greift ihre Oberarme, hält sie fest, aber sie tritt weiter

TEX
Schluss! Es reicht!

SUSAN frisst Hank mit ihren Augen
Ohne deine Hammer bist du nur ein erbärmlicher Feigling...

TEX
Schluss hab ich gesagt!!! Also meine Damen und Herren!
Tex positioniert sich extrem gut sichtbar, am besten etwas höher (Kiste, Stuhl?)

TEX
Erzählt mir euer Geheimnis! Erzählt mir, warum ihr dieses Dorf für kein Geld der
Welt verlassen wollt.

DICK
Nur, wenn ihr eure Waffe mit in den Beutel werft.

TEX
Und wer garantiert mir, dass ihr nicht alle über mich herfallt?

DICK
Ich geb euch mein hessisches Schusterehrenwort!

TEX
Na großartig! Da bin ich ja beruhigt.

DICK
Flüsterndes Reh kann sich ja auf den Waffensack setzen.

RACOONEY
Mr. Marker! Wir müssen das hier zu Ende bringen. Unbedingt!

TEX
OK.
Tex schmeißt seine Waffe in den Beutel
Flüsterndes Reh setzt sich drauf

TEX
Also?!

- 48 -

DICK
Wie alt seid ihr?

TEX
39. Warum?

DICK
Was meint ihr, wie alt ich bin?

TEX
54?

DICK schüttelt den Kopf

TEX
51?

DICK schüttelt den Kopf

TEX
49?

DICK schüttelt den Kopf

TEX
Ich verstehe nicht, was das soll. Wir wollten über das Dorfgeheimnis reden!

DICK
Ich bin 135.

Tex starrt Dick an

TEX
So ein Blödsinn...

RACOONEY
Ich bin 121.

JEBEDIAH
Ich bin 123.

HANK
103.

LUCKY
Ich bin... zählt mit Hilfe der Finger

DICK
Lucky ist 133.

- 49 -

TEX
Was soll das?

Tex schaut zu den Frauen

VALERIE
120.

SUSAN
105.

RAVEN
122.

Pinky und Violet machen Handzeichen

RAVEN
114... 109.

TEX
Ist das wieder so ein dummes Spiel, das ich nicht...

Flüsterndes Reh ist zu Tex getreten, legt ihm die Hände auf die Brust, schaut ihm tief in
die Augen, sagt dann mit klarer Stimme

FLÜSTERNDES REH
247.

Tex starrt sie fassungslos an.
Alle anderen fangen höchst erstaunt an zu tuscheln.

TEX
Kann mir bitte jemand erklären...

DICK

Unsere Geschichten aus der Heimat stimmen alle. Sie sind nur furchtbar alt. Wir
kamen 1785 in Amerika an. Wir kauften dieses Stück Land schon in New York
und mussten dann viele, viele Meilen zurücklegen, bis wir endlich hier waren.
Vorgefunden an diesem Ort haben wir drei Indianer, deren Stamm vom weißen
Mann grausam dahingemetzelt worden war; und eine Quelle. Wir schlossen
Freundschaft mit den dreien und tranken jeden Tag aus dieser Quelle.

♫ Sound! Quellenmusik ♫

TEX Erkenntnis! Erkenntnis!
Der Alterungsprozess hat aufgehört?!
Tex geht dicht an die Quelle ran, schaut hinein

- 50 -


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