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Forschungsmagazin der Leibniz Universität Hannover

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Published by alumni, 2020-12-03 08:34:05

Unimagazin 3/4_2017 Optische Technologien

Forschungsmagazin der Leibniz Universität Hannover

Forschungsmagazin der Leibniz Universität Hannover
Ausgabe 03|04 • 2017

Licht

Optische Technologien

Zukunft Hochspannend
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unimaga zin • ausgabe 3|4 –2017 leibniz univ ersität hannov er

Editorial

liebe leserin, lieber leser,

gerade im Winter fällt einem mung, Übertragung, Messung In Hannover beschäftigen sich Viel Freude beim Lesen
auf, wie wichtig das Licht für und Nutzbarmachung von rund 200 Wissenschaftlerin- wünscht Ihnen
uns Menschen ist. Ohne Licht Licht. Darüber hinaus kom- nen und Wissenschaftler der
geht es nicht. Und doch ist das men optische Methoden in der Leibniz Universität mit diesen Prof. Dr. Volker Epping
sichtbare Licht nur ein ganz Messtechnik, der Material­ Forschungsfeldern – angesie- Präsident der
kleiner Teil der elektromagne- bearbeitung sowie der Daten- delt beim Hannoverschen Leibniz Universität Hannover
tischen Strahlung, nämlich bearbeitung und -speicherung ­Zentrum für Optische Tech­
der Teil, den das Auge wahr- zum Einsatz. Zu den Opti- nologien, den Fakultäten für
nehmen kann. Diese sichtbare schen Technologien zählen Mathematik und Physik sowie
Strahlung besteht aus schwin- unt­er anderem die For- für Maschinenbau. Das akt­ u­
genden Energieeinheiten, die schungsfelder Lasertechnik, elle Unimagazin bietet einen
wir als hell und farbig wahr- Optoelektronik, Bildgebende Einblick in die vielfältigen
nehmen. Von anderen elektro- und Medizinische Optik, Op- ­Anwendungsmöglichkeiten
magnetischen Strahlungen tische Analytik und Opto­ optischer Verfahren und Tech-
unterscheidet sie sich lediglich fluidik sowie Integrierte Op- nologien. So geht es unter an-
durch ihre Wellenlänge. In tik und Photonik. derem um die Fahrzeug­
dem Forschungsgebiet der beleuchtung bei selbstfahren-
Optischen Technologien wer- Die Optischen Technologien den Automobilen, um Smart­
den die außergewöhnlichen sind mittlerweile eine der phones, die das Gesundh­ eits­
Eigenschaften des Lichts in wichtigsten Zukunftsbran- we­sen revolutionieren kön­nen,
der gesamten Breite der chen des 21. Jahrhunderts und aber auch um die Messung
­wissenschaftlich-technischen tragen wesentlich zum techno­ von Mikroplastik im Trink-
Möglichkeiten genutzt: die logischen Fortschritt bei. Vom wasser, die Untersuchung von
E­ rzeugung, Verstärkung, For- Scanner an der Ladenkasse bis Leberflecken oder das Dru-
zum Einsatz des Lasers in der cken von Nanopartikeln und
Automobilindustrie, der Kom- lebenden Zellen mit ­Lasern.
munikationstechnologie und
der Medizin – die technische
Nutzung von Licht gehört
b­ ereits heute zum Alltag, viel-
fach in Verbindung mit Elek­
tronik.

Damit sind die Optischen
Techn­ ologien als Quer-
schnittstechnologie einer der
Innovationstreiber für Wirt-
schaft und Gesellschaft und
bilden die Basis für wichtige
Entwicklungen unter anderem
im Maschinen-, Automobil-,
Schiff- und Flugzeugbau, der
Mikro- und Optoelektronik,
der Beleuchtungstechnik so-
wie der Pharma- und Medi-
zinproduktindustrie.

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unimaga zin • ausgabe 3|4 –2017 impressum • inhalt s v er zeichnis

Licht Optische Technologien

Uwe Morgner Benno Willke
Institut für Quantenoptik der Leibniz Uni­ Albert Einstein Institut
32 ���� Ein neues Fenster zum Weltall
versität Hannover Stabilisierte Hochleistungslaser für die
6 ������ Ultraschnelle Vorgänge in der Mikrowelt G­ ravitationswellendetektion

Die Lasermessung Maike Diana Lachmann | Ernst M. Rasel
als Schlüssel zum Verstehen Institut für Quantenoptik
36 ���� Meilenstein in der Quantenphysik
Unimagazin 10 ���� 10 Jahre Hannoversches Zentrum Erstmals Bose-Einstein Kondensate im All
Forschungsmagazin der Leibniz für Optische Technologien HOT
U­ niversität Han­nover • ISSN 1616-4075 41 ���� Laser Zentrum Hannover e.V.:
Maik Rahlves | Axel Günther | Light for Innovation
Herausgeber Maher Rezem | Christian Kelb |
Das Präsidium der Leibniz Universität Eduard Reithmeier | Bernhard Roth Detlev Ristau | Henrik Ehlers | Marco Jupé
Hannover Institut für Mess- und Regelungstechnik, Institut für Quantenoptik,
Hannoversches Zentrum für Optische Laser Zentrum Hannover e.V.
Redaktion Technologien 42 ���� Unauffällig, aber wirksam
Monika Wegener (Leitung), 12 ���� Auf dem Weg zur künstlichen Haut Die Optische Dünnschichttechnologie
Dr. Anette Schröder Lichtwellenleiterfolie zum optischen
M­ essen von Druck und Temperatur Lothar Koch | Martin Duderstadt |
Anschrift der Redaktion Urs Zywietz | Boris Chichkov
Leibniz Universität Hannover Ann Britt Petermann | Merve Wollweber | Institut für Quantenoptik,
Alumnibüro Bernhard Roth | Uwe Morgner Laser Zentrum Hannover e.V.
Welfengarten 1 Institut für Quantenoptik, 46 ���� Der Laser als hochpräzises Werkzeug
D–30167 Hannover Hannoversches Zentrum für Optische Über das Drucken von Nanopartikeln und
Technologien lebenden Zellen
Anzeigenverwaltung / Herstellung 16 ���� Analytik mit flüsterndem Licht
ALPHA Informationsgesellschaft mbH Zur Entwicklung neuer Sensorsysteme Bettina Altmann | Christian Pape |
Finkenstr. 10 Eduard Reithmeier
D–68623 Lampertheim Kort Bremer | Johanna-Gabriela Walter | Institut für Mess- und Regelungstechnik
Telefon: 06206 939-0 Maik Rahlves | Rima Rifai | Bernhard Roth 50 ���� Der optomechanische Bildderotator
Telefax: 06206 939-232 Institut für Technische Chemie, Optisch drehend messen
Internet: www.alphapublic.de Hannoversches Zentrum für Optische
Technologien Roland Lachmayer | Gerolf Kloppenburg |
Titelabbildung 20 ���� Labordiagnostik für jedermann Alexander Wolf | Marvin Knöchelmann |
Institut für Quantenoptik der Leibniz Wie Smartphones das Gesundheitswesen Peer-Phillip Ley
Universität Hannover revolutionieren können Institut für Produktentwicklung und
Gerätebau
Das Forschungsmagazin Unimagazin Ann-Kathrin Kniggendorf | 54 ���� Autonomes Fahren und Beleuchtung
erscheint zweimal im Jahr. Nachdruck Christoph Wetzel | Michael Tomanek | Sind heutige Scheinwerfer gut genug für
einzelner Artikel, auch auszugsweise, Bernhard Roth selbstfahrende Autos?
nur mit Genehmigung der Redaktion. Hannoversches Zentrum für Optische
Für den Inhalt der Beiträge sind die Technologien 58 ���� Projekt Hymnos: »Das virtuelle Labor«
jewei­ligen Autoren verantwortlich. 24 ���� Mikroplastik im Trinkwasser
Online-Kontrolle für trinkwasser­ Ludger Overmeyer | Sebastian Dikty |
verarbeitende Betriebe Welm Pätzold | Yixiao Wang |
Sebastian Bengsch
Jenny Stritzel | Arthur Varkentin | Institut für Quantenoptik, Institut für
Elias Blumenröther | Maik Rahlves | Transport- und Automatisierungst­echnik,
Merve Wollweber | Uwe Morgner | Institut für Mikroproduktionstechnik
Bernhard Roth 60 ���� Der Sonderforschungsbereich
Institut für Quantenoptik, Transregio 123
Zur Erforschung funktionaler Polymer­
Hannoversches Zentrum für Optische optiken

Technologien 64 ���� Promotionsprogramm Tailored Light
28 ���� Nur ein Leberfleck!
66 ���� Personalia und Preise
Oder doch Hautkrebs?

3

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Optische technOlOgien leibniz universität hannover

Ultraschnelle Vorgänge in der Mikrowelt

Die laserMessunG als sChlÜssel zuM verstehen

1

Die prozesse der Mikrowelt

laufen in rasender geschwin-

digkeit ab – unvorstellbar

schnell von einem Zustand in

den nächsten. Mit ultrakurzen

lichtblitzen aus neuen lasern

sind Wissenschaftlerinnen und

Wissenschaftler weltweit und

auch an der leibniz Universität

in der in der lage, -

diese Vorgänge zu erfassen

und zu verstehen.

ein professor vom Der Laser ist ein außerge- Weise von den kohärenten ßen. Darüber hinaus sind
institut für Quantenoptik wöhnliches Instrument. Laser- Photonen des Lasers profitie- Photonen Bosonen, also Teil-
optik spannt den weiten Bo- ren. In den Foki hochintensi- chen mit ganzzahligem Spin,
gibt einen einblick. gen von Experimenten mit ver Laserpulse finden wir die im Gegensatz zu den Fer-
einzelnen Lichtteilchen (Pho- extreme Bedingungen vor: mionen mit halbzahligem
abbildung 1 tonen) bis hin zur Physik mit Spitzenleistungen von Tera- Spin alle denselben Zustand
Frequenzkonversion von ultra- extrem hohen Intensitäten. In watt, magnetische Flussdich- besetzen dürfen. Dem gegen-
violettem in sichtbares Laserlicht keinem anderen Forschungs- ten mit Tausenden von Tesla, über sind Elektronen geladene
in einem speziellen Kristall. feld werden die Größen bis an Lichtdrücke von Gigapascal Fermionen, die mit keiner
Das Licht wird kegelförmig ab- die äußeren Ränder der Ein- und Temperaturen von Mega- Technik in Raum und Zeit so
gestrahlt. heitenskalen – von Atto- bis kelvin sind heute mit kom- konzentriert werden können
Quelle: Institut für Quantenoptik Peta- – ausgereizt. Nirgends merziell erhältlichen Laser- wie Photonen. Um diese ext-
sonst wird so deutlich, dass quellen erreichbar. remen Photonenkonzentratio-
unserer Sprache adäquate Su- nen tatsächlich zu realisieren,
perlative fehlen, so dass ver- Hohe Intensitäten erhält man, müssen die Lichtteilchen in
stärkende Präfixe wie ultra-, indem man möglichst viele Raum und Zeit verdichtet
super-, oder hyper- in der Lichtteilchen (= Photonen) auf werden. Die Verdichtung im
Laserforschung allgegenwär- kleinstem Raum konzentriert. Raum ist allein limitiert durch
tig sind. So gibt es kaum na- Das ist möglich, da Photonen das Heisenbergsche Unschär-
turwissenschaftliche Bereiche, ungeladene Teilchen sind, die feprinzip, das besagt, dass ein
die nicht in substantieller sich nicht gegenseitig absto- Teilchen nicht gleichzeitig

6

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

in Ort und Impuls (also Ge- Lokalisierungsgrenzen der Röntgenstrahlung. Mit diesem 2
schwindigkeit) festgelegt wer- Photonen in Zeit beziehungs- Superlaser wird es möglich
den kann. Eine klare Lokali- weise in Ausbreitungs- sein, große Moleküle, aber
sierung geht immer mit einer richtung von Nanosekunden auch Viren und Bakterien zu
unscharfen Geschwindigkeit (1ns = 10–9 sec.) auf Sub- durchleuchten, sie zu »rönt-
einher und umgekehrt. Möch- Femtosekunden (1fs = 10– gen« und ihre inne Struktur
te man einen harten Fokus 15 sec.) konsequent mit einer zu analysieren. Der intensive
produzieren, muss eine große Größenordnung pro Dekade Puls – von dem 27.000 pro
Geschwindigkeitsunschärfe, gefallen. Während man Nano- Sekunde erzeugt werden kön-
also ein breiter stumpfer sekunden auch noch mit Elek- nen – zerstört das Molekül,
Lichtkegel vor und nach dem tronenpulsen auflösen kann, aber da er so kurz ist, entsteht
Fokus zugelassen werden. konnten die schneller ablau- das Foto in kurzer Zeit vor der
Je größer der Kegelwinkel, fenden Effekte der Natur erst Zerstörung, dass jegliche Be-
desto größer die »Numerische nach dem entsprechenden wegung der beteiligten Atome
Apertur« (NA). Mit hoher Fortschritt der Laserphysik eingefroren ist. Man erwartet
NA kann also hart im Raum analysiert werden. wesentliche neue Einsichten
fokussiert werden. Auch die in die Struktur von Großmole-
Fokussierung in der Zeit Und tatsächlich ist unsere külen mit Relevanz für Che-
wird von Heisenberg limi- Mikrowelt voller Prozesse, die mie, Materialwissenschaft,
tiert. Hier ist es die Unschärfe auf Piko-, Femto- und Atto- Biochemie, Biologie, Pharma-
zwischen Energie und Zeit. sekunden-Zeitskalen ablaufen zie und Medizin und lässt sich
Möchte man ein Photon in (1 ps = 10–12 sec., 1as = 10–18 dieses 1,2 Milliarden Euro in
einem winzigen Zeitfenster sec.): Moleküle rotieren in einer gemeinsamen europä-
lokalisieren, muss in Kauf ge- Pikosekunden, Moleküle ischen Anstrengung kosten.
nommen werden, dass seine vibrieren in Femtosekunden,
Energie (= seine Farbe) un- Elektronen bewegen sich in Der größte gepulste Laser
scharf ist. Völlig analog zur Molekülen innerhalb von steht in Kalifornien in den

abbildung 2
Blick in den 3,4 km langen
Beschleunigertunnel des Euro-
päischen Freie-Elektronen-Laser
für Röntgenlicht (XFEL) in
Hamburg.

Quelle: Institut für Quantenoptik

Raumdimension müssen also Attosekunden von einem Ort 3 abbildung 3
viele Farben angeboten wer- zum anderen, von einem Gepulste Laserstrahlung ver-
den, um einen harten Zeit- Zustand zum nächsten. Die USA, die »National Ignition schiedener Wellenlänge in einem
fokus zu realisieren. Lasermessung dieser ultra- Facility« – in der Größe einer typischen Experimentieraufbau.
schnellen Vorgänge ist der großen Fabrikhalle. Seine
Jetzt verlassen wir das Teil- Schlüssel zum Verstehen der Pulse sind im Gegensatz zum Quelle: Institut für Quantenoptik
chenbild und denken im Wel- vielfältigen Dynamik der Mi- XFEL wesentlich länger und
lenbild: Perfekt scharfe Licht- krowelt. auch nicht im Röntgenbereich
verteilungen im Fokus und angesiedelt. Dafür haben sie
perfekt kurze Lichtverteilun- In Hamburg wurde just am viel mehr Energie (einige
gen in der Zeit sind nur bei 1. September der XFEL feier- Megajoule pro Puls). 192 ein-
perfekt interferierenden Teil- lich eingeweiht, der »Europä- zelne Großlaser strahlen dabei
wellen möglich; diese in Raum ische Extreme Freie-Elektro- aus allen Raumrichtungen
und Zeit perfekten Wellen nenlaser«, eine 3,4 km lange zeitgleich auf eine kleine Pro-
produziert allein der Laser. Röhre (siehe Abbildung X), die be. Der dabei entstehende ex-
Nur damit können die hohen in Hamburg beginnt und in treme Druck durch die vielen
Intensitäten erzeugt werden. Schleswig-Holstein in einer Photonen überwindet die Ab-
Das hat man sofort nach der fußballfeldgroßen Experimen- stoßung zwischen den positiv
Erfindung des Lasers im Jahre tierhalle tief unter der Erde en- geladenen Atomkernen und
1960 erkannt, und seitdem ist det. Er erzeugt erstmalig Fem- führt zu ihrer Verschmelzung.
die Pulsdauer, das sind die tosekundenimpulse aus harter Dieser Laser dient der Erfor-
schung der kontrollierten
Kernfusion, kann im Durch-

7

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

prof. Dr. Uwe Morgner schnitt nur einmal pro Tag ab- langsam in immer kleinere Farben. Diese nichtlineare
Jahrgang 1967, ist seit 2004 gefeuert werden und hat auch Partikel zermahlen werden. Frequenzkonversion wird seit
Professor für Physik an der weit über eine Milliarde US- Diese Mikro- und Nanometer Jahrzehnten angewandt, trotz-
leibniz universität hannover. Dollar gekostet. großen Plastikpartikel gelan- dem sind die Details der Elek-
seit 2013 ist er sprecher des gen nun zunehmend zurück tronenbewegung, insbesonde-
vorstandes des hannoverschen Hier in Hannover am Institut ins Trinkwasser und in die re die Reaktion absorbierender
zentrums für optische tech- für Quantenoptik (IQ) wird Nahrungskette. Auf dieses re- Medien auf einen ultrakurzen
nologien. seine Forschungs- mit kleinerem Budget aber lativ neue Phänomen sind Lichtimpuls Gegenstand aktu-
interessen liegen im bereich nicht weniger interessant ge- Wasserwerke und Getränke- eller Forschung. Diese Effekte
der extrem kurzen Pulse forscht. In der Arbeitsgruppe industrie nicht eingestellt und dauern Femtosekunden oder
aus lasern sowie deren an- »Ultrafast Optics« steht die suchen nach verlässlichen weniger, sind daher nur
wendung in biophotonik Forschung an neuen Laser- Möglichkeiten, die Kunststoff- schwer zu vermessen.
und Grundlagenforschung. quellen von Femto- und Sub- Schwebeteilchen zu erkennen
Kontakt: [email protected] Femtosekundenpulsen im und zu vermessen. So erhofft Auch andere Beiträge dieses
hannover.de Schwerpunkt (siehe Abbildun- man sich Informationen über Heftes thematisieren die
gen 1 bis 4). Im Rahmen von das Ausmaß der Verunreini- Anwendungen ultrakurzer
abbildung 4 Bachelor-, Master- und Dok- gung. Der gepulste Laser ist Laserpulse, insbesondere in
Ein gepulster Laserstrahl wird in torarbeiten erforschen junge dabei ein präzises und leis- Biophotonik, Mikro-Material-
der Luft fokussiert. Seine Intensi- Studierende neue Typen ge- tungsstarkes Werkzeug, auch bearbeitung oder Nanotech-
tät ist so groß, dass die Luftmole- pulster Laser. Von den innova- kleinste Partikel nachzuwei- nologie: Zum Beispiel die Bei-
küle auseinandergerissen werden. tiven Laserquellen profitieren sen (siehe den Beitrag »Mikro- träge über Mikroplastik im
Die schnelle Bewegung der Elekt- viele Folge- und Kooperati- plastik in meinem Trinkwasser« Trinkwasser, zum Drucken
ronen erzeugt einen hellen Blitz. onsprojekte in Spektroskopie, in diesem Heft). von Nanopartikeln und leben-
Quelle: Institut für Quantenoptik Manipulation von Materie, den Zellen mit dem Laser so-
Mikroskopie und Sensorik. In einem eher grundlegend wie den Kurzttext über das
physikalisch orientierten Bei- virtuelle Labor und das Ver-
Ein angewandtes Projekt zum spielprojekt geht es um die bundprojekt HYMNOS. Allein
Beispiel beschäftigt sich in Ko- Untersuchung der Elektronen- dieser kleine hannoversche
operation mit dem Hannover- dynamik in Festkörpern. Die Ausschnitt demonstriert be-
schen Zentrum für Optische Elektronen der Atomhülle in reits eindrücklich die vielfälti-
Technologien (HOT) und Gasen, Flüssigkeiten und Fest- ge Anwendbarkeit der gepuls-
einigen Firmen mit der schnel- körpern schwingen mit der ten Lasertechnologie. So hat
len Detektion von Mikro- Lichtwelle hin- und her, weil sich in den letzten zwanzig
plastik-Verunreinigungen in sie so leicht sind. Bei hohen In- Jahren ein stark wachsender
Trinkwasser. Der exzessive tensitäten werden die schwin- Milliardenmarkt entwickelt,
Einsatz von Plastik in der Ver- genden aber gebundenen über den diese Quellen einer
packungsindustrie sorgt für Elektronen so weit ausgelenkt, breiten Anwenderschicht
ständig wachsende massive dass sie durch die Nähe des kommerziell zugänglich ge-
Umweltverschmutzung – ins- Nachbaratoms komplizierte macht werden. Insbesondere
besondere da die typischen Flugbahnen durchlaufen. Be- in Deutschland und Europa
Kunststoffe in Jahrzehnten schleunigte Elektronen strah- sind einige wichtige Laser-
noch nicht verrottet sind. len Licht ab, und so entsteht firmen und deren Zulieferer
Unvorstellbare Mengen an im Medium durch die kollek- beheimatet. Das eröffnet inter-
Plastikabfall gelangen ver- tive Bewegung der Elektronen essante Kooperationsmöglich-
sehentlich oder unbeabsichtigt auf den »nichtlinearen« Tra- keiten im Bereich angewand-
in Flüsse und Meere, wo sie jektorien Licht mit neuen ter Forschung, das bietet aber
auch exzellente Perspektiven
4 für die Absolventinnen und
Absolventen der Physik oder
der Optischen Technologien.
Beide Studiengänge werden
mittlerweile auf Englisch an-
geboten und ziehen eine große
Zahl an internationalen Be-
werbern nach Hannover. Sie
bekommen hier nicht nur eine
solide theoretische und prak-
tische Ausbildung in der
Optik, sondern auch die Pers-
pektive auf einen guten Ar-
beitsplatz in einer Zukunfts-
technologie.

8

Optische Technologien leibniz universität hannover

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Optische technOlOgien leibniz universität hannover

10 Jahre hannoversches Zentrum
für Optische technologien hOt

interdisziplinarität als schlüssel für innovation und anwendungen

Das hannoversche Zentrum für Optische technologien (hOt) Grundlagenforschung als auch angewandte Forschung und
ist ein fachübergreifendes Forschungszentrum der leibniz fördert den Wissens- und Technologietransfer zwischen
Universität hannover im Bereich der optischen und photoni- den beteiligten 18 Mitgliedsinstituten.
schen technologien. es ist aus einer initiative von instituten
und Forschungseinrichtungen der Fakultäten für Maschinen- Unter dem Dach des HOT arbeiten derzeit etwa 30 Wissen-
bau und für Mathematik und physik der leibniz Universität schaftlerinnen und Wissenschaftler aus Physik, Maschinen-
hannover und des laser Zentrums hannover hervorgegangen bau, Mathematik, Informatik und Elektrotechnik zusam-
und hat zum Ziel, die einzelnen Fachkompetenzen in diesem men an innovativen Forschungsthemen, deren enormes An-
Bereich zu bündeln, neue Forschungszweige zu schaffen und wendungspotenzial zum Beispiel für Automobilindustrie,
diese für Forschung, lehre und Wissenstransfer nutzbar zu Kommunikation oder Medizin nur in der Kooperation der
machen. verschiedenen Disziplinen ausgeschöpft werden kann. Bei-
spielhaft sind der SFB/TRR 123 »PlanOS«, der Schwerpunkt
Zehn Jahre Forschungszentrum HOT – das bedeutet daher »Hymnos«, das Promotionsprogramm »Tailored Light«, das
auch zehn Jahre interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ins- BMBF-Vorhaben »MeDiOO«, das Verbundvorhaben »Opti-
tituten der Leibniz Universität und Instituten, Zentren und mus« sowie das EXIST-Vorhaben »SmartSens«.
Unternehmen der Region mit dem Ziel, innovative Konzep-
te in der Optik und Photonik zur Anwendung zu bringen. Das HOT ist Ansprechpartner für Industrie und mittelstän-
dische Unternehmen in Fragen der optischen Technologien
Die Gebiete der Optik und Photonik gehören zu den wich- und bildet die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und
tigsten Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts und tra- Wirtschaft in der Region. In der Lehre koordiniert es den
gen wesentlich zum technologischen Fortschritt bei. Vom internationalen Masterstudiengang Optische Technologien,
Smartphone als modernem Medizinlabor über intelligente der die gewonnenen Erkenntnisse unmittelbar in die Aus-
Sensoren für das Zustandsmonitoring von Gebäuden, der bildung des wissenschaftlichen Nachwuchses einfließen
Suche nach Mikroplastiken im Trinkwasser oder der Ent- lässt.
wicklung nichtinvasiver Methoden zur Hautkrebsdiagnose
– die außergewöhnlichen Eigenschaften des Lichts ver- prof. Bernhard Roth ist wissenschaftlicher leiter und geschäfts-
sprechen neuartige Lösungen für vielfältige Herausforde- führer des hannoverschen zentrums für optische technologien
rungen in Technologie und Gesellschaft. Das Hannoversche (hot) der leibniz universität hannover.
Zentrum für Optische Technologien HOT ist ein Nukleus
dieser Trends und arbeitet intensiv an der Erforschung der Kontakt: [email protected]
neuen, zukunftsträchtigen Technologien. Es betreibt sowohl

1 2
Strategische Forschungsthemenfelder des HOT. Polymeroptisches Wellenleiter-Array zur verteilten, hochfunk-
tionalen Sensorik für Medizin und Produktionstechnik.

10

Optische Technologien leibniz universität hannover

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Coherent und ROFIN sind jetzt zusammen das weltweit größte Deutschland: Lübeck, Hamburg, Göttingen, Mainz, Dieburg, Kaiserslautern,
Laserunternehmen. Mehr als 5.000 Mitarbeiter in über 40 Län- Gilching, Günding, Starnberg, Freiburg, Overrath und Zorneding
dern arbeiten an führenden Photonik-Lösungen für industrielle,
wissenschaftliche und medizinische Anwendungen.

»Wir sind erfolgreich, weil wir nicht nur unsere Produkte kon-

tinuierlich weiterentwickeln, auch unsere Mitarbeiter werden
immer besser. Dass wir dabei auf den Einzelnen eingehen, ist für
uns ebenso selbstverständlich, wie der wertschätzende Umgang

«miteinander, der die Atmosphäre bei Coherent prägt.

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11

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

Auf dem Weg zur künstlichen haut

liChtWellenleiterFolie zuM oPtisChen Messen von DruCK unD teMPeratur

licht ist ein idealer träger leitet und einem Mantel, der
für informationen: schneller den Kern umgibt. Kern und
als klassische elektrische Über- Mantel können Nanostruktu­
ren wie etwa kleine Gitter ent­
tragung, ungestört durch halten, die es ermöglichen,
äußere elektromagnetische Messgrößen wie Temperatur
oder auch Dehnung verläss­
einflüsse und leitbar lich und sensitiv zu bestim­
in kostengünstigen Materialien men. Wird der Wellenleiter­
kern freigelegt und entspre­
wie plexiglas®. chend präpariert, lassen sich
auch chemische oder biologi­
sche Stoffe hochspezifisch
detektieren. PICs lassen sich
zudem zur Überwachung der
Trinkwasserqualität oder zur
Blutanalyse verwenden.

Am hannoverschen Zentrum Wir leben in einer Zeit der 1 Von komplexer silizium-
für Optische technologien schnellen Veränderungen, photonik zur kostengünstigen
die nicht zuletzt auch durch gung der Menschen mit Trink­ optischen plastikfolie
(hOt) wird erforscht, den immensen technologi­ wasser. Um den Bedarf einer
wie licht in dünnen plastik- schen Fortschritt des 20. und innovativen und kostengüns­ Heutzutage wird der Großteil
folien geleitet und zur Über- 21. Jahrhunderts geprägt ist. tigen Analytik wie etwa der photonischer Schaltkreise
tragung von information sowie Moderne Computer ermög­ Trinkwasseranalyse oder auch aus Materialien hergestellt,
zum erfassen von Messgrößen lichen schnelle Berechnungen der Gesundheitsüberwachung die beispielsweise von der
wie temperatur und Dehnung und Smartphones gewährleis­ zu gewährleisten, sind echt­ Computerindustrie genutzt
ten den nahezu unbegrenzten zeitfähige und kontinuierlich werden. Dies sind insbeson­
genutzt werden kann. Zugang zu Informationen un­ betriebene, vernetzte Systeme dere Silizium aber auch Ver­
abhängig von unserem Auf­ erforderlich. Sowohl Daten­ bundstoffe wie Siliziumnitrid
enthaltsort. Parallel zu den übertragung als auch bioche­ oder auch Siliziumoxid, das
technologischen Entwicklun­ mische Analytik werden heut­ sogenannte Quarzglas. Aller­
gen muss sich die Gesellschaft zutage vielfach durch integ­ dings ist die Verwendung sol­
noch ganz anderen Herausfor­ rierte photonische Systeme cher Materialien nicht nur mit
derungen stellen: globale Kli­ oder Schaltkreise (PICs – engl. hohen Materialkosten, son­
maveränderungen, demogra­ für Photonic Integrated Cir­ dern auch mit hohen Herstel­
fischer Wandel und steigende cuits) ermöglicht. Dabei han­ lungs­ und Anlagenkosten
Bevölkerung, nachhaltige delt es sich zumeist um kleine verbunden, die sich nur ren­
Energie­ und Gesundheitsver­ Lichtwellenleiterstrukturen in tieren, wenn ein Produkt mil­
sorgung sowie neue Verkehrs­ der Größenordnung von weni­ lionenfach hergestellt wird.
konzepte, um nur einige zu gen Mikrometern bis zu eini­ Am Hannoverschen Zentrum
nennen. Ein großes Problem gen hundert Nanometern. Sol­ für Optische Technologien
ist beispielsweise die Versor­ che Lichtwellenleiter beste­ (HOT) werden im Rahmen des
hen aus zwei Komponenten: von der Deutschen For­
Einem Kern, der das Licht schungsgemeinschaft (DFG)
geförderten Transregios 123

12

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

»Planare Optronische Systeme und Stempel wieder getrennt. in die Wellenleiterfolie zu lei­
(PlanOS)« innovative Herstel­ Um Lichtleitung zu ermögli­ ten, scheinen auf den ersten
lungstechnologien und Sens­ chen, müssen in einem weite­ Blick einfach, stellen aber in
orkonzepte erforscht, die die ren Schritt die Mikrokanäle der Praxis häufig ein schwieri­
kostengünstige und dabei mit einem weiteren Polymer ges Problem dar. Für Halblei­
flexible, aber auch hochdurch­ mit höherem Brechungsindex terlaser oder Leuchtdioden
satzfähige Herstellung photo­ gefüllt werden. Hierfür wird werden zumeist kleine Mikro­
nischer Schaltkreise erlauben ein Epoxidharz in die Kanäle spiegel zur Lichtkopplung in
(Abbildung 1). Dies wird zum gefüllt, das überflüssige Harz Wellenleitern
einen durch die Verwendung mit einer Rasierklinge abgezo­ mit Querschnittsgrößen von
von kommerziell verfügbaren gen und anschließend das in mehreren 10 μm verwendet.
und kostengünstigen Polyme­ den Kanälen verbleibende Bei Wellenleitern mit kleinen
ren, wie beispielsweise Plexi­ Harz durch Bestrahlung mit Querschnittsgrößen um 1 μm
glas und zum anderen durch
die Entwicklung neuartiger 2 abbildung 1
Konzept der planaren Sensorfolie:
Polymere mit spezifisch einge­ Ein flexible Polymerfolie dient
stellten mechanischen, ther­ als Substrat für Lichtwellenleiter,
mischen und optischen Eigen­ Lichtquellen, Detektoren und
schaften ermöglicht. Letzteres Sensorstrukturen.
erfolgt in enger Zusammen­
arbeit mit dem Institut für abbildung 2
Mikrosystemtechnik (IMTEK) Schematische Darstellung des
der Albert­Ludwigs­Univer­ thermischen Imprint Verfahrens
sität Freiburg. Versehen mit (1) und Rakelprozess (2) zur Her-
Lichtquellen, Detektoren und stellung von Lichtwellenleiter in
Sensorelementen können sol­ dünnen Polymerfolien: Zunächst
che Plastikfolien nicht nur zur wird eine Grabenstruktur in die
Datenübertragung, sondern, Polymerfolie geprägt (1) und an-
aufgebracht auf Oberflächen, schließend mit einem Epoxidharz
auch zum Messen von Tempe­ gefüllt (2), das nach UV-Aushär-
ratur, Dehnung und Feuchtig­ tung Licht führt.
keit eingesetzt werden.

imprintverfahren für UV­Licht ausgehärtet. Hier­ abbildung 3
Mikro- und nanostrukturen – durch entstehen flexible und Durch thermisches Imprint her-
hochdurchsatzfähige techno- somit biegbare Polymerfolien gestelltes Lichtwellenleitersubst-
logien für maßgeschneiderte mit einzelnen Lichtwellen­ rat aus Plexiglas® mit verschiede-
Fertigung leitern (Abbildung 3). nen Wellenleiterstrukturen.

Zur Herstellung der optischen lichterzeugung und licht- 3
Sensorfolie setzen wir thermi­ erfassung in der Folie
sche Imprintverfahren ein, die werden Gitterstrukturen ein­
ebenfalls zur Erzeugung von Um Lichtwellenleiterfolien gesetzt, die das Licht auf­
Hologrammen und Sicher­ zur Datenübertragung und grund ihrer Strukturgrößen
heitsstrukturen, wie sie sich für Sensoranwendungen nut­ im Nanometerbereich in den
auf Ausweisen oder Führer­ zen zu können, sind zusätz­ Wellenleiter beugen, ver­
scheinen befinden, genutzt lich Lichtquellen, Detektoren gleichbar mit der Aufspaltung
werden (Abbildung 2). Die und Sensorelemente in der von Licht in Regenbogenfar­
großflächige Fabrikation von Folie notwendig. Als Licht­
Wellenleitern beginnt zu­ quellen werden entweder
nächst mit dem Prägen von Halbleiterlaser im Mikro­
Mikrokanälen in Polymerfo­ metermaßstab, wie sie aus der
lien. Hierfür werden ein Stem­ Optoelektronik bekannt sind
pel aus Silizium und die zu oder auch organische Leucht­
strukturierende Polymerfolie dioden (OLED), die auch in
aufgeheizt, bis die Folie form­ Flachbildschirmen eingesetzt
bar wird. Anschließend wird werden, verwendet. Konzepte,
der Stempel mit definierter um Licht von den Lichtquellen
Kraft in die Folie gepresst.
Nach Abkühlen werden Folie

13

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

ben bei der Betrachtung der sendet, sodass sie sich über­ wickelt, die schematisch in
Unterseite einer CD. Dabei lappen. Wird zusätzlich ein Abbildung 5 dargestellt sind
muss die Lichtquelle sehr prä­ spezielles Epoxidharz zwi­ und auf einer intensitätsba­
zise auf oder vor dem Wellen­ schen die beiden optischen sierten beziehungsweise chro­
leiter platziert sein, damit das Komponenten eingebracht, so matischen Lichtmodulation
Licht im Wellenleiter geführt schreibt sich ein Wellenleiter beruhen.
wird. Moderne Pick­and­ automatisch entlang des Über­
Place­Maschinen, die zur Plat­ lappbereichs der beiden Licht­ Der intensitätsbasierte Deh­
zierung in der mikroelektro­ strahlen und schafft somit nungssensor (Abbildung 5,
nischen Fertigung eingesetzt eine optimale optische Ver­ links) basiert auf einem simp­
werden, erreichen in der Regel bindung. len Konzept: Er besteht aus

abbildung 4
Mikroskopaufnahme einer sich
in Epoxidharz selbstschreibenden
Verbindung: Licht wird in zwei
Lichtwellenleiter eingekoppelt,
die sich in Epoxidharz befinden –
durch Photopolymerisation ent-
steht eine Lichtleiterverbindung
im Überlapp der beiden aus den
Lichtwellenleitern austretenden
Lichtkegel.

4

5a 5b

abbildung 5
Mikroskopaufnahme der Deh-
nungssensoren in Plexiglasfolie:
Intensitätsbasierter Sensor mit
Dehnungslücke in Wellenleiter
(links) und chromatisch arbeiten-
der Sensor – Auslesewellenleiter
nehmen das durch das Gitter in
Regenbogenfarben aufgespaltene
Licht auf (rechts).

Genauigkeiten von μm. Da hochsensitive optische senso- mehreren parallel verlaufen­
selbst solche kleinen Abwei­ ren in der plastikfolie den Wellenleitern, die durch
chungen zu großen Koppel­ eine Lücke unterbrochen
verlusten führen, wurde am Werden zu den Lichtquellen werden. Je größer diese Lücke
HOT eine innovative Koppel­ und Detektoren noch Sensor­ ausfällt, umso schlechter ist
struktur entwickelt, die sich elemente in die Folie integ­ die Einkopplung des Lichts in
selbst den optimalen Weg riert, so können Messgrößen den fortführenden Wellen­
zwischen den Komponenten wie Temperatur oder auch leiter. Wird die Folie nun un­
und eine nahezu verlustfreie Dehnung sensitiv erfasst wer­ ter Belastung gedehnt oder
Verbindung zwischen zwei den. Ein klassisches Beispiel verformt, kommt es zu einem
gegeneinander versetzten für eine Messaufgabe im Mo­ messbaren Intensitätsabfall
optischen Elementen herstellt, nitoring­Bereich ist die Deh­ am Ende der Wellenleiter­
wie am Beispiel zweier Glas­ nungs­ oder Verformungsmes­ struktur. Der chromatische
fasern in Abbildung 4 dar­ sung. Im Rahmen des Trans­ Sensor (Abbildung 5, rechts)
gestellt. Zur Erzeugung sol­ regios 123 PlanOS wurden am hingegen beruht auf den zu­
cher Verbindungen werden HOT neben Sensoren zur vor beschriebenen optischen
zwei Lichtstrahlen von den Temperatur­ und Brechungs­ Gittern. Strahlt man Licht
beiden zu verbindenden op­ indexmessung zwei innova­ über einen Wellenleiter auf ein
tischen Komponenten ausge­ tive Dehnungssensoren ent­ in die Folie eingeschriebenes,

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Optische Technologien leibniz universität hannover

senkrechtes Gitter ein, wird Dr.-Ing. Maik Rahlves M. Sc. Axel Günther Dipl.-Ing. Maher Rezem
dieses gebeugt und in seine Jahrgang 1978, ist seit 2011 Jahrgang 1986, ist seit 2013 Jahrgang 1983, ist seit 2013
Spektralfarben zerlegt. Erfolgt Leiter der Arbeitsgruppe wissenschaftlicher Mitarbeiter wissenschaftlicher Mitarbeiter
nun eine Dehnung des Gitters ­»Angewandte Optik« am Han- und Promotionsstudent am und Promotionsstudent am
über eine von außen auf die noverschen Zentrum für Opti- Hannoverschen Zentrum für Hannoverschen Zentrum für
Folie wirkende Kraft, wird sche Technologien (HOT). Seine Optische Technologien. Dort Optische Technologien. Dort
auch das Spektrum räumlich Forschungsinteressen umfas- beschäftigt er sich mit der po- beschäftigt er sich mit der
auseinander g­ ezogen; daraus sen optische Messtechnik, lymerbasierter Mikrooptik und Produktion von polymerba-
entsteht das Messsignal. Über D­ iffraktive Optik, Holographie der Charakterisierung optisch sierten mikrooptischen Kom-
die fächerförmig angeordne­ und Polymerphotonik. Kon- transparenter Materialien. ponenten durch Replikations-
ten Wellenleiter hinter dem takt: [email protected] Kontakt: axel.guenther@hot. prozesse. Kontakt: maher.
Gitter wird das gebeugte Licht hannover.de uni-hannover.de [email protected]
weitergeleitet und ausgewer­
tet. Anhand der Änderung der Dipl.-Ing. Christian Kelb Prof. Dr.-Ing. Eduard Reithmeier Prof. Dr. Bernhard Roth
detektierten Regenbogenfarbe Jahrgang 1985, ist seit 2007 Jahrgang 1957, ist seit 1996 Jahrgang 1970, ist seit 2012
am Ende des Wellenleiters wissenschaftlicher Mitarbeiter Leiter des Instituts für Mess- wissenschaftlicher Leiter und
kann die tatsächliche Ver­ und Promotionsstudent am und Regelungstechnik und seit Geschäftsführer des Hanno-
formung der Folie bestimmt Hannoverschen Zentrum für 2006 Mitglied des Vorstands verschen Zentrums für Opti-
werden. Optische Technologien. Dort des Hannoverschen Zentrums sche Technologien und seit
beschäftigt er sich überwie- für Optische Technologien. 2014 Professor für Physik an
Vom Structural Health Moni­ gend mit der Herstellung von Seine Forschungsinteressen der Leibniz Universität Hanno-
toring zur Künstlichen Haut polymeroptischen Dehnungs- umfassen industrielle und ver. Seine Forschungsinteres-
sensoren durch verschiedene ­medizinische Bildgebung, sen liegen im Bereich Laser-
Der Vorteil der polymerbasier­ Methoden der Massenproduk- Akustik, Fertigungsmesstech- spektroskopie und -analytik,
ten, optischen Sensorfolie ist tion. Kontakt: christian.kelb@ nik und Regelungstechnik. Fasersensorik, medizinische
neben der kostengünstigen hot.uni-hannover.de Kontakt: [email protected] Optik, Bio- und Polymerpho-
Herstellbarkeit auch das breite hannover.de tonik sowie Optiksimulation.
Einsatzspektrum. So können Kontakt: bernhard.roth@hot.
solche Folien in beanspruchte uni-hannover.de
Bauteile wie Flugzeugflügel
integriert werden und ver­
lässlich Informationen über
die strukturelle Integrität des
Baut­eils in Echtzeit liefern,
b­ ekannt unter dem Begriff
»Structural Health Monito­
ring«. Hierdurch wird ein we­
sentlicher Beitrag zur Sicher­
heit geleistet. Perspektivisch
können solche Folien aber
nicht nur für technische An­
wendungen eingesetzt wer­
den, sondern bilden die
Grundl­age für medizinische
Implantate wie beispielsweise
künstliche Haut.

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Optische technOlOgien leibniz universität hannover

Analytik mit flüsterndem licht

zur entWiCKlunG neuer sensorsYsteMe

Biomoleküle kommen in allen Für medizinische Diagnosen Flüstergaleriemoden, die als 1
lebewesen vor. Bei medizini- werden häufig Proben von eine der bekanntesten Aus-
schen Untersuchungen können Körperflüssigkeiten auf be- prägungen optischer Resona- »whispering gallery modes«
sie daher selbst in kleinster stimmte Biomoleküle hin un- toren gelten. Zuerst wurde das bezeichnet. Aufgrund der in-
Konzentration diagnostische tersucht. Das können zum Phänomen der Flüstergalerie- ternen Totalreflexion wird das
Beispiel Antikörper sein, die moden, besser bekannt unter Licht entlang des Umfangs des
hinweise geben. charakteristisch für ein be- ihrem englischen Namen Resonators geführt, sodass die
Am hannoverschen stimmtes Krankheitsbild sind, »whispering gallery modes« Lichtwelle nach einem vollen
Zentrum für Optischen techno- bestimmte Hormone wie bei (Kurzform: WGM) von Lord Umlauf mit sich selbst kons-
logien (hOt) entwickeln einem Schwangerschaftstest, Rayleigh 1878 am Beispiel der truktiv interferieren kann.
Wissenschaftlerinnen und aber auch Moleküle, die bei Flüstergalerie in der St. Paul‘s Konstruktive Interferenz be-
Wissenschaftler für solche der Einschätzung von Ge- Cathedral in London für deutet schließlich, dass es
und ähnliche Anwendungen sundheitsrisiken helfen, wie Schallwellen beschrieben. In zu einer verstärkenden Über-
hochempfindliche sensoren. zum Beispiel Cholesterin. etwa 30 Meter Höhe an der lagerung von zwei oder meh-
Für die Untersuchungen ist es Kuppelbasis befindet sich ein reren Teilwellen kommt. Sie ist
häufig wichtig, dass selbst Umlauf mit einem Durchmes- nicht für alle Wellenlängen ␭
kleinste Konzentrationen die- ser von 34 Metern. In dieser möglich, sondern nur für die
ser Biomoleküle in den Tests Galerie können geflüsterte Wellenlängen, die einem Viel-
zuverlässig erkannt werden Worte auch von einem Zuhö- fachen N des optischen Weges
können. rer auf der gegenüberliegen- im Resonator entsprechen.
den Galerieseite verstanden Diese Wellenlängen bezie-
Neuartige Sensorsysteme auf werden. Grund hierfür ist, hungsweise Frequenzen wer-
Basis von optischen Resonato- dass durch die Geometrie der den Resonanzwellenlängen
ren haben sich in den vergan- Kuppel der Schall entlang der oder Resonanzfrequenzen ge-
genen Jahren zu einer der gekrümmten Wände mit ge- nannt.
sensitivsten Technologien im ringen Verlusten auf die ge-
Bereich der Detektion von Bio- genüberliegende Seite zum Zu den einfachsten Geometri-
molekülen entwickelt. Einer Zuhörer geführt werden kann. en solcher Resonatoren, die
ihrer großen Vorteile ist, dass Analog zu dem Einschluss des dazu dienen, das Licht einzu-
sie alle Voraussetzungen für Schalls in der Flüstergalerie schließen, gehören rotations-
die Realisierung von miniatu- wird auch der Lichteinschluss symmetrische Geometrien
risierten Testsystemen (lab-on- in optischen Resonatoren als wie Kugeln, Ringe oder Toroi-
a chip, »Labortests im Mikro- de. Ihre Durchmesser liegen
chip«) der nächsten Genera- im Beµreich von 1–100 µm
tion erfüllen: Marker-freie
Detektion mit Empfindlichkei-
ten bis hin zur Einzelmolekül-
detektion, parallele Detektion
von verschiedenen Biomole-
külen, Einsatz in wässrigen
Umgebungen sowie die Mög-
lichkeit der kosteneffizienten
Integration in Mikrochips.

Dabei macht man sich ein sehr
simples Konzept zunutze: die

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Optische technOlOgien leibniz universität hannover

(Mikrometer). Der Lichtein- und dem umgebenden Bre- Kratzer, kleine Partikel oder
schluss in diesen Resonatoren chungsindex. sonstige Rauheiten verursacht.
erfolgt durch wiederholte Sie entstehen zum Beispiel bei
interne Totalreflexion an den Der entscheidende Vorteil von der Herstellung oder durch
äußeren Grenzflächen der WGM-basierten Sensoren ge- Kontaminationen mit Staubpar-
Strukturen. Totalreflexion tritt genüber anderen Sensorprinzi- tikeln. Häufig wird Glas als Re-
auf, wenn ein Lichtstrahl bei pien ist, dass das Licht auf klei- sonatormaterial eingesetzt, da
einem Übergang von einem nem Volumen sehr lange ge- damit besonders gute Oberflä-
optisch dichteren Medium, speichert und verstärkt werden chenqualitäten möglich sind.
wie zum Beispiel Glas mit kann. Es besteht somit eine lan- Jedoch ist die Herstellung von
einem Brechungsindex nGlas, ge Wechselwirkungszeit zwi- qualitativ hochwertigen Glasre-
zu einem optisch dünneren schen dem Licht und der zu sonatoren sowie das Vermeiden
Medium, wie Luft mit dem detektierenden Messgröße. Wie von Kontaminationen sowohl
Brechungsindex nLuft, einen lange das Licht im Resonator kosten- als auch zeitintensiv.

2

abbildung 1
Interne Totalreflexion des Lichts
in einer Mikrokugel und einem
Prisma. Licht, das unter einem
flachen Winkel aus dem Glas auf
die Oberflache zur Luft auftritt,
wird in das Glas zurückreflek-
tiert.

Einfallswinkel ⍜ größer als verbleibt, beschreibt der Quali- Unser Ziel war es daher, einen abbildung 2
dem Grenzwinkel ⍜c = arcsin tätsfaktor. In WGM-Resonatoren einfach herzustellenden, kos- Die Anlagerung eines Biomole-
(nLuft/nGlas) der Totalreflexion erreicht dieser Werte von bis zu tengünstigen und gegenüber küls – zum Beispiel eines Pro-
aufweist, siehe Abbildung 1. 109. Dies entspricht zum Bei- Kontaminationen wenig an- teins – an die Oberfläche einer
spiel bei rotem Licht (mit einer fälligen Sensor zu realisieren. Mikrokugel führt zu einer Ver-
Doch warum kann ein solcher Wellenlänge von 638 nm) und Um dieses zu erreichen, sollte längerung des optischen Weges
WGM-basierter Resonator für einem Resonatorradius von der Sensor polymer- statt glas- und kann durch eine Verschie-
die Detektion unterschiedlichs- 20 µm etwa 5 * 106 Umläufen basiert sein. Problematisch bei bung der Resonanzwellenlängen
ter Messgrößen, wie Druck, des Feldes im Resonator. Mit je- der Verwendung von Polyme- detektiert werden.
Temperatur oder sogar einzel- dem Umlauf des Lichts um die ren ist, dass die Oberflächen-
ner Moleküle verwendet wer- Kugel wird dabei sozusagen qualität üblicherweise deut-
den? Statt einer komplexen ma- wieder festgestellt, dass das zu lich geringer als bei vergleich-
thematischen Beschreibung ist messende Molekül auf der baren Glassensoren ist. Um
auch eine anschauliche Erklä- Oberfläche sitzt und den Um- trotzdem gute Sensorsysteme
rung hilfreich. Wie bereits er- fang der Kugel vergrößert – realisieren zu können, ver-
wähnt, ist eine Wellenlänge ␭ mehr als eine Million Mal wird wenden wir nicht nur einen
immer dann eine Resonanzwel- also in diesem Beispiel das eine einzigen Resonator, sondern
lenlänge ␭R eines Resonators, Molekül durch den WGM-Sen- viele Resonatoren gleichzeitig
wenn sie einem Vielfachen N sor detektiert, so dass es sicher und nutzen daher den sich er-
des optischen Weges entspricht. nicht »übersehen« wird. Für gebenden Multiplexvorteil [1]
Wird eine Kugel als Resonator eine erfolgreiche praktische An- – also eine höhere Messsicher-
benutzt, hängt diese Weglänge wendung von WGM-basierten heit durch Vielfachmessung.
von ihrem Radius R ab. Somit Resonatoren müssen verschie- Abbildung 3 zeigt den auf-
führt eine Veränderung des Ra- dene Aspekte berücksichtigt gebauten Sensor schematisch.
dius ⌬R, zum Beispiel durch die werden: Die Speicherzeit des Kommerziell erhältliche Poly-
Anlagerung eines Moleküls, zu Lichts und somit die Sensitivität mer-Kugeln aus PMMA, die
einer Verschiebung in der Reso- des Resonators werden im We-
nanzwellenlänge ⌬␭R, siehe Ab- sentlichen durch Streuverluste einen Durchmesser im Bereich
bildung 2. Tatsächlich hängt die im Material begrenzt. Diese weniger 10 Mikrometer haben,
Resonanzwellenlänge von vie- Streuverluste werden unter an- werden auf einem dünnen
len weiteren Faktoren ab, wie derem durch Inhomogenitäten PMMA-Plättchen (Substrat)
etwa der Resonatorgeometrie der Resonatoroberfläche wie platziert. Laserlicht wird mit-
tels interner Totalreflexion im

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Optische technOlOgien leibniz universität hannover

abbildung 3 Substrat geführt und kann Um eine unbekannte Wellen- messen, ist es unter anderem
Schematische Darstellung des in den aufliegenden PMMA- länge zu bestimmen, wird das notwendig, Feuchtigkeitsän-
realisierten Sensors. Abhängig Kugeln WGMs anregen. Da Intensitätsprofil der Kugeln derungen zu vermeiden. Dies
von der eingestrahlten Wellen- die Kugeln nicht alle gleich bei dieser Wellenlänge auf- ist entweder durch das Auf-
länge ändert sich das Intensitäts- groß sind, findet nur bei be- genommen und über eine bringen von Schutzschichten
muster der Kugeln. stimmten Kugeln eine Kopp- Korrelationsfunktion mit der oder durch das Verwenden
lung statt. Wird die einge- Modenkarte verglichen. Die mehrerer voneinander ge-
strahlte Wellenlänge variiert, Korrelationsfunktion hat ein trennter Kugelarrays möglich.
werden andere Kugeln ange- Minimum bei der Wellen- Ein Sensorarray dient dann
regt. Das heißt, dass sich ab- länge, bei der das Intensitäts- für die Temperaturmessung
hängig von der eingestrahlten profil der unbekannten Wel- und ein weiteres Array wird

3

abbildung 4 Wellenlänge immer ein unter- 4 als Referenz verwendet. Für
Modenkarte für 10 unterschied- schiedliches Muster von an- die Detektion bestimmter
liche Kugeln. Die Bildnummer geregten und nicht angeregten lenlänge mit einem Intensi- (Bio-)Moleküle ist es notwen-
korreliert mit der eingestrahlten Kugeln ergibt, siehe Abbil- tätsprofil aus der Modenkarte dig, den WGM-Sensor zu
Wellenlänge. Die Bestimmung dung 3. Diese Intensitätsvertei- am besten übereinstimmt, funktionalisieren, um eine
einer unbekannten Wellenlänge lung kann nun mit einer han- siehe Abbildung 4. Bei der spezifische Anlagerung der
(636 nm) erfolgt über das Mini- delsüblichen CMOS-Kamera, Bestimmung anderer Mess- Moleküle zu ermöglichen.
mum der Korrelationsfunktion. die sich oberhalb des Substrats größen wie Temperatur oder
befindet, detektiert werden. Feuchtigkeit ist das Vorgehen In Zukunft soll das entwickel-
literatur ähnlich. Zunächst wird eine te Sensorsystem für breite
Die Funktionsweise dieses Modenkarte erstellt, sie ent- Anwendungen in der Lebens-
[1] Petermann, a. b., varkentin, a., roth, Sensors lässt sich besonders hält die Intensitätsprofile bei wissenschaft und Analytik
b., Morgner, u., Meinhardt-Wollwe- gut am Beispiel der Bestim- bekannten Temperaturen be- eingesetzt werden. Beispiels-
ber, M. (2016). all-polymer whispering mung unbekannter Wellenlän- ziehungsweise Feuchtigkeiten. weise kann die Konzentration
gallery mode sensor system. optics gen von elektromagnetischer Über die Korrelationsfunktion von Kontaminanten in Nah-
express, 24(6), 6052-6062. https://doi. Strahlung erläutern. Dafür kann anschließend das Inten- rungsmitteln oder in der Um-
org/10.1364/oe.24.006052 muss der Sensor zunächst ein- sitätsprofil bei einer unbe- welt untersucht werden. Wei-
malig kalibriert werden: Das kannten Temperatur oder terhin eignet sich das System
[2] Petermann, a. b., rezem, M., roth, b., bedeutet, dass die eingestrahl- Feuchtigkeit mit der Moden- für den Einsatz in der Medi-
Morgner, u., Meinhardt-Wollweber, M. te Wellenlänge durchgestimmt karte verglichen werden [2]. zin, zum Beispiel beim Nach-
(2016). surface-immobilized whispe- und bei jeder Wellenlänge ein weis von Krankheiten. Voraus-
ring gallery mode resonator spheres Intensitätsprofil der Kugeln Das von uns entwickelte Sen- setzung hierfür ist aber, dass
for optical sensing. sensors and actu- aufgenommen wird. Die In- sorsystem ist somit einfach die verlässliche Herstellung
ators a, 252, 82-88. http://dx.doi.org/ tensitätswerte der einzelnen herzustellen, kostengünstig der Sensorsysteme mittels
10.1016/j.sna.2016.11.006 Kugeln werden anschließend und vielseitig einsetzbar. Pro- hochdurchsatzfähiger Prozess-
in einer so genannten Moden- blematisch sind wie bei allen technik realisiert und eine
karte gespeichert. Auf der x- WGM-basierten Sensoren die spezifische Funktionalisierung
Achse der Modenkarte wird auftretenden Querempfind- erreicht werden können.
die Kugelnummer aufgetra- lichkeiten. Um zum Beispiel
gen und auf der y-Achse die Temperaturen zuverlässig zu
Wellenlänge. Abbildung 4 zeigt
eine solche Modenkarte für
18 unterschiedliche Kugeln.

18

Optische Technologien leibniz universität hannover

Dr. Ann Britt Petermann Dr. Merve Wollweber Prof. Dr. Bernhard Roth Prof. Dr. Uwe Morgner
Jahrgang 1989, war von 2014 Jahrgang 1976, ist seit 2010 Jahrgang 1970, ist seit 2012 Jahrgang 1967, ist seit 2004
bis 2017 wissenschaftliche Arbeitsgruppenleiterin für La- wissenschaftlicher Leiter und Professor für Physik an der
Mitarbeiterin am Hannover- serspektroskopie und Lebens- Geschäftsführer des Hanno- Leibniz Universität Hannover.
schen Zentrum für Optische wissenschaften am Hannover- verschen Zentrums für Opti- Seit 2013 ist er Sprecher des
Technologien. Ihre For- schen Zentrum für Optische sche Technologien und seit Vorstandes des Hannoverschen
schungsinteressen liegen im Technologien. Ihre For- 2014 Professor für Physik an Zentrums für Optische Tech-
Bereich optischer Sensorik auf schungsinteressen reichen der Leibniz Universität Hanno- nologien. Seine Forschungs­
Basis von Resonatoren und von der Optoakustik und ver. Seine Forschungsinteres- interessen liegen im Bereich
auch Faser-Bragg-Gittern. ­Ramanspektroskopie bis hin sen liegen im Bereich Laser- der extrem kurzen Pulse
Kontakt über: vera.vollmert@ zu Fasersensoren. Kontakt: spektroskopie und -analytik, aus Lasern sowie deren An-
hot.uni-hannover.de [email protected] Fasersensorik, medizinische wendung in Biophotonik
hannover.de Optik, Bio- und Polymerpho- und Grundlagenforschung.
tonik sowie Optiksimulationen. Kontakt: [email protected]
Kontakt: bernhard.roth@hot. hannover.de
uni-hannover.de

JJooiinn oouurr TTeeaamm

DDiiee DDiiggiittaalilissiieerruunngg uunnsseerreerr WWeeltlt iisstt nniicchhtt mmeehhrr aauuffzzuuhhaal-l-
tteenn.. UUnnsseerree LLöössuunnggeenn zzuurr EErrffaassssuunngg uunndd NNuuttzzuunngg eexxaakktteerr
rraauummbbeezzooggeenneerr DDaatteenn ssiinndd eeiinn uunnvveerrzziicchhttbbaarreerr TTeeiill ddiieesseerr
VVeerräännddeerruunngg..
WWeerrddee aauucchh DDUU eeiinn GGeessttaaltlteerr ddeess ddiiggiittaalelenn WWaannddeelsls!!
WWiirr lelebbeenn fflalacchhee HHiieerraarrcchhiieenn,, fflelexxiibblele AArrbbeeiittsszzeeiitteenn uunndd
eeiinnee aannggeenneehhmmee AArrbbeeiittssaattmmoosspphhäärree..
BBeewwiirrbb DDiicchh jejettzztt:: leleiiccaa--ggeeoossyysstteemmss..ccoomm//kkaarrrriieerree

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035-125-028_cs5.indd 1 06.11.17 11:58

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Optische technOlOgien leibniz universität hannover

labordiagnostik für jedermann

Wie sMartPhones Das GesunDheitsWesen revolutionieren KÖnnen

handliche multifunktionale Ein Smartphone gehört mitt­ 1a tientennahen Labordiagnostik
Diagnosegeräte werden in Zu- lerweile für die meisten Men­ etabliert werden soll. Der Fo­
kunft eine immer stärkere Rolle schen zum Alltag. So besaßen allem auch in abgelegenen
im gesundheitswesen spielen. 2016 bereits 49 Millionen oder weniger entwickelten kus liegt auf der Bereitstellung
ein team vom hannoverschen Deutsche ein Smartphone1 Gebieten und Ländern, in Ka­ von spezifischen Schnelltest­
Zentrum für Optische techno- und der weltweite Bestand tastrophengebieten oder bei verfahren für diagnostische
wird für 2020 auf mehr als der Kontrolle von chronischen Anwendungen, die zunächst
logien und der technischen 2,87 Milliarden geschätzt2. Krankheiten durch die Patien­ am Beispiel ausgewählter me­
chemie arbeitet an optischen Durch ihre globale Verbrei­ ten zuhause. Damit einher­ dizinisch relevanter Marker
tung und die rasante techno­ gehen auch enorme Zeit­ wie CRP (C­reaktives Protein)
Biosensoren, die auf ein logische Weiterentwicklung und Kosteneinsparungen für und BNP (B­typ natriureti­
smartphone aufgesteckt wer- zu leistungsstärkeren Geräten Ärzte und Patienten sowie sches Peptid) realisiert werden
den können, um zukünftig eine werden Smartphones immer das Gesundheitswesen im All­ sollen. CRP ist ein Entzün­
patientennahe labordiagnostik häufiger im Bereich der pati­ gemeinen. dungsmarker, der zur Diffe­
entennahen Labordiagnostik renzierung von bakteriellen
zu ermöglichen. eingesetzt. Externe elektrische Ein hochfunktionales opti­ und viralen Erkrankungen
Auswertegeräte für Smart­ sches System zur Anwendung eingesetzt wird, um eine un­
phones, beispielsweise in mit einem Smartphone wird nötige Antibiotikagabe zu ver­
Form von Blutzuckermess­ derzeit am Hannoverschen meiden und der zudem in der
geräten, sind bereits kommer­ Zentrum für Optische Techno­ Verlaufskontrolle chronisch
ziell verfügbar. Weitere Ansät­ logien (HOT) gemeinsam mit entzündlicher Erkrankungen
ze reichen von dem einfachen dem Institut für Technische breiten Einsatz findet. Hin­
Abfotografieren eines Strei­ Chemie (TCI) entwickelt. gegen weisen erhöhte BNP­
fenschnelltests und der Aus­ Durch Mittel des Bundes­ Werte auf Schädigungen am
wertung mit einer Smartpho­ ministeriums für Wirtschaft Herzen und insbesondere auf
ne­App bis hin zur holografi­ und Energie (BMWi) und des eine Herzinsuffizienz hin. Die
schen Mikroskopie. Dank des Europäischen Sozialfonds Herzinsuffizienz ist eine der
enormen Fortschritts in den (ESF) wird in einem EXIST­ häufigsten internistischen
optischen und photonischen Forschungstransfervorhaben Erkrankungen in Deutschland
Technologien rücken integ­ ein Smartphone­gestütztes op­ und einer der häufigsten Be­
rierte Ansätze in den Vorder­ tisches Schnelltestverfahren ratungsanlässe in einer all­
grund, die dank der einzig­ entwickelt, das als vielseitige gemein medizinischen Praxis.
artigen Eigenschaften des Plattform im Bereich der pa­
Lichts hochpräzise und spezi­
fisch zum Nachweise von
Krankheiten eingesetzt wer­
den können. Diese Ansätze er­
schließen zudem Anwendun­
gen in Telemedizin und ver­
netzter Medizin und eignen
sich zur Bedienung durch
Laien. Das könnte mittelfristig
zu einer wahren Revolution in
der Medizin führen: mobile
und hochfunktionelle Diag­
nostikgeräte, für jedermann
verfügbar und einsetzbar, vor

20

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

Diagnostik mit dem handy funktionalisierung eingesetzt, 10 nm dick und wurde che­ abbildung 1
da diese im Vergleich zu Anti­ misch mit Hilfe einer soge­ Konzept des Smartphone-
Das Konzept des Smartphone­ körpern mehrere Vorteile nannten Tollensprobe reali­ gestützten optischen Schnelltest-
gestützten Schnelltest­Sensors bieten: Sie sind langzeitstabil, siert. Des Weiteren wurden verfahrens (a) und eine mögliche
ist sehr simpel, siehe Abbil- pH­ und temperaturunemp­ die Enden der Glasfaser in Gestaltungsform des Endproduk-
dung 1. Die Grundlage des findlich und können vollsyn­ einem Winkel von 45 Grad an­ tes (b).
Sensorsystems bildet ein funk­ thetisch hergestellt werden. geschliffen und jeweils vor
tionalisierter, planar­polymer­ Das finale SPR­Sensorsystem der Smartphone­LED bezie­ abbildung 2
optischer Wellenleitersensor soll als eine auf ein Smart­ hungsweise ­kamera mit Hilfe Vorarbeiten zum optischen Sen-
auf Basis von Oberflächen­ phone aufsteckbare Schnell­ von Klebstoff fixiert (Abbil- sorsystem für Smartphones:
plasmonenresonanz (SPR). Bei test­Einheit ausgebildet sein. dung 2b). Anhand eines Beu­ SPR-Sensorsystem bestehend aus
der SPR werden freie Elektro­ Im Gehäuse des aufsteckbaren gungsgitters, das zwischen diskreten optischen Komponen-
nen in einem Metall wie Gold Schnelltests ist auch ein Glasfaserende und Smartpho­ ten (a, b); Spektrum des SPR-
oder Silber an einer Grenz­ mikrofluidisches System in­ ne­Kamera platziert wurde, Sensorsystems aufgezeichnet mit
tegriert, das eine hygienische der Smartphone-Kamera (c);
1b Probenhandhabung sowie den 2 Detektion der SPR mit Hilfe des
automatischen Probentrans­ Beugungsgitters und der Smart-
fläche mit beispielsweise Luft port hin zur Sensoreinheit er­ konnte das Spektrum des SPR­ phone-Kamera (d); Nachweis,
von Licht einer bestimmten möglicht. Der Sensor kann so Sensors auf der Smartphone­ dass die spektrale Verschiebung
Wellenlänge (Lichtfarbe) zu beispielweise zur Blutanalyse Kamera abgebildet werden der SPR aufgrund von Umge-
Oszillationen angeregt. Wird eingesetzt und ähnlich an­ (Abbildung 2c). Durch die da­ bungsbrechzahländerungen mit
weißes Licht in den SPR­ gewendet werden wie ein han­ durch vorgenommene spekt­ Hilfe des Smartphones detektiert
Sensor gekoppelt, wird eine delsüblicher Insulintest. Zur rale Zerlegung kann das SPR­ werden kann (d, e).
bestimmte Lichtfarbe heraus­ Blutanalyse wird ein Finger Signal detektiert und eine
gefiltert. Diese hängt unter mit einer kleinen Nadel an­ Änderung der Umgebungs­
anderem auch von einer im gestochen und der entstehen­ brechzahl durch Verschie­
Sensor befindlichen Flüssig­ de Blutstropfen auf den auf bung der SPR­Wellenlänge ge­
keit ab. Zusätzlich kann der das Smartphone aufgesteckte messen werden (Abbildung 2d
Metallfilm zum Beispiel durch Sensor gegeben. Der Sensor und Abbildung 2e). Mit diesem
Aptamere oder Antikörper wird anschließend mittels sehr einfachen System konnte
funktionalisiert werden. Smartphone­App ausgelesen bereits eine Empfindlichkeit
Durch Bindung des nachzu­ und das Ergebnis auf dem von 5,96 · 10–4 Brechzahleinhei­
weisenden Analyten an die Display angezeigt. ten/Kamerapixel erzielt wer­
Oberflächenfunktionalisie­ den3. Die Empfindlichkeit des
rung des Sensors wird eine Der neue Ansatz für Sensors für Brechungsindex­
Änderung der SPR herbei­ Biosensoren:
führt, welche mit Hilfe der licht und elektronen
LED und der Kamera des im Zusammenspiel
Smartphones spektral detek­
tiert werden kann. Die Spezi­ Die prinzipielle Realisierbar­
fität des Sensors wird durch keit der neuartigen Sensor­
die verwendete Oberflächen­ plattform konnte im Rahmen
funktionalisierung bestimmt von systematischen Studien
und kann somit flexibel für überzeugend nachgewiesen
vielfältige Anwendungen aus­ werden. Dazu wurde zu­
gelegt werden. Im Rahmen nächst untersucht, ob ein opti­
unseres Vorhabens werden scher SPR­Wellenleitersensor
Aptamere zur Oberflächen­ mit Hilfe eines herkömm­
lichen Smartphones betrieben
und verlässlich ausgewertet
werden kann (Schematische
Darstellung in Abbildung 2a).
Für das Experiment wurde
eine 25 cm lange, optische
Plastic Cladding Silica (PCS)­
Glasfaserfaser verwendet. Der
SPR­Sensor wurde durch eine
etwa 1 cm lange Silberbe­
schichtung des 400 μm Glas­
faserkerns realisiert. Diese
Beschichtung ist nur wenige

21

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

abbildung 3 unterschiede ist ein direktes Kraft gepresst, anschließend Dr. Kort Bremer
Das Aptamer wird auf dem Sen- Maß dafür, in welchen gerin­ gekühlt und vom Polymer Jahrgang 1982, studierte elek-
sor immobilisiert und ein kom- gen Mengen zu detektierende entformt. Als Plastikmaterial tronik an der hochschule Wis-
plementäres Oligonukleotid wird Stoffe noch erkannt werden können handelsübliche Mate­ mar und promovierte an der
an das Aptamer hybridisiert. können. Damit der Sensor je­ rialien wie beispielsweise Ple­ university of limerick, irland.
Dieses Oligonukleotid wird durch doch bestimmte Stoffe selektiv xiglas® verwendet werden. nach einem Postdoc an der
das Target des Aptamers ver- über den Brechungsindex Für die Herstellung des plana­ City university london, eng-
drängt, wodurch die optische nachweisen kann, muss seine roptischen Plasmonensensors land, arbeitet Kort bremer als
Dichte über dem Sensor verrin- Oberfläche zusätzlich noch werden kleine Kanäle mit nachwuchsgruppenleiter am
gert wird (a). Dies kann als mit einer Funktionalisierungs­ einem rechteckigen Quer­ hannoverschen zentrum für
Verschiebung der Resonanz aus- schicht versehen werden, an schnitt von 25 x 25 μm2 in dün­ optische technologien. Kon-
gelesen werden (b–d). die die zu detektierenden ne Kunststofffolien geprägt takt: [email protected]
Stoffe andocken können und und anschließend mit Epoxid­ hannover.de
so den Brechungsindex ver­ harzkleber gefüllt. Nach dem
ändern. Aushärten dient das Epoxid­ Aptamere ist dabei wesentlich
harz als Lichtwellenleiter, in für die Spezifität des Sensor­
simples prägen dem Licht geführt werden systems: Die Struktur des Ap­
für komplexe sensoren kann. Um plasmonische Sen­ tamers ist komplementär zu
soren herzustellen, wird zu­
Für die Herstellung der Senso­ dem eine 40 nm (0.00004 mm)
ren sind zwei Faktoren ent­ dicke Goldschicht auf den
scheidend: Erstens muss der Sensor abgeschieden.
Herstellungsprozess für die
Massenproduktion tauglich DnA strukturen sorgen für
und, zweitens, müssen kleins­ spezifität und Flexibilität
te Strukturen im Sub­Mikro­
maßstab herstellbar sein, die Um das Sensorsystem in eine
mehr als hundertmal kleiner diagnostische Plattform zu
als das menschliche Haar überführen, ist eine Funktio­
sind. Aufgrund dieser Rand­ nalisierung der SPR­Sensor­
bedingungen setzten wir ther­ oberfläche notwendig. Dazu
mische Imprintverfahren ein, werden Aptamere verwendet.

34

abbildung 4 mit denen beispielsweise auch Bei Aptameren handelt es sich der Struktur der Substanz, die
Schematische Darstellung des Hologramme auf Führerschei­ um kurze synthetische Oligo­ mit dem Sensor nachgewiesen
Herstellungsprozesses der Wel- nen und Ausweisen herge­ nukleotide, die aus denselben werden soll. Somit passen
lenleiter mit Goldschicht, dar- stellt werden. Bei dem Verfah­ Grundbausteinen bestehen Aptamer und Zielstruktur zu­
gestellt ist der Wellenleiterquer- ren wird eine inverse Master­ wie unsere Erbsubstanz. Diese einander wie ein Schlüssel in
schnitt: 1) Heißprägen einer Gra- struktur, in unserem Fall aus DNA Moleküle sind in der sein Schloss, wogegen andere
benstruktur; 2) Füllen, Abziehen Silizium, gezielt erhitzt und in Lage, sich in vielfältige, aber Substanzen nicht vom Apta­
und Aushärten des Wellenleiter- ein thermisch formbares Poly­ definierte dreidimensionale
kerns aus Epoxidharz und an- mer beziehungsweise Plastik­ Strukturen zu falten. Die drei­ mer gebunden werden. Im Fall
schließende Goldbeschichtung. material mit einer definierten dimensionale Struktur der des Nachweises von diagnos­
tisch relevanten Proteinen

22

Optische Technologien leibniz universität hannover

Dr. Johanna-Gabriela Walter Dr.-Ing. Maik Rahlves Dipl.-Kffr. Rima Rifai Prof. Dr. Bernhard Roth
Jahrgang 1975, studierte Che- Jahrgang 1978, ist seit 2011 Jahrgang 1991, studierte Jahrgang 1970, ist seit 2012
mie an der Leibniz Universität Leiter der Arbeitsgruppe »An- BWL mit der Vertiefung Mar- wissenschaftlicher Leiter und
Hannover und ist Leiterin der gewandte Optik« am Hanno- keting an der Ernst-Moritz- Geschäftsführer des Hanno-
Arbeitsgruppe Aptamere am verschen Zentrum für Opti- Arndt Universität Greifswald. verschen Zentrums für Opti-
Institut für Technische Che- sche Technologien. Seine For- Seit 2016 arbeitet sie am sche Technologien und seit
mie. Schwerpunkt der Arbei- schungsinteressen umfassen H­ annoverschen Zentrum für 2014 Professor für Physik an
ten ist die Entwicklung von Mikroskopie, Diffraktive Optik, Optische Technologien (HOT) der Leibniz Universität Hanno-
Aptamer-basierten Methoden Holographie und Polymerpho- inner­halb eines mit dem ver. Seine Forschungsinteres-
für verschiedene biotechno­ tonik. Kontakt: maik.rahlves@ Exist-Forschungstransfer sen liegen im Bereich Laser-
logische und medizinische An- hot.uni-hannover.de ­geförderten Gründerprojekts. spektroskopie und -analytik,
wendungen. Kontakt: walter@ Kontakt: [email protected] Fasersensorik, medizinische
iftc.uni-hannover.de hannover.de Optik, Bio- und Polymerpho-
tonik sowie Optiksimulation.
Kontakt: bernhard.roth@hot.
uni-hannover.de

führt die Bindung des Pro­ Oberfläche des SPR Sensors, keine zusätzlichen optischen Verweise
teins an das Aptamer zu einer führt sie zu einer Abnahme und elektrischen Komponen­
Erhöhung der optischen Dich­ der optischen Dichte über ten für den Betrieb benötigt [1] https://de.statista.com/statistik/daten/
te auf dem Sensor, welche dem Sensor und somit zu und lediglich mit der LED studie/198959/umfrage/anzahl-der-
sich als Verschiebung der SPR e­ iner Verschiebung des SPR und Smartphonekamera be­ smartphonenutzer-in-deutschland-
nachweisen lässt. Signals. So konnte auch die trieben werden kann. Hier­ seit-2010/
Detektion eines sehr kleinen durch ergeben sich ein erheb­
Um Aptamere auf dem SPR Moleküls (Molekulargewicht liches Miniaturisierungs­ [2] https://de.statista.com/statistik/daten/
Sensor immobilisieren zu kön­ Ethanolamin: 61 Da) realisiert potenzial sowie ein extrem studie/309656/umfrage/prognose-zur-
nen, wird die Goldoberfläche werden, woraus sich perspek­ einfach zu realisierender Auf­ anzahl-der-smartphone-nutzer-welt-
zunächst mit einer selbst­ tivisch auch diagnostische An­ bau, der lediglich aus einem weit/
assemblierenden Monolage wendungen für die Detektion optischen Wellenleitersensor,
(SAM) aus organischen Thio­ kleiner Moleküle (zum Bei­ zwei optischen Kopplern und [3] K. Bremer, B. Roth, »Fibre optic surface
len beschichtet, an die an­ spiel bei der Bestimmung von einem Beugungsgitter besteht. plasmon resonance sensor system de-
schließend das Aptamer che­ Hormonen) ergeben. Zukünftig könnte das Sensor­ signed for smartphones«, Opt. Express
misch gekoppelt wird. In Vor­ system zum Beispiel in die 23, 17179–17184 (2015)
versuchen wurde dies mit Da Aptamere gegen verschie­ Smartphone-Schutzhülle in­
einem Aptamer gegen das dene Zielstrukturen, wie Pro­ tegriert oder als polymeres
kleine Molekül Ethanolamin teine und kleine Moleküle, Einwegsensorsystem in hohen
demonstriert. Da es sich bei aber auch ganze Zellen gene­ Stückzahlen hergestellt wer­
Aptameren um DNA Molekü­ riert werden können, können den. Je nach Funktionalisie­
le handelt, ist es möglich ein durch Verwendung entspre­ rung der SPR-Sensoroberflä­
komplementäres Oligonukleo­ chender Aptamere Sensoren che ist es möglich, das System
tid zu entwerfen, welches in­ für unterschiedlichste Anwen­ zum Nachweis von diagnosti­
nerhalb des Aptamers an der­ dungen flexibel bereit gestellt schen Biomarkern im Bereich
selben Position bindet wie die werden. der patientennahen Labor­
eigentliche Zielstruktur des diagnostik einzusetzen. Auch
Aptamers. Dies ermöglicht Patientennahe Diagnostik Anwendungen in der Veteri­
­einen einfachen kompetitiven für alle närmedizin, der Lebensmittel-
Assay, bei dem die Zielstruk­ und Wasseranalytik sowie der
tur das Oligonukleotid vom Der große Vorteil des neuen Qualitätskontrolle in hochmo­
Aptamer verdrängt. Geschieht SPR-Sensorsystems ist, dass es dernen Produktionsumgebun­
diese Verdrängung an der gen sind denkbar.

23

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

Mikroplastik im trinkwasser

online­Kontrolle FÜr trinKWasserverarbeitenDe betriebe

Mikroplastik findet sich Mikroplastik – für die meisten ungssystem ins Gewebe ge- aufgrund ihres hohen Eigen-
mittlerweile überall – sogar ist das gleichbedeutend mit langen und hormonell wirk- gewichts sofort sinken oder
den mikroskopisch kleinen same Schadstoffe abgeben. In aber auch nur wenige Mikro-
in unserem trinkwasser. Plastikperlen, die als schonen- Muscheln und Fischen wur- meter dünne Fasern von der
Wissenschaftlerinnen und des Abriebmittel Zahncremes den bereits erhebliche Kon- neuen Jogginghose oder dem
Wissenschaftler des instituts und Peelingprodukten bei- zentrationen gefunden und seifenfreien Spültuch. Allen
für Quantenoptik und des gemengt werden. Tatsächlich damit einhergehende Entzün- ist gemein, dass sie in der
hannoverschen Zentrums für aber ist Mikroplastik viel dungsprozesse nachgewiesen. Umwelt kaum abbaubar sind
Optische technologien (hOt) mehr. Als Oberbegriff fasst es Besorgniserregend, da Mikro- und Umweltgifte wie Pesti-
an der leibniz Universität han- Kunststoffpartikel kleiner als plastik im Wasser aller Kon- zide oder Weichmacher auf-
nover sind ein wichtiger teil des 5 mm mit unterschiedlichsten tinente und Meere nach- nehmen können. Außerdem
Verbundprojekts OptiMUs – Formen, Größen und Eigen- gewiesen wurde. Die winzi- sind viele besonders häufige
schaften zusammen. Es ent- gen Kunststoffpartikel finden Kunststoffsorten perfekte Auf-
einem Konsortium aus steht zum Beispiel als unregel- sich sogar im Grund- und wuchsflächen für Bakterien
Unternehmen der Umwelt- mäßige Teilchen durch Zer- Trinkwasser und somit in fast und Keime, so dass die Parti-
messtechnik, des laserbaus kleinerung oder Abnutzung allen Lebensmitteln – vom kel auch oft von einem wah-
sowie besorgten trinkwasser- größerer Plastikteile, als Krü- Bier bis zum Brötchen, vom ren Mikrobenrasen überzogen
mel aus Reifen- und Pfannen- edlen Meersalz bis zum Krab- sind. Deshalb führen Mikro-
abrieb, als Fasern beim Wa- bensalat. Und damit auch in plastikpartikel im Wasser zu
schen von Kunst- und Mikro- uns. punktuellen Belastungsspit-
faserstoffen zum Beispiel in zen mit Giftstoffen und Kei-
Sport- und Outdoorbeklei- Die Substanzpalette von men, selbst wenn das Wasser
dung oder Fleece. Es wird be- Mikroplastik umfasst dabei so insgesamt die Grenzwerte für
reits in Mikroform produziert verschiedene Stoffe wie reiß- sauberes Trinkwasser einhält.
und in einer Vielzahl von Pro- festes Nylon, gummiartiges Ob und welche Auswirkun-
dukten eingesetzt, sei es in der Silikon, weiches Polyethylen gen das auf Mensch und Tier
bereits genannten Kosmetik und sprödes Acrylglas. Es hat, ist immer noch Gegen-
zum Peeling oder aber als Sta- können schwimmende Styro- stand intensiver Forschung.
bilisator in Schmiermitteln. porkügelchen aus Isolierver- Erste Erkenntnisse deuten
Die kleinsten dieser Partikel packungen sein oder Teflon- aber darauf hin, dass gerade
können durch das Verdau- krümel aus Pfannenabrieb, die die kleineren Mikroplastik-

verarbeitern aus ganz Deutsch-

land – , das erstmals eine Ramanspektroskopie Für nicht­Physiker klingt das zunächst einmal reichlich exotisch, ist im end­
Online-Kontrolle auf Mikro- effekt aber nichts anderes als das ausnutzen einer seltenen Form von lichtstreuung. Wird licht an
plastik am fließenden Wasser Molekülen gestreut, so interagiert ein verschwindend geringer Prozentsatz der streuenden Photonen
– etwa eins in 100 Millionen – mit den schwingungen des Moleküls und wird dadurch in seiner Farbe
ermöglichen wird. verändert. Die jeweilige Farbveränderung wird durch die involvierte Molekülschwingung bestimmt, so
dass sich über die neue Farbe des betroffenen Photons direkt auskunft über die schwingung des Mo­
leküls ergibt. Wird nun intensives licht nur einer Farbe, zum beispiel eines grünen lasers, zur be­
leuchtung benutzt und das normal gestreute, grüne licht mit einem starken Filter geblockt, verraten
die übrigbleibenden Farblinien die im beleuchteten Molekül vorhandenen schwingungen und damit
seinen aufbau. raman spektroskopie ermöglicht daher einen rein optischen, das heißt kontakt­ und
präparationsfreien zugang zur chemischen zusammensetzung von stoffen auf molekularer ebene.

24

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

partikel aufgenommen und wassers auf Mikroplastik Dazu müssen die Partikel aber
im Gewebe eingelagert wer- erforderlich. Dabei sind die in einem strömenden, durch-
den können. Kunststoffsorte und die An- aus wandelbaren Medium –
zahl, Größe und Form der Par- unserem Trinkwasser – vor
Solange nicht-biologisch ab- tikel entscheidend, um gezielt einem Hintergrund erlaubter
baubare Kunststoffe im Alltag Gegenmaßnahmen ergreifen Partikel und Substanzen zu-
großflächig Verwendung zu können, die die Qualität verlässig erkannt werden und
finden, entsteht weiter Mikro- und damit den Geschmack zwar selbst dann, wenn sie
plastik, das in die Umwelt, des Endprodukts unberührt chemisch verunreinigt oder
unser Trinkwasser und damit lassen. Stichprobenentnahmen mit Bakterien bewachsen sind.
unsere Lebensmittel gelangt. bieten hier nicht genügend
Um sichere Lebensmittel zu Sicherheit, so dass eine echte Das zu erreichen, hat sich das
gewährleisten, ist daher eine Online-Kontrolle am fließen- seit März 2016 vom Bundesfor-
ständige Kontrolle des Trink- den Wasser erfolgen sollte. schungsministerium geförder-

1

abbildung 1
Mikroplastik im Trinkwasser –
viel mehr als Mikroperlen.

Quelle: HOT

holografische Mikroskopie auch Volumenmikroskopie ge­ te Verbundprojekt OPTI-
nannt, wird ebenfalls mit laserlicht gemacht. Dabei wird ein laser­ MUS auf die Fahnen ge-
strahl in einen referenz­ und einen Messstrahl geteilt. Der Messstrahl schrieben. OPTIMUS ist
wird durch das auf Partikel zu untersuchende volumen gelenkt, wäh­ ein Konsortium aus Unter-
rend der referenzstrahl daran vorbeigeführt wird. Werden die beiden nehmen der Umweltmess-
strahlen im anschluss daran wieder überlagert, entsteht ein inter­ technik und des Laserbaus,
ferenzmuster, aus dem die Form und lage des Partikels computer­ besorgten Trinkwasser-
gestützt berechnet werden kann. Der vorteil dieses verfahrens ge­ verarbeitern aus ganz
genüber der klassischen Mikroskopie ist, dass ein viel größeres volu­ Deutschland sowie dem
men überwacht werden kann und insbesondere die ebene, in der sich Institut für Quantenoptik
das beobachtete Partikel befindet, vorher nicht bekannt sein muss. und dem Hannoverschen
Zentrum für Optische
Technologien (HOT) an der
Leibniz Universität Hanno-

25

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

2

abbildung 2
Mikroplastiknachweis in fließen-
dem Trinkwasser – Messprinzip.

Quelle: HOT

ver, das sich insbesondere mit werden können. Für die als chemische Beimengungen
seiner Expertise in angewand- Mikroplastik identifizierten im Kunststoff auf die De-
ter Ramanspektroskopie für Partikel wird dann vollauto- tektierbarkeit von Mikro-
die Kunststofferkennung im matisch die zweite Stufe akti- plastik im Trinkwasser-
Fluss einbringt. viert und Größe und Form des strom?
Mikroplastiks bestimmt, so Welchen Einfluss hat
Die Trinkwasserkontrolle er- dass das geplante Gerät dem Bakterienbewuchs auf den
folgt dabei in zwei Stufen: In Anwender alle Informationen Partikeln?
der ersten Stufe, die maßgeb- zur Hand gibt, um die Quelle Wie geht man mit nicht-
lich am HOT entwickelt wird, des Mikroplastiks einzu- kritischen Beimengungen
werden im Wasser transpor- grenzen und geeignete Reini- wie Sand, Rostpartikeln
tierte Partikel erkannt, gezählt gungsmaßnahmen ergreifen oder Mikroalgen um,
und mittels Ramanspektro- zu können. die alle ähnliche Größen
skopie im Vorbeifließen auf und Formen aufweisen?
ihren Kunststoffgehalt unter- Parallel zur Ramanspektro- Spielen die unterschied-
sucht, während die Form der skopie wird die Anzahl der lichen Trinkwasser-
als Mikroplastik identifizier- durch die Flusszelle strömen- zusammensetzungen eine
ten Partikel mittels hologra- den Partikel mit Hilfe einer Rolle?
fischer Mikroskopie in der einfachen Kamera gezählt und Wie wirkt sich eine längere
zweiten Stufe bestimmt wird. diese Partikel mit einer Detek- Verweildauer des Mikro-
tionszeit versehen, so dass sie plastiks in der Umwelt auf
Der Grundaufbau ist dabei und ihre archivierten Raman- die Partikel aus?
denkbar einfach gehalten, spektren sowie die in der
schon um Stabilität, Er- zweiten Stufe mittels hologra- Und natürlich sind all diese
schwinglichkeit und einfache fischer Mikroskopie bestimm- Fragen abhängig von der
Bedienung durch nichtakade- te Partikelform eindeutig zu- Kunststoffsorte.
misches Personal zu ermög- geordnet werden können. Ins-
lichen. Zu untersuchendes besondere entsteht so auch ein Es gibt also noch viel zu tun,
Wasser wird aktiv durch eine Alarmkriterium, falls die Par- um nach Abschluss des Pro-
verwirbelungsfreie Flusszelle tikelanzahl pro Liter – von jekts einen tragbaren, vielsei-
gepumpt und dabei ständig Mikroplastik oder allgemein tig anwendbaren und dennoch
mit einem Laser durchleuch- aller Partikel – einen ein- auch für kleinere Betriebe be-
tet. Das gestreute Licht wird gestellten Höchstwert über- zahlbaren Trinkwasser-Moni-
dann rund um die Uhr auto- schreitet, ab dem das Wasser tor auf den Markt zu bringen,
matisch mittels Ramanspek- nicht mehr verwendet werden der gerade diesen Unterneh-
troskopie analysiert. Kunst- soll. men, die sich die aufwändigen
stoffe haben aufgrund ihrer Laboruntersuchungen nicht
vernetzten Molekülstruktur Die Fragen, die das HOT dabei leisten können, ein Mittel an
besonders intensive, kontrast- für eine praktische Anwen- die Hand geben wird, etwaige
reiche Ramanspektren, so dung beantworten muss, sind Mikroplastikquellen in ihrem
dass auch kleinste Partikel er- vielfältig: Fertigungszyklus aufzuspü-
fasst und durch Abgleich mit ren oder aber die Mikroplas-
einer Kunststoff-Ramanspek- Wie wirken Farbstoffe, tikfreiheit ihrer Produkte zu
traldatenbank identifiziert Weichmacher und andere garantieren.

26

Optische Technologien leibniz universität hannover

Dr. Ann-Kathrin Kniggendorf Christoph Wetzel, B. Sc. Michael Tomanek, B. Sc. Prof. Dr. Bernhard Roth
Jahrgang 1972, ist seit 2011 Jahrgang 1992, studiert an der Jahrgang 1991, ist seit 2011 Jahrgang 1970, ist seit 2012
Teil des wissenschaftlichen Leibniz Universität Hannover Physikstudent an der Leibniz wissenschaftlicher Leiter und
Stabes am Hannoverschen Physik und ist seit 2017 als Universität Hannover und seit Geschäftsführer des Hanno­
Zentrum für Optische Techno­ Masterand am Hannoverschen Anfang 2017 als Masterand verschen Zentrums für Opti­
logien. Ihre Forschungsinter­ Zentrum für Optische Techno­ am Hannoverschen Institut für sche Technologien und seit
essen liegen im Bereich an­ logien im Projekt OPTIMUS tä­ Optische Technologien tätig. 2014 Professor für Physik an
gewandter Laser- und Raman­ tig. Seine Forschungsinteres­ Seine Forschungsinteressen der Leibniz Universität Hanno­
spektroskopie sowie dem sen liegen im Bereich der Bio­ liegen im Bereich Laserspek­ ver. Seine Forschungsinteres­
Einsatz optischer Technologien photonik, Laserspektroskopie tros­kopie und -analytik, medi­ sen liegen im Bereich Laser­
in den Umwelt- und Lebens­ und Optik. Kontakt: christoph. zinische Optik sowie Bio- und spektroskopie und -analytik,
wissenschaften. Seit 2016 [email protected] Polymerphotonik. Kontakt: Fasersensorik, medizinische
­bearbeitet Sie das Projekt OP­ [email protected] Optik, Bio- und Polymerpho­
TIMUS am HOT. Kontakt: ann. hannover.de tonik sowie Optiksimulation.
[email protected] Kontakt: bernhard.roth@hot.
hannover.de uni-hannover.de

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27

OPTISCHE TECHNOLOGIEN LEIBNIZ UNIVERSITÄT HANNOVER

Nur ein Leberfleck!

ODER DOCH HAUTKREBS?

1

Das maligne Melanom – der

schwarze Hautkrebs – ist eine

der gefährlichsten Krebsarten,

da sich bereits früh

Metastasen bilden können.

Am Hannoverschen Zentrum

für Optische Technologien

(HOT) wird ein handgeführtes,

optisches Messsystem ent-

wickelt, mit dem verdächtige

Hautläsionen verlässlich diag-

nostiziert und falls vorhanden,

das Tumorstadium ermittelt Das maligne Melanom der der klinischen Diagnostik ver- Kriterien (ABCD-Regel) und
werden kann – erstmals ohne Haut (schwarzer Hautkrebs) mutete Stadium eines malig- seiner persönlichen Einschät-
ist der gefährlichste Hautkrebs- nen Melanoms entscheidet da- zung, ob die betroffene Haut-
chirurgischen Eingriff. typ und eine der gefährlichs- rüber, wie viel gesundes Ge- läsion chirurgisch entfernt
ten Krebsarten überhaupt, da webe sicherheitshalber bei der und histopathologisch unter-
es bereits in einem beschwer- Operation mit entfernt wird. sucht werden muss (siehe Ab-
defreien Stadium und bei klei- Die Diagnose eines Melanoms bildung 1). Je nach Erfahrung
ner Tumorgröße metastasieren kann erst mit Hilfe von ent- des behandelnden Arztes lie-
kann. Für Patienten im Stadi- nommenem Gewebe und der gen die Exzisionsraten von
um der Fernmetastasierung, folgenden histopathologischen gutartigen Hautläsionen zu
das heißt bei Tochtertumoren Untersuchung stattfinden, da malignem Hautkrebs bei ei-
in anderen Organen, liegen es bis heute keine nichtinvasi- nem Verhältnis von bis zu 51:1.
die 5-Jahres-Überlebensraten ve (gewebeschonende) Metho- Es wird also viel zu oft und
unter zehn Prozent und auch de zur Melanomdiagnose gibt. unnötig gesundes Gewebe
neuere Therapieansätze kön- Die bisherige Diagnose von entfernt, wobei in den meisten
nen keine echte Heilung erzie- Hautkrebs beinhaltet eine Be- Fällen eine sichtbare Narbe
len. In frühen Tumorstadien gutachtung der betroffenen zurückbleibt.
sind die Heilungschancen Hautläsion durch den Derma-
nach vollständiger Entfernung tologen mit Hilfe eines Der- Für die Einteilung des Tumor-
(Exzision) des Melanoms hin- matoskops. Der Arzt entschei- stadiums ist die Tumordicke
gegen sehr gut. Das im Zuge det dann nach bestimmten beziehungsweise die Invasi-

28

OPTISCHE TECHNOLOGIEN LEIBNIZ UNIVERSITÄT HANNOVER

onstiefe (Eindringtiefe) ein nen von Hautläsionen, die sich stimmung der Dicke von me- Abbildung 1
maßgebliches Kriterium und als gutartig herausstellen. lanomverdächtigen Hautläsio- Malignes Melanom der Haut im
entscheidend für die weitere Zum anderen können durch nen gearbeitet, das bereits in Anfangsstadium. Ärzte achten
Behandlung und Prognose. eine verbesserte Turmorein- verschiedenen präklinischen bei der Einstufung einer Haut-
Insbesondere wird hierüber schätzung die Sicherheitsab- Studien validiert wurde. Da läsion unter anderem auf Asym-
auch die Größe des einzuhal- stände so angepasst werden, andere, zumeist sonographi- metrie der Form, glatte oder raue
tenden Sicherheitsabstandes dass weniger gesundes, tu- sche Methoden bisher keine Begrenzungen, Durchmesser,
bei der Nachexzision be- morumgebendes Gewebe ex- zufriedenstellende Lösung Gleichmäßigkeit der Farbe und
stimmt. Bei Invasionstiefen zidiert werden muss. bieten können, ist für diese zeitliche Veränderungen. Auf die-
von beispielsweise 2 mm wird Aufgabe eine Kombination ser Grundlage entscheidet der
bereits eine Gewebefläche von Optische Dickenbestimmung verschiedener optischer Ver- Arzt, ob die Hautläsion entfernt
2 cm um das eigentliche Mela- von Melanomen fahren deutlich besser geeig- wird oder nicht.
nom (in der Tiefe oft noch net. Das avisierte bildgebende
mehr) entnommen, um sicher- Ein alternativer, auf rein opti- und handgeführte Diagnose-
zustellen, dass jegliches Tu- schen Methoden basierender system wird alle Vorteile der
morgewebe entfernt wurde. und somit nicht-invasiver An- Optoakustik (auch Photoakus-
Im Allgemeinen sind daher satz zur Melanomdiagnostik tik genannt), der Optischen
primäre Entwicklungsziele wird am Hannoverschen Zen- Kohärenztomographie (OCT)
der Melanomdiagnose und trum für Optische Technologi- und der Raman-Spektroskopie
-behandlung die Verbesse- en (HOT) erforscht. Im Rah- kombinieren. Dies ermöglicht
rung der Tumorerkennung men des vom Bundesministe- es Medizinern in Zukunft
verbunden mit der Vermei- rium für Bildung und erstmalig, präoperativ die Tu-
dung unnötiger Operationen mordicke mit einer Genauig-

2a 2b Abbildung 2
3D-OCT-Aufnahme der Haut
(links) und Auflichtaufnahme der
Haut mit rot markiertem OCT-
Messfeld (rechts).

sowie eine zuverlässige prä- Forschung (BMBF) geförder- keit von bis zu 15 µm (Mikro-
operative Tumordickenab- ten Projektes »Melanomdi- meter) zuverlässig bestimmen
schätzung. Dies bedeutet, dass ckenbestimmung mittels Op- zu können, um die Entfernung
hierdurch gesundes Gewebe toakustik und Optischer Ko- gesunden Gewebes zu mini-
geschont werden kann: Zum härenztomographie«, kurz mieren. Darüber hinaus soll
einen durch Verringerung der MeDiOO, wird an einem Ver- das System spektroskopische
Anzahl an unnötigen Exzisio- fahren zur präoperativen Be- und morphologische Informa-
tionen liefern, die präoperativ
3 eine genauere Bestimmung Abbildung 3
des Tumorstadiums zulassen, OCT-Querschnittsaufnahme
insbesondere ob der Tumor einer melanomverdächtigen Haut-
auf die oberste Hautschicht, läsion (oben), detektierte Grenz-
die Epidermis, begrenzt ist schichtverläufe in der Haut (Mit-
oder eventuell schon tieferlie- te) und segmentiertes Melanom
(unten). Gut zu erkennen ist hier
gende Blutgefäße (hohe Metas- eine morphologische Veränderung
tasierungsgefahr) erreicht hat. im Gewebe. Die Dicke dieser
Außerdem wird hierdurch die Läsion kann so bestimmt werden.
Möglichkeit geboten, bereits
vor der Exzision des Tumors
zu bestimmen, ob dieser gut-
oder bösartig ist.

29

OPTISCHE TECHNOLOGIEN LEIBNIZ UNIVERSITÄT HANNOVER

Wie kann Licht Informa-
tionen über die Melanom-
dicke liefern?

Derzeit arbeitet ein Team aus Jenny Stritzel Arthur Varkentin Elias Blumenröther
Wissenschaftlerinnen und Jahrgang 1987, ist seit Ende Jahrgang 1985, ist seit Ende Jahrgang 1987, ist seit Ende
Wissenschaftlern am HOT an 2013 wissenschaftliche Mit- 2013 wissenschaftlicher Mitar- 2013 wissenschaftlicher Mit-
den technischen und methodi- arbeiterin am Hannoverschen beiter am Hannoverschen Zen- arbeiter am Hannoverschen
schen Grundlagen zur Kombi- Zentrum für Optische Techno- trum für Optische Technologi- Zentrum für Optische Techno-
nation der optischen Modalitä- logien. Ihre Forschungsinte- en. Seine Forschungsinteressen logien. Seine Forschungs-
ten mit dem späteren Ziel der ressen liegen im Bereich der liegen im Bereich der Opti- interessen liegen im Bereich
Entwicklung eines marktfähi- medizinischen Bildgebung und schen Kohärenztomographie. der Optoakustik. Kontakt:
gen, medizinischen Produkts. -verarbeitung. Kontakt: jenny. Kontakt: arthur.varkentin@ elias.blumenrö[email protected]
[email protected] hot.uni-hannover.de hannover.de
Aber welche physikalischen
Grundlagen ermöglichen die Tiefen von bis zu 1,5 mm oder Metastasierung sehr wahr- wieder an die Hautoberfläche
Differenzierung von krebsar- 2 mm. Die OCT ermöglicht scheinlich ist, dann muss man gelangen – ähnlich wie bei Ul-
tigem und gesundem Gewebe insbesondere auch eine 3D-Be- von den rein optischen Ver- traschallgeräten. Die Messun-
und wie lassen sich Aussagen stimmung morphologischer fahren hin zu einer Hybrid- gen sind ebenfalls nichtinva-
über die Dicke eines eventuell Eigenschaften (Gewebestruk- methode übergehen, wie zum siv, können aber im Vergleich
vorhandenen Melanoms tref- zur OCT Informationen aus
fen? Hierbei nutzen die opti- turen) (siehe Abbildung 2 und 4 deutlich tiefer liegenden
schen Messmethoden OCT, Abbildung 3), was mitunter Schichten im Gewebe liefern,
Optoakustik und Raman- Aufschluss über die Maligni- Beispiel der Optoakustik. Bei da sich die optischen Eigen-
Spektroskopie unterschied- tät der Hautläsion geben kann. optoakustischen Messungen schaften der Haut von den
liche Eigenschaften von biolo- Das Verfahren ist prä- wird die zu untersuchende akustischen unterscheiden.
gischem Gewebe. Mittels OCT destiniert zur Diagnose von pigmentierte Hautläsion mit-
werden Brechungsindexunter- malignen Melanomen mit mo- tels sehr kurzer Laserpulse Neben der morphologischen
schiede sichtbar gemacht, wie deraten Invasionstiefen. beleuchtet. Hierdurch kommt Darstellung einer Hautläsion
sie beispielsweise auch bei ei- Hat das Melanom bereits tiefe- es zur thermisch bedingten ist zusätzlich im Rahmen ei-
ner Luft-Wasser Oberfläche re Hautschichten penetriert Ausdehnung und wieder Ab- ner Diagnose eine eindeutige
auftreten. Optoakustik nutzt und somit bereits Invasions- kühlung des Gewebes, wo- Differenzierung von gesun-
gezielt die stärkere Absorp- tiefen erreicht, bei denen eine durch eine akustische Schall- dem und krebsartigem Gewe-
tion, also Lichtabschwächung, welle im Gewebe entsteht. Ein be notwendig, die mit OCT
im Melanom im Vergleich zur Schalldetektor detektiert dann und Optoakustik nicht ein-
gesunden Haut aus. Die mole- die akustischen Wellen, die deutig erreicht werden kann.
kulare Zusammensetzung Hierfür setzen wir als dritte
und damit die Malignität Modalität die Raman-Spektro-
(Gut- beziehungsweise Bös- skopie ein. Mit diesem Verfah-
artigkeit) einer Hautläsion las- ren wird ebenfalls die betrof-
sen sich mittels Raman-Spek- fene Hautstelle mit Licht be-
troskopie ermitteln. strahlt und dessen inelastische
Streuung an den Molekülen,
Physikalischer Hintergrund die Bestandteil der menschli-
der Messtechnik chen Haut sind, spektrosko-
pisch untersucht. So können
Die OCT ist ein interferometri- verschiedene, in der Haut vor-
sches Verfahren, bei dem die kommende Carotinoide (fett-
Laufzeit von Licht im Gewebe lösliche, gelbe bis rötliche
mit der in Luft verglichen Farbstoffe), Proteine (Eiweiße)
wird. Werden zusätzlich breit- und Lipide (Fette) charakteri-
bandige Lichtquellen, typi- siert werden. Die Zusammen-
scherweise im infraroten Be-
reich des Lichtspektrums, ver-
wendet, so können 3D-Bilder
der Haut aufgenommen wer-
den. Die Eindringtiefe des
Verfahrens ist in der Praxis
durch Gewebestreuung limi-
tiert und erreicht in mensch-
licher Haut typischerweise

30

OPTISCHE TECHNOLOGIEN LEIBNIZ UNIVERSITÄT HANNOVER

Dr.-Ing. Maik Rahlves Dr. Merve Wollweber Prof. Dr. Uwe Morgner Prof. Dr. Bernhard Roth
Jahrgang 1978, ist seit 2011 Jahrgang 1976, ist seit 2010 Jahrgang 1967, ist seit 2004 Jahrgang 1970, ist seit 2012
Leiter der Arbeitsgruppe »An- Arbeitsgruppenleiterin für La- Professor für Physik an der wissenschaftlicher Leiter und
gewandte Optik« am Hanno- serspektroskopie und Lebens- Leibniz Universität Hannover. Geschäftsführer des Hanno-
verschen Zentrum für Opti- wissenschaften am Hannover- Seit 2013 ist er Sprecher des verschen Zentrums für Opti-
sche Technologien. Seine For- schen Zentrum für Optische Vorstandes des Hannoverschen sche Technologien und seit
schungsinteressen umfassen Technologien. Ihre Forschungs- Zentrums für Optische Tech- 2014 Professor für Physik an
Mikroskopie, Diffraktive Optik, interessen reichen von der Op- nologien. Seine Forschungs- der Leibniz Universität Hanno-
Holographie und Polymerpho- toakustik und Raman-Spektro- interessen liegen im Bereich ver. Seine Forschungsinteres-
tonik. Kontakt: maik.rahlves@ skopie bis hin zu Fasersenso- der extrem kurzen Pulse sen liegen im Bereich Laser-
hot.uni-hannover.de ren. Kontakt: merve.wollweber aus Lasern sowie deren An- spektroskopie und -analytik,
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und Grundlagenforschung. Optik, Bio- und Polymerpho-
Kontakt: [email protected] tonik sowie Optiksimulation.
hannover.de Kontakt: bernhard.roth@hot.
uni-hannover.de

setzung dieser Hautbestand- Abbildung 4
teile kann Aufschluss darüber Der kombinierte OCT-Raman-
geben, um welche Art von Kopf bietet die Möglichkeit beide
Hautveränderung es sich han- Messungen schnell hintereinan-
delt. So hat beispielsweise ein der durchzuführen. So kann si-
gutartiger Leberfleck eine an- chergestellt werden, dass dieselbe
dere Molekülstruktur als ein Hautstelle vermessen wurde.
malignes Melanom.
Abbildung 5
Drei optische Messverfahren Der optoakustische Aufbau bein-
– mehr als die Summe ihrer haltet einen handhabbaren Mess-
Teile kopf, der flexibel auf die zu unter-
suchende Hautstelle aufgelegt
Die Kombination aus allen drei 5 werden kann.
Methoden bietet also erstmalig
die Möglichkeit einer nichtin- Messkopf (Abbildung 4) und
vasiven, präoperativen Bestim- einen separaten Optoakustik-
mung der Malignität und Dicke Messkopf (Abbildung 5). Der
von melanomverdächtigen Fokus liegt daher weiterhin auf
Hautläsionen, was im Vergleich der Verbesserung der Techni-
mit dem heutigen Stand der ken im Einzelnen und deren
Technik eine Sprunginnovation optimale Kombinierbarkeit, um
darstellt. In ersten klinischen ein noch kompakteres Gerät
Tests konnte die Machbarkeit herzustellen, welches alle Vor-
des Vorhabens bereits erfolg- teile der drei Modalitäten kom-
reich durch Patientenmessun- biniert, um später in Kliniken
gen mit den ersten beiden von den Ärzten eingesetzt wer-
Demonstratoren gezeigt wer- den zu können.
den. Momentan gibt es einen
gemeinsamen OCT-Raman-

31

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

ein neues Fenster zum Weltall

stabilisierte hoChleistunGslaser FÜr Die GravitationsWellenDeteKtion

Am 3. Oktober 2017 wurde Seit der Entdeckung des Eine dieser Technologien sind 1
der physik nobelpreis für Lasers durch Theodeore Mai- hochpräzise Laser, die in mo-
die erste direkte Detektion von man im Jahre 1960 hat sich dernen Gravitationswellen- in Abbildung 1 zu sehen. Am
gravitationswellen vergeben, eine riesige Zahl von Anwen- detektoren wie zum Beispiel Ende der Arme wird das Licht
mit der ein neues Beobach- dungen für diese speziellen dem deutsch-britischen durch Spiegel zurück zum
tungsfensters zum Weltall Lichtquellen ergeben. Eine GEO 600 Detektor oder den Strahlteiler geschickt. Dort
herausragende Rolle hat der US-amerikanischen LIGO werden die beiden Lichtfelder
geöffnet wurde. Laser beispielsweise bei der Detektoren zum Einsatz kom- überlagert und erlauben es,
einen entscheidenden Beitrag ersten direkten Detektion von men. GEO 600 ist ein Laser- über Schwankungen der
an dieser entdeckung hatten Gravitationswellen im Sep- interferometer, das von einem Lichtleistung am Interfero-
die an der leibniz Universität tember 2015 gespielt und so- Gemeinschaftsinstitut der meterausgang Rückschlüsse
hannover und am laserzentrum mit zur Entdeckung von zwei Leibniz Universität und der auf Laufzeitunterschiede des
verschmelzenden schwarzen Max-Planck-Gesellschaft, dem Lichts in den beiden Armen
hannover entwickelten Löchern beigetragen. Schwar- Albert-Einstein-Institut, in zu gewinnen. Und genau sol-
hochleistungslaser, welche das ze Löcher senden keine elek- Ruthe bei Sarstedt betrieben che Laufzeitunterschiede wer-
herzstück der Advanced ligO tromagnetischen Wellen aus wird. In diesem Interferome- den durch Gravitationswellen
und sind damit für herkömm- ter wird ein Laserstrahl an erzeugt. Die große Heraus-
interferometer bilden. liche Teleskope unsichtbar. einem Strahlteiler aufgespal- forderung der Gravitations-
Dieser Beitrag beschreibt die Bei einer Verschmelzung von ten und in zwei senkrecht zu- wellendetektion besteht darin,
extremen Anforderungen an schwarzen Löchern wird je- einander orientierte, 600 m dass diese Signale unvorstell-
derartige laser und erläutert doch die von Albert Einstein lange Interferometerarme ge- bar klein sind und nur der Be-
in seiner allgemeinen Relativi- lenkt. Eine Prinzipskizze eines wegung der Spiegel um weni-
deren Funktionsweise. tätstheorie eingeführte Raum- solchen Interferometers ist ger als den 1/1000 Bruchteil
zeit zu Schwingungen ange- eines Atomkerndurchmessers
regt, welche sich dann wellen- entsprechen. Neben ungewoll-

artig mit Lichtgeschwindigkeit
ins Universum ausbreiten. Der
Effekt solcher Gravitations-
wellen auf der Erde ist nach
ihrer Reise über astronomi-
sche Distanzen jedoch so
winzig, dass Einstein selbst
es für unmöglich hielt, dass
Gravitationswellen je von der
Menschheit detektiert werden
könnten. Mit dieser Einschät-
zung lag er jedoch im Gegen-
satz zu seinen vielen bahnbre-
chenden Vorhersagen falsch.
Das lag vermutlich daran,
dass sich Einstein nicht vor-
stellen konnte, welche techno-
logischen Möglichkeiten
schon 100 Jahre nach der Ent-
wicklung seiner allgemeinen
Relativitätstheorie zur Ver-
fügung stehen würden.

32

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

ten Spiegelbewegungen und und auch für zukünftige De- sem 35 Watt Laser entstand abbildung 1
vielen anderen Störungen tektoren unabdingbar sind. 2007 die Firma neoLASE als
können auch Laserschwan- Ausgründung des Laserzent- In einem Laserinterferometer
kungen zu Rauschen am Inter- Für solche Spezialentwick- rums, die mittlerweile ent- wird das Licht an einem Strahl-
ferometerausgang führen und lungen steht in Hannover mit scheidende Komponenten für teiler aufgespalten und in zwei
damit die winzigen Gravita- dem Albert-Einstein-Institut, die Gravitationswellenlaser senkrecht zueinander orientierte
tionswellensignale verbergen. dem Laserzentrum Hannover liefert. Seit der Installation Messstrecken geschickt. Am Ende
Daher müssen die Leistung und der Firma neoLASE ein des Virgo Lasers benutzen alle dieser Strecken werden die Licht-
und die Frequenz der verwen- hervorragendes Forschungs- weltweit in Betrieb befind- wellen am Spiegeln reflektiert
deten Laser so gut wie mög- umfeld zur Verfügung. Die lichen Gravitationswellende- und zum Strahlteiler zurück-
lich stabilisiert werden. Die Wissenschaftlerinnen und tektoren Laser aus Hannover. gesandt. Hier überlagern sich die
Laserleistung darf beispiels- Wissenschaftler des Laser- Wellen und führen am Interfero-
weise nur um weniger als zentrums verfügen über eine Eine besondere Herausforde- meterausgang zur Interferenz.
zwei Milliardstel der Gesamt- mehrere Jahrzehnte lange Er- rung für das Team aus Hanno- Je nach Laufzeitunterschied des
leistung schwanken. Eine der- fahrung in der Entwicklung ver stellte die Entwicklung des Lichts in den Messstrecken kann
art hohe Stabilitätsanforde- von rauscharmen Hochleis- stabilisierten Lasersystems für es zur Verstärkung (oberer Teil
rung gibt es in keinem ande- tungslasern, während die For- die Advanced LIGO Detekto- der Interferenzbox), Auslöschung
ren optischen Experiment scherinnen und Forscher des ren dar, welches eine entschei- (unterer Teil der Interferenzbox)
weltweit. Die Laserfrequenz Albert-Einstein-Instituts De- dende Rolle bei der ersten oder allen Helligkeitsstufen da-
muss eine relative Stabilität tailkenntnisse in der Lasersta- direkten Gravitationswellen- zwischen kommen. Eine Analyse
von ⌬␯/␯ < 10–16 haben. Würde bilisierung haben und durch detektion spielen sollte. Dieser der Lichtstärke am Ausgang er-
man das sichtbare Licht in Design, Bau und Betrieb von deutsche Beitrag für die LIGO laubt somit Rückschlüsse über
10 Billiarden Farben aufteilen, Gravitationswellendetektoren Detektoren der 2. Generation Laufzeitunterschiede der Wellen
so müsste man mit dem Laser ideal für die Systemintegrie- wurde von der Max-Planck- in den Messstrecken.
also genau eine dieser Farben rung der Laser qualifiziert Gesellschaft und der Volks-
treffen. Neben dieser extrem sind. In der Kollaboration die- wagen Stiftung finanziert und
hohen Leistungs- und Fre- ser beiden Institute entstand vom Albert-Einstein-Institut
quenzstabilität müssen die La- nach langjähriger Forschungs- der Leibniz Universität zu-
ser eine für wissenschaftliche arbeit ein stabilisierter 12 Watt sammen mit dem Laserzent-
Anwendungen relativ hohe Laser, der von Ende der 90er rum Hannover entwickelt und
Ausgangsleistung von einigen Jahre bis 2011 am GEO 600 De- erprobt.
hundert Watt und ein sehr rei- tektor betrieben wurde. Nach
nes und stabiles räumliches der Entwicklung und Installa- Ein schematischer Aufbau des
Strahlprofil haben. Derart tion eines 20W Lasersystems stabilisierten Lasersystems ist
hohe Anforderungen werden für den Virgo Gravitations- in Abbildung 2 zu sehen. Das
in dieser Gesamtheit weder wellendetektor in Pisa (Italien) Herzstück des Lasersystems
industriell noch im Wissen- wurde 2007 ein 35 Watt Laser bildet ein monolithischer
schaftsumfeld an Laser entwickelt und an den LIGO Neodym-dotierter Yttrium-
gestellt, so dass Spezialent- Detektoren und an der GEO- Aluminium-Granat Ringlaser
wicklungen für die zurzeit HF Weiterentwicklung des (NPRO), der sich durch eine
betriebenen Gravitations- GEO 600 Detektors in Ruthe sehr gute Frequenzstabilität
wellendetektoren nötig waren installiert. Basierend auf die- auszeichnet und eine Leistung

2 abbildung 2
Im Lasersystem des Advanced
LIGO Gravitationswellendetek-
tors wird das Licht eines hoch-
stabilen Masterlasers (NPRO) in
einer ersten Verstärkerstufe auf
35 W und anschließend mittels
eines injektionsgekoppelten
Hochleistungsringlasers auf
200 W verstärkt. Über einen
Filterresonator wird der Strahl
räumlich bereinigt. Verschiedene
Stabilisierungsmaßnahmen re-
duzieren das Leistungs- und Fre-
quenzrauschen der Laserstrah-
lung und bereiten sie somit für
die Verwendung im Gravitations-
wellendetektor vor.

33

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

3

abbildung 3 von 2 Watt bei einer Wellen- Hochleistungsringresonator sonator ausgelegt. Durch zwei
länge von 1064 nm (Nanome- eingestrahlt, der mittels Injek- dieser Spiegel tritt jeweils ein
Die in Hannover entwickelten ter) emittiert. Dieser Ringlaser tionskopplung die Laser- Strahl mit einer geringen Leis-
und gefertigten stabilisierten wird als Masterlaser bezeich- frequenz des 35 Watt Lasers tung von etwa 100 mW (Milli-
Hochleistungslaser wurden durch net. Ein Teil der Ausgangs- übernimmt und einen watt) aus. Einer dieser Strah-
ein Team des Albert-Einstein- strahlung wird auf einen Foto- 200 Watt Strahl mit der Fre- len wird direkt auf einen Foto-
Instituts und des Laserzentrum detektor gelenkt und für eine quenzstabilität des Masterla- detektor gelenkt und für die
Hannover an den Advanced erste Leistungsstabilisierung sers erzeugt. Leistungsstabilisierung des
LIGO Detektoren in drei mona- benutzt. Ein elektro-optischer 200 Watt Strahls genutzt. Der
tigen Installationsphasen auf- Modulator (EOM) kann Als nächstes optisches Ele- zweite Strahl wird für die Fre-
gebaut und in Betrieb genommen. zusammen mit einem Stell- ment folgt ein akusto-opti- quenzstabilisierung verwen-
Äußerste Sauberkeit und Staub- element im NPRO für die scher Modulator (AOM), bevor det. Hierfür wird das Licht
freiheit ist entscheidend für einen Frequenzstabilisierung ver- das Licht in einen optischen zunächst in einem elektro-
verlässlichen Langzeitbetrieb wendet werden. Ein Faraday Filterresonator eingekoppelt optischen Modulator phasen-
dieser Lasersysteme. Daher muss Isolator (FI) wirkt als optische wird. Durch eine Längen- moduliert und dann in einem
während jeglicher Arbeiten Rein- Diode und verhindert, dass regelung wird dieser resonant akusto-optischen Modulator
raumkleidung getragen werden. Störstrahlung zurück in den mit dem Laserlicht gehalten. frequenzverschoben. An-
Ringlaser gelangt. Es folgt ein Am Ausgang dieses Resona- schließend wird das Licht an
vierstufiger Neodym-Vanadat tors ist das Laserlicht von einem Spiegel reflektiert, ein
Laserverstärker, der die Laser- allen störenden räumlichen zweites Mal durch den AOM
leitung auf 35 Watt erhöht und Strahlvariationen befreit und geschickt und dann in einen
dabei die gute Frequenzsta- kann als reiner Gaußstrahl ins optischen Resonator einge-
bilität des Masterlasers beibe- Interferometer der Gravita- koppelt. Dieser Resonator
hält. Nach dem Durchstrahlen tionswellendetektoren einge- wird weitestgehend von äuße-
eines weiteren Faraday Isola- strahlt werden. Der Filterreso- ren Störungen entkoppelt und
tors wird das Licht in einen nator ist als 4 Spiegel Ringre- als Frequenzreferenz benutzt.

34

Optische Technologien leibniz universität hannover

Mittels eines speziellen einem der LIGO Detektoren mit einer Wellenlänge von Apl.Prof. Dr. Benno Willke
A­ usleseverfahrens wird die durch das Laserteam aus Han- 1064 nm (Nanometer) auf etwa Jahrgang 1963, ist Leiter der
Dif­ferenz zwischen der Refe- nover. 500 Watt zu erhöhen, wozu Lasergruppe am Albert Ein-
renz- und der Laserfrequenz kohärent kombinierte Hoch- stein Institut der Leibniz Uni-
gemessen und mittels eines Angespornt durch die Ent­ leistungsfaserlaser zum Ein- versität und der Max-Planck-
Regelkreises reduziert. Da- deckung von Gravitationswel- satz kommen sollen. Ferner Gesellschaft. Er forscht seit
durch kann die ohnehin schon len und schwarzen Löchern wird an der Entwicklung 1994 an der Gravitations­
gute Frequenzstabilität des arbeiten zahlreiche Forscher e­ ines ebenfalls faserbasierten wellendetektion und war an
Lasersystems weiter verbes- weltweit an der Entwicklung 100 Watt Lasersystems mit Entwicklung, Aufbau und
sert werden. Durch eine von Gravitationswellendetek- e­ iner Wellenlänge von ­Inbetriebnahme des GEO600
A­ npassung der Frequenz­ toren der dritten Generation. 1550 nm (Nanometer) gear­ Gravitationswellendetektors
verschiebung in AOM wird Ziel ist es, die Zahl der erwar- beitet. Bei dieser Wellenlänge beteiligt. Seit 1999 forscht
schließlich die hochstabile La- teten Detektionen von etwa ist Silizium transparent, so er an der Stabilisierung von
serfrequenz auf das Interfero- e­ inem Signal alle zwei Monate dass zukünftige Laserinter­ Lasern für Gravitationswellen-
meter angepasst. auf mehrere Signale täglich zu ferometer dieses vorteilhafte detektoren und leitete die
verbessern. Neben einer Viel- Material für ihre teildurchläs- ­Entwicklung der Laser für
Nach erfolgreichem Test des zahl von neuartigen Techno­ sigen Spiegel verwenden kön- GEO600 und Advanced LIGO.
Laserkonzepts und der Stabi- logien werden auch verbesser- nen. Parallel sind neue Stabi­ Kontakt: benno.willke@aei.
lisierungsverfahren wurden te, beziehungsweise neuartige lisierungsmethoden am mpg.de
vier dieser stabilisierten La- Lasersysteme und Stabilisie- ­Albert-Einstein-Institut in der
sersysteme in einer Kleinserie rungsverfahren benötigt. Für Erprobung, so dass auch die
gefertigt. Einer der Laser wur- diese Entwicklung ist es dem Gravitationswellendetektoren
de als Referenzsystem am Albert-Einstein-Institut gelun- der dritten Generation stabili-
­Albert-Einstein-Institut instal- gen, die Finanzierung eines sierte Hochleistungslaser aus
liert und wird dort seit 2010 fünfjährigen Forschungsvor- Hannover verwenden können.
kontinuierlich betrieben und habens einzuwerben. In die-
verbessert. Drei Lasersysteme sem Forschungsprojekt sollen
wurden in die USA geliefert in bewährter Kollaboration
und dort an den Advanced mit dem Laserzentrum neue
LIGO Gravitationswellende- Konzepte getestet und Proto-
tektoren installiert und in Be- typ Lasersysteme entwickelt
trieb genommen. Abbildung 3 werden. Es wird angestrebt,
zeigt die Laserinstallation an die Leistung von Lasern

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35

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

Meilenstein in der Quantenphysik

erstMals bose-einstein KonDensate iM all

Bose-Einstein Kondensate 1
sind ein spezieller Materiezu-
Am 23. Januar 2017 ist es stand, der entsteht, wenn eine
deutschen Forschern unter Atomwolke fast bis auf den
Federführung der leibniz Uni- absoluten Nullpunkt herunter
versität hannover erstmals gekühlt wird. Dazu wird die
gelungen, Bose-einstein Kon- Wechselwirkung der Atome
densate (BeK) im Weltraum an mit Licht- und Magnetfeldern
Bord einer Forschungsrakete zu ausgenutzt. Sie besetzten da-
erzeugen und diese als Quelle raufhin alle den niedrigsten
für weitere atom-optische Energiezustand und sind
nun durch eine gemeinsame
experimente zu nutzen. Wellenfunktion beschreibbar.
Ähnlich wie Laserlicht in
der Optik, eignet sich dieser Die Interferometrie im aus- der QUANTUS-Kollaboration
makroskopische Quanten- gedehnten freien Fall betritt (Quantengase Unter Schwere-
zustand hervorragend für die jedoch in vielen Bereichen losigkeit) an der Idee von frei
Materiewelleninterferometrie Neuland und agiert auf Ener- fallenden Laboratorien gear-
und ist insbesondere für hoch gieskalen äquivalent zu Tem- beitet. Hierbei fällt die Appa-
auflösende Messungen im peraturen im Picokelvin- (10–12 ratur zum Betrieb der Experi-
Weltraum entscheidend. In Kelvin, also 0,000000000001 mente mit den Atomen mit.
diesen Interferometern tau- Kelvin) oder gar Femtokelvin- In den vergangen Jahren ist es
schen Materie und Licht die bereich (10–15 Kelvin). Neue den deutschen Forschern ge-
Rollen: Die frei fallenden Ma- methodische Ansätze für die lungen, im Fallturm Bremen
teriewellen werden mit Hilfe Interferometrie werden benö- Bose-Einstein Kondensate
von Licht kohärent geteilt tigt. Schon die Zweifel an der über eine Zeitspanne von zwei
und wieder zur Interferenz Machbarkeit von Bose-Ein- Sekunden in der Schwere-
gebracht. Die Genauigkeit der stein Kondensaten im Weltall losigkeit zu erzeugen und zu
Messung steigt quadratisch verwiesen Missionsvorschläge untersuchen. Dabei wurde die
mit dieser freien Fallzeit. Auf zur Materiewelleninterfero- ganze Experimentkapsel im
der Erde in typischen Labor- metrie in den Bereich der evakuierten Turm in einer
aufbauten kommt das Kon- Science Fiction Literatur. Höhe von etwa 110 Metern fal-
densat bereits nach etwa hun- len gelassen. Um noch längere
dert Millisekunden auf dem Um aus der Fiction Science Fallzeiten zu realisieren, wer-
Boden auf. Deshalb bergen werden zu lassen, wurde in den Apparaturen für Welt-
Weltraummissionen mit quasi
unbegrenzter freier Fallzeit
großes Potenzial.

Zukünftig sollen Materie-
wellen-Interferometer genutzt
werden, um zum Beispiel das
Schwerefeld der Erde zu ver-
messen oder um mit Präzi-
sionsmessungen fundamen-
tale Theorien wie Einsteins
Äquivalenzprinzip zu prüfen.

36

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

raumanwendungen gebaut. im ersten Versuch übertrafen bedingungen geborgen und
Raketenmissionen eröffnen sogar die Erwartungen. Insge- den Forschern wieder aus-
Zeiten von Minuten und Satel- samt wurden 85 Experimente gehändigt. Nach gründlicher
liten bieten zeitlich fast un- in der Zeit unter Schwerelo- Inspektion und kleinen Repa-
begrenzte Schwerelosigkeit. sigkeit durchgeführt, welche raturen konnte die Nutzlast
die Manipulation der En- wieder in Betrieb genommen
Die Mission MAIUS-1 (Ma- sembles und verschiedene und es konnten erneut Bose-
teriewellen-Interferometrie Schritte für präzise Materie- Einstein Kondensate erzeugt
unter Schwerelosigkeit) des wellen-Interferometrie getes- werden. Die dabei gewonne-
Deutschen Zentrums für Luft- tet haben. Zusätzlich wurden nen Erkenntnisse sollen in die
und Raumfahrt (DLR) startete Entwicklung neuer Methoden
um 3.30 Uhr morgens vom schon in der Beschleunigungs- eingehen, wie sie für zukünf-
schwedischen Startplatz phase während des Starts und tige Weltraummissionen not-
ESRANGE in der Nähe der dem Ausbrennen der Motoren wendig sind.
atom-optische Experimente

abbildung 1
In die aus Titan gebaute Ultra-
hochvakuumkammer ist ein drei-
lagiger Atomchip eingebaut. Mit
den darauf geprägten stromfüh-
renden Strukturen können die
notwendigen Magnetfelder zur
Manipulation atomarer Wolken
erzeugt werden.

2 abbildung 2
Dreidimensionale Darstellung
Stadt Kiruna nördlich des 3 der atomaren Dichte des ersten
Polarkreises und flog bis zu im Weltall erzeugten Bose-Ein-
einer Höhe von 243 Kilome- unter diesen hoch-dynami- stein-Kondensats. Das BEK wur-
tern. Ein Team aus wissen- schen Bedingungen demons- de 97 Sekunden nach dem Start
schaftlichem und technischem triert. Dazu wurde eine kalte bei einer Höhe von 132 Kilome-
Personal von insgesamt elf Wolke erzeugt, die nur den tern und einer Geschwindigkeit
deutschen Forschungsein- ersten Kühlschritt auf dem von Mach 4,2 erzeugt.
richtungen, darunter Holger Weg zum BEK durchlaufen ist
Ahlers, Dennis Becker, Maike und sich als Quelle für Mate- abbildung 3
D. Lachmann, Thjis Wendrich riewellen-Interferometrie auf Die Nutzlast der MAIUS-1 Mis-
und Stephan T. Seidel von der sehr kurzen Zeitskalen eignet. sion mit dem versammelten Team
Leibniz Universität Hannover Die Landung der Nutzlast er- aus Wissenschaftlerinnen und
sowie der schwedische Start- folgte ebenfalls planmäßig an Wissenschaftlern, der MORABA
platzbetreiber überwachten einem Fallschirmsystem im (Mobile Raketen Basis) sowie den
die autonom operierende tief verschneiten Nordschwe- Betreibern der schwedischen
Nutzlast und den Flug der Ra- den. Die Apparatur wurde ESARNGE.
kete vom Boden aus. Während daher mit drei Tagen Verzöge-
der antriebslosen Flugphase rung aufgrund der Wetter- Auch aus technologischer
oberhalb von etwa 100 Kilo- Sicht war die Mission eine
metern bis zum Scheitelpunkt sehr große Herausforderung.
und zurück, standen sechs Während Laboraufbauten
Minuten Experimentierzeit bei ganze Räume füllen, sehr sen-
schwerelosen Bedingungen sibel auf Temperaturschwan-
zur Verfügung. kungen und Vibrationen
reagieren und bis zu einer Mi-
Bereits die Sofortanalyse der nute für die Erzeugung eines
während des Fluges übermit- Bose-Einstein Kondensats
telten Daten zeigte, dass es brauchen, ist der Platz und
den Forscherinnen und For- das Gewicht auf einer Rakete
schern gelungen war, erst- beschränkt und die Anzahl
malig Bose-Einstein Konden- der Experimente in Schwere-
sate im All zu erzeugen. Die losigkeit durch die Experi-
275.000 kondensierten Atome mentzeit limitiert. Zusätzlich

37

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

M. sc. Maike Diana lachmann prof. Dr. ernst M. Rasel on von verschiedenen Struk- schungsverbund gehörten
Jahrgang 1990, ist wissen- Jahrgang 1965, ist Professor turen können so komplexe auch die Institute für Raum-
schaftliche Mitarbeiterin am institut für Quantenoptik. Magnetfeldkonfigurationen fahrtsysteme des Deutschen
am institut für Quantenoptik seine arbeitsschwerpunkte für die Manipulation der Zentrums für Luft- und
und arbeitet an den Maius- sind atomoptik, Quantenoptik Atomwolken erzeugt werden. Raumfahrt (DLR) in Bremen,
Projekten. sie forscht an sowie Präzisionssensoren für Diese Technologie wurde für Raumflugbetrieb und
quantenmechanischen syste- raum und zeit. Kontakt: rasel insbesondere von Nobelpreis- Astronautentraining – hier
men für Weltraumanwendun- @iqo.uni-hannover.de träger Theodor Hänsch die Mobile Raketenbasis MO-
gen. Kontakt: lachmann@iqo. sowie Jakob Reichel und Jörg RABA – in Oberpfaffenhofen
uni-hannover.de braucht man ein sehr robustes Schmiedmayer entwickelt. Sie sowie die DLR Einrichtung
Design, das den Start voll waren der Ausgangspunkt für für Simulations- und Soft-
abbildung 4 funktionsfähig übersteht. Ein die Atomchip basierten BEK waretechnik in Braunschweig
Lift-Off aus dem Skylark-Tower, wichtiger Entwicklungsschritt Interferometer, die an der an. Die interdisziplinäre Zu-
der Startvorrichtung für die Ra- für diese Umstände waren Leibniz Universität Hannover sammenarbeit von Studieren-
kete des Typs VSB-30. Die Nutz- Atomchips, die große Spulen- am Institut für Quantenoptik den, vielen jungen Wissen-
last in rot verlässt gerade oben aufbauten platz- und leis- in der Gruppe von Ernst M. schaftlern und Ingenieuren
den Turm. tungssparend ersetzen. Auf Rasel und Wolfgang Ertmer sowie Hochschullehrenden
einem Substrat werden dafür in engster Kooperation mit betraf alle Subsysteme der
4 sehr dünne Goldstrukturen dem Theoretiker Wolfgang Nutzlast, von der Atomchip-
aufgetragen und mittels Strö- Schleich in Ulm erforscht wer- apparatur über die Laser,
men durch die Leiter werden den. Mit dem auf MAIUS-1 die Elektronik, die Daten-
Magnetfelder induziert. eingesetzten Atomchip lassen speicherung, die magnetische
Durch geschickte Kombinati- sich Bose-Einstein Kondensate Abschirmung, die Batterien
von mehreren hunderttausend bis hin zur Flugsoftware. Die
Atomen in weniger als 2 Se- Rakete wurde in einer zwei-
kunden erzeugen. stufigen Konfiguration ein-
gesetzt mit Feststoffmotoren
Das Projekt MAIUS-1 steht aus brasilianischer Produkti-
unter wissenschaftlicher Lei- on. Die Durchführung der
tung der Leibniz Universität Startkampagne oblag der
Hannover im Verbund mit der DLR-MORABA.
Humboldt-Universität und
dem Ferdinand-Braun-Institut Das Projekt wurde vom DLR-
in Berlin, dem ZARM der Raumfahrtmanagement in
Universität Bremen, der Jo- Bonn mit Mitteln des Bundes-
hannes Gutenberg-Universität ministeriums für Wirtschaft
Mainz, der Universität Ham- und Energie gefördert. Nach
burg, der Universität Ulm einer detaillierten Auswer-
und der Technischen Uni- tung der Experimentdaten ist
versität Darmstadt. Dem For- die nächste Raketenmission
für 2020 geplant. Sie dient
der Erforschung von Bose-
Einstein Kondensaten zweier
Atomsorten (neben Rubidium
auch Kalium) in einem Inter-
ferometer, einem notwendi-
gen Zwischenschritt zum Test
des Einsteinschen Äquiva-
lenzprinzips mit Materiewel-
len. Darüber hinaus sind die
MAIUS-Raketenmissionen
und die QUANTUS-Experi-
mente im Bremer Fallturm ein
wichtiges Bindeglied für die
im Mai 2017 gestartete Ko-
operation mit der NASA für
geplanten Experimente zu
ultrakalten Atomen auf der
Internationalen Raumstation
(ISS), an denen die deutschen
Wissenschaftler maßgeblich
beteiligt sind.

38

Optische Technologien leibniz universität hannover

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OPTISCHE TECHNOLOGIEN LEIBNIZ UNIVERSITÄT HANNOVER

Light for Innovation

DAS LASER ZENTRUM HANNOVER

Als unabhängiges gemeinnütziges Forschungsinstitut für Photo- Institut für Technologie) als Kooperationspartner der Leibniz
nik und Lasertechnologie steht das Laser Zentrum Hannover e.V. Universität Hannover und ist in das disziplinübergreifende
(LZH) für innovative Forschung, Entwicklung und Beratung. Laboratorium für Nano und Quantenengineering (LNQE) und
Das LZH wurde 1986 aus den Instituten für Quantenoptik, Werk- das Niedersächsische Zentrum für Biomedizintechnik, Implan-
stoffkunde sowie Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der tatforschung und Entwicklung (NIFE) integriert. Hervorzu-
Universität Hannover (seit 2006 Gottfried Wilhelm Leibniz Uni- heben ist zudem die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem
versität Hannover) als eingetragener Verein gegründet mit dem Albert-Einstein-Institut im Bereich der Entwicklung von Laser-
Ziel, im Bereich Lasertechnologie interdisziplinäre Forschung und systemen für die Gravitationswellendetektion.
Entwicklung zu betreiben, Forschung und Praxis zusammenzu-
führen und Fachkräfte industrienah auszubilden. Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
Das LZH schafft einen starken Transfer zwischen grundlagen-
Im Fokus der angewandten Forschung des Instituts stehen die orientierter Wissenschaft, anwendungsnaher Forschung und In-
Thememfelder Optische Komponenten und Systeme, Optische dustrie. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen
Produktionstechnologien und Biomedizinische Photonik. Die (KMUs) profitieren vom Forschungsspektrum und Dienstleis-
interdisziplinäre Zusammenarbeit von Naturwissenschaftlern tungsangebot des LZH. In Verbundprojekten bekommen sie Zu-
und Ingenieuren ermöglicht dabei innovative Ansätze in ver- gang zu neuem technologischen Wissen, nationalen und inter-
schiedenen Bereichen: von der Komponentenentwicklung für nationalen Netzwerken sowie öffentlichen Fördermitteln. Mit
spezifische Lasersysteme bis hin zu Prozessentwicklungen für den vom LZH angebotenen Dienstleistungen können die Betrie-
Laseranwendungen, zum Beispiel für die Medizintechnik oder be fehlende F&E-Kapazitäten ausgleichen. Der Wissenstransfer
den Leichtbau im Automobilsektor. Derzeit sind etwa 180 Mit- beinhaltet auch die Vermittlung von LZH-Wissenschaftlerinnen
arbeiterinnen und Mitarbeitern am LZH beschäftigt. Das LZH und LZH-Wissenschaftlern in die Wirtschaft sowie andere For-
erhält eine Grundförderung durch das Niedersächsische Minis- schungseinrichtungen – so ist im Laufe der Zeit ein beachtliches
terium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Der Umsatz lag im Netzwerk entstanden.
Jahr 2016 bei 16,4 Millionen Euro, davon wurden rund 12,5 Mil-
lionen Euro Drittmittel eingeworben. Zudem sind bis heute insgesamt 19 Ausgründungen mit etwa
500 entstandenen Arbeitsplätzen aus dem Institut hervor-
Wissenschaftliches Netzwerk gegangen. Weiterhin bietet die vom LZH gegründete LZH Laser
Zentral für den Erfolg des LZH ist die enge regionale wissen- Akademie GmbH Weiterbildungen auf dem Gebiet der ange-
schaftliche Vernetzung insbesondere mit der Leibniz Universität wandten Lasertechnik für Meister, Techniker und Ingenieure an.
Hannover: Beteiligungen an den Exzellenz- und Spitzenclustern Weiterhin hat das LZH 2017 gemeinsam mit dem Institut für
REBIRTH und Hearing4all, sowie an der Leibniz-Forschungs- Integrierte Produktion Hannover, der LZH Laser Akademie
schule QUEST, Teilnahme an diversen Sonderforschungs- GmbH und der Deutsche Messe Technology Academy GmbH
bereichen wie zum Beispiel PlanOS und Tailored Forming sowie »Niedersachsen ADDITIV – Zentrum für Additive Fertigung«
Partnerschaften mit zahlreichen renommierten Einrichtungen ins Leben gerufen.
und den niedersächsischen Universitäten zeichnen das LZH aus.
Weiterhin ist das LZH Partner im Hannoverschen Zentrum für Dr. Dietmar Kracht ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des
Optische Technologien (HOT), fungiert beim HITec (Hannover LZH. Kontakt: d.kracht@lzh

1 2
Ein CO2-Laser im Einsatz Das LZH-Gebäude

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OPTISCHE TECHNOLOGIEN LEIBNIZ UNIVERSITÄT HANNOVER

Unauffällig, aber wirksam

DIE OPTISCHE DÜNNSCHICHTTECHNOLOGIE

Optische Schichten begegnen Optische Schichtsysteme 1a 1b
uns im Alltag eher unauffällig: werden aus einer definierten
Als Antireflexschichten sind sie Folge von Einzelschichten auf- eigentlich kaum noch ein funden. Eindrucksvolle Bei-
gebaut, die aus verschiedenen Produkt zu finden, das keine spiele sind die in der tropi-
auf Brillengläern, Linsen in transparenten Materialien be- optischen Schichten enthält. schen Insektenwelt anzutref-
Fernrohren, Kameraobjektiven stehen und Dicken im Bereich Von Antireflexschichten auf fenden großen Schmetterlinge
oder Mikroskopen zu finden. der Nutzwellenlängen von Brillengläsern, Linsen in Fern- mit ihren prächtigen, in vielen
wenigen Nanometern bis zu rohren, Kameraobjektiven, Farben schillernden Flügeln.
Auch in der Wissenschaft einem Mikrometer aufweisen. Mikroskopen und vielen an- Der Mensch hingegen brachte
wird die so genannte optische Als Funktionsprinzip wird deren optischen Instrumenten es erst in der Mitte des ver-
Dünnschichttechnologie bei dabei die gegenseitige Über- ausgehend, über Präzisions- gangenen Jahrhunderts fertig,
Messgeräten, Lasersystemen lagerung der an den Grenzen beschichtungen für Messgerä- optische Schichtsysteme
sowie in der Datenkommunika- der einzelnen Schichten re- te und die optische Daten- kontrolliert herzustellen. Dies
tion und bei der Produktion flektierten Teilwellen genutzt kommunikation bis hin zu liegt im Wesentlichen an den
von Halbleiterchips eingesetzt. (siehe Abbildung 1). Das jeweils Hochleistungsbeschichtungen zu realisierenden extrem
gewünschte spektrale Refle- für Lasersysteme oder Stepper geringen Dicken im Bereich
Wissenschaftler vom xionsverhalten der optischen in der Produktion von Halb- von 1/1.000 einer Haaresbreite
Institut für Quantenoptik und Oberfläche kann dann durch leiterchips deckt die optische und der geforderten optischen
vom Laser Zentrum Hannover geschickte Wahl der Schicht- Dünnschichttechnologie ein Qualität der Einzelschichten.
dicken und der eingesetzten überaus vielfältiges Einsatz- Moderne Herstellungsver-
erläutern das Verfahren. optischen Materialien über spektrum ab. fahren beruhen auf der Gas-
einen sehr weiten Bereich be- Tatsächlich hat die Natur opti- phasenabscheidung, bei der
herrscht werden. Beispielswei- sche Schichtsysteme schon das zu beschichtende Material
se kann so die Reflexion voll- viele Hunderte von Millionen in die Gasphase gebracht wird
ständig in einem gewissen Jahren vor der Menschheit er- und dann auf der optischen
Wellenlängenbereich unter- Fläche als Schicht kondensiert.
drückt werden, indem die
Oberfläche mit einem Anti-
reflexschichtsystem aus weni-
gen dielektrischen Schichten
ausgerüstet wird. In gleicher
Weise ist durch Einsatz eines
alternierenden Schichtstapels
aus nur zwei Materialien eine
Verspiegelung bis zu einer Re-
flektivität von mehr als 99,999
Prozent möglich, die mit kei-
nem anderen Prinzip erreicht
werden kann.

Mit dieser enormen Dynamik
in den Gestaltungsmöglich-
keiten nimmt die optische
Dünnschichttechnik eine
Schlüsselposition in der mo-
dernen Photonik ein. Heutzu-
tage ist in diesem Bereich

42

OPTISCHE TECHNOLOGIEN LEIBNIZ UNIVERSITÄT HANNOVER

Um ein ausreichende Schicht- höchste Anforderungen an von hochflexiblen determinis- Abbildung 1
qualität zu erreichen, muss die Präzision und unübertrof- tischen Beschichtungsprozes- Funktion einer Einzelschicht.
der Kondensationsprozess im fene Schichtqualität hat sich sen, die zur Erringung der Eine Lichtwelle trifft mit defi-
Hochvakuumbereich erfolgen. hier das lonenstrahl-Zerstäu- enormen Fortschritte der Pho- nierter Phase und Amplitude auf
Die Herstellungsprozesse ben (engl.: Ion Beam Sputte- tonik, Lasertechnologie und eine Schicht auf einem Träger.
lassen sich dabei anhand des ring, IBS, siehe Abbildung 2) auch in vielen spektakulären Partielle Reflexionen finden an
Verfahrens unterscheiden, mit etabliert, das auch überwie- Experimenten der Grund- der Schichtoberfläche und dem
dem das Beschichtungsmate- gend in der Abteilung Laser- lagenforschung unentbehrlich Übergang zum Träger statt.
rial in die Gasphase überführt komponenten erforscht wird. wurden. War die optische Diese Partialwellen interferieren
wird. In der einfachsten Form, Das IBS-Verfahren besticht Dünnschichttechnologie noch nach der Reflexion.
bei dem thermischen Auf- durch seine einfache Anord- bis Ende der 1980er Jahre auf- 1a) Die beiden reflektierten
dampfen, wir das Material in nung aus drei völlig getrenn- grund der vielen, teilweise un- Wellen haben gegensinnige Phase
einem geheizten Behälter oder ten Einheiten zur Generation beherrschbaren Herstellungs- und löschen sich gegenseitig aus:
mit einem Elektronenstrahl des lonenstrahls mit einer parameter als »schwarze Prinzip einer einfachen Anti-
Magie« verschrien, so gelingt reflexbeschichtung.
1c lonenquelle, heute die routinemäßige Her- 1b) Die beiden Wellen sind
zur Freiset- stellung von Schichtsystemen gleichphasig und verstärken sich:
direkt erhitzt und verdampft. zung des aus mehreren tausend Einzel- Steigerung der Reflexion.
Nachteilig bei diesen thermi- Materials von schichten mit Schichtdicken- 1c) Prinzip eines dielektrischen
schen Verfahren ist die gerin- einer Target- genauigkeiten im Bereich von Spiegels. Einzelschichten mit an-
ge Energie des freigesetzten anordnung Atomlagen. Ein wesentlicher gepasster Dicke werden hinter-
Materials, die letztendlich zur und schließ- Meilenstein auf dem Wege hin einander geschaltet. Wie bei der
Bildung von relativ porösen, lich zur zu diesen enormen Fähig- Einzelschicht addieren sich die
aber für viele optische An- Schichtbil- keiten war neben dem IBS- jeweils an den Grenzflächen
wendungen qualitativ noch dung auf den Verfahren insbesondere die reflektierten Teilwellen. Bedingt
ausreichende Schichten führt. Optiken im Erforschung von hochgenauen durch die große Anzahl der Teil-
Die Schichtqualität kann er- Substrat- Kontrollverfahren für die wellen kann eine hohe Reflek-
höht werden mit dem ionen- halter. Die Dicke der Einzelschichten. Die tivität beliebig nahe an 100% er-
oder plasmagestützten Auf- Betriebs- Abteilung Laserkomponenten reicht werden.
dampfen, bei dem die fehlen- parameter hat hier mit der Entwicklung
de Energie mittels eines auf dieser drei eines direkt an dem Beschich- Abbildung 2
die wachsenden Schichten Prozesskom- tungsprodukt messenden, Schematische Darstellung des
gerichteten lonenstroms ponenten spektral auflösenden Monitor- IBS-Verfahrens: Ionenquelle,
nachgeliefert wird. Bei einer können un- konzepts einen wesentlichen Targets und Substrathalter für
anderen Klasse von Beschich- abhängig Beitrag geleistet. In Kombi- die zu beschichtenden Optiken.
tungsverfahren, den Zerstäu- voneinander nation mit einer angepassten
bungsprozessen, wird das gesteuert und Softwareumgebung begleitet
Beschichtungsmaterial von so die Be- dieses Konzept den gesamten
einem Target abgestäubt und schichtung Gestehungsprozess für kom-
erhält so eine für die Schicht- sehr präzise sowie reprodu- plexe optische Schichtsysteme,
bildung optimale Energie. Für zierbar kontrolliert werden. von der Berechnung der op-
timalen Schichtenfolge und
Mit diesen Vorzügen wurde einer Vorhersage ihrer Her-
das IBS-Verfahren dann auch stellbarkeit, über die eigentli-
Vorreiter bei der Entwicklung
2

43

OPTISCHE TECHNOLOGIEN LEIBNIZ UNIVERSITÄT HANNOVER

Abbildung 3 che Kontrolle im Herstel- wird der Erfolg von spektaku- besteht ein immenser konti-
Schematische Darstellung des lungsprozess bis hin zum lären Grundlagenexperimen- nuierlicher Forschungsbedarf
phasenseparierenden IBS Prozes- Qualitätsmanagement der ten und fortschrittlichen An- in der optischen Dünnschicht-
ses in der QUEST-Anlage. Hier- hergestellten Schichtproduk- wendungen in den optischen technologie, der weit über
bei wieder der klassische IBS- te. Mehr noch ist das System Technologien sogar direkt grundlegende Betrachtungen
Prozess durch einen Magnetfeld- mittlerweile in die Lage ver- durch die Verfügbarkeit an- hinaus konsequente Umset-
separator ergänzt, so dass das setzt worden, Fehler während gepasster Schichtsysteme be- zungen neuester Technologien
Beschichtungsmaterial nicht frei eines Beschichtungsgangs zu grenzt. Besonders deutlich und komplexer Modellstellun-
in der Kammer propagiert, son- erkennen und selbständig zu wird dies beispielsweise für gen erfordert.
dern auf Grund des magnetischen 3
Feldes durch den Separator ge- den Einsatz von Hochleis- Schwerpunkte der Abteilung
führt wird. Ein Vorteil des Kon- 4a tungs-Lasersystemen in der Laserkomponenten liegen hier
zeptes ist es, dass Partikel, die Kernfusion, Materialbearbei- beispielsweise auf Entwick-
wegen ihrer größeren Masse dem korrigieren. In der optischen tung, Medizin oder auch der lungen für die Kommunika-
Feld nicht folgen können, aus dem Dünnschichtindustrie hat das hochempfindlichen Messtech- tionstechnik, Satelliten zur
Teilchenstrahl entfernt werden Konzept, das in Form eines nik. Gefordert ist hier nicht Umwelterkundung, für die
und somit partikelarme Schichten Erweiterungsgeräts in Koope- nur eine hohe optische Qua- fs-Lasertechnologie und Halb-
erzeugt werden können. ration mit einem führenden lität, wie unter vielen anderen leiterlithographie oder das
Abbildung 4 Hersteller für Beschichtungs- in den Interferometersystemen kürzlich offiziell in seine Bau-
a) Miniaturisierter 1x2-Multi- anlagen vertrieben wird, in für optische Uhren oder die phase eingetretene European
plexer für die Datenkommunika- den vergangenen Jahren gro- Umweltmesstechnik, sondern Extremely Large Telescope
tion: Dünnschicht-Filterelement, ßen Anklang gefunden und auch eine hohe Präzision in (E-ELT). Grundlagen werden
integriert in Polymerbaustein mit einen hohen Verbreitungsgrad der Wellenlängencharakte- gegenwärtig zu neuen Pro-
Wellenleitern zur Anbindung an erreicht. ristik, etwa für Ultrakurzpuls- zesskonzepten für eine wei-
optische Fasern Die Grundlagenforschung in Lasersysteme, in der optischen tere Qualitätssteigerung, zu
Quelle: Fraunhofer HHI der optischen Dünnschicht- Breitband-Kommunikation Simulationen von Wachstums-
technologie begleitet viele her- oder in der Astrophysik. Mit prozessen und zu nichtlinea-
4b ausragende Innovationen in diesen Herausforderungen ren Effekten in optischen
der modernen Quantenphysik Schichten erarbeitet.
b) Größenvergleich: Polymer- und Photonik. In vielen Fällen
baustein, bestückt mit einem Ein Beispiel für die Erfor-
hochkomplexen optischen Filter schung von neuartigen IBS-
Quelle: Fraunhofer HHI Prozessen im Rahmen des
Exzellenzclusters »Quantum
Engineering and Space Time
Research«, QUEST, ist in Ab-
bildung 3 illustriert. Das kon-
ventionelle IBS-Verfahren
wird hier erweitert durch
einen zusätzlichen Filter, mit
dem das freigesetzte Material
bezüglich Energie und Masse
vorsortiert wird, bevor es die
Schicht bilden kann. Damit
verbunden sind eine Verringe-
rung von Schichtdefekten und
eine Steigerung der optischen
Transparenz.

»Fiber to the home« ist ein
Begriff, der immer dann ge-
nannt wird, wenn es um die
individuelle Versorgung vieler
Haushalte mit schnellem
Internet auf optischem Wege
geht. Um hier die dem jewei-
ligen Haushalt zugeordneten
optischen Kommunikations-
kanäle aus dem mit der Faser
übertragenen Gesamtspek-
trum heraus zu sortieren,
werden kostengünstige, aber

44

OPTISCHE TECHNOLOGIEN LEIBNIZ UNIVERSITÄT HANNOVER

dennoch hochpräzise Filter- Prof. Dr. Detlev Ristau Dr. Henrik Ehlers Dr. Marco Jupé
komponenten benötigt. In Ab- Jahrgang 1957, ist Professor Jahrgang 1971, Studium und Jahrgang 1973, hat an der
bildung 4 ist ein Ansatz für am Institut für Quantenoptik Promotion an der Leibniz Uni- Leibniz Universität promoviert
eine solche Komponente dar- der Leibniz Universität Han- versität, ist Gruppenleiter am und beschäftigt sich seit 2001
gestellt, die vollständig auf nover sowie Abteilungsleiter Laser Zentrum Hannover e.V. mit Lasern und optischen
Kunststoffbasis realisiert ist Laserkomponenten am Laser Seit mehr als 15 Jahren ar- Beschichtungen am Laser
und keinerlei optische Ab- Zentrum Hannover e.V. und beitet er auf dem Gebiet der Zentrum Hannover e.V. Seit
bildungselemente enthält. arbeitet seit über 30 Jahren Optischen Schichten mit dem 2012 konzentriert sich seine
Möglich wird dies durch das in der optischen Dünnschicht- Fokus auf In-situ-Diagnostik, Arbeit auf grundlegende As-
dargestellte optische Filter- technologie. Seine For- Prozesskontrolle und Auto- pekte, wie Materialentwick-
schichtsystem, das auf einer schungsschwerpunkte konzen- matisierung im Bereich der lung, numerische Simulation
extrem dünnen Kunststofffolie trieren sich auf die Entwick- ionen- und plasmagestützten und neuartige, nichtlineare
von wenigen Mikrometern lung und präzise Kontrolle Beschichtungsprozesse sowie optische Komponenten und
Dicke aufgebracht wird und moderner Ionenprozesse für der Ionenstrahl-Zerstäubung. fundamentale Beschichtungs-
einfach in den optischen Weg die Fertigung hochwertiger Kontakt: [email protected] prozesse. Kontakt: m.jupe@
der Faser gesteckt werden und stabiler optischer Schich- lzh.de
kann, ohne die Lichtwege we- ten, auf grundlegende Eigen- ration)-Spiegel. Damit könnte
sentlich zu beeinflussen. schaften sowie die Charakteri- das Verfahren die bisher zur
sierung von Optikkomponen- THG eingesetzten hochkom-
Abschließend sei noch ein Bei- ten. Kontakt: [email protected] plexen und empfindlichen
spiel aus der Erforschung Konversionssysteme in der
nichtlinearer Effekte in opti- erreicht werden kann. Die Praxis verdrängen.
schen Schichten in Abbildung 5 Forschung steht hier noch am
vorgestellt. Durch geschickte Anfang, und es bestehen wei-
Anordnung der Schichten tere Steigerungsmöglichkeiten
und Optimierung der Kon- durch Serienschaltung solcher
versionseigenschaften können THG (Third Harmony Gene-
Spiegel realisiert werden, die
das einfallende Laserlicht als
in seiner Frequenz verdrei-
fachte Strahlung reflektieren.
In dem dargestellten Beispiel
wurde in Kooperation mit der
University of New Mexico,
Albuquerque, USA, eine Kon-
versionseffizienz von etwa
1 Prozent erreicht. Für eine di-
rekte Generation der verdrei-
fachten Frequenz ist dies ein
sehr hoher Wert, der mit ande-
ren Verfahren nur sehr schwer

5 Abbildung 5
Generation der dritten Harmoni-
schen in einem Schichtsystem
unter Bestrahlung mit einem fs-
Laser. Der Laserstrahl mit der
Grundfrequenz (␻) erreicht den
THG-Spiegel und wird teilweise
mit verdreifachter Frequenz (3␻)
reflektiert. Nach Umlenkung
über den Strahlteiler und spektra-
ler Trennung mit einem Prisma
ist die dritte Harmonische deut-
lich auf dem Schirm zu erkennen.

Quelle: Wolfgang Rudolph, University

of New Mexico

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Optische technOlOgien leibniz universität hannover

Der laser als hochpräzises Werkzeug

Über Das DruCKen von nanoPartiKeln unD lebenDen zellen

Durch laserinduzierten transfer 3D-Drucker kann man inzwi- 1 und zeichnen sich durch spe-
können sehr kleine und schen für weniger als 500 Euro zifische optische Eigenschaf-
empfindliche Objekte wie kaufen. Damit kann man benden Zellen zu drucken ist ten aus. Bei Größen zwischen
Thermoplastik mit relativ gro- ein vielversprechender Ansatz 100 und 200 Nanometer (nm)
nanopartikel oder lebende ber Auflösung drucken. Doch für das Tissue Engineering im Durchmesser weisen sie
Zellen in definierte Muster auch für viele andere Materia- und die Nachbildung natür- ausgeprägte elektrische und
lien, unter anderem Polymere, licher zellularer Mikroum- magnetische Dipol-Resonan-
gedruckt werden. Metalle und Keramik sowie gebungen in Organen und zen innerhalb des sichtbaren
Drei Wissenschaftler vom für feinere Auflösungen wur- Geweben (Zellnischen). Che- Spektralbereichs auf. Auf-
institut für Quantenoptik der den und werden Drucktechni- mische, pharmazeutische und grund dieser Resonanzen zei-
leibniz Universität und vom ken entwickelt. Dabei spielen kosmetische Stoffe könnten an gen sie leuchtende Farben in
laser Zentrum hannover e.V. auch Laser-basierte Prozesse gedrucktem menschlichem einer dunkelfeldmikroskopi-
erläutern die entwicklung und eine wichtige Rolle, zum Bei- Gewebe statt in Tierversuchen schen Aufnahme. Die Wellen-
Funktion des lasers als ein spiel beim selektiven Laser- getestet werden. Für die Zu- längen der Resonanzen und
sehr präzises Werkzeug für Schmelzen, der Stereolithogra- kunft wäre das Drucken le- die Effizienz der Streuung
Anwendungen in der nano- phie oder der Multiphotonen- bender Zellen eine Schlüssel- hängen dabei stark vom Ma-
polymerisation. technologie, mit der komplette terial der Nanopartikel und
photonik und im tissue funktionelle Ersatzorgane für deren kristallografischen Pha-
engineering. Mit Lasern können aber auch die Implantation hergestellt sen ab. Reines Silicium kann
sehr kleine und sehr empfind- werden könnten. in monokristalliner, polykris-
liche Objekte wie Nanoparti- talliner oder amorpher (= un-
kel oder lebende Zellen in de- Für das kontrollierte Erzeugen geordneter) Phase vorliegen.
finierte Muster gedruckt wer- und Drucken einzelner Sili- Die gedruckten Silicium-Na-
den. Die verwendete Technik cium-Nanopartikel haben wir nopartikel befinden sich ini-
wird laserinduzierter Vor- eine Technik des laserindu- tial in einer amorphen Phase.
wärts- oder Rückwärtstransfer zierten Rückwärtstransfers Ein zweiter Femtosekunden-
genannt. Der laserinduzierte entwickelt. Diese Technik er- Laserpuls kann danach diese
Vorwärtstransfer wird im möglicht das Drucken kugel- Nanopartikel kristallisieren
Laser Zentrum Hannover e.V. förmiger Si-Nanopartikel (Abbildung 2). Nach der Kris-
zum Drucken lebender Zellen in definierte Positionen auf tallisierung ist die optische
verwendet, während Nano- einem Substrat (Abbildung 1). Resonanz der Silicium-Nano-
partikel mit dem laserindu- Die gedruckten Nanopartikel
zierten Rückwärtstransfer zu- haben eine einstellbare Größe
gleich erzeugt und gedruckt
werden.

Silicium-Nanopartikel mit
definierter Form und Größe
können als nanophotonische
Komponenten dienen, bei-
spielsweise als Nanolaser,
Sensoren oder Metamateriali-
en. Dafür wird ein Verfahren
benötigt, das eine sehr präzise
Herstellung und Anordnung
dieser Nanopartikel ermög-
licht. 3D-Konstrukte aus le-

46

Optische technOlOgien leibniz universität hannover

partikel wesentlich stärker stand zum Substrat etwa 5 µm se) beschleunigt und schlägt
und sie erscheinen in einer an- (Mikrometer) – in die Rich- sich als Tropfen auf der Ober-
deren Farbe. tung, aus der der Laserpuls fläche eines Substrats unter
kam. An der Oberfläche die- dem Glasplättchen nieder.
Für das gleichzeitige Erzeugen ser Glasplatte erstarrt die Sili- Durch das horizontale Verfah-
und Drucken der Nanoparti- ciumkugel und haftet an. Die ren des Glasplättchens und
kel werden einzelne Laser- erzeugten Silicium-Nanoparti- des Laser-Fokus kann jedes
pulse (50 Femtosekunden kel sind initial in einer amor- gewünschte zweidimensio-
lang; 780 nm Wellenlänge; phen Phase und können nale und Schicht-für-Schicht
gaussförmiges Strahlprofil) danach mit einem zweiten auch dreidimensionale Muster
durch eine »Empfänger«- Femtosekunden-Laserpuls gedruckt werden. In diesem
Glasplatte auf ein Silicium- kristallisiert werden. In un- Drucksystem wird ein Laser
auf-Isolator (SOI (silicon-on- serem System hat dieser eine mit 10 Nanosekunden Puls-

abbildung 2

Laser-induzierte Kristallisation
amorpher Silicium-Nanopartikel
(a-Si) mit einzelnen quadratisch
geformten Femtosekunden-Laser-
pulsen. Die Dunkelfeld-Mikros-
kop-Aufnahme (rechts) der Sili-
cium-Nanopartikeln auf einem
Glassubstrat zeigt innerhalb des
eingerahmten Bereichs eine sicht-
bare Farbänderung durch die
Kristallisation von amorphen
Silicium-Nanopartikel zu kristal-
2 linem Silicium (c-Si).

insulator))-Substrat fokussiert quadratische homogene (flat dauer und einer Wellenlänge abbildung 1
(Abbildung 1). Dieses Substrat top) Intensitätsverteilung (Ab- von 1064 nm verwendet. Schematische Darstellung des
besteht aus einem Silicium- bildung 2). Laser-Druckens von Silicium-
Wafer, auf dem eine 200 nm In einer Reihe von Untersu- Nanopartikeln von Silicium-auf-
dicke Siliciumdioxid-Schicht Das System zum Drucken le- chungen konnten wir sicher- Isolator-Substraten. Die trans-
und darauf eine 50 nm dicke bender Zellen mit dem laser- stellen, dass Zellen durch die- ferierten Silicium-Nanopartikel
kristalline Siliciumschicht auf- induzierten Vorwärtstransfer sen Druckprozess nicht ge- sind in den Raster-Elektronen-
gebracht wurde. Während der verwendet ein Glasplättchen schädigt werden. Auch das Mikroskop-Aufnahmen rechts zu
Bestrahlung des SOI Wafers oder transparentes Band, das Differenzierungsverhalten sehen.
durch einen scharf fokussier- mit einer dünnen Schicht und -potenzial von Stamm-
ten Laserpuls führt die Ab- eines die Laserstrahlung ab- zellen wird nicht beeinflusst.
sorption in der oberen Sili- sorbierenden Materials und Stammzellen wurden in de-
ciumschicht zu sehr schneller einer zweiten Schicht des zu finierte Strukturen gedruckt
Erhitzung und lokalem druckenden Biomaterials be- und dann in diesen Struktu-
Schmelzen dieser Schicht. schichtet ist. Das Biomaterial ren zu Knochen, Knorpel oder
ist üblicherweise ein Sol, die Fettgewebe differenziert (Ab-
Die Siliciumdioxid-Schicht nicht gelierte Vorstufe eines bildung 4).
(deren Schmelztemperatur Hydrogels, mit eingemischten
viel höher ist) bleibt unverän- Zellen (Abbildung 3). Dieses be- Mit spezifischen Mustern aus
dert. Flüssiges Silicium hat schichtete Glasplättchen wird verschiedenen Zellen können
eine höhere Dichte als festes, mit den Schichten nach unten Untersuchungen der Wechsel-
was zu einer Volumenabnah- im Drucksystem montiert und wirkungen zwischen Zellen
me beim Schmelzen führt. Laserpulse werden durch das sowie zwischen Zellen und
Dadurch und aufgrund der Glasplättchen in die Absorp- ihrer Umgebung durchgeführt
Oberflächenspannung zieht tionsschicht fokussiert, welche werden. Mit dieser Technik
sich das geschmolzene Silici- im Fokus verdampft wird. wurden die gezielte Migration
um zu einer Kugel zusammen Das sich direkt darunter be- von Stammzellen (aus huma-
und wird von der Oberfläche findliche Biomaterial wird nem Fettgewebe) zu Endothel-
des Substrats senkrecht weg- durch den Dampfdruck nach zellen und ihre Interaktion
beschleunigt, also zurück zur unten (in der Vorwärts-Rich- zur Ausbildung von Blutgefä-
Empfänger-Glasplatte – Ab- tung bezüglich der Laserpul- ßen beobachtet. Aus Kollagen,

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Optische technOlOgien leibniz universität hannover

abbildung 3 3
Schematische Darstellung des
Laser-Druckens vitaler Zellen
eingebettet in ein Sol. Die fokus-
sierten Laserpulse verdampfen
eine Absorptionsschicht im
Laserfokus. Der Dampfdruck be-
schleunigt das Biomaterial dar-
unter als einen Flüssigkeitsstrahl
zum Empfänger-Substrat. Der
Strahl besteht für einige hundert
Mikrosekunden und es verbleibt
ein Tropfen. Die Mikroskopauf-
nahme rechts zeigt Tropfen mit
fluoreszierenden Zellen.

abbildung 4 4
Beispiele von 3D-gedruckten
Zellstrukturen: Stammzellen ge-
druckt in Gittermuster (links)
direkt nach dem Drucken (a) und
differenziert zu Knochen (b),
Knorpel (c) und Fettgewebe (d).
Histologische Schnitte von ge-
druckter Haut (rechts), bestehend
aus Fibroblasten und Keratino-
zyten direkt nach dem Drucken
(a) und nach zehn Tagen implan-
tiert in Mäuse (b) im Vergleich
zu natürlicher Maushaut (d) und
ohne gedruckte Zellen (c).

Fibroblasten und Keratinozy- durch kleine Düsen drucken, Der Laser erweist sich hier als
ten wurde Schicht-für-Schicht bietet die düsenfreie laser- sehr präzises Werkzeug, um
3D Hautgewebe gedruckt. Die basierte Drucktechnik den sehr kleine und empfindliche
Gewebebildung wurde durch Vorteil, eine hohe Auflösung Objekte mit hoher Auflösung
die Visualisierung funktionel- und geringe Tropfengröße mit zu drucken.
ler interzellulärer Verbindun- dem Drucken hochviskoser
gen nachgewiesen; die Ausbil- Materialien und hoher Zell- Acknowledgements
dung einer Basalmembran an dichten, wie sie zur Gewebe-
der Grenzschicht zwischen bildung notwendig sind, zu Die vorgestellten Forschungs-
dermalen und epidermalen kombinieren. Damit könnten arbeiten wurden von der Deut-
Hautzellen wurde beobachtet. in Zukunft sehr komplexe Ge- schen Forschungsgemeinschaft
Nach Implantation in Mäuse webe und Organe aus vielen teilweise im Exzellenz-Cluster
zeigten sich ein Einwachsen verschiedenen Zellarten sehr REBIRTH (EXC 62/1), im Sonder-
von Blutgefäßen und eine Dif- detailliert gedruckt werden. forschungsbereich Transregio
ferenzierung der epidermalen 123 »Planar Optronic Systems«
Keratinozyten. Die hier vorgestellten laser- und dem Projekt CH 179/20-1
basierten Drucktechniken finanziell gefördert.
Im Vergleich zu anderen sind sehr vielversprechend für
Drucktechniken für lebende einen weiten Anwendungs-
Zellen, wie Extrusion oder bereich in der Nanophotonik
Tintenstrahldrucken, die und im Tissue Engineering.

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